Full text: St. Ingberter Anzeiger

enischlossen meldete er sich bei dem Bürgermeister 
ind bat um einen neuen, indem er seinen Namen 
jannte. „Sie geben sich für Gustab Dore aus, 
ind ich habe keinen Grund daran zu zweifeln“, 
agte der Buͤrgermeister. „indessn wird es Ihnen 
icht schwer fallen, sich noch etwas genauer zu 
egitimieren. Hier ist Papier und Bleistift, weiteren 
Raterials bedürfen Sie ja nicht!“ Dore trat 
zus Fenster und schaute auf den Marklplatz hinab, 
vo Berkäufer von Fischen und Produlten verschie⸗ 
Fener Art ihre Waaren feilhielten. Mit wenigen 
sotien Strichen stizzirte er in seiner charakteristischen 
Weise einige Bauern, die Kartoffeln verkauften, 
ezte seinen Namen in die Etke und überreichte 
as Blatt dem Bürgermeister. „Ihr Paß ist voll⸗ 
mmen in Ordnung“, sagte dieser, nachdem er 
ie Zeichnung genau betrachtet hatte, „doch müssen 
Sie mir gestatten, ihn als Andenken zu behalten 
nd Ihnen dafür einen in üblicher Form zu 
eden!“ 
p Die Verwundung eines Toreadors, hält 
zunz Madrid schon seit einer Woche in Aufregung 
ind Besorgniß. Der Stierkämpfer Frascuelo, eine 
zer populärsten Persönlichkeiten Spaniens, wurde 
amlich vor Kurzem schwer verletzt aus der Arena 
etragen, da ein wüthender Stier ihn auf die 
hörner gespießt hatte. Freilich gelang es Fras⸗ 
delo, sich zu befreien und dem Stier mit einem 
Degenstich den Garaus zu machen, aber seine Ver⸗ 
zungen waren doch so schwer, daß die Aerzte eine 
ungenentzündung befürchten. Eine riesige Men— 
henmenge umgiebt fortwährend das Haus, das 
er Stierlämpfer bewohnt. Mehr als 1600 Per⸗ 
onen, darunter Granden von Spanien, Deputirte, 
Zenatoren, reiche und arme Bürger, gaben ihre 
zarten bei dem Kranken ab. Die Aerzte, die ihn 
ehandeln, veröffentlichen alle vier Stunden um— 
angreiche Bulletins. Frascuelo erhielt nicht weniger 
18400 Beileidstelegramme. Die Journale publi- 
iren Spezialausgaben. um das ungeduldige Publi- 
um über den Zustand des Kranken zu unterrichten. 
Es ist ein nationales Ereigniß“, heißt es in einer 
sorrespondenz aus Madrid. 
p'Folgendes drollige Geschichtchen 
am vor Kurzem, wie der „Pirnaer Anzeiger“ er— 
ahlt, in einer Landschule des Schulbezirks Pirna 
‚or. In der Lesestunde war mit den Kleinen das 
Märchen „Hans im Glücke“ gelesen worden. Bei 
der Besprechung desselben kam man auch zu der 
Stelle, wo Hans, der es vom Goldklumpen glück- 
lich bis zur Kuh gehracht hat, dieselbe melken will; 
8 kam aber kein Tropfen zum Vorschein. „Warum 
tam denn wohl nichts zum Vorschemn?“ fragte der 
Lehrer. Nach kurzem Besinnen antwortete ein 
Mädchen frischweg und mit ernstester Miene: „Es 
wird wohl ein Ochse gewesen sein!“ 
Ueber den Untergang des Dampfers 
Scholten“ erhielt die Rotterdammer Seebehörde 
inen ausführlichen Bericht. Danach lief der 
„Scholten“ am 19. Novbr., um 10 Uhr Norgens 
nit etwa 300 Passagieren nebst Bemannung aus; 
)rei Meilen von Dover wurde der Nebel so dicht. 
daß der Kapitän den Dampfer halten ließ. In 
diesem Augenblicke fahr der englische Dampfer 
„Rosa Mary“ mit schrecklicher Gewalt gegen den 
Scholten“, dessen Flanke ein gewaltiges Leck er- 
dielt. Der Dampfer sank innerhalb zehn Minuten 
ind die meisten Passagiere schliefen bereits; sie 
türzten auf das Deck und herzzereißende Scenen 
picĩten sich ab. Von fünf Rettungsbooten konnten 
los zwei flott gemacht werden. Etwa 80 Per- 
sonen wurden durch den Dampfer „Ebro“ aufge⸗ 
nommen: die Zahl der Ertrunkenen übersteigt 
edenfalls 150, die Verunglückten sind zumeist 
deutsche Auswanderer. Die Schuld trifft ausschließ⸗ 
ich den Kapitän des Dampfers „Rosa Mary“, 
velcher nach dem Zusammenstoß gar keinen Versuch 
nachte, die Ertrinkenden zu retten. Die englische 
Seebehörde erließ einen Haftbefehl gegen den Kapitän. 
London, 22. Nov. Bis jetzt sind 28 
deichen von dem verunglückten Dampfer „Scholten“ 
geborgen worden, es fehlen also noch ungefähr 1101 
Fs befanden sich an Bord ungefähr 8210 Kinder 
und 20 Frauen. In Dover sind 5 Leichen von 
Frauen im Alter von 26 bis 40 Jahren ausgestelit. 
Unter den Geretteten befindet sich ein Italiener — 
der Einzige von Fünfen, welche das heimathliche 
Dorf zusammen verlassen haben. Ein Anderer hatte 
sich 200 Lstr. gespart und wollte zu seiner Frau 
nach Amerika reisen — er hat Alles verloren. 
Bestern wurden zwei Leichen aufgefischt, welche als 
ditjenigen eines Kindermädchens Pauline Schrath 
yvon Wolfschlager und eines Italieners Andrea 
Maccagno von Caragalio identifizirt worden find. 
Der „Scholten“ liegt nur wenige Meilen von dem 
Irte entfernt, wo der „Strathelyde“ und das 
»eutsche Auswandererschiff ‚Pommerania“ gesunken 
ind. Von verschiedenen Personen werden Klagen 
zegen die Leiter und Mannschaft des unterge⸗ 
jangenen Schiffes erhoben. Der Engländer Miles 
rklärt, daß man die Boote nicht herablassen konnte 
ind die Seile deshalb durchschnitten werden mußten. 
Die holländischen Matrosen seien nur auf ihre 
ꝛigene Rettung bedacht gewesen und hätten sogar 
die Frauen bei Seite gestoßen; er selbst habe einen 
stetiungsgürtel erwischt, ein holländischer Matrose 
habe ihm denselben entrissen. Miles, ein tüchtiger 
Schwimmer, hielt sich solange über Wasser, bis er 
bom „Ebro“ aufgefischt wurde. Er sagt, daß die 
Verwirrung nach dem Zusammenstoß entsetzlich ge⸗ 
vesen sei; sogar die Lichter hätten eine Zeit lang 
nicht gebrannt. Der frühere enzlische Artillerist 
Moorte, gleichfalls ein Passagier, rühmt besonders 
das mannhafte Verhalten des Kapitäns des „Ebro“, 
velcher alles auf seinem Deck befindliche Holz ins 
Wasser werfen ließ und dadurch viele Leben reitete. 
7 Petersburg, 21. Nov. Gerüchtweise 
»erlautet von der Arretirung von 22 jungen Leuten, 
velche in der Pieski -Vorstadt der Residenz wohn⸗ 
jaft waren. Darunter befanden sich einige Setzer 
qus Druckereien. Die Potizei soll einer geheimen 
Druckerei nachgeforscht haben und dabei bei einzel⸗ 
jen Arretirten auf Widerstand gestoßen sein. 
7Dynamit-Attentate in Amerika— 
Am Mittwoch Abend wurde, wie aus New-York 
interm 19. gemeldet wird, die Glocke der Waisen⸗ 
instalt zum heiligen Joseph in Cumingsville, Ohio, 
jezogen. Die Wächter fanden am Thore eine zwei 
Fuß lange Gasröhrenbombe mit einem daran be—⸗ 
estigten brennenden Zünder, der rasch abgeschnitten 
vurde. Gestern Morgen wurde eine gtoße Bombe 
nuf den Stufen des Stadthauses in St. Joseph, 
Missouri, entdeckt. Eine Stunde später wurde eine 
indere Bombe hinter dem Magazin eines Spezerei- 
Jeschäfts on gros vorgefunden. Die Bomben waren 
nit Dynamit gefüllt und sie scheinen von Sach⸗ 
undigen angefertigt zu sein. 
Die von Pernambuco am 11. d. M. 
in Newyork angekommene Barke „Union“ brachte 
3 Ueberlebende von der Barke „Augusta“, die am 
16. Oktober auf der Reise von Swansea nach 
Uspinwall im atlantischen Meere untergegangen 
var, mit. Der Kapitän und 8 Seeleute waren 
rtrunken. Die Ueberlebenden brachten 6 Tage 
n einem offenen Boote zu ohne Lebensmittel, mit 
lusnahme eines kleinen Vorraths Schiffszwieback 
ind einer geringfügigen Quantität Wasser, welche 
im 21. Oktober verbraucht war. Loose wurden 
jezogen, wer geopfert werden sollte, um von den 
lebrigen verzehrt zu werden, allein es wurde ver⸗ 
inbart, dieses letzte Zufluchtsmittel für 3 Tage 
aufzuschieben. Am dritten Tage erschien die „Union“, 
iahm die Unglücklichen in erschöpftem Zustande 
iuf und brachte sie nach Newyork. 
fUeber einen Karlsbader Sprudel 
n Amerika kommt aus New' York die folgende 
nteressante Nachricht: „In der Nahe von San 
Antonio, Tex., ist beim Bohren eines artesischen 
grunnens eine Mineralquelle entdeckt worden, deren 
Wasser, wie eine chemische Analyse festgestellt, die- 
elben Bestandtheile, wie der Karlsdader Sprudel 
Jaben soll. 
Der Erbauer der ersten Kabelbahn in San 
Franzisco (1873) und der Erfinder des unter der 
erde laufenden Drahtseils, und des dazu gehörigen 
Breif⸗Apparats war ein deutscher Jugenieut Namens 
Eppelsheimer, der jeboch den großen Fehler 
deging, seine wichtige Erfindung, ehe sie ganz ver— 
ollkommnet und durch Patent geschützt war, andern 
nitzutheilen, wodurch er nicht nur eines großen 
Bewinnes, sondern auch des Ruhmes der Erfind 
uing verlustig ging. 
fF Barnum's Menagerie in Bridgeport 
Connecticut) wurde, wie man aus London meldet, 
im letzten Sonntag ein Raub der Flammen. Das 
Feuer, welches durch Explosion einer Vetroleum⸗ 
ampe entstand, wurde erst bemerkt, als Löwen und 
Tiger anfingen, zu brüllen. Die Elephanten ver⸗ 
uchten, ihre Ketten zu zerreißen. Die Wärter be⸗ 
nühten sich vergeblich, den Flammen Einhalt zu 
hun; die Furcht vor den reißenden Thieren, welche 
vie wahnsinnig vor Schrecken waren, hielt jedoch 
Jeden ab, zu nahe zu treten. Binnen einer halben 
Stunde war das ganze Gebäude ein rauchender 
Trümmerhaufen. Drei Elephanten, darunter der 
Airmanische weiße, sowie alle abgerichteten Thiere, 
Bferde, Affen u. s. w., verbrannten. Der Schaden 
vird auf 700,000 Dollars geschätzt. Ein großer 
2öwe und 30 Elephanten, die sich losgerissen hatten, 
ntkamen aufs flache Land, wo sie einen panischen 
Schrecken unter den Einwohnern erregten. Der 
döwe wurde schließlich erschossen, und fast alle Ele⸗ 
phanten wurden wieder eingefangen. 
Telegraphischer Schiffsbericht 
der „Red Star Linie“ Antwerpen. 
New-York. 23. November. — Der Postdampfer 
„Noordland“ der „Red Star Linie“, welcher am 
12. November von Antwerpen abging, ist heute 
vohlbehalten hier angekommen. 
Sterbefẽelle. 
Gestorben: In Zweibrücken Maria Rohrbachec 
geb. Fischer, 33 J. a.; in Offenbach Babette Stürtz 
geb. Weiß, 25 J. a.; in Knittelsheim Martin 
Siegrist, 79 J. a.; in Kaiserslautern Karoline 
Scheuer geh Rornnem, 28 J 
Zrote end cher Gottesdienst. 
Adoentsfest den 27. Nov. vorm. 10 Uhr: 
Text Biath 21, 19Vied 883 610 ühr 
Vorbereitung zum hl. Abendmahl.) 
Gesänge des Kirchenchors: 
1. Hoch thut Euch auf, ihr Thore der Welt“ 
von Gluck. 
2. ,Danket dem Herrn“ von Lützel. 
Nachm. 2 Uhr: Text: Apostelgesch. 4, 12. 
Lied: 87. 
Neueste Nachrichten. 
San Remo, 24. Nov. Da sich das Wetter 
zeute günstig und sonnig gestaltet hat, wollen die 
Aerzte dem Kronprinzen eine Ausfahrt anrathen. 
die Nachricht, die Kronprinzessin habe von Ventimig⸗ 
ia aus Dr. Mackenzie beordert, schleunigst wieder⸗ 
ukommen, entdehrt der Begründung; Dr. Macken⸗ 
ie kommt wahrscheinlich Mitte December. Unwahr 
st die Angabe eines Reuterschen Telegramms, 
»owell habe die Hoffnung einer völligen Wieder⸗ 
erstellung des hohen Kranken geäußert. Der 
»als des Kronprinzen wird in Gegenwart Dr. 
Schraders zweimal täglich von Dr. Krause und 
Dr. Howell mit dem Kehlkopfspiegel besichtigt. 
der Hals wird örtlich behandelt; außerdem wird 
ine geregelte Lebensweise eingehalten, indessen 
eine Medicin verschrieben. Die Nothwendigkeit 
iner Tracheotomie scheint noch fern zu liegen; 
Dr. Bramann würde, sobald sich diese Nothwendig⸗ 
eit ergeben sollte, den Professor Bergmann von 
Berlin herbeirufen. Ein vor einigen Tagen an⸗ 
zelangtes Gutachten Virchows besagt angeblich, es 
eien in dem Auswurfe von neulich keine Krebs⸗ 
jellen gefunden. 
Paris, 25. Nov. Man erwartet für heute 
»der morgen die Botschaft Grevy's an die Kam- 
mer. Der Congreß wird wahrscheinlich am Mon⸗ 
ag stattfinden. Als Candidat scheinen die Oppor— 
unisten, nachdem die Unmöglichkeit einer Wahl 
Ferrys offendar ist, den General Faußier aufstellen 
zu wollen, dem viele Mitglieder der Rechten ihre 
Ztimmen voraussichtlich geben würden. Doch wird 
Faußier die Wahl nicht annehmen, wenn nicht das 
Resultat eine republikanische Majorität ergiebt. Auch 
Ribot wäre ein der Rechten genehmer Candidat, dagegen 
Jat die Rechte erklärt, weder Ferry, noch Freycinet noch 
Flouquet annehmen zu wollen. Die sämmilichen 
Morgenblätter begrüßen den Rücktritt Grevy's, so⸗ 
gar „Justice“ und „Radical“ erklären, daß man 
— 
Dpfer, das er dem Vaterlande bringe, hoch schätze. 
Grevy habe sich die Achtung aller verdient. Nur 
der Siecle“ fährt mit seinen Verunglimpfungen 
ort. „Figaro“ schreibt, daß man den Präsidenten 
aicht deklagen dürfe, denn er sei das Opfer seines 
Schwiegersohnes. Marlet bemerkte im „Gaulois“, 
Brevy wisse welch' hohe Gefahr sein Rucktritt für 
die Republik habe; er gehe nur deshalb, weil man 
hm das Regieren unmöglich gemacht habe. Er 
scheide mit den besten Wünschen für die Republik. 
Brüsfel, 24. Nov. Prinz Victor Napoleon 
zerief die bonapartistischen Abgeordneten und Se⸗ 
natoren zu einer Conferenz nach Brussel. Cassagnac 
kommt moraen hiexrber. 
— 
Nassanische 4 PCt. Staats⸗Anleihe von 1862. 
Die nächste Ziehung findet Anfang December statt. 
Hegen den Coursveriust von ca 22 pCt. be der 
Auloosung übernimmt das Bankhaus Carl Neu⸗ 
zurger, Berlin, Französische Straße 13, die Ver⸗ 
icherung für eine Pramie von 9 Pfg. dro 100 
Mark.