Full text: St. Ingberter Anzeiger

jeißt, und der gute Mann dachte, eine herzhafte 
z„chnapsstarkung sei eine zur Eidablegung gehörende 
Teremonie, die er noch nachzuholen habe. Das 
iber das ernste Gesicht des Richters wetterleuchtende 
Lächeln und das schallende Gelächter des Publikums 
klärten ihm allmählich seinen sonderbaren Irrthum 
auf. 
4 Bockum (bei Hamm), 28. Jan. Der 
fünfzehnjährigen Tochter einer hiesigen Gutsbe⸗ 
ãtzerfamilie war gestern eine in der Kammer des 
Ackerknechts verwahrte geladene Jagdflinte in die 
dande gerathen. Beim Spielen mit der Waffe 
entlud sich dieselbe und die Kugel traf das arme 
Mädchen so unglücklich in den Hals, daß es in⸗ 
folge von Verblutung nach wenigen Minuten starb. 
Der Vater des Kindes ertrank vor zwei Monaten 
in einem Teiche, in welchem er sich auf einem 
aüchtlichen Gange verirrte. 
F Aus St. Tönis bei Crefeld wird der 
„Fkf. Z.“ eine entsetzliche Blutthat, ein Bruder⸗ 
mord, berichtet. Zwei Brüder, die Söhne eines 
dortigen Bäckermeisters, gerieten im Streit, wobei 
der eine dem andern ein Messer in den Oberschenkel 
hohrte. In Folge des Lärms eilte ein dritter 
Bruder herbei zund diefer erhielt nun von dem 
wütenden Messerhelden einen Stich in den Hals. 
der die große Schlagader durchschnitt und den so— 
fortigen Tod des Verletzten herbeiführte. Der 
Mörder wurde verhaftet. 
Berlin. Der Verein der Bayern beging 
Tage sein 11. Stiftungsfest in besonders feier⸗ 
licher Weise. Vorsitzender Civil⸗Ingenieur Voit er⸗ 
offnete das Fest durch einen sinnvollen Trinkspruch 
auf den deuischen Kaiser, dem das Lebehoch auf 
Se. K. H. den Prinz Regenten folgte. 
F Der Humor der Berlinerinnen kam 
vor Kurzem einmal wieder in einem markanten 
Fall zum Durchbruch. Karoline, eine echte Ber⸗ 
ͤner Pflanze, putzte im zweiten Stock die Fenster, 
die nach dem Hofe herausgehen. verlor dabei, wahr⸗ 
scheinlich in liebliche Gedanken versunken, das 
Bleichgewicht und stürzte in den Hof hinab, Aber 
der Engel, der die Kinder beschützt, breitet auch 
auf Berliner Kinder, selbst wenn sie Dienstmädchen 
ünd, seine schützenden Fittiche, und so fiel die dralle 
taroline auf einen Haufen weichen Sandes, der 
im Hofe lag,. so daß sie ohne den geringsten 
Schaden davonkam. Der merkwürdige „Fall“ 
wurde natürlich in dem Hause lebhaft besprochen 
und ein Freund der Familie, der, wie er sagt, 
gern pfychologische Beobachtungen anstellt, fragte 
das Mädchen am anderen Tage, als Alles um den 
gededten Tisch saß und Karoline die Suppe heran⸗ 
brachte: „Na, sagen Sie 'mal Karoline, was 
hatten Sie denn eigentlich für Gedanken, als Sie 
aus dem Fenster stürzten ?“ „Ick dachte unterwegs,“ 
erwiderte die Küchenfee, „wat kann denn man blos 
bei Geheimrats in'n ersten Stock los sind, det da 
die Rouleaux noch zu sein!“ ... — 
FParis, 30. Januar. Hier herrscht seit 
gestern dichter Nebel, welcher die Cirkulation er⸗ 
schwert; Polizisten sind an den Kreuzungsplätzen 
mit Fackeln aufgestellt. 
fFWie die Franzosen uns das Gru—⸗ 
seln lehren. Die Art und Weise, in welcher 
die französische Presse die Versuche mit dem neu 
erfundenen Sprengstoff Melinit bespricht und sich 
und andere „graulich“ zu machen sucht, errinnert 
lebhaft an Vorgänge, die sich bei den Einleitungen 
zsum 18707 1er Krieg abspielten. Eines Tages 
brachte die „Patrie“ eine Korrespondenz aus Metz 
in welcher sie die Ankunft des geheimnißvollen Ge⸗ 
schützes „Bombardon“, welches bekanntlich nur in 
der Phantasie des Berichterstatters existirte, anzeigte. 
Es hieß in dieser Korrespondenz etwa wie folgt: 
Deute sind die ersten der neu erfundenen Geschütze 
„Bombardons“ hier eingetroffen, um in dem Kriege 
gegen die Preußen Verwendung zu finden. Die 
Konstruktion dieser furchtbaren Waffe ist selbstver⸗ 
ständlich in ein tiefes Geheimniß gehüllt, nur so 
diel können wir verrathen, die Mitrailleusen sind 
her Schreden, die ‚Bombardons“ aber das Ent⸗ 
jetzen. Wenn die Mitrailleusen Rotten tödten, so 
vernichtet das ‚Bombardon“? Bataillone! In ähn⸗ 
icher Art machten sich derzeil die Korrespondenzen 
der Pariser Blätter von der Grenze lustig über die 
Oreußische Grenzbesatzung; eins derselben sagte u. 
A.: Wir können den Ton der preußischen Trom⸗ 
meln hoͤren, derselbe ist nicht kräftig und anfeuernd 
wie der unserer Trommeln, er ist schwindsüchtig 
und paßt für die zusammengerafften Haufen bon 
nerkümmerten Kerlen. Die Franzosen sind in Be—⸗ 
zug auf die „jusammengerafften“ Preußischen Heeres 
jaufen nun wohl anderer Meinung geworden und 
sie suchen in dem Gedanken an den Besitz eines 
inübertroffenen und anderen Gemischen überlegenen 
Sprengstoffes ihr Vertrauen auf einen erhofften 
Erfolg zu stählen. Wenn auch die Herstellung des 
Dtelinits für den Augenblick noch unbekannt sein 
nag, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß dies 
hei der hervorragenden Bedeutung, welche die Chemie 
n der Deuischen Gelehrtenwelt einnimmt nicht mehr 
ange der Fall sein wird; und daß unsere Heeres⸗ 
eitung in der Benutzung neuer Erfindungen nichl 
aumig ist, weiß Jedermann zur Genüge. Wenn 
iun schon das Melinit nicht von einem Deutschen 
uerst hergestellt ist, so können wir uns wenigstens 
zamit trösten, daß jedenfalls „ein Deutscher das 
Pulver erfunden hat.“ 
fF Ueber eine fabelhafte Erbschaft 
don 640 Millionen wird gegenwärtig in den fran⸗ 
ösischen Zeitungen viel Lärm gemacht. Die sehr 
unwahrscheinlich klingende Geschichte wird folgender⸗ 
maßen erzählt: Im Jahre 1676 starb ein Franzose 
stamens Thiery in Venedig, der in der Bank dieser 
Stadt ein Depot von 10 Millionen hinterlegt hatte, 
das Anfangs von Niemanden reklamirt wurde und 
aach und nach zu einer riesigen Summe anwuchs. 
Verschiedene Betrüger und' Fälscher versuchten, sich 
des Vermögens zu bemächtigen, ohne daß der Ver⸗ 
uch gelungen wäre. Endlich, unter dem Direktorium, 
erhielt Bonaparte den Befehl, die Gelder, welche 
zon einem französischen Bürger herrührten, zu rek— 
lamiren. Bonaparte erhielt die Millionen ausge— 
zahlt und verwendete sie zu Kriegszwecken. Der 
französische Staat ist somit Schuldner der Familie 
Thiery geworden, die sich als Crbin bereits legiti⸗ 
mirt hat. Das Kapital, welches die Erben rekla⸗ 
miren, soll sich auf 640 Millionen belaufen; der 
Deputirte Haue⸗Marne, H. Steenackers, hat die 
Angelegenbeit in dꝛ Hand genommen. 
Brühfsel!, 29. Januar. Hier eingetroffene 
Nachrichten stidet aum ae inn bedeutende Zahlungs⸗ 
eingellungen am Pariser Platze in Aussicht. 
FMeue telephonische Erfindung.) Demnächsi 
wird die erste internationale Telephonlinie GCuropas 
die Linie Brüssel Paris, dem öffentlichen Verkehr 
übergeben werden. Vor wenigen Jahren standen 
der Anwendung des Telephons auf größere Ent— 
fernungen zwei wichtige Hindernisse im Wege; dit 
stotwendigkeit der Anlage besonderer Eisendrähte, 
was mit großen Kosten verbunden war, und die 
Wahrnehmung, daß die Eisendrähte infolge der 
ihnen innewohnenden magnetischen Kraft den Ton 
auf weitere Entfernungen nicht mit der gewünschten 
Reinheit leiten. Bei den Versuchen, welche im 
November v. J. zwischen Brüssel und Paris, also 
auf eine Entfernung von 360 Kikometern, gemacht 
vurden, zeigte es sich, daß die telegraphischen 
Eisendrähte den Ton nicht mehr mit der gebotener 
Deutlichkeit weiter leiteten; deßhalb beschloß man, 
die Eisendrähte durch Bronzedrähte zu ersetzen, und 
segte einen einzigen Bronzedraht an den Telegraphen⸗ 
tangen zwischen Brüssel und Paris an. Das 
Experiment ergab ein ausgezeichnetes Resultat: Bei 
den am Neujahrstage vorgenommenen Sprechver⸗ 
uchen zwischen den Ministern Belgiens und Frankb⸗ 
reichs wurden nicht allein jeder Laut gehört, sondern 
n Brüssel sogar ganz deutlich die Stimmen des 
ranzösifchen Postministers Granet und des Pariser 
Telegraphen⸗Direktors Fribourg erkannt. Sodann 
purde mit diesem Bronzedraht noch ein zweites 
kxperiment vorgenommen, wekches die Frage lösen 
ollte, ob sich der Bronzedrabt auch zur Telegraphie 
igne. Der belgische Postminister von der Peere⸗ 
bom telegraphirte seinem Pariser Kollegen einen 
angen, aus fünfhundert Worten bestehenden Neu⸗ 
ahrswunsch, welcher ausschließlich auf dem Bronze—⸗ 
zraht depeschirt wurde. Eine halbe Stunde später 
war Herr Granet bereits im Besitze des Tele— 
gramms. V 
Fe„Das Neueste!“ Zu den neuesten Erzeug 
nissen auf dem Gebiete der amerikanischen Papier- 
Industrie gehören — Stiefel. Ein Fabrikant der 
Bereinigten Staaten bringt sie demnächst auf den 
Markt. Man rühtmt ihnen nach, daß sie wei 
billiger und haltbharer sind, als die aus Leder ge 
fertigten; auch ihre Tüchtigkeit und Politurfähig⸗ 
keit sollen nichts zu wünschen übrig lassen Ihr 
Hauptvorzug jedoch soll darin besteben. daß sie 
ohne Nähte find —— 
F Zweihundert Kisten Dynamit 
xplodirten wahrend des Transporis auf der Missouri— 
Bacificeisenbahn unweit Fort Scott. Die Wagaons 
des Zuges wurden zertrümmert und die Fenster der 
Häuser in der Nähe zerschmettert. Eine Person 
wurde getoͤdtet. 
4 In Mil waukee hat Einer, der zuweilen 
das Dichten bekommt, dem „Lohengrin“ Eins hin- 
gedichtet. Sein sinnreicher Spruch laulet sehr 
schön wie folgt: 
„Die Ortrud war ein böses Weib, 
Sie log sich was zum Zeitvertreib. 
Der Telramund, der log noch mehr, 
Drob Lohengrin ward wüthend sehr, 
Kampf, Sieg, Verlobung, Festturnier. 
Drauf Erkerszene, Hinterthür, 
Dann Namensfragung, Abschiedswort, 
„Der Schwan kommt an!“ 
Schwups! is Er fort!“ 
fxMelbourne, 18. Jan. Das Komite 
für die Weltausstellung in Melbourne beschloß. daß 
dieselbe vm 1. August des nächsten Jahres eröffnet 
werden soll. Die Dauer der Ausstellung ist auf 
6 Monate bemessen und sollen sowohl fertige Artikel 
wie Fabrikationsmethoden zur Anschauung gebracht 
werden. Der Raum wird unter Genehmigung 
des Komites gratis gewäbrt. Die Ausstellung 
wird Abends geöffnet und elektrisch beleuchtet sein. 
Fur die Redaktion verantwortlich: X. Demeß. 
Nr. 226 des praktischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus“ Wierteljährlich 
nur eine Mark*) enthält: 
Wochenspruch: 
Die nicht um Gemeines ringen, 
Kenn auch das Geschick nicht zwingen. 
Aufforderung zum Tanze. Was ist leichter, 
befehlen odet gehorchen ? Vom Heizen und Leuchten. 
I. Schwedische Küche. Strebe nach Vollkommen⸗ 
heit. In der Bodenkammer. Amerikanische Frauen. 
Fleischer. Ueberbein. Korpulenz. Schwere Träume. 
Beschwollene Füße. Erbvertrag unter Verlobten. 
sKinderpark zu San Franzisco. Uns're Kinder. 
Kotillon Geschenke. Tischkarten. Puppen⸗Schlaf⸗ 
stube. Puppentheater. Die Schenkin. Musikabend. 
Töpfe. Falsche Rehleule. Gefrorene Kartoffeln 
zenießbar zu machen. Szegediner Fischsuppe 
Halàszlo.) Karamel-Pudding. Monats⸗Küchen⸗ 
zettel. Rätsel. Auflösung des Rätsels in Rr. 
223. Fernsprecher. Echo. Briefkasten der Schrift⸗ 
leitung. Anzeigen. 
Die notariell beglaubigte Gesammt⸗Auflage dieser 
wirklich empfehlenswerten und dabei überaus billigen 
Wochenschrift beträgt 100,000. Probenummern 
versendet jede Buchhandlung,? sowie die Geschäfts⸗ 
tesle „Fürs Haus“ in Dresden gratis 
— „Die Werkstatt“, Meister Conrad's 
Wochnzeitung, in Berlin herausgegeben, ist ein 
für Handwerkerkceise sehr empfehlenswerthes Fach⸗ 
blatt. Von tüchtigen Kräften redigirt, bringt es 
eine kurze politische Uedersicht, interessirende Nach⸗ 
richten aus deutschen Innungen, Handwecker⸗ und 
Bewerbevereinen und allerlei nützliches für Werlk⸗ 
ttatt und Handwerk. Auch für den unterhaltenden 
Theil ist bestens gekorgt. Ernstes und Launiges 
wechselt hier in buntem Zuge ab. Alle fachwissen⸗ 
—X 
einer eigenen Rubrik genau beantwortet. und ein 
großer Briefkasten dermittelt außerdem in allen 
anderen Angelegenheiten den direkten Verkehr der 
Leser mit der Redaklion, so daß „Die Werkstatt“ 
allen, die sich für das Handwerk interessiren, au 
ans wärmste empfobhlen werden kann. 
Die amtlich beglaubigten Zengnisse über Apo 
thecker NR. Brandt's Schweizerpillen 
Wenngleich heute fast in keiner Familie in Dorf und 
Stadt die Schweizerpillen fehlen und viele Tausende all 
wandernder Apostel ihre Güte preisen, hat Herr Brandt 
dennoch so weit es ihm möglich die in den letzten Monaten 
ihm zugekommenen Dankschreiben amtlich heglaubigen laffen 
um sowohl den Behörden wie dem Publikum die Garantie 
zu geben, daß die Danlschreiben, welche über die aute, 
Wirkung der Schweizerpillen in den Zeilungen erscheinen 
auch wirklich ächt find. Kein anderes Präparat war bis 
jetzt in der Lage solche Beweise für seine Güte zu bringen 
und kann sich Jedermann davon überzeugen, daß es kein 
besseres Mittel für Verstopfung verbunden mit Blutandrang, 
Kopfschmerzen, Schwindelanfälle ec. gibt als Apetheler R. 
Brandt's Schweizerpillen, welche xSchachtel 1. Mark in 
den Apothelen erbaltlich sind.