Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St⸗ Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Blatt und Sonntags mit ue illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1A0 75 5 einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheill 153 4, Reklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
—X 235. Dienstag, 29. November 1887. 2 Jahrg. 
Deutsches Reich. 
München, 26. Nob. Bayerischer Land— 
‚ag. Der II. Ausschuß der Kammer der Reichs« 
räthe hält am Samstag, den 3. Dezember, Sitzung. 
Zegenstände der Berathung sind: 1. Bericht des 
Staatsschuldentilgunge-Kommissärs über die Ge— 
chäftsführung vom 1. September 1885 bis Ende 
August 1887. 2. Von den Etais des Budgets 
iür die XIX. Finanzperiode 1888 und 1889: 
Münzanstalt, Ludwig ˖ Donau-Main Kanal⸗-Verwal⸗ 
sung, Gesetz⸗ und Verordnungsblatt, Oekonomien 
und Gewerbe, Postulat der Staatsregierung, ad 
100,000 Mti. für Bad Kissingen (Finanzgesetz 8 15 
iit. P. w.), Grundgefälle, Zinsen, Renten, be—⸗ 
ondere Ausgaben und zufälligen Einnahmen, An⸗ 
rall für den allgemeinen Unterstützungsverein für 
ie Hinterlassenen der k. b. Staatsdiener ꝛc. Des 
gl. Hauses und Hofes, Staatsrath, Staatsmini⸗ 
terium des kgl. Hauses und des Aeußern, Staats⸗ 
ninisterium der Finanzen, Postulat der kgl. Staats⸗ 
egierung ad 160,000 Mk. für bauliche Aenderungen 
m Gebäude des Staatsministeriums der Finanzen 
Finanz⸗Gesetz 8 15 lit. E. v.), Pensionen, Su⸗ 
tentationen und Unterstützungen der Staatsdiener 
ind ihre Relikten. 
An Berathungsgegenständen für die nächsten 
Plenarsitzungen der Abgeordnetenkammer sind vor⸗ 
handen: Nachweisungen des Etats des Landtages; 
Bericht des Staatsschuldentilgungs-Kommissärs; 
Etat des Ministeriums des Innern. 
Das Finanzministerium hat den Gesetzentwurf, 
n- provisorische Steuererhebung für das 1. Quartal 
888, vorgelegt. 
Stuttgart, 26. Nob. Hier hat sich eine 
üddeutsche (würtembergische) Gesellschaft für Kolo— 
nisation Süd-Brafilien konstituirt. Die Gesellschaft 
derfügt einstweilen über ein Vermögen von 100,000 
Mk. und hat zunächst 17,000 Morgen Land in 
der durch ihr Klima ausgcezeichneten Provinz Rio 
Brande do Sul für 84000 Mk. angekauft. Diese 
Fläche ist einsweilen für die Ansiedelung von 100 
yeutschen Familien berechnet. Gedeiht die Ansiede- 
ung, so wird der Ankauf einer weiteren Fläche in 
jer Naͤhe beabsichtigt. 
Berlin, 26. Nov. Der „Standard“ hält 
nas Ergebniß des Czarenbesuches in Berlin für 
anen der glänzendsten Triumphe, welche die Politik 
)es Fürsten Bismarck jemals gefeiert hat. Fürst 
hismarck hat einen neuen Triumnh dabongetragen, 
rinen Triumph, welcher gewöhnlich starken Rännern 
zufällt, welche wissen, was sie wollen, war.en lön ⸗ 
nen und mittlerweile die Hande nicht in den Schoß 
egen. Zuerst Oesterrich, dann Frankreich zu 
demüthigen, war eine große Leistung. Aber Ruß ˖ 
and ohne Kampf zur Raison zu bringen, das ist 
der bedeutendste Sieg, welchen dieser merkwürdige 
Staatsmann je erfochten hat. Denn es ist ohne 
Zweifel ein Sieg fur Deuischland, wenn der Czar 
o weit wie möglich wieder das Wohlwollen seines 
nächtigen Nachbarn zu gewinnen wunscht. Das 
benehmen des Czaren in Berlin läßt sich nur da— 
Ain deuten, daß er wenigstens einstweilen allen 
Anlaß zu Streitigkeiten, oder doch wenigstens offene 
ind Aergerniß exregende Streitigkeiten zwischen den 
deiden Reichen zu vermeiden veabsichtigt. Es ist 
instweilen erfreulich, wenn der europäische Friede 
rine Zeitlang gesicherter ist, weil sich Alexander 
II. die Ueberzeugung aufgedrangt hat, daß der 
Augenblidd für den großen Wurf nicht günstig ist. 
Dem Fürsten Bismarck aber muß man derzlich u 
zeinem neuen Erfolge Glück wünschen. 
Zu den Fälschungen von Noten des 
Reichskanzlers bemerkt die „Nat.⸗Ztg.“: „Einer 
authentischen Darstellung der betreffenden Vorgänge 
darf man wohl schon für die nächste Zeit entgegen⸗ 
sehen und es scheint nicht ausgeschlossen, daß Ent⸗ 
züllungen höchst überraschender Art bei dieser 
zroßartigen internationalen Intrigue in Aussicht 
tehen.“ 
Der Deutsche Bauernbund hat ein mit 
5414 Unterschriften aus 616 Ortschaften ver⸗ 
ehenes Gesuch an den Reichskanzler Fürsten v. 
Bismarck gerichtet, in welchem auf das stetige Fal⸗ 
en der Getreide-⸗ und Karioffelpreise hingewiesen 
vird. Das Gesuch schließt: „Wir bitten deshalb, 
Fuer Durchlaucht wollen darauf Bedacht nehmen, 
illem unnöthigen fremdländischen Korn bis auf 
veiteres die Thür zu verschließen, oder doch den 
kintritt durch erhöhte Zölle so wirksam zu er⸗ 
chweren, daß der Getreidebau und die Viehzucht 
hei uns wieder lohnend wird, oder daß wir wenigstens 
durch den Zollertrag in der Steuerlast erleichtert 
werden“. Viele Handelskammern verschließen sich 
vie gewoöhnlich dem berechtigten Wunsche des Bauern⸗ 
tandes und agitiren gegen die Zollerhöhung. 
Berlin, 26. Nov. Die Getreidezollvorlage 
etzt den Zoll für Weizen und Roggen auf 6, für 
dafer, Raps und Rübsaat auf 83, für Buchweizen 
uind Hülsenfrüchte auf 2, für Gerste auf 2/, für 
Mais auf 2, für Malz auf 4, für Kraftmehl auf 
14, für Nudeln und Makaroni auf 15, für Müh—⸗ 
enfabrikate auf 12 Mk. fest. Die Tariffätze für 
Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Mais, Malz ˖ und 
Mühlenfabrikate treten an heutigem Tage in Kraft. 
Dem Entwurfe sind umfassende Motive (18 Druck⸗ 
zogen) beigegeben, die vor Montag nicht zu er⸗ 
varten find. 
Fulda, 26. Nowb. Prälat Weyland wurde 
zum Bischof Fulda's präconisirt, ebenso der Dom— 
kapitular Feiten als Weihbischof von Trier. 
Ausland. 
Wien, 27. Nov. Das offiziöse „Fremden- 
olatt“ und die „Presse“ drucken heute den im 
„Pester Lloyd“ gestern enthalten gewesenen Ber⸗ 
liner Brief ab, welcher ausführte, Fürst Bismarck 
habe den Czaren auf den Casus toederis mit 
Oesterreich verwiesen, worauf der Czar erklärte, daß 
er auch gegen Oesterreich keinen Angriff plane. 
Die „Presse“ bemerkt dazu, durch diese Mittheilungen 
erst seien die bibherigen Enthüllungen zu einem glaub⸗ 
vürdigen Bilde abgerundet. Mehrere andere Blätter 
hesprechen ebenfalls den Brief des „Pester Lloyd“ 
als werthvolle und logische Ergänzung der früheren 
Angaben über den Inhalt der Unterredung des 
Fürsten Bismarck mit dem Czaren. 
Brüssel, 26. Nob. Der der russischen Regie⸗ 
ung nahestehende „Nord“ konstatirt, daß der Be⸗ 
uch des Czaren in Berlin ein befriedigendes 
„‚olitisches Ergebniß herbeigeführt habe. 
Paris, 27. Novb. Wie verlautet, hätte Rou⸗ 
pier, welcher gestern Abend eine längere Besprechung 
mit Grevy hatte, abgelehnt, die Botschaft des Prä⸗ 
sidenten in den Kammern zu verlesen, weil dieselbe 
Zätze enthielte, mit denen er nicht einverstanden sei. 
Der „Republique francaise“ zufolge hätte Grevy 
die Absicht geäußert, den Erlaß der Botschaft zu 
verschieben und von Neuem Versuche zu machen 
zur Bildung eines Kabinets. 
ELondon, 25. Nob. Wie ein Donnerschlag 
wirkten die Enthüllungen der „Kölnischen Zeitung“ 
über die Zusammenkunft zwischen Czar und 
anzler. Der Prisse stand darob der Athem still; 
ein Leitartikelschreiber fand dafür auch nur ein ein- 
iges Wort der Beurtheilung. Erst heute macht sich 
die eingepreßte Ueberraschung in Superlativen Luft. 
„Seit den Tagen des deutsch-französischen Kriegs“ 
— so schreibt die ‚Times“ — „als Fürst Bismarck 
der französischen Regierung durch die Veröffentlich⸗ 
ung des diplomatischen Theilungsvorschlags einen 
chweren Schlag versetzte, hat es keinen aufregendern 
Zwischenfall in der europäischen Politik gegeben, 
uis die überraschende Enthüllung, daß ein Versuch 
zemacht worden, den Czar durch gefälschte Briefe 
ind Depeschen Deutschland zu entfremden.“ Der 
„Daily Telegraph“ schreibdt: „Wenn jemand die 
ben in einem Berliner Palast gespielte Scene einem 
Roman oder einem Bühnenstück einverleiben wollte 
u. ĩ. w.“ Und der „Standard“: „Kurz nach der 
Abreise des Czaren aus Berlin wird die Welt plötz 
ich von einem Vorgang in Kenntniß gesetzt, der 
in Seltsamkeit alles übertrifft, was an merkwürdigen, 
anerwarteten und unerklärlichen Dingen in einer 
in wunderbaren Zwischenfällen und außerordent⸗ 
ichen Enthüllungen fruchtbaren Zeit geschehen ist.“ 
Selbstverständlich kommen hinterher allerhand ver- 
weifelnde Fragen: Wie wurde der Czar das Opfer 
ines Betrugs? Weßhalb vertraute er fremden 
Schriftftücken mehr als den Berichten seiner Bot⸗ 
chafter und Gesandten? Hatte der Czar die 
Schriftstücke in seiner Tasche? Und wie konnte 
zer Furst dieselbendfür gefälscht erklären, wenn er 
fie nicht gesehen? Diese Fragen sind erlaubt, wenn 
ie auch zum Theil etwas lächerlich sind, enthalten 
aber weder eine Widerlegung noch eine Bekraͤftigung. 
Im so vielsagender ist es, daß die einzige Wider⸗ 
egung von einem Manne versucht wird, der be⸗ 
anntlich in ausschließlich orleanistischem Interesse 
arbeitet, von dem Pariser Vertreter der „Times“. 
Er spricht von den „sogenannten“ Enthüllungen 
der „Koölnischen Zeitung“ und behauptet, daß der 
Braf von Paris wenigstens und alle, die auf sein 
Wort hören, nichts mit den Fälschungen zu thun 
gzehabt, wenn diese wahr sein sollten. Prinz Fer⸗ 
dinand habe die bulgarische Kandidatur gegen den 
Wunsch der Orleanisten unternommen; leßtere 
hätten es im Gegentheil der Prinzessin Clementine 
sehr übel genommen, daß sie gegen ihre Familie 
gehandelt und ihren Sohn ermuthigt habe. Im 
Tone der höchsten Entrüstung verlangt Herr von 
Blowitz. daß die Verleumdung, insofern sie die 
Jjesammten Orleanisten betreffe, klargestellt werde, 
denn niemals würden sie sich zu Fälschungen ver⸗ 
tehen, um einen Krieg herbeizuführen und unter 
Strömen von Blut den französischen Thron wieder 
zu besteigen. Also auch Herr v. Blowitz widerlegt 
rnichts, sondern verlangt nur Aufklärungen. Sein 
dollege in Wien, der mit dem Fürsten Ferdinand 
ind mit der Prinzessin Clementine auf gutem Fuße 
tdeht, bricht mittlerweile eine Lanze für den von 
glowitz preisgegebenen Fuürsten Ferdinand. Der⸗ 
elbe habe der Zustimmung Deutschlands zur An⸗ 
rahme des bulgarischen Thrones nicht bedurft und 
r werde auch sicherlich nicht iafolge der Herab⸗ 
vürdigung feitens deutscher Zeitungen abdanken. 
Furst Bismarcks Plan sei, Zwietracht zwischen Ruß⸗ 
and und Frankreich zu säen, und daher würde 
nan künftighin viel von orleanistischen Verschwör- 
ingen, die sich von Paris nach Sofia erstreckten, 
jören. Wie man sieht, wird auch dadurch nichts 
zewiesen. Betreffs der Wirkung obiger Enthüllungen 
laubt die „Times“, daß dadurch die allgemeine 
olitische Lage nicht im Geringsten verschoben 
verde; nur der Czar sei etwas besser gelaunt. Die