Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Daily News“ aber begrüßt das bessere Einver⸗ 
iändniß zwischen Czar und Reichskanzler als eine 
Hewähr für die Aufrechterhaltung des europäischen 
Friedens. 
Petersburg, 26. Nod. Die Redalkteure 
der Residenzpresse wurden zur Zensurbehörde 
geluden und ihnen eingeschärft, ihre Angriffe gegen 
Deutschland und den Kaiser Wilhelm einzustellen 
und auch Bismarck glimpflicher zu dehandeln. In 
der panslavistischen Presse ist darüber große Be⸗ 
lürzung. 
Petersburg, 26. November. Die „Nowoje 
Wremja“ schreibt, die deutsche Thronrede liefere den Be⸗ 
weis für die Nichterreichung der duich die Entrevne 
erstrebten Ziele. Die Thronrede sei keine friedliche 
und die Geschichte lehre, was von den deutschen 
Abwehrmitteln zu halten sei. „Wjedomsti“ äußern 
sich im friedlichen Sinne. Deutschland habe nur 
den Wunsch, ohne Krieg die Eroberungen von 1864 
und 1871 zu sichern. Bezüglich der Enthüllungen 
der „Köln. Ztg.“ schreibt dasselbe Blatt: Es sei 
nöthig abzuwarten, ob diese Thatsachen Fürst Bis- 
marck verhindern würden, die Freundschaft Rußl ands 
wiederzugewinnen. 
Petersburg, 27. Nop. Aus „vpositioster“ 
QDuelle will der Grashdanin“ wissen, Fürst Bis 
marck sei mit dem Ergebniß der Berliner Entrevue 
bezw. seiner Audienz beim Czaren „sehr unzufrie- 
den“. Aus Bantkierkreisen verlautet, Fürst Bis⸗ 
marck habe sich in diesem Sinne gegenüber Bleich⸗ 
röder ausgesprochen. Man glaubt allgemein an 
eine baldige Entfernung des Koburgers durch die 
Bulgaren selbsft (Die Panssavistenpresse sträubt 
sich also noch immer, sich der weit günstigeren 
Auffassung, welche der Entrepvue durch das „Jour⸗ 
nal de St. Petersbourg“ und den „Nord“ zu Theil 
geworden ist. anzubequemen. Wir verzeichnen bei 
dieser Gelegenheit ein Gerücht, wonach die gefälsch⸗ 
sen Noten Bismarcks vom Czaren nach Berlin ge⸗ 
andt und hier bereits eingetroffen sein sollen. Die 
Red. des „Berl. Tagbl.“) 
Lokcke und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 29. Nov. In der am 
Sonntag in der Wirthschaft von Grewenig stattge⸗ 
hzabten Versammlung behufs Besprechung der 
Feier des Papst⸗Jubiläums wurde, nach- 
zem zunächst die allgemeinen Grundzüge dieser 
Feier in hiesiger Stadt besprochen waren, ein aus 
Herren bestehendes Comite awählt, das die An- 
gelegenheit weiter zu ordnen bat. 
* St. Ingbert, 29. Nov. Innerhalb der 
letzten Tage wurde dahier in nicht weniger als 8 
Faͤllen das Konkursverfahren eröffnet. 
— Pfälzische Blätter enthalten folgende Ein 
iadung: „Die pensionirten Lehrer der 
Pfalz wollen sich einer wichtigen Besprechung 
vegen nächsten Mittwoch, den 30. d. M., Nach- 
niitags 2 Uhr, zu Ka serslautern in der Restau—⸗ 
ration ,Zum Prinzen Luitpold', Pirmasenserstraße, 
einfinden. Mehrere Pensionäre.“ 
— Ein glücklicher Gewinner wird gesucht. Der 
driite Hauptgewinn der Marienburger Geldlotterie 
vom Jahre 1886 im Betrage von 15.000 Mark 
st noch nicht erhoben. Da diese Loose auch in 
der Pfalz angekündigt wurden und somit die 
Mögiichkeit besteht, daß ein Pfälzer der gesuchte 
Hewinner ist, so sei hiet bemerkt, daß der frag⸗ 
liche Gewinn auf die Nummer 252,692 gefallen isi. 
— Die beliebten Goldfischchen haben 
namentlich im Winter viel unter unzweckmäßiger 
Behandlung zu leiden, denn nur wenig ist es be⸗ 
kannt, daß sie in den Monaten November, Dezem⸗ 
her, Januar, Februar gar keines Futters bedürfen. 
In diesen vier Monaten kann also die Fütterung 
Janz eingestellt werden. Dagegen ist den Gold⸗ 
fischen auch im Winter alle zwei Tage frisches 
Wasser zu geben, wobei darauf zu achten ist, daß 
das reine Wasser möglichst die gleiche Temperatur 
hat, wie das alte. Es sei noch bemerkt, daß in 
den Monaten März, April und Mai nur sehr 
venig und erst allmählich mehr Futter gereicht 
verden darf, weil sich erst der Verdauungsapparat 
des Fisches wieder an die Futteraufnahme gewöh⸗ 
nen muß. 
— Otterberg, 27. Novb. (Pf. Vztg.) In 
der hiesigen Zwirnfabrik, welche derartig in er⸗ 
freulicher Prosperität begriffen ist, daß gegenwärtig 
250 Arbeiter dort Beschäftigung haben, ist seit den 
letzten Tagen bereits bei elektrischer Beleuchtung ge⸗ 
ardeitet worden und ist die vollständige Durch- 
ührung der Beleuchtung sämmtlicher Fabrikräume 
— 
mit elektrischem Licht noch für diese Woche in Aus- 
sicht genommen. 
N Dürkheim, 25. Nov. Heute Nacht er— 
hängie sich dahier der 26 Jahre alte Küfer Schall 
in seinem Bette. Motive unbekannt. 
Vermischtes. 
F Neunkirchen, 27. Nob. Wie die „S. 
4. Bl. Zig.“ soerben erfährt, hat sich Fräulein 
delene Stumm, Tochter des Herrn Geh. 
dommerzienrath Stumm, heute mit dem Lieutenant 
und Adjutanten im Hanoverschen Ulanen⸗Regiment 
Nr. 14, HerrnKurt von Heimburg, veilobt. 
Sit. Johann, 26. Nov. Die Stadtver⸗ 
rdneken wählten heute Nachmittag Herrn Bürger⸗ 
neister Jesse von Ehrenfeld zum Bürgermeister 
der Stadt St. Johann. Derselbe war auch bei 
der vorigen Wahl vwereits in erster Linie in Aus⸗ 
icht genommen. 
fFMünchen. S. K. H. der Prinz Regent 
jat verfügt, daß das nach 8 47 der Disziplinar—⸗ 
trafordnung für das Heer vom 12. Dezember 1872 
dei Vollstreckung des strengen Arrestes im Feld 
uinter den doit erwähnten Voraussetzungen zulässige 
„trafmittel des Geweht⸗ oder Satteltragens in 
Wegfall kommt. 
München, 26. Nod. Der Moͤrder Plac⸗ 
zak wurde heute früh hingerichtet. Der Delinquent 
defand sich während der letzten Stunden in wachsen⸗ 
der Aufregung; ein Trommelwirbel unterdrückte 
ein Fluchen. Er legte kein Geständniß ab und 
var ohne Zeichen von Reut. Derselbe hatte vor 
angerer Zeit auf offener Straße einen Gendarmen 
ermordet. 
München, 28. Nod. Das ‚Bayerische 
Bewerbe⸗Museum“ erläßt jetzt für die König⸗Lud⸗ 
vig Preisstiftung ein Preisausschreiben. Es werden 
300 Mark für den besten zur Einsfendung ge⸗ 
angten Toilettenspiegel ausgesetzt. Derselbe muß 
sanz oder theilweise aus Elfenbein oder edlen 
dölzern (eb. mit farbigen Einlagen oder Boule⸗ 
arbeit) gefertigt sein; er soll zum größten Theil 
uus Drechslerarbeit bestehen und muß frei auf den 
Tisch gestellt werden können. Für den besten durch 
Zeichnungen in Naturgröße und perspektivische 
Skizze darzustellenden Entwurf eines solchen Toilette⸗ 
riegels ist ein Preis von 200 Mark ausgesetzt. 
Die schon zweimal gestellte, aber immer nicht ge⸗— 
rügend gelöste Preisaufgabe (Herstellung eines Lehn⸗ 
tuhls mit Polsterung und dazu gehöriger Fußbank) 
vofür ein Preis von 300 Mark ausgesetzt ist, wird 
ibermals zur Preisbewerbung ausgeschrieben. Be— 
rechtigt zur Preisbewerbung fsind nur solche Ar—⸗ 
eiten, welche von Angehörigen des Königreichs 
Bahern in ihren wesentlichen Theilen angefertigt 
ind. Die Arbeiten sind dis 28. Juli 1888 an 
has bayer. Gewerbe⸗Mus⸗ um in Nürnberg einzu—⸗ 
enden, die Preisvertheilung findet am 25. August 
tatt. Die Arbeiten bleiben Eigenthum der Ver⸗ 
ertiger, doch sind die Verkaufspreise derselben an⸗ 
ugeben, und es bleibt dem Gewerbemuseum das 
stecht vorbehalten, eine oder einige der Arbeiten 
imnzukaufen. 
Das Vermögen der Stadt Nurnberg be—⸗ 
iffert sich nach dem für nächstes Jahr aufgestellten 
—XVVV 
13 Millionen Mark Schulden gegenüber. 
Koln, 26. Nov. Die linksrheinische Eisen- 
ahn hat eine Preisbewerbung unter den Architekten 
»es Deutschen Reiches zur Erlangung von Ent— 
vürfen für die Hochbauten des hiesigen Central 
Zersonenbahnhofes eröffnet. Die Entwürfe, für 
eren besten ein Preis von 5000 Mk. und deren 
eide nächstbesten solche von je 2000 Mk. ausge- 
itzt sind, müssen bis 25. Februar k. J. eingereicht 
ein. Das Preisrichteramt hat die Berliner Bau⸗ 
Tkademie ühernommen. 
Metzz.. Wie beliebt Boulanger beim fran⸗ 
ösischen Volke ist, darüber berichtet u. A. ein Ba— 
eler Professor, der in den Ferien eine Studienreise 
m südlichen Frankreich machte. Er fand namlich 
in vielen Bauernhäusern zwei Bilder neben ein⸗ 
inder hängen: ein Christusbild mit der Unterschrift 
Erlöser der Welt!“ und das Portrait des General 
zoulanger mit der Unterschrift „Erlöser Frank— 
reichs!“ Auch unsere französische Bevölkerung be⸗ 
rachtet den General natürlich ebenso. 
Markirch, 24. Nov. Seit dem letzten 
driege haben die hiesigen Zeugstofffabriken nicht so 
,iel Arbeit gehabt, als gegenwärtig, denn sie sind 
aum im Stande, die bestellten Sommerartikel in 
den gestellten Fristen zu liefern. 
fF Ein Billard-Wettkampf, welcher 
dadurch größeres Interesse beanspruchen darf, daß 
Ammitiche Balle indirekt, d. h. bon der Bande au 
Jespielt werden müssen, wird augenblicklich in den 
Kaiserhallen“ in Berhin, zwischen den deiden 
»esten Billardspielern Deutschlands, den Herren 
Möslacher und Etscher, ausgefochten werden. Die 
Partie geht auf 1200 Voints und wird an drei 
uufeinander folgenden Abenden in je 400 Poinis 
abgespielt. In Deutschland wird eine so hohe „in— 
direkte Partie“ im Tournier zum ersten Mal aus. 
gefochten. Selbst die größten Billardspieler Ame. 
rikas, welche Serien von 1000 Points im direkten 
Spiel machen, pflegen im „indirekten“ Spiel, in 
welchem 30 oder gar 40 Serienpoints sehr selten 
sind, nur bis zu 800 Points an einem Abend zu 
spielen. 
F Ein Kapitalhirsch. Auf der Herrschaft 
Marschendorf wurde durch den Jagdherrn Rudoif 
drafen Czernin beim Birschgang am Rosenberg in 
Broß ˖ Aupa ein Kapitalhirsch von sechzehn Engen 
erlegt. Derselbe maß 2,1 Meter in der Länge, 1,8 
Meter in der Höhe und wog 196 Kilo. Soweit 
die Erinnerung der Jäger reicht, ist im Riesenge— 
birge ein solchet Kapntalhirsch nicht gesehen und 
erlegt worden. 
F Namslau, 23. Nov. (Eine Hundert⸗ 
jährige.) Dieser Tage feierte hier die Häuslers. 
wittwe Elisabetih Kubisch ihren hundertsten Ge— 
burtstag. Sie war dabei umringt von nicht 
deniger als 84 Kindern und Kindeskindern, nämlich 
»rei Söhnen, von denen der älteste bereits im 
Breisenalter von 81 Jahren steht, 15 Enkeln, 62 
Urenkeln und Ururenkeln. 
—FEine teuflische Erfindung, so schreibt 
der „Hannover'sche Kurier“, ist der jetzt für Haus- 
jaltszwecke kaufliche „denaturirte“ Spiritus. Der- 
ielbe ist mittels Holzgeist und Pyridin ungenießbar 
Jjemacht, und seldst der hartgesottenste Schnapshru⸗ 
zer würde es nicht vermögen, nur einen Schluck 
zieses gräulichen Z.uges über die Zunge zu bringen. 
Aber auch für Haushaltszwecke ist dieser Spiritus 
eines entsetzlichen Geruches wegen unverwenddar. 
Wir warnen jeden Unerfahrenen ausdrücklich vor 
dessen Benutzung. Eine mit diesem Spiritus ge⸗ 
rüllte und in Betrieb gesetzte Spirite slampe ver⸗ 
pestet nicht allein ein Zimmer, sondern unter da—⸗ 
für günstigen Verhältnissen ein ganzes Haus. 
Denselben zum Waschen rheumatischer Körpertheile 
zu verwenden, ist nicht möglich, man müßte 
äch denn von jeder menschlichen Gesellschaft ab⸗ 
ondern. 
F Brüssel, 24. November. Auf dem Bahn⸗ 
jofe in Valencieunes ist ein Postdiebstahl von 
300,000 Francs verübt worden. Auf dem Platze 
jon Anzin fand man ein Packet mit Wechseln in 
döhe von 80,000 Fres., die aus diesem Diebstahle 
Jerrührten. Von den Thätern fehlt jede Spur. — 
Ein erschütterndes Ereigniß hat sich gestern Abend 
3 Uhr am Kai Van Dyck in Antwerpen zugetragen. 
Ein deutschet Student von der Bonner Univerfität, 
24 Jahre alt, aus Frosdorf gebürtig, hatte sich 
daselbst mit dem Rücken nach der Schelde zu dicht 
am Rande des Kais aufgestellt. Plötzlich zog et 
»inen Revolver aus der Tasche, schoß sich in das 
derz und stürzte in die Scheide. Durch das eifige 
Wasser erwachte in ihm der Selbsterhaltungstrieb, 
obwohl tödtlich verletzt, schwamm er mit Leichtigkeit 
und hielt sich über dem Wasser. In Folge des 
Schusses eilte Polizei und Publikum herbei; in— 
wischen hatte die Besatzung des Dampfers „Tele⸗ 
Jraaf“ den Schwimmenden bemerkt und es gelang 
hr, ihn an Bord zu ziehen. Mit größter Sorg⸗ 
amkeit wurde er nach dem Krankenhaufe geschafft. 
Man fand bei ihm seine Universitäts-Erkennungs 
karte, eine Eisenbahn⸗Fahrkarte und ein Kästchen 
mit Revolver⸗Patronen. Teotz seiner Schwäche er⸗ 
klärte er durch eine Zeile, wer er sei. Sein Zu⸗ 
zand ist, wie der „Voss. Ztg.“ mitgetbeilt wird, 
leider ein sehr bedenklicher. 
Rom, 25. Nov. Die Nichte des Papstes, 
die am 22. d. M. ihre Vermählung feierte, erschien 
ofort nach vollzogener Trauung im Kabnet ihres 
heims, des Papstes. Der Heilige Vater segnete 
die Neuvermählte und reichte ihr einen Rosenkranz, 
aus echten Perlen gebildet, von außerordedotlichem 
Werthe. Diese Perlen stammen von einem Ge— 
schenke, das die Schwester der Kaisetin von Oester— 
reich, die Königin von Neapel, im ersten Jahre 
hrer Ehe dem Popste dargebracht hatte. Der Papft 
ußte die junge Frau auf die Suͤrne und jagte ihr: 
Zaäble an den Perlen, die ich Dir überreiche, die 
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