Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 2. Dez. Eine sehr empfind—
liche Strafe wurde in der letzten Strafkam—
mersitzung des kal. Landgerichts Zweibrücken gegen
den 18jährigen Tagner Karl Jene von hier aus—
gesprochen. Wegen Diebstalels wurde üder denselben
eine Gefängnißstrafe von 2 Jahren verhängt.
*— Aus den der igl. Regierung der Pfalz
zur Forderung des Feuerlöschwesens zur Verfügung
ftehenden Mitleln erhielt die Gemeinde Ensheim
den Betrag von 400 Mark.
— Bei den am Montag, 58. Dezember in
Zweibrücken ihren Anfang nehmenden Schwur—
derichtsverhandlungen des 4. Quartals
1887 kommen folgende Fälle zur Aburttzeilung:
1. am 5. Dez., Vorm. hald 9 Uhr, Sebastian
Becker, 31 Jahre alt, Dienstknecht von Bobenheim,
angeklagt der Körperverletzung mit nachgefolgtem
Tode. — 2. am 5. Dez., Nachm. 3 Uhr, Marga
retha Zirkel, 20 Jahre alt, von Krickenbach, an⸗
geklagt des Kindsmordes. — 8. am 6. Dezember,
Vorm halb 9 Uhr, Johaunes Kaißling, 26 Jahre
alt, Schlosser von Kaiserslautern, angekiagt der
Brandstiftung. — 4. am 7. Dezember, Vormittags
halb 9 Uhr, Jakob Knobloch, 28 Jahre alt, Bar-
bier von Konken, angeklagt eines Verbrechens wider
die Sittlichkeit. — 5. am 7. Dezember, Nachmit⸗
tags 3 Uhr, Franz Quirin, 26 Jahre alt,
Tagner von St. In gbert, angeklagt eines Ver⸗
brechens wider die Sittlichkeit. — 6. am 8. Dez.,
Vorm. halb 9 Uhr, Heinrich Wilhelm, 20 Jahre
alt, Schuster von Pirmasens, angeklagt des Todt⸗
schiagsversuchs. — 7. am 9. Dez, Vorm halb 9
Ubr, Peter Homer D., 29 Jahre alt, Fabrikarbeiter
von Kaiserslautern, angeklagt eines Verbrechens
wider die Sittlichkeit. — 8. am 9. Dez., Nachm
3 Uhr, Franz Xavber Driendl. 46 Jahre alt, früher
Postexpeditor in Kapsweyer, z. Zt. in Landau,
wegen Unterschlagung im Amte. — 9. am 10.
Dezember, Vorm. halb 9 Uhr, Friedrich Klohe, 29
Jahre alt, Aderer in Odrigheim, angeklagt des
Meineides.
— Kaiserslautern, 80. Nov. Auf dem nahe⸗
gelegenen Gersweilerhof, zur Gemeinde Erlenbach
gehörend. fand gestern die Frau des Herrn Karl
Venkel auf ihrer Scheune einen Strohwisch, der
angebrannt war, so daß anzunehmen ist, daß der⸗
selbe brenuend von der Tenne aus hinaufgeworfen
wurde. Gestern Abend nach 10 Uhr wurden die
Burger doriselbst durch den Ruf Feuer in großen
Schrecken versetzt. In einigen Augenblicken standen
die Stallungen und drei große Scheunen, den
Herren Benkel, Macke, Geis, Th. Knierimen und
gldam Knierimen gemeinschaftlich gehörend, in hellen
Flammen. Die Feuerwehren von Erlenbach und
Moorlautern waren rasch zur Stelle, doch konnte
nichts gerettet werden. Sämmfiliche Fruchte und
Erntebsrräthe wurden in kurzer Zeit ein Raub der
Flammen. Thurmhoch schlugen dieselben empor,
und nur mit großer Mühe und Lebensgefahr lonnte
das Rindvieh aus den Ställen gebracht werden,
Obwohl verfichert ist, so erleiden die Betreffenden
doch einen nicht unbedeutenden Schaden. (Pr.)
— Kaiserslautern, 30. Nod. Im Gast⸗
haus „Zum Prinzen Luitpold“ fand heute Nach-
mittag eine Versammlung pensionirter pfälzischet
Lehrer statt. Die Besprechung handelte von einer
Verbesserung pensionirter Lehrer und einigte man
sich dahin, in diesem Betreff eine Petition an den
Landtag zu richten. In der Pfalz befinden sich
zur Zeit 218 pensionirte Lehrer. Die Petition
führt aus, daß in dem nächstjährigen Budget eine
Aufbesserung der aktiven Lehrer vorgesehen sei,
nicht aber eine solche der pensionirten Lehrer. Die
Letzteren erhielten nach 40jähriger Dienstzeit ein⸗
schließlich des Staatszuschusses eine Pension von
1140 Mk., welche ein großer Theil nicht einmal
erreiche, da dieselben vor Ablauf einer solchen pen⸗
sionirt werden müßten. Aber seldst die volle Pen⸗
sion reiche in den meisten Fällen zum Unterhalte
nicht hin, um so weniger, wenn Krankheiten und
die damit verbundene nothwendige Pflege einen
großen Theil derselden absorbiren. Privatvermögen
hbesäßen die Meisten nicht, da dieses, wenn solches
vorhanden gewesen, durch die Kindererziehung be⸗
reits geopfert sei, oder noch geopfert werden müsse.
Die Wenigsten besüßen auch Eigenthum, sodaß eben⸗
falls ein größerer Theil von der Miethe hinweg⸗
genommen würde. Unter diesen Verhältnissen bitten
die Lehrer um eine Erhöhung des Staatszuschusses
hon 540 auf 720 Mk. Der Petition ist die Bitte
andefüat. daß etwa noch rüstige und befähiqte pen—
ionirte Lehrer Verwendung durch Uebertragung von
Post xpeditioren oder in sonstigen staatlichen Neben⸗
tellen finden möchten, die dem Ansehen des pfäl—
zischen Lehrerstandes keinen Eintrag thun.
MN. B.Z.)
— Lingenfeld, 29. Nov. Das Festungs⸗
Bouvernement Germersheim sucht sein Rayon
immer mehr zu erweitern. Infolge dessen trat
die hiesige Gemeinde durch Kauf einen Waldkom—
plex von etwa 60 Tagwerk an die Festung Germers—
heim ab. Die Geimeinde Lingenfeld darf die Fläche
abholzen und erhält etwa 60,000 Mk. als Kauf—
schilling. Ebenso hat die Militärbehörde das an
dem Bahnkörper beim Bahnhof Westheim liegende
Privateigenthum angekauft, um daselbst im Bedarfs⸗
'alle Baracken mit Küchen errichten zu können. Die
Abtretung eines großen Theiles des Westheimer
Waldes ist der „Sp. Z.“ zufolge noch nicht perfeklt.
— Schwegenheim, 28. Nodb. Ein Kind
pielte vor dem Ofen, während die Großmutter
inen Topf mit Kaffee über dem Haupte des un⸗
zlücklichen Kleinen dem Ofen entnahm. Im naäam⸗
ichen Augenblicke brach der Boden des Gefäßes
zurch, die siedende Flüssigkeit ergoß fich über den
dörper des Kindes, und 12 Stunden später ver⸗
ttarb dasselbe unter gräßlichsten Schmerzen.
(Sp. Zig.)
— Speyer, 30. Nod. Für die erledigte
Zeichenlehrerstelle an der kgl. Realschule hatten sich
21 Bewerber gemeldet. Von diesen wurde Herr
Adolf Mayer aus Munchen, z. 83. an der
9l. Realschule in Nürnberg als Assistent tbätig
gewählt.
— PfHGOK Ludwigshafen, 30. Nov
Die Pfälzische Handels- und Gewerbekammer, welche
ich bereits in ihrem Jahresbericht für 1886 gegen
ede weitere Erhoͤhung der Getreidezölle aussprach,
hat in einer an den Reichstag gerichteten Petition
denselben gebeten, dem vorliegenden Gesctzentwurf,
betreffend die Abänderung des Zolltarifs, seine
Zustimmung zu versagen.
— Ludwigshafen, 29. Nov. Der frühere
Buchhalter Otto Gripp wurde heute von der Straf—⸗
tkammer des kgl. Landesgerichts Frankenthal wegen
AIuterschlagung eines Werthbriefes zu 18 Monaten
Befängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
auf drei Jahre verurtheilt. Derselbe sollte sich be⸗
anntlich bereits Ende August dieses Jahres vor
obgenanntem Gericht verantworten, ging jedoch
lüchtig und wurde vor einigen Wochen in Geln⸗
sausen verhaftet.
— Aus Frankenthal wird der „Wormser
Ztg.“ geschrieben: „Dem Vernehmen nach sol
die bekannte Armarturfabrik der Herren Klein
Schanzlin und Becker dahier am 1. Januar in
den Besitz einer Aktiengesellschaft übergehen. Die
VBorberhandlungen haben heute auf Basis einer
Zaufsumme von 1,215,000 Mtk. stattgefunden.
Es wird nicht beabsichtigt, die Aktien an den
Markt zu bringen.“
Vermischtes.
F Elversberg, 27. Nov. Der evan—
gelischen Gemeinde Elversberg⸗Spiesen wurde von
Se. Majestät dem Kaiser zu dem Bau einer neuen
Pfarrkirche dahier die Summe von 27. 000 Mtk
ils Geschenk überwiesen.
München, 30. Nod. Ueber den Selbst
nord des Dr. Jerusalem schreibt der heutige Po—
izeibericht: Der von der Staatsanwaltschaft Leipzic
vegen betrüglichen Bankerotts steckbrieflich verfolgte
Bankdirektor Dr. Jerusalem hat sich gestern in einem
iesigen Hotel erschossen. — Die Münchener
Cotrespondenz“ schreibt über dieses Vorkommniß
Zzu dem Lebensende des steckbrieflich verfolgten
Zankdirektors Dr. Jerusalem aus Leipzig erfährt
nan, daß derselbe vor 3 Tagen, durch falschen
Bart, blauc Brille und weiße Perrücke vollständig
nistellt, hierhergekommen war und sich im Hotel
Rheinischer Hof“ einlogirte. Da er vermuthlich
eine Vechaftang voraussah, schrieb er an dic
—XED
ind seinem Leben durch Erschießen ein Ende machen
verde. Einem Direktor einer hiesigen Bank, der
ha von früher her kannte, stellte er sich vor, um
seine Maske zu prüfen. Da ihn derselbe momentan
nicht erkannte, stieg er in eine Droschke ein und
uhr rasch davon. Nachher dachte der genanntt
Direktor doch, daß dies der Dr. Jerusalem gewesen
'ei, und er benachrichtigte hiervon die k. Polizei—
irektion. Mittlerweile war auch von Leipzig ein
Telearamm der dortigen Staatshbehörde hier einge—
troffen mit der Meldung, daß Jerusalem sich hie—
befinde und seinem Leben ein Ende machen woll
Die Polizeiorgane fahndeten gestern den gangen
Tag nach dem Verfolgten, auch alle Gasthöfe waren
benachrichtigt. Im Hotel „Rheinischer Hof“ hatie
Jerusalem früher schon logirt und kannte man seine
Persönlichkeit daselbst deshalb genau, allein durch
seine geschicke Maske wußte Jerusalem auch dort
das Dienstpersonal zu täuschen. Als er aber
gestern den ganzen Tag sein Zimmer nicht verließ
wurde Abends zwischen 6 und 7 Uhr die Thuͤt,
seines Zimmers eingedrückt und Dr. Jerusalem —
man erkannte ihn sofort — erschossen aufgefunden.
Die Leiche wird in das pathologische Institut ge⸗
schafft. — Ein Spezial-Berichterstatter theilt den
„Neuesten Nachrichten“ auf Grund zuverläjfiger
Informationen Folgendes mit: Dr. Jerusalem iift
am Montag hier angekommen und im Hotel „Rhei—
nischer Hof“ abgestiegen, wo ec sich als „Müller
ins Fremdenbuch einschrieb. Man erkannte ihn
dort nicht. obwohl er schon mehrmals im Hotel
gewohnt hatte, weil seine Maske vorzüglich gewählt
war. Er trug eine graue Perrücke, blaue Brille
und war vollständig glatt rasirt, während er früher
einen großen Vollbart trug. Dr. Jerusalem scheint
sich schon vorgestern erschossen zu haben, denn die
Polizei fand die Leiche bereits ganz starr.
4 Passau, 29. Nov. Als Kuriosum wird
der „Pass. Z.“ mitgetheilt, daß bei der in Prag
Bez.-Amt Passau) stattgehabten Gemeindewahl dei
seitherige Gemeindediener zum Bürgermeister gewählt
wurde.
F Wurzburg, 29. Nov. Militärbezirksge—
richt. Der Gemeine des in Zweibrücken garniso—
nirenden Bataillons des k. 18. Inf.«Rgts. in
Landau Albert Georg, led Bergmann in St.
Ingbert wurde wegen thätlichen Vergreifens an
inem Posten zu 1 Jahr 2 Monaten Gefängniß
verurtheilt. Derselbe, in Gesellschaft mehrerer Freun⸗
de aus der Stadt, wollte, was verboten ist, am
25. Sept. ds. Is. gegen Abend ia angeheitertem
Zustande das hintere Kasernthor passiren, wotan
hn der dort aufgestellte Nachtposten hinderte.
Diesem versetzte nun Georg im Zorn hierüher mit
der Faust einen Schlag auf den Hinterkopf, daß
nfolge dessen der Helm zu Boden rollte. Der An—
zeklagte hat nun Zeit, über seine unüberlegte Thal
nachzudenken. Esr hatte totale Trunkenheit gelten
gemacht, allein man schenkte ihm keinen Glauben.
F Der Bankbeamte Freund aus Heidelberg
der 22 000 Mk. unterschlagen hat, ist nach der
„B. B.Z.“ am Samstag in Kassel festgenommer
vorden.
t Eine poetische Absage. Ein junge
Paar in Heidelberg, das sich in den Ehestam
begeben wollte und um die Einwillignng des Herrn
Papa bat, erhielt von demselben folgenden kurze—
Bescheid:
„Sie hat nichts und Du desgleichen;
Dennoch wollt Ihr, wie ich sehe,
Zu dem Bund der heiligen Ehe
Euch bereits die Hände reichen.
Kinder, seit Ihr denn bei Sinnen?
Ueberlegt Euch das Kapitel: —
Ohne die gehörigen Mittel
Soll man keinen Krieg beginnen.“
fFBerlin, 28. Nov. In der Ahrends'schen
Brauerei⸗Aklien⸗Gesellschaft in Moabit ist seit einiger
Zeit der Mälzer Dankelmann beschäftigt; heute
Norgen gegen 11 Uhr wollte derselbe einen Fahr—
tuhl belasten und sah nach oben, ob derselbe nicht!
ame. In demselben Monient wurde er von dem
herabsausenden Fahrstuhl ergriffen und ihm die ein⸗
Seite des Kopfes buchstäblich abgerissen. Er selbf
türzte dem Fahrstuhl nach, fiel ca. 4 Stocwerh
sinab und blieb todt liegen.
F 5478 Studirende zählt im gegenwär⸗
igen Winterhalb jahr die Universität zu Berlin. Die
Frequenz hat sich gegen das vergangene Winter⸗
halbjahr um 121 vermehrt. Noch in der Mitte der
siebziger Jahre gehörten nur 1824 Kommilitonen
zur „Alma Mater Berolinensis“, dann wuchs di
Zahl jährlich um einige Hundert, dis sie jetzt ge
rade auf die dreifache Höhe gesfliegen ist. Di
theologische Fakultät zählt 801, die juristische 1480
die medizinische 18316, die philosophische 1931
Mitglieder.
FKostspieliger Prozeß. Bei den letz
ten großen belgischen Arbeiterunruhen sind die ir
Jumet, einer Gemeinde im Hennegau, belegener
haudour'schen Glaswerke bekauntlich von den Ar⸗
deitern zerstört worden. Baudoux strenate einen