Full text: St. Ingberter Anzeiger

Brozeß gegen die Gemeinde an. Der Gerichtshoj 
Charleroi bat die letz re jetzt verurtheilt, Herrn 
haudoux eine. Entschadigung von 863,505 Franks 
u zahlen und die Prozeßkosten in der Höhe von 
3383 Franks zu tragen. 
Paris. Nachdam Madame Limouzin 
Tafé nicht die gebührende Anerkennueg für ihre 
gerdienste gefunden hat, wird sie ihre Reklame 
juf journalistischem Gebiet weiter treiben. Sie 
heilt den Pariser Redaktionen mit, daß sie von 
norgen an ein Blatt herausgeben wird mit dem 
Titei „Les Ohâtiments“ (die Züchtigungen). In 
ꝛem Blatte wird, wie es in dem Projekt heißt. 
Jedem sein gebührendes Recht widerfahren“, d. h. 
zas Organ wird dem niedrigsten Klatsch dienen. 
F Großer Diamanten⸗Diebstahl. 
Um Montag wurden in Paris aus dem Schau⸗ 
ienster des Juw-lengeschäftes Jomelin u. Madrassi 
diamanten im Werth: von einer halben Million 
Ftancs gestohlen. Die Diebe drangen durch einen 
argenblicklich leer stehenden Nachbarladen in den 
ersten Stock, von welchem sie in den Juwelenladen 
zinabstiegen. Man fand ihre Werkzeuge, hat aber 
hon ihnen nund ihrer Beute keine Spur. Der größte 
Theil der Diamauten rührt von dem versteigerten 
zronschatze her. 
Aus Italien. Mit dem Bürgermeister 
des piemontesischen Städtchens Cabella Lipura ist 
niicht zu spassen, er hat die Gemeinderäthe, welche 
hm Opposition machten, einfach im Rathhause 
zurchprügeln lassen. Er wurde freilich dieserhalb 
erhaftert; aber was hilft's? er hat seine Lust büßen 
önnen und ist zufrieden. 
f Monte Carlo, 28. Nov. (Die Erfoige 
»on Monte Carlo.) Großer Jubel herrscht in 
Monte Carlo. Die Aktionäre reiben sich vergnügt 
zie Hände, denn die Dividende für die Saison 
188687 übertraf alle Erträgnisse früherer Jahre. 
Allerdings waren auch die Opfer der Spielbank 
veitaus zahlreicher als sonst, allein was verschlägt's, 
das bischen Blut, das an dem Gelde klebt, das 
chut ja nichts und sechsundsiebzig Selbstmorde sind 
ür eine so erfolgreiche Saison gar nicht viel. 
Außerdem hat man ja auch einen vortrefflichen 
lusweg gefunden, um von den Selbstmördern so 
wenig wie möglich zu sehen und zu hören, hat 
nan doch den Weg zum Friedhofe, der früher von 
MNonte Carlo über Mongco führte, jetzt derart ver⸗ 
egt, daß er direkt oberhalb der Brücke von Santa 
De ota zum Kirchhofe führt, ohne weder Mongco 
noch Condamina zu berühren. Die Bewohner der 
pPrincipauté werden somit künftig nicht mehr durch 
den Anblick der Leichenbegängnisse all' der Unglück⸗ 
lichen, die in Monto Carlo ihr Leben lassen, in 
hrer idyllischen Ruhe geftört werden. Und so wird 
denn lustig weiter gespielt . 
Aus England. Einen romantischen 
Selbstmord hat dieser Tage Henry Somerset in 
dondon, Sohn eines der größten Brauer, begangen. 
Derselbe sollte sich vor Kurzem verheirathen. Drei 
Tage vor der Trauung erhielt er von seiner Braut 
inen Brief, in dem sie von der Verbindung zurück⸗ 
rat. Er schrieb der Treulosen und bat sie um 
eine Unterredung, und da er auf diesen Brief keine 
Iniwort erhielt, schoß er sich eine Kugel durch den 
dopf. In seinem Zimmer fand man folgenden 
Brief: „Ich wünsche, daß alle Gegenstände, die 
mir Miß ..meine Braut, geschenlt hat, in meinen 
Sarg gelegt werden und daß die Photographie der 
deißgeliebten an meine Leiche, gerade auf dem 
Herzen, befestigt werde.“ Der Seldstmörder zählte 
uur erst 22 Jahre. 
f Ein entsetzlicher Vorfall hat sich 
Reser Tage in Kocs (Eisenburger Komitah) zuge⸗ 
ragen. Ein junges, hübsches Weib, die verwitt- 
vete Frau Franz Loipersbech, legte sich, um den 
neständigen Verfolgungen ihrer Schwiegermutter zu 
intgehen, in Gemeinschoft mit ihren vier kleinen 
dindern auf die Eisenbahnschienen vor den einher— 
zrausenden Zug. Alle fünf Personen blieben als 
jermalmte Leichen auf dem Geleise liegen. 
Chicago. Die Wittwe des hingerichteten 
Unarchisten Spies hat gedroht, daß sie sich das 
Leben nehmen würde. Sie ist jetzt im BVegriffe 
hiese Drohung zu erfüllen und will Hungers sterben. 
fürzlich begab sie sich während des furchtbaren 
Sturmes zu Pferde auf den Friedhof, auf dem die 
deichen der Hingerichteten beerdigt wurden, ließ den 
Sarg von Spies öffnen und überzeugte sich, daß er 
wirklich todt sei. Ais sie in ihre Wohnung zurück 
jekehrt war, weigerte sie sich entschieden, Nahrung 
uu sich zu nehmen. Vergebens dringen ihre Ver— 
uu 
vandten und Freunde in fie — sie bleibt ihrem 
kntschlufse treu. 
Gemeinnütziges. 
Aufbewahren des Kopfkohls und 
Wirsings in Gräben. Um Weiß und Roth⸗ 
kraut, sowie auch Wirsing den Winter hindurch 
risch aufzubewahren, wendet man gewöhnlich das 
kinschlagen im Keller an. Da aber hier erfahrungs⸗ 
zemäß diese Gemüsearten sich oftmals nicht gut 
halten, sondern mehr oder weniger bald gelb wer⸗ 
den und faulen, weil in vielen Fällen eine dumpfe 
feuchte Luft im Raum herrscht, und da auch nicht 
eder Gemüsezüchter einen hierzu geeigneten Keller 
zesitzt, so schlagt man schon seit Jahren in man⸗ 
hen Gegenden oben angeführte Gemüse im freien 
Land ein und zwar mit dem besten Erfolg. Zu 
ziesem Zweck hebt man, schreibt J. Ingelmann in 
der „Zeitschr. f. Nass. Land und Forstw.“, im 
Hausgarten oder auf offenem Feld sogenannte Ge⸗ 
nüsegräben von 50 — 60 Centimeter Tiefe und 
zeliebiger Länge und Breite aus und schichtet das 
Erdreich auf beiden Seiten auf. Ist der betreffende 
Platz im Untergrund trocken, so bedarsf man keiner 
desondern Unterlage; bei feuchtem Boden jedoch 
breitet man auf die Sohle des Grabens eine Lage 
von Stroh oder trocknes Laub aus, damit die 
Pflanzen nicht direkt auf den nassen Grund zu 
liegen kommen. Man stellt nun das Gemüse dicht 
aneinander, daß die Köͤpfe sich unten befinden. 
Vorher wird es gehörig gereinigt und von allen 
zelben Blättern befreit Sehr viel zum guten 
Gelingen trägt trockne Witterung bei Ausführung 
dieser Arbeit bei. Fängt es an kalt zu werden 
und zu frieren, so bedeckt man das Kraut anfangs 
dünn mit Erde; mit zunehmender Kälte verstärkt 
man diese Schicht. Statt aus Erde läßt sich auch 
aus Laub oder Stroh eine sichere Schutzdecke gegen 
das Eindringen von Frost herstellen; beide Ma— 
terialien haben außerdem noch den Vortheil, daß 
nan auch bei starkem Frost ohne große Schwierig⸗ 
eit zu den Gemüsen gelangen kann. Diese Art 
der Aufbewahrung, wobei das Gemüse umgekehrt 
in die Grube gestellt wird, besitzt vor dem gewöhn⸗ 
richen Einschlagen mit den Wurzeln den höchst 
chätzenswerthen Vorzug, daß das Regenwasset und 
der thauende Schitee nicht in die Köpfe einzudrin⸗ 
jen vermag wadurch das Faulen beschränkt wird. 
Marktberichte. 
Homburg, 30. November. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
tualienmarkt; Weizen 0O M. — Pf., Korn O M. — Pf., 
Spelzkern — M. — Pf., Spelz 0O M. — Pf., Gerste 
2reihige O M. — Pf., Gecste 4reihige O M. — Pf., 
dafer 0 M. — Pf., Mischfrucht 7 M. 10 Pf., Erbsen 
d M. — Pf. Wicken 0 M. — Pf., Bohnen 0 M., 
— Pf., Kartoffeln 2 M. 30 Pf. Kornbrod 6 Pfund 
39 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf., Ochsenfleisch — Me 
Rindfleisch 40 Pf. Kalbfleisch 40 Pf., Hammelfleisch —— 8 
Schweinefleisch 50 Rf.. Butter 1 Riund 1M. 10 Pf. 
Sterbe fälle. 
Gestorben: in Zweibrücken Frau Pfarrer Mina 
Butters; iun Dürlheim Johaunes Karst, 69 J. und 
) Mt. a.; in Wiesenheim a. Bg. Philipp Krämer, 
14 3 60. 
Schlachthaus St. Ingbert. 
Im Schlachthause zu St. Ingbert wurden im 
stobember 1887 geschlachtet: 92 Stück Großvieh, 
10 Stück Pferde, 84 Stück Kälber, 138 Stück 
Schweine, 49 Stück Schaf⸗, 6 Stück Ziegen und 
3 Stück Spanferkel. 
Gesammt-Einnahme 460,90 Mk. 
St. Ingbert, am 2. Dezember 1887. 
Das Bürgermeisteramt 
Heinrich. 
Protestantischer Gottesdienst. 
Sonntag den 4. Dezember vorm. 10 Uhr 
Dank; und Bittgottesdienst der Knappschaft 
Text: Lucä 21, 25-36; Lied 372. 
Nachmetea 2 Uhr Christenlehre. 
Neueste Nachrichten. 
Paris, 1. Dez. In der gestrigen Blanquisten ⸗ 
dersammlung im Saale Favbie führte „General“ 
kudes den Vorsitz. Alle Redner erklärten sich für 
den Straßenkampf, falls Ferry gewählt werde. 
Die Reden waren sehr heftig, die Versaramlung 
zab durch Rufe: „Es lebe die Revolution! Es lebe 
die Commune! Nieder mit Ferry!“ ihre Zustimmung 
zu erkennen. Die Rede Roches vom „Jalransigeant“ 
wurde durch die Rufe: „Nieder mit Rochefort 
Nieder mit Boulanger!“ häufig unterbrochen. Eu— 
des schloß die Versammlung mit den Worten 
Angesichts der ernsten Lage schlagen wir keine 
Tagesordnung vor. Das einzige, was der Ver⸗ 
ammlung angemessen ist, lautet: Vorwäcrts! 
norgen, Freitag. Samstag oder wann Ihr wollt!“ 
Der Untersuchungsausschuf hat gestern die Anklage 
zegen Charles Ferry abgewiesen. 
Paris, 1. Dez. Der Ministerrath versam⸗ 
nelte sich heute Morgen unter Grevy's Voꝛsizz. 
Brevy theilte mit, die Lage habe sich geändert, er 
verde daher den Kammern heute keine Mittheilung 
ukommen lassen. Rouvier wird den Kammer— 
zrafidenten seine Entscheidung kundgeben und den⸗ 
elben erklären, daß das Kabinet von neuem ein 
fẽntlassungsgesuch eingereicht habe. Es wird ver— 
ichert, Grey werde sofort den Versuch machen, ein 
neues Cabinet zu bilden. 
Paris, 1. Dez. Grevy's Rücknahme seiner 
kntlassuns hat ungeheuere Aufregung in Paris 
erursacht. Man reißt sich um die Blätter, alles 
jeigt destürzte Mienen. Heute Vormittag war Grevy 
noch entschlossen, zurückzutreten; doch haben Rath- 
chläge von Andrieux, Laguerre, Rochefort und 
Mayer (von der „Lanterne“) ihn umgestimmt, 
Paris, 1. Dez Das Palais Bourbon wurde 
Nachmittags militärisch besetzt, außerhalb durch be— 
ittene Wachmannschaften. Alle Neugierigen werden 
erngehalten. Die Gitter des Palais sind geschlossen, 
der Pont Royal für alles Fuhrwerk gesperrt. Die 
Aufregung wächst stätig. 
San Remo, 1. Dez. Offizielles Bulletin 
der Aerzte des Kronprinzen vom 30. November: 
Das örtliche Leiden des Kronprinzen zeigt augen— 
;licklich keinerlei Symptome einer umsichgreifenden 
Ausdehnung. Beschwerden irgend welcher Art sind 
nicht vorhanden und die allgemeinen Körperfunk— 
ionen andauernd sehr gut. Der Kronprinz unter⸗ 
nimmt täglich bei günstigem Weiter regelmäßige 
Spaziergäuge und Ausfohrten. 
x* Deuet 
Soeben erschien im Verlage von J. Kreisel⸗ 
meyer in Edenkoben und ist durch alle Buchhand⸗ 
lungen zu beziehen: 
Die Sammel⸗Suse, Hübsche Geschichten 
n Form von Gedichten für artige Kinder. Ver—⸗ 
fasser: H. Mietens. Preis J. Theil 1 Mk. 50 
Pfg., II. Theil 1 Mt. 50 Pfg., J. und II. Theil 
in einem Bande 3 Mk. 
Dieses neue Bilderbuch beurtheilen die „Mün— 
hener Neuesten Nachrichten“ (Nr. 423 vom 17. 
November 1887) in folgender Weise: 
Nach Art des berühmten „Struwwelpeter“ 
werden in diesem Bilderbuche in hübschen 
Versen, dem Verständniß der Kleinen völlig 
angemessen, Geschichten aus dem Kinderleben 
mit einer lehrhaften Tendenz erzählt und 
mit Bildern illustrirt, die allerdings vom 
künstlerischen Standpunkt mancherlei zu 
wünschen übrig lassen, wenn ihre Einfachheit 
in Form und Farbe auch gerade ihre Wirkung 
auf die Kinderseele nicht verfehlt. 
Die Leipziger Lehrmittel-Anstalt von Dr 
Oscar Schneider in Leipzig versendet nunmehr 
ihren neuesten Weihnachtskatalog gratis und porto⸗ 
rei an jeden Interessenten und wollen Eltern und 
Erzieher und alle Diejenigen, welche ein unter⸗ 
haltendes und dabei nützliches Weihnachtsgeschent 
jiür Kinder und Erwachsene benöthigen, solchen ver˖ 
angen. Der Weihnachtskatalog erschien in 4 Ab⸗ 
heilungen: 
Abtheilung J enhält: Unterhaltende und be— 
ehrende Spiele, Beschäftigungs⸗Utensilien und Ap— 
parate für Knaben und Mädchen, 
Abtheilung U: Modelle von Dampf; un 
lektrischen Maschinen, Lokomotiven und ganz 
Fisenbahnzügen, Magica oder Zauberlaternen, sow 
onstige opiische Apparate u. s. w., 
Atheilung III: Beschäftigungen und Maierialien, 
owie zu Weihnachtsgeschenken geeignete Bücher für 
Mädchen und Frauen. 
Abtheilung IV: Schmetterling⸗, Käfer⸗, Min. 
alien Sammlungen und Sammelgeräthe, Spiel! 
und Gegensiände zur Unterhaltung und Bewegun 
im Freien u. s. w. 
Bei gefl. Beste llungen wolle man die gewünschten 
Ahtheilungen angeben.“ 
* Hauptorgan der 
Frankfurter Journal, liberalen Parui 
AV& 
ungen. Vierteljährlich 6 Mk. 25 Pf.