Ausland.
Paris, 7. Dez. Fast alle Blätter besprechen
zie Ansammlung russischer Truppen an der öster⸗
zeichischen Grenze.
Wie verlautet, wird Wilson Frankreich ver—
lassen und nach Schottland übersiedeln, wo er ein
Gut für 500,000 Fr. angekauft hat. Die Fa—
milie Wilson stammt bekanntlich aus Schottland.
Wie der „N. Fr. Pr.“ aus Sofia gemeldet
wird, erregt es in dortigen Hofkreisen großes Auf⸗
sehen, daß der dentsche Vizekonsut den Fürsten
Ferdinand auf der Straße nicht grüßte.
LTorale und pfaͤlzische Nachrichten.
— Blieskastel, 7. Dez. Der Buchhänd⸗
ler und Buchbinder Christian Laufer, welcher heute
mit Tapezieren im Pfarrhause beschäftigt war,
zatte dabei das Unglück, von der Leiter zu fallen
und eine Rippe zu brechen.
— Zweibrücden, 7. Dez. Die Cichorien⸗
Fabrik des Herrn Alexander Böcing in Saar⸗
jemünd ist in den Besitz von Herrn Adam Kuhn
dahier übergegangen.
— Landau, 7. Dez. Wie das „Land.
Tagbl.“ von unterrichteter Seite erfährt, dürfte der
Aniheil aus der Liquidation der früheren hiefigen
Aktien-Buchdruckerei circa 33 pCt. ergeben. Die
Vertheilung der Masse kann jedoch erst nach er⸗
olgter gerichtlicher Eintreibung verschiedener Aus
dände stattfinden.
— Gieishorbach, 5. Dez. Heute starb
zu Gleiszellen die älteste Person der hiesigen Ge—
meinde, der Ackerer Abraham Wendel. Derselbe
ist am 22. Januar 1790 geboren, erreichte dem
nach ein Alter von 97 Jahren 10 Monaten, und
13 Tagen. Am 26. Februar 18183 verheirathetete
er sich mit Anna Maria Bentz, die aber schon am
J. Juni 1846 starb, hat also 41 Jahre im Witt-
werstand gelebt. Bis vor 2 Jahren har der Ver⸗
dorbene noch rüstig alle Feld- und Wingertsarbeiten
oerrichtet.
— Speyer, 6. Dez. Auf dem in den
Fluthen des Ozeans versunkenen Schiffe „Scholten“
Jefanden sich auch drei Familien aus dem benach⸗
zarten Hockenheim, die sern von der Heimath das
hnen bislang versagt gebliebene Glück zu finden
hofften. Sie gehören zu den geretteten Passagieren
des Schiffes und während zwei der Familien ihre Reise
weiter fortgesetzt haben, ist die dritte. reich beschenkt
uind ausgerüstet zur Heimath zurückgekehrt, um hier
don Neuem und mit besseren Aussichten ihrem Ziel
zuzustreben. (Sp. Ztg.)
— Durch die Zuckerfabrik Frankenthal
vurde auch dieses Jahr gelegentlich ihres Geschäfts⸗
abschlusses dem unrefundirlichen Stammvermögen des
ßfälzischen Gewerbemuseums der Betrag von 1000
Vk. schenlweise üherwiesen.
Pfalziches Schwurgericht.
4. Quartal 1887.
Zweibrücken, 8. Dez. Verhandlung gegen
Heinrich Wilhelm. 20 J. a., Schuster von Pir⸗
masens, wegen Todtschlagsversuchs. Der Angeklagte
wurde, unter Ausschluß von mildernden Umständen
zu einer Zuchthausstrafe in der Dauer vou 6 Jabren
verurtheilt.
Vermischtes.
f Anzenkirchen, 5. Dez. Vorgestecn Nacht
vurde der Getreidehändler Paul Scheidlhuber
hon Anzenkirchen nach Verlassen des Zuges, Nachts
12 Uhr, von Strolchen angepackt und seiner in
München einkassirten Baarschaft von 6100 Mk.
beraubt. Die Sirolche brachten ihm einen Schnit!
in die Hand und zwei Stiche in den Hals bei,
die jedoch durch einen Gummikragen abgeschwächt,
aicht lebensgefährlich find. Von der Verhaftung
der Strolche verlautet noch nichts.
F Frankfurt a. M., 2. Olt. Einer armen
Wittwe, Mutter von sechs Kindern, wurden durch
einen unbekannten Wohlthäter 1500 M. übersandt.
Die Freude, welche darüber herrschte, kann man
fich leicht denken, wenn man hört, daß die Frau
jeit vierzehn Tagen für ihre Kinder nichts hatte,
als trockenes Brod und Kaffee, den sie aus dem
ihr geschenkten Kaffeesatze einer Restauration herstellte.
F Mannheim, 6. Dez. Heute Morgen,
lurz nachdem die Maurer an einem Neubau die
Arbeit aufgenommen hatten, stürzte die der Straße
zu gelegene Giebelmauer des betreffenden Baues
olötzlich ein und begrub neun unten beschäftigte
Maurer unter sich. Da eine große Masse Gestein
die Verunglückten bedeckte, kostete es große Mühe,
dieselben aus ibhrer gefährlichen Lage zu befreien.
j
Als dies endlich gelang, waren leider sämmtliche
Maurer mehr oder weniger schwer verletzt. Faff
alle sind verheirathet.
Metz 7. Dez. In der „Lothringer Zei⸗
ung“ steht zu lesen: „Antoine, deputé de Motz,
velcher zur Zeit in Paris weilt, hat, wie die
„Agence Havas“ mittheilt, dem Kongresse in Ver—
sailles beigewohnt, nachdem er sich in einem der
für die Deputirten und Senatoren bestimmten
Extrazüge dorthin hat befördern lassen. Es hätte
nur noch gefehlt, daß der Kongreß den député de
Metz als stimmberechtigt anerkannt und zur Ab⸗
zabe seines Votums zugelassen hätte.“
4St. Avold, 5. Dez. In der Wolfsschlucht
jerrschte heute große Freude. In einer kleinen
Jagd, welche Oberförster Grimmell veranstaltete,
schoß Rittmeister Meier des hiesigen 14. Ulanen⸗
stegiments einen Wolf — seinen zweiten — und
der Oberförster Grimmell schoß seinen elften Wolf,
sodaß in zwei Treiden mit fünf Schützen zwei
Wölfe zur Strecke gebracht wurden. Die Treiben
sanden statt zwischen der Ambacher Mühle und
Buschboden. Die erlegten Thiere sind einjährige
Wölfe im Gewicht von 60 bis 70 Pfund.
Koblenz, 6. Dez. Der General ˖ Leutnant
. D. Ludwig v. Wittich hierselbst ist gestorben.
Derselbe errang sich seine Lorbeeren 1866 auf den
Schlachtfeldern von Nachod, Skalitz und Königgrätz
187071 bei Marsla⸗Tour, Gravelotte, Orleans,
Thartres, Le Mans und Alencon. Er war ein
zeistig begabter Mann, seine Kameraden nannten
hn, als er noch Leutnant war, bezeichnenderweise
den „Streiter für Wahrhreit und Recht“. Seinen
Abschied nahm er bereits im Jahre 1873.
F Das Geschentk des sachsischen Königs—
jauses für das Jubildum des Papstes, eine mit
rẽdeisteinen besetzte „Armenbibel“, ein seltenes
Fxemplar aus ältester Zeit, ist auf dem Transporte
ach Rom, wie der „K. Vztg.“ mitgetheilt wird,
estohlen worden. Von dem Einbande sind die
Fdelsteine im Werthe von mehreren tausend Franks
ntwendet und durch gewöhnlichere Steine von ge—
ingerem Werihe ersetzt worden. An der Einfassung
soll die Entfernung und Wiedereinsetzung deutlich
zu erkennen sein.
7 Magdeburg, 6. Dez. Bei Offleben
—V
neldet, die Fürstin Chakowskoy, die sich mit ihrem
Hemahl auf der Rückreise von Genf nach Moskau
hefand, aus einem Wagen 1. Klasse heruusgestürzt,
ingeblich weil ihr Gemahl geisteskrank ist und
Spuren seines Leidens sich wieder einstellten. Die
Fürstin wurde dem hiesigen Krankenhause sofort
aͤbergeben.
Berlin. In einem Briefe an einen be—
reundeten Militär macht der Kronprinz die scherz⸗
jafte Aeußerung, daß er sich gegenwärtige, im Be⸗
itze einer derarligen Fülle von Heilmitteln befinde,
um in jedweder Krankheit auf Erfordern aushelfen
zu können.“
7 Berlin. Ein Lieblingslied unseres Kron⸗
zrinzen. . Das nachstehende, von E. v. Willich
dem frühverstorbenen Stiefsohne Schleiermachers,
verfaßte und vom Kapellmeister Radecke componirte
died ist von jeher ein besonderes Lieblingslied des
dronprinzen gewesen, das er sich auch in gesun den
Tagen besonders gern vortragen ließ. Es wird
gerade jetzt für unsere Leser von besonderem
Interesse sein, den Wortlaut desselben kennen
zu lernen:
Wenn der Herr ein Kreuze schickt,
Laßt es uns geduldig tragen!
Betend zu ihm aufgeblickt,
Wird den Trost er nicht versagen,
Denn es komme, wie es will,
In dem Herren bin ich still.
Ist auch ofimals unser Herz
Schwach und will wohl gar verzagen,
Wenn es in dem stärksten Schmerz
Zeinen Tag der Freud' sieht tagen;
Sagt ihm, komm' es, wie es will,
In dem Herren bin ich still.
Darum bitt' ich, Herr mein Gott,
Laß mich immer glaubend hoffen,
Denn damit kenn' ich kein' Noth,
Bottes Gnadenhand ist offen.
Drum es komme, wie es will,
In dem Herren bin ich still.
Leipzig, 6. Dez. Am 12. Dezember, 9
Uhr, beginnt die Hauptderhandlung vor dem ver—
einigten zweiten und dritten Sirafsenat des Reichs.
gerichts gegen den Straßburger Kanzleibeamter
Karl Paul Cabannes wegen Landverraths.
F Ein Schauspieldirektor in deir
Provinz gab einst ein Melodrama, in welchem
einem Tyrannen ein abgeschlagener Kopf darse—
reicht werden sollte. Um mehr Wirkung hervorzu—
bringen, entschloß er sich, einen wirklichen Kopf
sehen zu lassen. Er ließ deshalb eine O⸗ffnung
in den Fußboden machen und auf dieselbe einen
Tisch mit einer Oeffuung in der Mitte und einem
Tuche darauf stellen. Auf dem VTische stand ein⸗
Schüssel, die ebenfalls durchlocht war. Durch dies
Lochung muße ein Schauspieler den Kopf stecken
dem man das häßliche Aussehen eines Todten ge.
geben hatte. Der Vorhang flog in die Höhe;
der Tyrann trat auf, und man zeigte ihm das
zlutige, bleiche Haupt eines Rebellen; die Zu
schauer aber schauderten. Leider hatte aber ein
chadenfroher Spaßvogel auf die Schüssel eine große
Menge Schnupftabak gestreut, und kaum hatte der
Tyrann seine erste Tirade beendet, so antworiete
der Todte durch ein gewaltiges langes Niesen. Man
kann sich denken, daß bei den Zuschauern auf das
Schluchzen das tollste Lachen folgte.
F Birnbaum (Provinz Posen), 1. Dezbr
Von hier wird der „Posener Zeitung“ berichtet:
Sehr überrascht wurden dieser Tage die Bewohner
von dem benachbarten Radegosch, Mokritz und
Henriettenhof, als über ihnen plötzlich ein großer
Luftballon sich zeigte, der in wenigen Augenblicken
aus beträchtlicher Höhe vor ihren Augen sich nieder⸗
ließ. Die Insassen des Fahrzeuges waren zwei
Offiziere sawie ein Unteroffizier aus Berlin, welche
diese glücklich abgelaufene Luftreise gemacht hatten
Den Weg von Berlin nach Radegosch — der etwe
180 Kilometer (ungefähr 24 Meilen) beträgt —
hatte die Gesellschaft in drei Stunden zurückgelegt.
F Der Haupitreffer der Basilika⸗Loose. Aus
Pest wird berichtet: „Den Haupitreffer der Basilila
Loose haben der hiesige Taglöhner Rudolf Chorn?
und dessen Frau, die Wäscherin Lydia, gemacht
Schon am Abend des Donnerstag hatte man den
Leuten Kenntniß von dem Glücksfalle gegeben und
dem Manne bedeutet, daß er sich am nächsten Tage
bei der Gewerbebank melden solle. „Ja freilich“
sagte er, „und wer wird für mich im Taglohr
arbeiten?“ — Dann möge sein Weib kommen
„Ja, die gnädige Frau d. X. hat große Wäsch
und da kann die Lydia nicht wegbleiben.“ Und
thatsächlich erschienen die Beiden erst nach dem
„Taglohn“ und nach der „großen Wäsch“ in der
Wechselstube der Gewerbebank, um 97,000 und
etliche hundert Gulden zu beheben. Bei dieser
Naivetät des Gemüthes wird Rudolph Chorns und
Gattin, die heute viel beneideten, entweder seh'
lang an dem Gewinne sich erfreuen oder — sehr kurz
Zeit.“
Gemüthliches aus Ungarn. Vor
einiger Zeit begab sich der Adonyer Einwohne
Michael Eisenberger mit seinen drei Söhnen Franz
Johann und Michael in den Weinkeller, woselbs
Vater und Söhne tüchtig tranken, so daß sie bald
darauf sämmtlich betrunken wurden und in Folg—
dessen in Streit geriethen. Der jüngste Sohn
Eisenbergers, Johann — ein von seiner Gatur
geschiedener Raufbold, biß bei dieser Gelegenhei
seinem Bruder Franz die Nase ab, was den allen
Eisenberger und den andern Sohn Michagel derar!
aufbrachte, daß sie über Johann Eisenberger her⸗
fielen und denselben so prügelten, daß er infolgt
der hierbei erhaltenen Verletzungen noch am näm⸗
lichen Tage starb. Die gerichtliche Untersuchuns
des Falles ist bereits eingeleitet.
F Arad, 1. Dez. (Eine Hochzeit mit Hinder—
nissen) Ein wohlhabender Arader Kaufmann,
Herr F. D., wollte seine Braut, Fräulein Isabella
V., zum Altar fühten. Fꝛäulein V. zählt blol
fünfzehn Jahre, ist eine Waise und im Uebriger
ein reizendes Mädchen. Die Vorbereitungen zu
Trauung waren getroffen, Brautpaar, Pfarrer unt
Zeugen standen dereit, da erklärte der Pfarrer, e
konne die Trauung nicht vornehmen. Die Brau⸗
zählte erst fünfzehn Jahre und da sei die Erlaub
niß der Vormundschaftsbehörde unerläßlich. Der
Biautigam faßte einen heroischen Entschluß. E
vat die Gäste um Geduld, warf sich selbst in eine
Fiaker und jagte zum Waisenstuhle. „Die Amt
stunden sind vorüber.“ Zum Glück findet sich ein
barmherzige Seele; der zufällig anwesende Präsiden—
erklärt, die Erlauhniß werde anstandslos auagefols
werden, aber morgen; die Gäste in der Kirch