Full text: St. Ingberter Anzeiger

als Anstifter des Attensats und verweisen auf die 
Gefahren, welche nicht nur Frankreich, sondern 
ganz Europa drohen, wenn Strabenpolitiker dieses 
Schlages noch größeren Einfluß auf Frankreichs 
Politit erlangen sollten, als fie bisher bereits be⸗ 
sessen. 
Paris, 10. Aus Madrid wird der „Rep 
Frauc.“ gemeldet, daß wiederholte Versuche bei der 
dnigin ⸗ Regentin und Mr. Sagasta gemacht wor · 
den seien, um Spanien zu bestimmen, in die Tripel⸗ 
allianz einzutreten. Oesterreich. Deutschland und 
Jialien hätien angeboten, seine Wünsche bezüglich 
Paroklo's zu unierstützen und es zu dem Rang 
riner Großmacht zu erheben. Mr. Sagasta hätte 
indeß für Alles gedankt und bemerkt, daß Spanien 
vermöge seiner geographischen Lage vor territorialen 
Schwierigkeiten geschützt sei und nicht wünsche, sich 
in internatiale Händel zu mischen. 
New⸗NYork, 10. Dez. Johann Most ist gegen 
Caunon von 5000 Dollars bis zur Entscheidung 
über die von ihm eingelegte Berufung freigelassen 
worden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Sti. Ingbert, 18. Dez. Unter den 
jungsten Einläufen bei der bayerischen Abgeordneten⸗ 
kammer befindet sich auch eine Petition der 
hiesigen Stadtverwaltung wegen Erlassung 
eines Gesetzes über das Schlachten von Schlachtvieh 
in städtischen Schlachthäusern. 
*St. Ingöbert, 13. Dez. In neuerer Zeit 
hat sich im hiesigen Kriegervereine ein Sängerchor 
gebildei, um die verschiedenen Vereinsfestlichkeiten 
und «Versammlungen durch den Vortrag vier⸗ 
ftimmiger Gesänge zu verschönern und zu heben. 
In Ame rika verstorbene Pfalzer: New— 
hork: Adraham Mehrbach, 89 J. a., von Lachen. 
Louise Molthan, geb. Houy. 61 J. a., aus Kusel. 
Joh. Pfeiffer, k. Delan und Pfarrer zu Forst. 
Elifabeiha Schneckenberger, geb. Wittenmayer, 33 
J. a., Bubenhausen. 
— Zweibrücken, 6. Dez. —A 
Zustände herrschen zur Zeit in der Gefangenenan⸗ 
sialt zu Zweibrücken. Gelegentlich der gestrigen 
Schwurgerichtositzung (Aaklage auf Todtschlag) be⸗ 
mertte der Staaisanwait, daß die Verbrechen wider 
das Leben in erschreckender Weise sich mehrten und 
die Strafanstalten überfüllt seien. In der Straf⸗ 
anstalt Zweibrücken sind nämlich gegenwärtig 340 
Personen untergebracht, während der Raum nur 
auf 200 berechnet ist. Das Landgerichtsgesängniß, 
dessen Zellen 48 Häftlinge fassen sollen, umschließt 
deren augenblicklich nahezu 100. Diesem Umstande 
dürfte ein bedeutender Antheil an der Möglichkeit 
der Flucht des kurz zuvor zu lebenslänglicher Zucht · 
hausstrafe begnadigten Gendatmenmörders Jost mit 
Genossen, sowie der dieser Tage geschehenen Flucht 
zweier weiterer Häftlinge zuzuschreiben sein. Das 
Aufsichtspersonal wird vermehrt. 
s Kaiserslautern, 12. Dez. Die Bau—⸗ 
thätigkeit in hiesiger Stadt war heuer wieder eine 
sehr große. Noch jetzt werden hie und da begonnene 
Neubauten eiligst unter Dach geschafft, um dem 
Grimme des Winters nicht allzusehr preisgegeben 
zu sein. Abgesehen von einigen wenigen Luxus⸗ 
baulen werden zumeist anderthalbstöckige Häuser 
aufgeführt, wie solche dem Charakter einer Fabrik⸗ 
stadt auch völlig entsprechen. Momentan besteht 
hier auch nicht im Geringslen Noth an vakanten 
Wohnungen, vielmehr haben viele Hausbesitzer das 
nicht beneidenswerthe Vergnügen, die Miethzinse 
zu erniedrigen oder derselben für längere Zeit ver⸗ 
lustig zu gehen. 
— Kaiserslautern, 10. Dez. Wie die 
„Pf. Pr.“ erfährt, hat Herr Architekt Dannert 
Jestern Abend seine Einberufung als städtischer 
Zauschaffner erhalten. 
Kaiserstautern, 10. Dez. Landtags 
abgeordneter Hofrath Neumayer wurde gestern von 
Sr. K. H. dem Prinz-Regenten in Audiens emp⸗ 
jangen. 
— Neustadi, 10. Dez. Die Herren Bürger⸗ 
meister Mack und Adjunlt Bar haben ihre Stelle 
niedergelegt. Die Neuwahl findet am Dienstag den 
13. d. Mts., Vormittags 10 Uhr siatt. 
— Ludwigshafen, 10. Dez. Ein groß⸗ 
artiges Unternehmen wird am künftigen Donners— 
tag seiner Bestimmung übergeben werden: das mit 
einem Kost enaufwand von 250,000 Mt. erstellte 
neue Restaurant „Bayerischer Hiesl“. Das Gebäude 
hat einen imponirenden, fast monumentalen Cha⸗ 
rafter und liegt nicht weit vom alten Hiesl. Es 
it im Innern auf das Luxuriöseste ausgestattet und 
rhält auch elektrische Beleuchtung. 
— Ludwigshafen, 12, Dez. (G. A.) 
die gestrige Äbend Vorstellung des Zirkus Bügler er⸗— 
reute sich eines außerordenilichen Besuches. Bei 
Zgeginn der Vorstellung waren sämmtliche Plätze 
nusverkauft, so daß später Ankommenden kein Ein- 
laß gewährt werden konnte. 
Pfalzisches Schwurgericht. 
i. Quartal 1887. 
Zweibrücken, 9. Dez. Postexpeditor Franz 
cavet Driendl, früher in Kapeweyer, angeklagt 
der Unterschlagung im Amte, wurde freigesprochen. 
Zweibrücken, 10. Dez. In der heutigen 
etzten Sitzung des hiefigen Schwurgerichts wurde 
zer wegen Meineids angeklagte Ackerer Friedrich 
dloht von Obrigheim zu 1 Jahr Zuchthaus und 
5 Jahren Ehrenverlust veruitheilt. Vertreter der 
Ztaalsbehörde war Herr k. Il. Staatsanwalt Wagner 
gertheidiger Herr Rechtzanwalt Gießen; es waren 
wanzig Zeugen geladen. 
Vermischtes. 
F Von fünf bedeutenden Müller Verbän— 
den' — dem mittelrheinischen, badischen, pfal⸗ 
zischenn, württembergischen, bayerischen wird, wenn 
die Zollerhöhung beschlossen werden sollte, verlangt, 
zaß die Erhöhung oder der künftige Zollsatz gleich 
näßig hech auf Weizen wie auf Roggen oder Korn 
estgesetzt werde; daß ein Zoll von mindesfens —1 
M. auf Kleien aller Art gelegt werde und daß der 
Zollsatz auf Eingangssendungen von Mehl, und 
swar in dem bisher gültigen Verhältniß der 
weieinhalbfachen Höhe des Getreidezolles erhoͤht 
vird. 
F Beurtheilung des Fleisches perl⸗e 
üchtiger Thiere. An die Regierungspräfi⸗ 
enten sowie an die Regierungen sind unterm 15. 
Iktober seitens des Ministers der geistlichen, Unter⸗ 
ichts- und Medizinat⸗Angelegenheiten umfassende 
Zerfügungen ergangen: „Da sich die durch die Ver⸗ 
ügung vom 27. Juni 1885 gegedene Richtschnur 
ur Beurtheilung der Genießbarkeit des Fleisches 
erlsüchtiger Thiere nicht durchweg als zulänglich 
erwiesen hat, so sehe ich mich veranlaßt, dieselbe 
vie folgt abzuändern: Eine gesundheitsschädliche 
Beschaffenheit des Fleisches von perlsüchtigem Rind- 
ieh ist der Regel nach dann anzunehmen, weun 
Jas Fleisch Perlknoten enthält, oder das perlsüchtige 
Thier, auch ohne daß sich in seinem Fleisch Perl- 
moten finden lassen, abgemagert ist. Dagegen ist 
das Fleisch eines perlsüchtigen Thieres dann noch 
ür genießbar zu halten, wenn 1. das Fteisch gut 
jenährt ist und 2. die Perlknoten ausschließlich in 
inem Organ vorgefunden werden, oder im Fall 
)es Auffindens in zwei oder mehreren Organen 
iese doch Organe derselben Körperböhle und mit 
imnander direkt oder durch Lymphgefäße oder durch 
olche Blutgefäße, welche nicht mit dem großen 
kreislauf, sonderm dem Lungen- oder Pfortader- 
dreislauf angehören, verbunden ist. Nach Maß⸗ 
jabe der vorstehenden Grundfätze haben forlan die 
Irgane der Fleischbeschau bei der Beurtheilung des 
Fleisches mit Perisucht behaftet gefundener Thiere 
u verfahren. Im Uebrigen bleibt es dem Er⸗— 
nessen des Sachverständigen im Einzelfall uüber⸗ 
assen, ob und in wiefern auch dem geringen 
Hrade der Ausbildung der Perlsucht und der üb⸗ 
igens gesunden Beschaffenheit des Fleisches der 
Benuß des letzteren als ines nur minderwerthbigen 
As siatthaft zu erachten ist und dementsprechend 
ein Verkauf desselben auf dem Schlachthof unter 
Aufsicht und unter namentlicher Angabe der kranken 
Beschaffenheit stattsinden darf.“ 
FMünchen, 10. Dez. Bürgermeister Ehr— 
hardt wird wegen eines Rückenmarkleidens pensionirt, 
der bisherige zweite Bürgermeister Widenmayer wird 
erster, Rechtsanwalt Graf Arco zweiter Burger⸗ 
neifter. 
— Kraft und Arbeitsmaschienen⸗ 
Ausstellung in München 1888. München 
rhält nunmehr seine dritte Spezialausstellung im 
aächsten Jabhre und ist die Wahl dieser Spezialität 
als eine ebenso glückliche, wie zeitgemäße zu be⸗ 
zeichnen. Es sollen nämlich nur diejenigen Arbeits⸗ 
maschienen zugelassen werden, die den kleinen 
Arbeitsverhältnissen entsprechen und welche den 
dandwerksmeister unserer Zeii befähigen, ssich für 
eine Reihe von Fällen mit dem Großbetriebe er⸗ 
solgreich messen zu können. Dazu gehören dang 
uch vor Alslem die Kleinhbetriebsmoforen und ilff 
die Größe derselben vorläufig in zutreffendster Weise 
bis zu drei Perdekräften angenommeun worden 
Die Initiative ist dem Münchener all gemeinen Ge 
wverbeverein zu verdanken, welcher sich von der 
zlücklichen Auffassung leiten ließ, daß die Zeit des 
Handwerkertages des Bayerischen sowie des allge— 
neinen deutschen Handwerkerbundes, welche beide 
n München stattfinden, eine selten günstige Gelegen— 
heit darbietet, sowohl für den Fabrikanten, um 
eine Erzeugnisse den Hauptinterefsanten vorzuführen 
als umgekehrt, um die aus allen Theilen —R 
sands zusammenströmenden Handwerksmeister mit 
den neuen Erscheinungen auf dem Gediete der 
Urbeits- und Kraftmaschienen bekonnt zu machen 
— Se. kgl. Hoheit der Prinz Regent hat dag 
Protektorat über diese Ausstellung übernommen. 
F Augsburg, 10. Dez. Das Schwurgericht 
erurtheilte den Taglöhner Anton Kling von Mörs 
ingen wegen Raubmords zum Tode. 
54 Würzburg, 10. Dez. Zur Feier des 
70. Geburtstages des Generals von Orff, Kom⸗ 
maindeur des 2. Armeekorps, bringen die Blätter 
umpathische Artikel, in denen die Verdienste des 
Jubilärs, speziell im Feldzug 70 — 71, dbervor. 
Jehoben werden. Gestern Abend fand eine von 
300 Personen besuchte Reunion im Harmoniesaal 
statt. Heute Vormittag gratulirten die Generalität, 
die Kommandeure des 2. Armeekorps, Delegirte 
oerschiedener Truppen, ferner Deputationen vom 
17. und vom 5. Infanterie-Regiment. Heute 
Abend findet ein BankettZ don 60 Gededen stat. 
f Aus Sachsen. Kürzlich wurde die Ehe⸗ 
rau' des Weichenftellers Roch aus Senftenberg von 
»em von Kamenz kommenden Zug überfahren. Die 
Verletzte gab nach einer Stunde ihren Geist auf. 
Frau Roch war im Begriff, ihrem Ehemann daz 
Hittagessen zu bringen, und bemerkte den heran⸗ 
rausenden Zug nicht eher, als bis derselde auf 
iugefähr 10 Schritte Entfernung an sie herange⸗ 
ahren war. Vor Schreck blieb de Frau stehen; 
je wurde von den Puffern ergriffen, einige Schienen- 
ängen fortgeschleudert und dann von der Moschine 
im Kopfe erfaßt. Der Ehemann, welcher pflicht 
chaldigst an seiner Weiche stand, mußte mui an⸗ 
ehen, wie seine Frau einen schrecklichen Tod fand. 
4Ein orkanartiger Sturm hat in der Um— 
jegend von Upsala in Schweden große Ver⸗ 
vüstungen angerichtet. Scheunen und Strohmiethen 
vurden umgeworfen und die Dächer von den Häu 
ern gerissen; die Eisenbahnzüge kounten nicht ab⸗ 
jelassen werden, weil zahlreiche umgewehte Baume 
zuf den Schienen lagen; auch die Telegraphen ⸗ 
eitungen wurden auf weite Strecken zerftött. Ja 
der Umgegend des Eisenwerks Lena scheint der 
Wirdelsturm am furchtbarsten gewüthet zu haben. 
Begen 7 Uhr Abends erhob sich dort im Westen 
in duntkles, drohendes Gewölk, das sich mit großer 
Schnelligkeit näherte; kurz darauf brach der Sturm 
os. Die Hauser erzitterten in ihren Grundvisten, 
Dachziegel wirbelten in der Luft und aus dem 
Walde dernahm man das dumpfe Gekrach der um⸗ 
ürzenden Baume. Der Zyklon ging in der Rich⸗ 
ung von Westen nach Osten und hatte eine Breile 
‚on 50 Klaftern; innerhalb dieses Weges war die 
Zerstörung vollständig. Kernfrische Fichtenstämme 
son'2 Fuͤß Durchmesser waren an der Wurzel ab⸗ 
ebrochen; von dem 75 Fuß hohen Schornstein de⸗ 
dochofens wurde die Halfte abgerissen. Soweit 
zis jetzt verlautet. sind keine Menschen zu Schaden 
zekommen. 
Die armen Simpelfranzen! Auf 
ragikomische Weise kam dieser Tage ein Mädchen 
RK.am Bodensee um ihre Simpelfranzen. Det⸗ 
Ahe war mit Wäschemangen beschäftigt; als trer 
ende Kraft diente der Portier des Hauses und 
zessen zufällig auwesender Bruder. Wegen Kurz 
ichügkat oder aus einem andern Grunde bückte sich 
das MNädchen zu nahe gegen die Walzen, ein ,Ruc 
aAn Schrei —“ und die schönen Simpelfranzen 
amen hübsch auf die Leinwand gepreßt auf der 
indern Seite zum Vorschein. 
. Brüssel, 11. Vez. Zwischen Mons und 
Zraumeries ine der Nahe des Ortes Patmages er 
aignete sich heute früh gegen 5 Uhr auf der Bahr⸗ 
die ein Zusammenstoß zweier Lokomotiven. De 
ine hielt auf der Strecke wegen eines kleinen 
defekts und eine andere fuhr mit voller —V 
uf dieselbe. Ein Lokomotivführer wurde getödlel 
ind ein Heizer schwer verwundet. 
pFuͤr Autographenjäger. Man schen 
uus London: „Der Leinenhändlec Blonunt qua 
7 6vnd Taa den Er-Prämier Gladstone we