Full text: St. Ingberter Anzeiger

lust Donnerstag Abend, als sie von einer zwei 
tägigen Reise nach Hause kam. 
— Pirmasens, 15. Dez. In der L. Ph. 
Schäfer'schemn Schuhfabrik wurden gestern zinem 
Sohlendrücker drei Finger von der Maschine erfaß! 
und abgedrückt. 
— Landau, 14. Dez. Der „Pf. Ztig.“ 
berichtt man von hier, daß kein Comite von 
Israeliten dem Vorstande des hiesigen Vincentius— 
Vereins in ehrender und dankbarer Anerkennung 
dessen, was die barmherzigen Schwestern n 
israelitischn Familien seit ihrem Hiersein Gutes 
gethan, Namens vieler ihrer hiefigen Glaubens— 
brüder das namhafte Geschenk von 800 M. über— 
macht habe, damit es zum Besten der Schwestern 
bei der Einrichtung ihres neuen Heims verwendet 
werden möge. 
— Die Schwurgerichtssession ist kaum zu Ende, 
—V 
Die „Ggt.“ meldet aus Fleinlingen, 12. Dez.: 
Die Kunde von einem schreckiichen Verbrechen, wo⸗ 
ducch eine hiesige Familie schwer betroffen wurde, 
durcheilt heute unsern Ort. Tie Brüder JIhannes 
und Simon Lergenmüller, Söhne von Peter Lergen⸗ 
müller hier, gingen gestern in Gesellschaft von Peter 
Beck von hier nach Landau. Auf dem Ruückwege 
kamen sie gegen 9 Uhr Abends nach Böoͤchingen, 
wo sie auf der Ortsstraße kurze Zeit ftehen blieben. 
In der Nähe von ihnen standen 2 Burschen mit 
2 Mädchen; nach ganz kurzem Wortwechsel eilten 
letzte 2 Burschen in den Hof des Wagners Müller, 
holten dort Hölzer, wahrscheinlich Radspeichen, und 
schlugen mit diesen auf die Genannten ein; Jo⸗ 
hannes Lergenmüller brach bald mit den Worten: 
„Ach Gott, ich habe meine Hiebe“, zusammen und 
hauchte auf dem Platze seinen Geist aus, während 
dessen Bruder Simon, wie auch Beck ebenfalls 
durch Schläge auf deu Kopf verwundet wurden. 
Die Thäter flohen sofort nach der That, konnten 
jedoch durch die zwei Mädchen von Böchingen, in 
deren Begleitung sie gewesen, ermittelt werden und 
sollen es zwei Burschen von Nußdorf sein, der eine 
Namens Uebel von dort, der andere Namens Schwenl 
von dort (gebürtig aus Böchingen). Die Uebelthäter 
stehen in den zwanziger Jahren. Der Getödiete 
welcher von seinem Bruder und Peter Beck nach 
Hause getragen wurde, ist 24 Jahre alt und war 
erst im Spätjahr nach beendigter Militärpflicht in 
seine Heimath zurückgekehrt. Die von dem Unglüd 
betroffene Familie ist um so mehr zu bedauern, da 
sie außer diesem in der Blüthe der Jahre stehenden 
Sohn vor kurzer Zeit erst ein Mädchen von 10 
Jahren durch den Tod verloren hat. 
— Frankenthal, 13. Dez. Heute Vor⸗ 
miitag verbrachte Gendarmeriesergeant Frenger von 
Winnweiler den Thäter D. Isselborn von Höringen, 
welcher den Stuhlmacher Bäuerlen von Neustadt 
in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktbr. derartig 
schoß, daß derselbe gestern früh seinen Wunden er— 
lag, in das hiesige Landgerichtsgefängniß. 
— Das „Frankentbaler Tgbl.“ bringt 
folgendes Eingesandt, das auch auf die Ver— 
hältnisse in anderen pfälzischen Städten passen 
durfte: Trotz der bevorstehenden Weihnachten klagen 
sehr viele Geschäftsleute über flauen Geschäftsgang. 
Es ist dies in Anbetracht der maßlosen Konkurrenz, 
die sich nicht allein am Platze selbst geltend macht, 
sondern die sich auch noch von auswärts aufdrängt, 
wohl nicht zu verwundern. So überschwemmt z. 
B. das Versandtgeschäft Mey und Edlich in Leip⸗ 
zig⸗Plagwitz jahraus jahrein mit seinen Prospekten 
Stadt und Land und bietet in denselben alle nur 
erdenklichen Gegenstände zum Kaufe an. Mir kam 
nun kürzlich ein illustrirter Katalog obiger Firma 
zu Gesicht, und ich fand bei Artikein, deren Werth 
ich beurtheilen zu können glaube, daß unsere ein⸗ 
heimischen Geschäftsleute bald reiche Leute sein 
müßten, selbst bei einem weit kleineren Umsatze, als 
ihn Mey und Edlich haben, wenn sie solche Preise 
wie diese bezahlt bekämen. Trotz alledem finden 
sich aber immer noch Leute genug, die von diesem 
oder jenem Versandtgeschäfte Waaren gegen Post⸗ 
nachnahme kommen lassen, die sie hübscher, besser 
und billiger am Platze haben könnten. — Dieselben 
Leute, die dort die Katze im Sack kaufen, finden 
aber, wenn fie zu den einheimischen Firmen kom⸗ 
men, nachdem sie sich den halben Laden haben vor- 
legen lassen, die Auswahl nicht groß, die Preise 
nicht billig genug. Aber was hilft da alles Pre⸗ 
digen? Gegen die Dummheit kämpfen bekanntlich 
selbst die Götter vergebens und Mancher schon wird 
durch Schaden klug geworden sein. 
Vermischtes. 
F München. Der kgl. Kammerjunker Edm 
Freih. v. Gienanth wurde zum kgl. Kämmerer 
X 
F Es scheint, schreiben die „M. N. N.“, daß 
die Unbeliebtheit der massiven neuen Nickel-Zwan⸗ 
zig⸗Pfennigstücke doch an maßgebender Stell 
zewürdigt würde, denn schon im September wurde 
don dieser Munzsorte verhältnißmäßig wennig ge— 
deägt, im Oktober und November aber die Prägung 
dieser Münze ganz eingestellt. Auffallend ist es, 
daß noch fortwährend so viele Einpfennig; 
tüche geprägt werden; es sind hiervon bereits 
über 401 Millionen Stücke geprägt. 
F Passau, 13. Dez. Die Leiche des Rechts⸗ 
draktikanten Benzino (Pfälzer), welcher sich Ende 
Oltober hier in der Donau ertränkte, ist in Grain 
oberhalb Wiens aufgefunden worden. 
F Passau, 18. Dez. Infolge des andal⸗ 
tenden Schnee⸗ und Regenwetters sind unsere Flüsse 
teit Samstag bedeutend gestiegen. Namentlich der 
Inn, welcher in den letzten Wochen sehr stark zu— 
ȟckgegangen war, braust jebt wieder wild daher, 
benso die Ilz, doch hat bis jetzt keiner der Flüsst 
eine Ufer überschritten. Die Donau ist gestaut 
FIchenhausen, 12. Dez. Der hiesige, Volks 
jreund“ enthält folgendes originelle Inserat: „Ein—⸗ 
dung. Alle jene Maulaufreißer, welche ausspreng⸗ 
ten, daß ich einen „Wahlgaul“ umsonst bekam, 
werden auf Donnerstag zu den Bratwürsten mit 
dem Bemerken einladen, daß wer solches beweisen 
kann, auch die Würste gratis bekommt. Josef Baur, 
Pferdeschlächter.“ 
1000 Mark Belohnung. Der Kellnerin 
Lduise Schratzenmaier im Hotel „Zum Baherischen 
Hof“ in Augsburg, welche im Oktober 1886 
in der Restauration „Zur Stadt Wien“ die Ver— 
haftung des Gendarmenmörders Placak herbeiführte, 
ist die hierfür ausgesetzte Belohnung von 1000 M. 
scitens der kgl. Regierung zur Ausbezahlung ange— 
viesen worden. 
f Freystadt. Ungemein großes Aufsehen 
rregt die seitens der hiesigen Gendarmerie in aller 
Stille vorgenommene, trotzdem aber bald bekanni 
sewordene Verhaftung des Franziskaner ˖Paters A. 
5. von hier. Der Verhaftete soll sich eine Reihe 
yvon Verbrechen wider die Sittlichkeit haben zu 
Schulden kommen lassen. Diese Verbrechen sollen 
heils in der hiesigen Wallfohriskirche, theils in dem 
unmittelbar an dieselbe angebauten Franziskaner⸗ 
loster begangen worden sein. Die Verhaftung des 
Paters A. S., der bisher bei der hiesigen Bevölke⸗ 
rung in hohem Ansehen gestanden, erfolgte auf 
Requisition des Untersuchungsrichters am Land⸗ 
zerichte in Amberg. 
FMainz, 15. Dezember. Die Süddeutsche 
Bruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahl⸗ 
Industrieller hält am Sonntag hier im „Kasino⸗ 
dof zum Gutenberg“ eine außerordentliche General⸗ 
persammlung ab, um das Alters- und Invaliden⸗ 
zersicherungs⸗Gesetz zu berathen. Den Bericht er⸗ 
stattet Bergrath Dr. Klüpfel⸗Stuttgart, welcher in 
der Lage ist, auch über die Berliner Verhandlungen 
des Hauptvereins zu berichten. 
F Bruchsal, 11. Dez. Heute Mittag 
machte Oberbürgermeister Kanzler, während Be⸗ 
irksamtmann Stadtdirektor Frhr. v. Rüdt und 
Oberamtsrichter v. Stockhorner sich auf dem Rath— 
hause, wohin Kanzler durch einen Gendarmen ge⸗ 
holt worden war, zur Veranstaltung einer Unter- 
uchung befanden, einen Selbstmordversuch, indem 
er sich auf dem Abort ves Stadthauses zwei Re— 
olverkugeln in die Brust schoß. Die Verwundung 
'oll schwer, doch nicht unbedingt gefährlich sein. 
Wie der, Bad. Landesbote“, dem man diese Thatsachen 
entnimmt, berichtet, sei von den zahlreich umlaufen- 
den Gerüchten am meisten das haltbar, daß es sich 
um eine Unterschlagung von ewa 800 Mtk. aus 
einer Verlassenschaftsmasse handle. 
fMasmünster, 12. Dez. Der Melker⸗ 
necht Munsch von der Ferme „Obere Kratzen“? 
ieß fich gestern Abend in einer Speisewirthschaft 
kssen und Trinken schmecken, machte aber die un⸗ 
iebsame Entdeckung von dem mangelhaften Inhalt 
eines Geldbeutels. Von dieser fatalen Wahrneh⸗ 
nung in Verlegenheit gesetzt, flüchtete er nach dem 
Zinterhause, erkletterte ein Laubenfenster und sprang, 
ich verfolgt wähnend, in die durch das Hochwasser 
tark angeschwellte und dicht am Hause vorbei⸗ 
rausende Doller, ohne daß es bei der sehr finstern 
Nacht moͤglich gewesen wäre, Rettungsversuche an⸗ 
zustellen, Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß 
der Unglückliche seinen sofortigen Tod in den 
Fluthen gefunden und der Leichnam irgendwo in 
den vielen Krümmungen des Dollerufers hängt. 
FKoln, 12. Dezember. Bei einem hiesigen 
Beschäftsmanne bot ein Reisender seinen vorzůg⸗ 
ichen Lack an. „Lack han ich noch foͤr 10 Johr 
jenog“ meinte der Geschäftsbesißer. „Dann werde 
ch mir gestatten, nach 10 Jahren noch einmal 
vorzusprechen“, entgegnete der Reisende, machte 
einen „Gehorsamen Diener“ und schob ab. 
F Koblenz, 12. Dez. Gestern Morgen fuhren 
J Arbeiter vom Schwanenthor aus in einem Nachen 
iber die Mosel. Ihnen begegnete das Personen- 
ampfschiff „Hohenzollern“, an welchem der Nachen 
vorbeifahren mußte. Die heftige Strömung der 
Mosel warf ihn jedoch gegen den Radkasten des 
Dampfers und zwei der Infassen griffen in das 
Befüge des Radkastens, um sich daran festhalten 
aber die gewaltige Strömung riß ihnen den Kahn 
unter den Füßen weg, beide stürzten ins Wasser 
nud ertranken. Der Kahn selbst mit den 7 andern 
Arbeitern erlitt keinen weitern Unfall. 
Die menschliche „Größe“ und Schwere. 
Der rühmlichst bekaumte Anatom Professor Broca, 
velcher sich namentlich um die Erforschung de— 
edelsten Organes im menschlichen Koͤrper, des Ge— 
hirns, ein dleibendes Verdienst erworben hat, sagt 
in seiner Schrift betreffend die menschliche Große 
und Schwere, daß nach seiner Berechnung ein nor⸗ 
mal ausgewachsener Mensch so viel Kilogramm 
schwer sein müßte, wie er Ceutimeter au Höhe 
mißt, nach Abzug des ersten Meters. Ein Mensch 
also, welcher 1 Meter 75 Centimeter Hoͤhenmaß 
dat, sollte 75 Killogramm Körpergewicht haben. 
Die geschätzten Leser mögen einmal eine Probe auf 
dieses Exempll machen! 
7 Vier wackere Zech er saßen dieser Tage 
ttillbergnügt in einem der vielen „Bräu's in Bei⸗ 
hin und tranken, ganz wie die alten Deutschen, so 
lange immer noch eins, bis ihnen schließlich die 
bierschweren Häupter in sanftem Schlummer auf 
die Brust sanken. Die „Sperrstunde“ für das 
Lokal war gekommen, der Oberkellner trat heran 
und versuchte die vier letzten Gäste aufzurütteln. 
Aber alle Wiederbelebungsbersuche blieben erfolglos. 
Der erfahrene, mit den Personalien seiner Stamm⸗ 
gäste wohlvertraute Obermundschenk wußte fich zu 
helfen. Er trat auf die Straße, rief eine Droschke 
heran und schleppte mit Hilfe des Kuischers die 
dier Bierleichen in den Wagen. „Wohin soll ich 
denn mit die Viere hinjodeln?“ fragte der Kut⸗ 
cher. — „Das will ich Ihnen gleich klarmachen!“ 
'agte der Oberkellner lächelnd, und überreichte, so 
rzählt wenigstens das „Kleine Journal“, dem Fuhr- 
mann folgenden Frachtbrief: 
—ατονN, . BoxdersitzLchre, 
abzuliefern Mauerstraße Ke »tiraße 
1. Rucksitz Werner, 2. Rucksitz Neumann, 
Friedrichsstraße Nr.... Besselstraße Nr.... 
Der Kutscher nickte freudig und verständnißvoll, und 
nachdem er sich vom Oberkellner vorfichtiger Weise 
das Fahrgeld für die ganze Gesellschaft hatte be⸗ 
jahlen lassen, lenkte er das Fuhrwerk in die Nacht 
hinaus .... Wenige Minuten später lag die 
Zneipe in tiefem Dunkel, der Wirth und die Kell⸗ 
ner aber in ihren Betten. Eine Viertelstunde war 
Zerjangen, da wurde das ganze Haus durch hefti— 
zes Klingeln alarmirt. Der Oberkellner kleidete sich 
jaftig an, eilte die Treppe herunter und schloß die 
hausthür auf. Vor ihm steht wieder der Kuischer 
— öͤffnet den Wagenschlag und sagt: „Sind Sie 
man so jut und lejen Sie die Brüder wieder uff 
hre Plätze. Sie sind mir uff'n Weg zusammje⸗ 
fallen und da weeß ick nich, wo Jeder abzuladen 
st!“ 
F Leipzig, 14. Dez. Im Prozeß Cabannes 
wurden die für heute angesetzten Plaidoyers ver⸗ 
zögert, da die Verlesung der Gutachten der Sach⸗ 
derständigen über die Verwaltungsgerichte und die 
ecreten Verfügungen den ganzen Vormittag einnahm. 
Die Beweisaufnahme ist beendet, sämmtliche Zeugen 
ind entlassen. Die Plaidoyers werden morgen 
früh abgehalten werden. — Heute wurden noch 
weitere Schriftstücke, die der Angeklagte aus der 
Kanzlei des Straßburger Bezirkoͤpräsidiums ent⸗ 
wendet und nach Frankreich geschickt hatte, verlesen 
und darauf die Beweisaufnahme fur geschlossen er⸗ 
klärt. In der nächsten Sitzung am Donnerstag 
rfolgen die Schlußvorträge. Die Verkündigung