Full text: St. Ingberter Anzeiger

hauser'schen Saale zu rüsten. Ueber dieselbe ging 
uns der nachstehende Artikel zu: 
s. St. Ingbert, 27. Dez. Die Leofeier 
and ihren Abschluß durch die Festversammlung, 
welche in dem wohlgeschmückten Saale des Herrn 
Oberhauser abends um 8 Uhr begann. Nachdem 
die hiesige Bergkapelle eine Pitce gespielt und der 
Cäcilienverein cinen Chor aus der Schöpfung von 
Hayden in schöner Weise zum Vortrage gebracht, 
bdegrüßte Herr Kaplan Brenner im Namen des 
Tomite die Versammlung und ertheilte dem Fest 
redner, Herrn Pfarrer von Spiesen. das Wort. 
Der Festredner gab zunächst der Feststimmung Aus- 
druck, in die gewiß alle kutholischen Herzen durch 
die wirklich imposante Feier versetzt wurden und 
ging dann zur eigentlichen Festrede über. Nicht 
eine einfache Biographie des Jubilars wolle er 
geben, nicht von dessen großen Verdiensten wolle 
er sprechen, denn dies alles sei hinreichend bekannt: 
sondern der heutige Tag erscheine ihm geeignet, die 
Enwickelung des Papsttums vorzuführen, we es 
aus den bescheidensten Anfüngen seine heutige Be— 
deutung erlangt. Der Festredner entwarf nun ein 
treffliches Bild der ersten christlichen Zeiten, wie 
Petrus, das von Christus bestimmte Oberhaupt 
der Kirche, von Antiochien nach Rom übergesiedelt 
sei, um den damaligen Sitz der weltlichen Macht 
auch zum Ausgangspunkte des Christentums zu 
machen, wie in den Stürmen der Christenverfolgungen 
die Nachfolger Petri das Schefflein der Kirche mit 
kräftiger Hand gelenkt, wie, während die heidnische 
Welt in blutigen Kriegen lag und sich in den ab— 
scheulichst n Lastern wälzte, in den Katakomben das 
Senfkörnlein des Christentumes keimte und dort 
unter den kalten Steinen sich zum Baume entwickelte, 
in dessen Schatten jetzt die Völker der Erde ruhen. 
Er ging weiter und führte aus, wie in den Stürmen 
der Völkerwanderung der Papst ses war, der die 
wilden Horden der Hunnen von Europa abhielt, 
vie der Papst Glaubensboten zu allen Völkern sandte, 
um ihnen die Lehre des menschgewordenen Gottes 
sohnes zu verküunden. Er gedachte der trüben Zeiten, 
wo die Päpste und der Klerus unter dem drückenden 
Einflusse weltlicher Machthaber standen, wie da be—⸗ 
trübende Mißbräuche eingerissen seien, denen der 
große Papst, Gregor VII., em Ende gemacht. Der 
Redner verweilte sodann bei diesem so vielfach ge— 
schmähten Manne und hob dessen großen Verdienste 
in gebührender Weise herbor. Er schritt sodann 
ein Jahrhundert weiter zu Innocenz III., unter 
dessen Pontifikat die Kirche ihr goldenes Zeitalter 
erleot. Als Repräsentant der Neuzeit hob er Pius 
V. herdor und ging dann mit raschem Schritt, 
ijndem er an den Namen Pius anknüpfte, 
zu Pius VI. und VII. in die neueste Zeit hin⸗ 
über und schloß mit einem dreifachen Hoch auf 
Seine Heiligkeit den Papst Leo XIII., in das die 
Anwesenden begeistert eiustimmten. Dem Festredner 
wurde für seine frindurchdachte Rede, die er mit 
rhetorischem Glanze zum Vortrage brachte, der ver⸗ 
diente Beifall gizollt Nachdem einige Gesänge 
ind Musikpiercen abgewechselt hatten, ergriff Herr 
Stadteinnehmer Alt das Wort und lenkte die Auf⸗ 
nerksamkeit auf die weltliche Obrigkeit hinüber und 
der Saal widerhallte von dem dreifachen, kräftigen 
Hoch auf den Prinzregenten, woran die Königs 
hymne sich anschloß, welche von den Anwesenden 
stehend gesungen wurde. Später gedachte Herr 
Stadtpfarrer Dengel des Episkopates, dem eben— 
talls ein dreifaches Hoch erscholl. Gesänge und 
Musikpiecen wechselten ab; besonders zu erwähnen 
ist das Festspiel, das in gelungener Weise zur 
Darstellung gelangte. Auch des Herrn Kaplans 
Brenner, des umsichtigen Leiters der Gesänge, 
und des Herrn Organisten Wohl, des füchtigen 
Dirigenten des Cäcilienvereines sei zühmend gedocht. 
So nahm die Festv rsammlung einen schönen Ver— 
auf, die Festfreude verrauschte nur allmählig und 
erst nach Mitternacht trennten sich die letzten. Die 
Frier selbst aber wird in aller Gedächtniß bleiben. 
* St. Ingbert, 27. Dez. Wie in den 
Porjahren, so hatten auch heuer wieder mehtere 
uinserer Vereine für ihre Mitglieder über die Weih⸗ 
nachtstage Christbescheerungen veranstaltet. 
Die betreffenden Festlichkeiten sollen recht hübsch 
verlaufen sein. 
* St. In abert, 27. Dez. Gestern Abend 
zerieth in dem Menschengedränge auf der Haupt- 
straße in der Nähe des Stadthauses ein etwa 7 
ähriger Knabe in das Hinterrad einer Chaise und 
purde eine Streicke weit geschleift. Zum Glücke soll 
der Junge keinen Schaden genommen haben. Den 
dutscher trifft, wie wir hören. keine Schuld, da 
»x in langsamem Schritte fuhr. 
*— In der Samstagsnummer hatten wir zwei 
Heschichichen erwähnt, die von Zweibrücker Blättern 
rzählt wurden und beweisen sollen, mit welchem 
rFifer der Gendarmenmörder Jost gesucht wird. 
Wir hatten dieselben dabei sofort gekennzeichnet als 
as, was sie wirklich sind, anus Erfindungen. 
stamentlich gilt dies von der zweiten, die angeb⸗ 
ich in unse er Stadt sich adbgespielt haben sollte 
ind von Anfang bis zu Ende als erfunden zu 
ezeichnen ist. Es sei dies hier nochmals, um Miß⸗ 
jerständnisse zu vermeiden, ausdrücklich konstatiert 
— Speyer, 23. Dez. In der gestrigen 
zeneralbversammlung des Rerischervereins wurde 
er Rechenschaftsbericht vorgelegt, wonach im 
Jahre 1886 37,677 Mk. 99 Pf. vereinnahmt wur⸗ 
den. Der Vermögensstand wird bis zum Ende 
es laufenden Jahres auf 605,253 Mt. 69 Pf. 
reranschlagt. Die Mehrheit der Versammlung 
hyrach sich gegen den von Herrn Rath König bde—⸗ 
ürworteten Biginn des Baues aus, bevor die 
Zausumme vollständig beisammen sei. 
Vermischtes. 
F München. Das Ministerium des Innern 
jat zum Absatze der zweiten Zwieseler Loose nur 
die kurze Frist bis 16. Januar angesetzt. Wie 
wir vernehmen, soll jedoch die Nachfrage eine große 
ein und die Kirche ihren Zweckertrag bis dorthin 
rreichen. Unter allen Umstaäͤuden wird die Ziehung 
im 16. Januar vorgenommen werden.“ 
F Ueckingen, Kreis Diedenhofen, 22. Dez. 
Str. Post.) Der Plan der Firma Gebrüder Stumm 
n Neunkirchen, in der Gmarkung unseres Ortes 
fkisenwerke mit Hochöfen zu errichten, dürfte sich 
m guüustigsten Falle wohl erst im Verlaufe von 
inigen Jahren verwiklichen. Thatsache ist, daß 
ich die genannte Firma die Erwerbung einer bei 
»em hiesigen Orte. und zwar zwischen der Bahn⸗ 
inie und der Mosel, belegenen Bod nfläche durch 
sxsvisorischen notariellen Act gesichert hat, doch 
hürfte mit Herstellung der erwähnten gewerblichen 
Lalagen wohl erst nach erfolgter Durchführung der 
zeobsichtigten Canalisation der Mosel begonnen 
verden, da diese Anlagen an der fraglichen Stlle 
iur dann mit Vortheil in Betried gesetzt werden 
önnten, wenn der Transport der erforderlichen 
stohmaterialien und Produkte im Wege der Schiff- 
ahrt ungehindert stattfiaden könnte, was zur Zeit 
ioch nicht der Fall ist. Die in den zu erbauenden 
hochöfen zu schmelzenden Eisenerze würden übrigens 
vohl ausschließlich aus den benachdarten Districten 
on Groß⸗Moyeuvbre und Algringen bezogen werden, 
vo die Firma Stumm bereits bedeutende Erzminen 
desivt. Es war früher wiederholt die Rede davon, 
fisenwerke der in Rede stehenden Art in Al 
ringen selbst an Ort und Stelle zu errichten, doch 
heint man diesen Plan wegen des in der dortigen 
yegend herrschenden Wassermangels nunmehr end- 
iiltig fallen gelössen zu haben. 
FKehlkopf⸗Operationen. In der Ber⸗ 
iner Medizinischen Gesellschaft stellte am Mittwoch 
et chirurgische Direktor des Friedrichshain-Kranken⸗ 
auses Geh.Rath Dr. Hahn, zwei Kranke vor, 
belche er wegen Kehlkopftrebs operirt hatte. Der 
zine ist ein Herr von 75 Jahren, welchem er be—⸗ 
eits vor mehreren Jahren den Kehlkopf total ex 
tirpirt hatte, und der sich noch hrute einer guten 
Hesundheit erfrceut. Der Andere ist erst vor 14 
Tagen operirt worden, wobei ihm Dr. Hahn den 
alben Kehlkopf mit glücklichem Erfolg entfernte. 
Fferner berichtete Professsr Dr. B. Fränkel über 
wei seltene Fälle spontaäner Ausstoßung von Kehl- 
opfpolypen. Der eine Fall ist von Dr. Swiderski 
n Posen beobachtet und betrifft einen früheren 
davallerie:Offizier und jetzigen Landwirth, welcher 
eit Jahren an einem fidrösen Polypen des linken 
5timmbandes litt, sich jedoch zu der von ärztlicher 
zeite angerathenen Spaltung des Kehlkopfes 
Laryngofissur) behufs Entfernung des Polypen 
nicht entschließen konnte. Im Mai dieses Jahres, 
nach voraufgegangener Touchirung des Polypen 
nit Höllenstein und Ergotin-Einspritzung trat plötz 
ich eine Blutung aus dem Halse ein, der Patient 
sustete den Polypen aus und spricht seitdem wieder 
nit reiner, klarer Stimme. Ernen gleichen Fall 
eobachtete Professor Fränkel an einem Berliner 
S„chlächtermeister, welcher ebenfoalls an einem Po— 
yPpen unterhalb des linken Stimmbandes litt, beim 
Theetrinken-plötzlich seinen Polypen aushustete und 
eitdem von allen Halsbeschwerden befreit ist. Der— 
irtige spontane Heilungen von Fehlkopfpolypen 
ind jedoch, wie Prof. Fränkel hinzufügte, äußerst 
eltene Ereignisse, und man dürfe sich in der The. 
rapie nicht darauf verlassen, man würde sonst 
ekenso thöricht handeln, wie Jemand, der über 
eine Verhältnifse hinaus lebt und Schulden macht, 
veil er hofft, in der Lotterie zu gewinnen. 
Im Harz liegt der Schnee so hoch, daß man 
überall mittels Schlitten verkehrt und stellenweise 
neterhohe Massen sich angehäuft lLaben. Aus Un— 
zarn wird gemeldet, daß durch starken Schneefall 
zie Verbindung der Hauptstadt mit dim Nordosten, 
jesonders mit Siebendbürgen, unterbrochen sei. 
F Nächster Tage wird der Bau einer Brot 
abril in Haynau in Schlesien in Angriff ge- 
ommen, die von einem conservativagrarischen 
Fonsortium jetzt nach Erhöhung der Getreidejzölle 
jebaut wird, um den Breweis zu erbringen, daß 
die Bäcker sich trotzdem gut stehen und nicht nöthig 
jaben, die Brotpreise zu erhöhen. Da hier selbste 
zewonnenes Getreide ohne Zwischenhandel verar⸗ 
»eitet wird, so ist das Gelingen dieses Versuchs 
instweilen wohl nicht zweifelhaft. 
F Brüssel — ein Meereshafen. Dem 
5tadtrathe Brüssels sind neue Vorschläge unter— 
reitet worden, um Brüssel zum Meereshafen zu 
nachen. Ein Syndikat, an dessen Spitze ein Herr 
Sossoux steht, will in drei Jahren alle maritimen 
znstallationen errichten und regelmäßige Dampfer- 
ahrten nach den transatlantischen Ländern einrichten. 
Ddafür soll die Stadt jährlich 1,500,000 Francs 
zuschuß zahlen, aber die Hälfte des Reingewinns 
thalt n. Das Syndykat, das 1 Million Frapcs 
ils Kaution stellt, will auf 45 Jahre die Konzession 
ür den Betrieb der Installationen beanspruchen. 
Der Gem inderath deschloß, diese Vorschläge den 
übtheilungen zur Vorbereitung zu überweisen. 
F In dem Hüttenwerke Thiollier nächst St. 
xtienne fand eine furchtbare Kisseltxplosion statt. 
Dder Schaden, der durch dieselbe angerichtet wurde, 
st berrachtlich. Ein Nachbarhaus wurde fast voll- 
tändig zerstört; zwölf Arbeiter wurden verwundet. 
»avon füuf schwer. 
F Der Schönheitspreis. Ein französi— 
cher Gutsbesitzer, Baron Lucien Ferrot, veranstal⸗ 
tete gelegeutlich der heurigen Weinlese auf seinem 
Hute unter den Landmadchm eine Schönheits- 
donkurrenz, bei welcher mehrere Mitglieder vor— 
iehmer Pariser Kluss als Preisrichter figurirten. 
Den ersten Preis bikam nach einstimmigem Urtheile 
die schöne Marietta Girot, die mit einem jungen 
Manne verloobt war und in wenigen Tagen ihre 
Zochzeit feiern sollte. Dem Mädchen verwirrte 
diese Auszeichnung den Sinn und eines Morgens 
war sie mit einem jungen Prinzen, der dazumal 
zieichfalls als Schönheits⸗Preisrichter fungirt hatte. 
zerschwunden. Das herrliche Leben in Paris 
dauerte einige Monate, dann eines Abends wies 
der Cavalier dem Mädchen die Thür. Marietta, 
in prächtige Blondine mit kohlschwarzen Augen, 
ehrte in ihre Heimath zurück und erschoß sich am 
19. d. Mis. an der Schwelle des Hauses, in wel⸗ 
hem ihr Bräutigam wohnte und in welches sie als 
lückliche Frau hätte einziehen können. In einem 
sinterlass nen Schreiben, das man in ihrer Tasche 
and, stauden die Worte: „Da ich hier nicht lehen 
'ann, gestatte mir, Henri, da zu sterben.“ 
F Rom, 23. Dez. Popstjubiläum. Ueber die 
m St. Veter abzuhaltende Jubiläumsmesse des 
zapstes wurde folgendes bestimmt: Die Messe wird 
im Nujadrstag um 8 Uhr am sogenannten Papst⸗ 
iltat gelesen. Der Papst wird sich vom Vatikan 
nn die Kirche auf der Stiege herunterbegeben, die 
zur Kopelle des Sakraments“ führt. Während der 
Messe dieibt die Basilika geschtossen; erst nachdem 
»er Papst in seine Gemächer zurückgekehrt ist, werden 
»ie Thore der Kirche geöffaet. Der Mojordomus 
der apostolischen Paläste giebt 60,000 Billete für 
die Misse aus. Am Dreikönigstage findet die Hei— 
igsprechung von drei Jssuiten und sieben anderen 
Dienern er Kirche statt. An den darauf folgenden 
Zonntagen werden jeweilig bis zum Schlusse der 
»atikanischen Ausstellung Seligsprechungen statt⸗ 
iuden. Anlaßlich seines bevorstehenden Priester- 
ubiläums hat der Papst 141,000 L. zur Ver—⸗ 
heilung an verschiedene wohlthätige Institute und 
Arm- von Rom und Umgebung dem Kardinalvikar 
Paror müberwiesen. (Berl. Zig.) 
F Rom, 25. Dez. Der Tiber ist noch immer 
m Steigen begriffn. Die unteren Theile der 
Stadt und die Umgebung sind überschwemmt. 
jestetn Abend besuchte der König die überschwemmten 
Hedenden und wurde ÄÜberall entbusiastisch bearüßt.