Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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AM 256. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 28. Dez. Die Königin⸗Mutter 
uͤbersandte dem Papst zum Jubildum ein pracht⸗ 
vosles goldenes Hostiengefäß mit 5000 Francs 
Silber Inhalt. 
München, 26. Dez. Graf Emmerich von 
Arco-Valley, Rechtsanwalt dahier und bisher eifriges 
Mitglied der Centrumspartei, tritt in den Dienst 
des Auswärtigen Amtes und wird schon nach 
Neujahr seine neue Stellung ia Berlin antreten. 
Sein Brudec Graf Ludwig Arco ist kaiserlich 
deutscher Generalkonsul. 
München, 28. Dez. Die nächste Plenar—⸗ 
sitzung der Abgeordnetenkammer ist auf Mittwoch 
den 11. Januar Vormittags 9 Uhr anberaumt. 
Tagesordnung: Die Rechnungsnachweisungen und 
den Etat der Forst, Jagd⸗ und Triftverwalinng 
in Verbindung mit der Denkschrift über den Voll⸗ 
zug der Reorganisation der bayerischen Staatsver⸗ 
waltung. 
München, 28. Dez. Die neue Ausrüstung 
unserer Infanterie-Regimenter und Jägerbataillone 
wird wahrscheinlich bis 1. April 1888 durchgesetzt 
sein. Um in einem Mobilmachungsfalle die ein⸗ 
zelnen Truppenabtheilungen in ihrer Bereitschaft 
nicht so sehr zu beeinträchtigen, wird die neue 
Ausrüstung obengenannter Truppen in der Weise 
ttattfinden, daß immer je ein kriegsstarkes Bataillon 
dollkommen ausgerüstet wird. 
Nach der von einem Kanzleirath des Kriegs⸗ 
ministeriums hergestellten und soeben erschienenen 
Rangliste der bayerischen Armee zählt diese gegen⸗ 
wärtig 4 Generale der Infanterie, 4 Generale der 
Zavallerie, 13 Generallieutenants, 35 Generalma⸗ 
jore, in Summa 56 Generale. Der rangälteste 
und zugleich an Lebensalter älteste General ist 
Herzog Maximilian, geb. 1808, welcher schon eit 
24. Mai 1857 in der Charge eines Generales 
der Kavallerie steht. Das jüngste Generalmajors⸗ 
patent datirt vom 21. November 1887 und der 
an Lebensalter jüngste General ist Prinz Ludwig 
Ferdinand, Generalmajor seit 21. November 1887. 
Das Stabsoffiziers Korps setzt sich zusammen aus: 
32 Obersten, davon einer in Generalstellung, 66 
Oberstlieutenants und 80 Majoren. Die Infanterie 
zählt: 288 Hauptleute, 274 Premierlieutenants und 
548 Sekondelieutenants. In der Kavallerie be— 
finden sich: 66 Rittmeister, 68 Premierlieutenants 
und 146 Sckondelieutenants. Die Feld⸗Altillerie 
zjählt: 54 Hauptleute, 44 Premierlieutenants und 
105 Sekondelieutenants; bei der Fußartillerie be⸗ 
finden fich 30 Hauptleute, 22 Premierlieutenants 
und 40 Sekondelieutenants. Im Ingenierkorps 
dienen 27 Hauptleute, 20 Premierlieutenants nud 
15 Sekondelieutenants. Der Train endlich zählt 
8 Rittmeister, 9 Premierlieutenants und 12 Se— 
ondelieutenants. 
Augsburg, 26. Dez. Mit Bezug auf die 
dom Wolff'jchen Telegraphenbureau weithin nach 
auswärts verbreitete Nachricht von der Einberufung 
der hier lebenden österreichischen Reservisten erklärte 
in der vorgestrigen Sitzung des Stadtmagistrats 
Bürgermeister von Fischer, daß derartige Einbe⸗ 
cufungen alljährlich durch Vermittlung der Polizei⸗ 
behörde erfolgen, daß aber in den letzten drei Mo⸗ 
naten nicht eine einzige Einberufung auf diesem 
Wege verfügt wurde und sohin die Nachricht, wel⸗ 
he namentlich in gegenwärtiger Zeit Aufsehen zu 
rregen geeignet ist, jeder Begründung entbehre. 
Berlin, 28. Dez. Dem „Hann. Kur.“ zu—⸗ 
jolge habe Fürst Bismarck einen Brief an den 
Samstag, 31. Dezember 1887. 
Generalquartiermeister Grafen Waldersee gerichtet 
und in demselben sein lebhaftes Mißvergnügen mit 
der christlich-sozialen Versammlung ausgesprochen, 
welche neulich bei dem General abaehalten worden ist. 
Ueber das Befinden des Fürsten Bismarck 
hört man aus seiner Umgebung nur günstige Nach— 
richten. Vor der zweiten Hälfte des Januars wäre 
an eine Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin 
zu den Geschäften nicht zu denken; das würde 
allecdings mit der Nachricht zusammenstimmen, 
welche mit Bestimmtheit das Erscheinen des Reichs⸗ 
anziers in Berlin um die Zeit des Wiederbeginns 
der Reichssstagsarbeiten in Aussicht zu stelien wußte. 
In den Festtagen war der Reichskanzler in Friedrichs⸗ 
zuhe von seiner ganzen Familie umgeben. 
Berlin, 28. Dez. Obschon die gesammte 
Goldprägung bis Ende November 2,075,105 Mk. 
heträgt, hat sich doch, wie zahlteiche Eingaben aus 
den gewerblichen Kreisen darthun, dringend die 
Vermehrung des Umlaufs an Kronen ergeben. 
Der Reichskanzler beantragt beim Bundesrath, daß 
hbei den nächsten für Rechnung der Reichsbank statt⸗ 
findenden Goldausprägungen bis zu 20 Millionen 
Mark an Kronen, unter Vertheilung an sämmiliche 
Münzstätten, ausgeprägt und die dadurch entstehen⸗ 
den Mehrkosten auf die Reichskasse übernommen 
werden. 
Berlin, 28. Dez. Der Reichstag wird Ge⸗ 
legenheit erhalten, sich mit der Wucherfrage zu be⸗ 
chäftigen, und zwar an der Hand mehrerer Peti— 
tionen, welche eine Ausdehnung der bestehenden 
gesetzlichen Bestimmungen, wünschen. Eine dieser 
Petitionen geht von dem im preuß. Saargebiete 
bestehenden Verein gegen den Wucher aus. Dieser 
Lerein hat während seiner Thätigkeit schon viel 
Hutes zu Stande gebracht, schon manches arme 
Opfer aus den Klauen herzloser Wucheter befreit 
und manches gefährliche Individuum der verdienten 
Ztrafe überliefert. Zwei Punkte sind es insbe⸗ 
ondere, auf welche der Verein die Aufmerksamkeit 
des Reichstages lenkt: er schlägt vor, die Straf⸗ 
jestimmung des Wuchergesetzes nach dem Vorvilde 
des vormals geltenden Gesetzbuches für das Groß⸗ 
herzogthum Baden auf alle belastende Verträge 
zuszudehnen und sodann dittet er um ein Gesetz, 
velches die unentgeltliche Abgabe von geistigen Ge⸗ 
ränken bei öffentlichen Versteigerungen verdbietet. 
Man sieht in Reichstagskreisen diesen Erörterungen 
nit gerechtfertigter Theilnahme entgegen, denn wenn 
wirklich der Nachweis geführt werden kann, daß 
ein Bedürfniß zur Abänderung der Gesetzgebung 
porliegt so wird zweifellos keine Partei im Reichs⸗ 
age zurückbleiben, um dazu die Hand zu bieten. 
Berlin, 28. Dez. Ein Leitartikel der „Post“ 
iennt die politische Haltung Rußlands bezüglich 
Bulgariens eine Herumdoktorei an der Oberfläche, 
vährend das Ziel der Operation Konstantinopel 
ei; was Oesterreichs Stellung in der bulgarischen 
Frage anlange, welches man darin nicht preisgeben 
volle, so koöͤnne man sich in Berlin allerdings einen 
indern Weg denken, wolle aber der Bündnißpflicht 
edenfalls genügen. Die Lage gegen voriges Jahr 
ei, daß die russische Mobilmachung, welche vor 
inem Jahre begonnen worden, nun der Vollendung 
ntgegen gehe. Ob Rußland Deutschland oder 
Desterreich zuerst angreifen werde, stehe dahin. Die 
russischen Chauvinisten und Kriegsparteiler riethen 
u ersterem. 
Die in Warschau garnisonirende Kubonische 
dosakendivision erhielt Marschbefehl und soll dem⸗ 
nächst nach der Südwestarenze Volens rücken. — 
22. Jahrg. 
Wenn sich diese Nachricht bestätigen sollte, so läge 
illerdings Grund vor, die Befürchtungen des Wiener 
Fremdenblatt“ für berechtigt zu erktären. 
Wie Herr Bebel dem „Berl. Volksbl.“ mit⸗ 
heilt, ist die Nachricht, daß der internationale Ar⸗ 
eiterkongreß im Jahre 1888 „in Belgien“ statt⸗ 
inden werde, unrichtig; ein Grund zur Veröffent⸗ 
ichung des wahren Standes der Sache sei vorläufig 
nicht vorhanden. 
Die Nachricht einzelner Blätter, die Reise Dr. 
Mackenzie's nach Algier sei darauf zurückzuführen, 
aß derselbe ein günstigeres Klima für den Kron⸗ 
zrinzen habe aufsuchen wollen, wird jetzt von allen 
Zeiten dementirt. Weder die Aerzte, noch die 
ronprinzliche Familie haben auch nur einen Augen⸗ 
hlick daran gedacht, San Remo zu verlassen. 
Ausland. 
Paris, 28. Dez. In politischen Kreisen 
herrscht im Gegensatz zu den Börsenkreisen eine 
„ptimistische Stimmung über die politische Lage 
bor. Man glaubt an die Friedensliebe Rußlands. 
Die „France“ versfichert aber, Frankreich werde 
Rußland nicht allein lassen, wenn es gezwungen 
sein würde, mit Deutschland und Oefsterreich gleich⸗ 
zeitig Krieg zu führen. (Fr. Ztg.) 
In den Pariser Blättern wird eifrig die 
ammerauflösung diskutirt. Die meisten republi⸗ 
kanischen Blätter bekämpfen sie und ziehen gegen 
den „Siecle“ zu Felde, welcher so keck war, diese 
Maßregel als das einzige Mittel zu empfehlen, um 
zu einer festen Kammermajorität zu gelangen und 
die Dauer der Ministerien über ein paar Wochen 
oder Monate hinaus zu verlängern. Weil der 
VBater des Präsidenten der Republik, der Senator 
Farnot, Präsident des Verwaltungsraihs des 
„Siecle“ ist, so heißt es jetzt, die Auflösungsplüne 
sämen direkt aus dem Elysee. Arthur Ranc, wel⸗ 
her zwischen den Radikalen und den Opportunisten 
eine unabhängige Stellung einnimmt, hält die 
Zammerauflösung für durchaus überflüssig, ja ge⸗ 
ährlich und behauptet heute im „Petit National“, 
venn der Präsident der Republik im Senat und 
in der Kammer die richtigen Männer zu einem 
Ministerium ausersehe, so würde sich auch sicherlich 
eine Majorität um sie bilden. So lange dies nicht 
zeschehen sei, dürfe man nicht sagen, mit der jetzigen 
Zammer lasse sich snicht regieren und man müsse 
fie ihren Wählern heimschicken. 
Aus Konstantinopel wird der „Daily 
News“ über türkische Rüstungen unterm 25. d. M. 
zemeldet: Die Türkei ist ernstlich beunruhigt worden 
zurch die kriegerischen Vorbereitungen ihrer Nach- 
harn, und so wird gegenwärtig die Frage einer 
Mobilisirung von 50,000 Mann Truppen erwogen, 
die in der Nähe von Erzerum, sowie an der ost- 
rumelischen Grenze zusammengtzogen werden sollen. 
sußland fährt fort, in die Pfotte zu dringen, 
zegen die bestehende Ordnung der Dinge in Bul⸗ 
jarien zu handeln, und es mahnt dieselbe aufs 
eue um Zahlung der rückständigen Kriegsentschä⸗ 
igung. Relidow hat, wie es heißt, die Pforte 
ꝛerständigt, daß, wenn diese Rückstände im Betrage 
»on 15,000,000 Mark nicht sofort gezahlt werden, 
stußland schließlich genöthigt sein werde, zum Schutze 
einer Interessen Pfänder in Kleinasien zu nehmen. 
Wenn in leyter Zeit auch, betreffs der Russi⸗ 
izirung der Baltischen Provinzen eine 
leine Pause eingetreten zu sein schien, dürfte das 
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ästigungen und Vergewaltigungen dauern unentwegt 
sort; hesonderz sind dieselhen gegen die lutherische