Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Erste nach seinem Erwachen und der Morgentoilette 
sdas Verlangen nach Lectüre. 
PMunchen. (Ordensverleihungen.) Der Prinz 
egent verlieh dem Professor Weber in Berlin, 
en Geheimräthen Kekulé in Bonn und Sachs in 
— sowie dem Dichter Meyer und dem 
Fomponisten Rheinberger in Munchen den Maxri⸗ 
miliansorden. 
pBerlin. Eine Scene, die in ihrer Tragil 
m den Goethe'schen Vorwurf zum „Erlkoönig“ er⸗ 
nnerie, ereignete sich kürzlich in der —X 
Brofessors Gerhardt. Daselbst erschien eine Mutter 
nit ihrem drei Monate alten Kinde im Arm. 
Dasselbe hatte ein eiterndes Geschwür am linken 
Ohr und der Arzt, an den sich die Frau mit dem 
Jeinen Patienten zuerst gewandt, schicte die Mutter, 
da höchste Gefahr vorhanden war, zu Herrn Pro⸗ 
fessor Gerhardt zu sofortiger Operation. Mit Be⸗ 
dauern mußte der Profefsor der armen Frau, als 
Vese ihm das Kind präsentirte, erkläären, daß es 
hier nichts mehr zu opreriren gäbe. da das Kind 
reits seit einer halben Stunde todt sei. Der 
Füer war inzwischen in das Gehirn des Kindes 
gedrungen und haite so das plötzliche Ende herbei⸗ 
eführt. Der Schmerz der unglücklichen Mutter 
var ein unbeschreiblicher. 
Ein Staatsbürger erster Güte.“ 
Fin Angeklagter, der ziemlich „schwer geladen“ 
hatte, stand in der Person des Schuhmachers 
Johann Carl Ernst Krüger vor dem Schöffenge⸗ 
uͤcht Berlin. Derselbe betrat schwankenden 
Sqhrilts die Anklagebank und schnitt so seltsame 
Grimassen, daß man über seinen Zustand nicht 
weifelhaft sein konnte. — Präs.: Sie scheinen 
ich sehr viel Muth getrunken zu haben. — Angekl.: 
Id bin nie nich ohne Muth; aber daß ick eenen 
uff de Lampe jejossen, det is ja richtig, det will 
e nich widerstreiten, det is so klar wie Torf. — 
Präs. Na, ich will Sie von vornherein darauf 
iufmerlsam machen, daß ich Sie sofort einfperren 
lasse, wenn Sie sich ungebührlich betragen. — 
Angekl.: Nich in't Jeringste gar nich, Herr Jerichts⸗ 
hof, wir wissen, wat sich schickt, un von wejen 
Slandal is nich! Ruhe is de erste Bürjerpflicht. 
sber ick bin immer derjenigte, welcher! — Präs.: 
Sie scheinen keineswegs zu wissen, was sich schickt, 
sonst hätten Sie in Ihrem Schuhmacherkeller in 
der Millenwalderstraße nicht Ihre Frau dermaßen 
geprügelt, daß 50 bis 60 Leute stehen geblieben 
sind und an der Szene Aergerniß genommen haben. 
Sie sind deshalb wegen Erregung eines X 
angeklagt. — Angeki.: Habe icd de Leute injeladen, 
dei se Maulaffen vor meinen Keller feil hal ten 
sollen? Mein Haus is meine Burg, un wenn ic 
mir dadrin Aeppel brate oder meine Frau verwichse 
— wat jeht det de Leute an? — Präs.: Sie 
haben aber Ihre Frau so schrecklich geprügelt, daß 
Ihre Tochter die Kellertreppe hinaufgelaufen ist 
und laut gejammert hat, daß Sie die Mutter todt⸗ 
geschlagen haätten. — Angekl.: Wat versteht so 'ne 
Joͤhre von solche Sachen Die Alte kann schon 
in Puff verdragen. — Präs.: Außerdem waren 
wahtend der ganzen Szene die Fenster offen. Der 
Schutzmann, der schließlich herbeigeholt und von 
Ihrer mißhaadelten Frau um Schut angerufen 
wurde, hat dies gesehen. — Angekl.: Wat hat er 
jesehn d Der Fenster jeht ja jar nich uff, denn dadran 
dangen alle Stiebeln und Pariser. Det. is also 
man blos Falle! Nee, nee, Herr Schutzmann, so 
wat haben wir nich jekocht. Vorlaufig sind wir 
noch nich ins Hospital, vorldufig find wir noch an⸗ 
Jandige Staatsbirjer erster Jite un bezahlen sehr 
propper unsere Sieuer — so ville, wie een Schutz · 
mann noch nie nich uff eenen Haufen beisammen 
esehen hal. — Praͤs.: Weshalb sind Sie denn 
uͤberhaupt so bruial gegen Ihre Frau vorgegangen? 
— Angekl.: Det sind eheliche Anjelegenheiten. 
davon schweigt det Saͤngers Hoͤflichleit. Sie hat 
immer so daämliche Einfälle, wie 'n altet Hinterje⸗ 
bäude, und da habe ick ihr zeigen müssen, wer 
dert im Hause is. Der Gerichtshof glaubte doch 
aduch die vom Angeklagten bewiesene Rohheit, welche 
zu dem Auflauf Veranlassung gegeben, in Betracht 
Riehen zu müssen und verurtheilte ihn zu drei Tagen 
daft und außerdem wegen Ungebuͤhr vor Gericht 
zu einem Tage Haft. 
4 Ein recht erheiterndes Stückchen 
von russischem Protektionswesen in den Eisenbahn⸗ 
derwaltungen macht in Petersburger Blättern die 
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Runde. Ein einflußreicher Herr inieressirte sich für 
einen jungen Menschen und bat einen ihm be— 
freundeten Eisenbahngewaltigen, seinem Protegé 
eine Stelle zu geben. Trotzdem kein einziger der 
von diesem zu vergebenden Posten frei war, wußtt 
sich der Gewaltige doch sofort zu helfen. In der 
nächsten Konseilsitzung wies er darauf hin, daß in 
den verschiedenen Bureaus der Bahn Unsummen 
bon Stahlfedern verbraucht würden: einzig und 
allein sei daran schuld, daß man noch immer nicht 
die richtige, d. h. heste, haltbarste Sorie ausprobiri 
und den Bureaus überwiesen habe. Er plädire 
somit dafür, die neue Stelle eines Stahlfeder⸗Pro: 
birers, mit monatlich 75 Rubel Gehalt zu kreiren 
ꝛc. ⁊c. Selbstverständlich stimmten die anderen 
stonseilmitglieder diesem vortrefflichen „Sparsam⸗ 
eits“-Vorschlage des Gewaltigen sofort bei, der 
„Stahlfeder · Probir⸗Posten“ wurde kreirt und der 
hochbeglückte Inhaber desselber ist bereits in voller 
Ärbeit. Nicht unmöglich, daß derselbe nächstens 
für seine vortrefflichen Leistungen zu einer Gehalts— 
erhöhung in Vorschlag gebracht wird. 
— 2— 
Landwirischaftliches 
Lauterecken, 10. Dez. Anf dem heutigen 
Biehmarkte wurden berkauft: 2 Fassel, 8 Ochsen, 
1Stier, 8 Kühe, 21 Rinder und 8 Kälber. Erlöt 
5041 Mtk. 530 Pfg 
Winteraufbewahrung der Gemüse. 
Man lasse die Gemüse so lange als möglich im Freien, 
Jecke die etwas empfindlichen gegen einen allfälligen 
vorübergehenden Frost mit Stroh oder Laub. Dieselben 
molllen au einem sonnigenTage, wenn sie recht abgetrock⸗ 
et sind, eingeräumt und in die Erdgruben oder 
onstigen Ueberwinterungsorte gebracht und dieselhen, 
denn wieder milde Temperatur eintritt, gelüftel 
derden, nicht während des warmen Nachmittags 
ondern nur während der kühlen Nacht; denn je 
ühler die Gemüse gehalten werden, desto besser 
ind frischer bewahren sie sich auf. Wenn die 
Temperaiur immer auf 09 oder auch 19 unter 
Null steht, wird auch das Wachsthum flillstehen 
und die Gemüse werden sich nicht im Geringsten 
herandern, weder gelb, noch grau oder schimmeli— 
verden. In Gruben lassen sich Kabis, Kohl 
Fohlraben, Carotten, Rettige, Randen oder Rohnen 
ämmtliche Wurzelgewächse, wie Knollensellerie, 
dauch, Schwarzwurzeln sehr gut und ganz frisch 
aufbewahren und kann der Vorrath leicht übersehen 
werden. Man schichtet dieselben derart auf, daß 
die Wurzeln immer gegen die Erdwand kommen 
und die Koͤpfe gegen den schmalen Weg, den man 
in der Mitie frei läßt, um ohne die Gemuse zu 
veschädigen dieselben nachsehen zu können. Ganz 
yhne jede Bedeckung werden im Freien gelassen: 
Mangold, Wintersalat, Nüßlisalat, Winterspinat 
Zartenkresse, Brunnenkresse, Petersilie, Schnittlauch 
—Schnittlohl und Schwarzwurzeln. Der Blumen 
ohl wird sammt den Warzeln ausgehoben und im 
deller in feuchter Erde eingeschlagen, wenn nämlich 
Fie Blumen noch nicht vollständig ausgewachsen 
sind. Die entwichelten Blumen werden abgeschnit 
en und an einem trockenen kühlen Orte im Keller 
ufbewahrt. Winterendivie kann bis zum Frühling 
aufbewahrt werden, wenn man dieselben im Freien 
rüchtig mit Stroh deckt und bei Thauwetter lüftet. 
In einem kühlen Keller in Sand eingeschlagen hält 
ie sich ziemlich lange. Wer über ein Treibbee! 
zu verfügen hat, wird dieselbe mit Vortheil darin 
interbringen kͤnnen, nur muß dann auch gehörig 
gedeckt werden. 
Zur Vertilgung der Flechten an Obst 
baumen und Fruchtsträuchern 
jat Herr Apotheker Scholz in Introschin seit einigen 
Jahren Versuche angestellt, welche das Resultat er⸗ 
Jaben, daß die Flechten durch verdünnte Oralsäure 
jetödtet werden. Die Flechten werden nach ge⸗ 
örigem Bestreichen resp. Tränken mit der gelösten 
Zaäure, welche Arbeit nur einmal und zwar am 
vesten im Herbste an einem klaren Tage, oder an 
inem ebensolchen und frostfreien im Winter, vorge— 
ommen wird, zuerst bräunlich, endlich schwarz, ver— 
chrumpfen und verschwinden. Man wendet die 
Oralsaure in gepulvertem Zustande an und brauch 
inen Theil Säure zu acht Theilen kalten Wassers. 
im besten Fluß⸗ und Regenwassers, um durch Um 
rühren mit einem Holzstäbchen eine concentriert⸗ 
Zöfung zu erhalten. Da die Lösung ähnlich 
Zigenschaften hat, wie verdünnte Schwefel⸗ ode' 
Zalzsaͤure, so muß bei ihrer Verwendung die nöthig 
Vorsicht gebraucht werden. 
Dienstesnachrichten. 
Zolld. Für den Umfang des kgl. Bezirksamts Ludwigs⸗ 
hafen wurde durch Abtretung von dem Aichbezirle Speyer 
in besonderes Aichamt mit dem Sitz in Lud 
wigshafen errichtet. 
Srledigt sind die Aiqämter Altötting, Lu dwig s5⸗ 
hafen und Sepeyerr, Gesuche um dieselben sind bis 
jum 15. Dezember bei dem Minifterium des Innern ein⸗ 
zureichen. 
Forstd. Beginnend mit dem 1. Jan. 1889 wird 
sum Forsiamtsassistenten n. O. beim Kommunalforstamie 
Spey er der geprüfte Forstpraltitant B. Reißig aus 
Neustadt a. S. ernannt; der Forstamtsassistent n. O. A. 
Zwißler in Speyer unter Fortdauer seiner dermaliges 
Diensieseigenschaft zum Hilfsarbeiter für den Referatsdiens 
bei der tgi. Regierungsfinanzlammer der Pfalz berufen. 
5nachrichten. 
Gestorben: In St. Johann alS. Pfarrer 
Georg Doermer, 65 J. a. — in Malstatt Sophie 
Neumann, 56 J. a. — in Reunkirchen Katha⸗ 
rina Mayher, 69 J. a. — in Landau Augußi 
Stahl. 82 J. a. — in Dürkheim Fr. Lotichen 
dauer. 
Neuekte Nachrichten. 
Muͤnchen, 10. Dez. Se. Kgl. Hoheit der 
PrinzeRegent empfängt morgen am 11. 
Dezember u. a. die Herren Dr. Schlagint⸗ 
weist, Bezirkammmann in Zweibrücken, Jaquei 
und Dr. Brunk, Kommerzienräte in Ludwigshafen 
am Rh. in Audicenz. (3. 3) 
München, 10. Dez. General Karlv. 
Orff, der kommandierende General des 2. Armee- 
korps, feierte heute zu Würzburg seinen 71. Ge⸗ 
burtstag. Der General, welcher vor langer Zeit 
durch einen Sturz einen Rippenbruch erlitten hatte 
und infolgedessen längere Zeit leidend war, erfreut 
sich nunmehr wieder des besten Wohlseins. 
Nach einer soeben ausgegangenen Verfügung 
desek. Kriegsministeriums sind von nun 
ab sämmtliche Truppenteile der Armee, welche die 
neuen Helme bis jetzt noch nicht erhielten, mit 
denselben auszurüsten. Nach Vollzug dieser Bestim⸗ 
mung werden dieselben von sämtlichen der baher⸗ 
rischen Armee angehörigen Mannschaften getragen. 
Ein bestimmter Tag jedoch, von wann ab dies zu 
geschehen hat, ist bis zur Zeit noch nicht festgesetzt 
und sind alle bisher hierüber veröffentlichten Notizen 
unrichtig. 
Berlin, 10. Dez. Die Nordd. Allg. Zig.“ 
erklärt heute dem ‚Standard“ gegenüber, und zwar, 
wie sie jagt, diesmal officiös, daß der von ihr 
hdereits fruher als unrichtig und gehässig bezeichnete 
Ausfall auf die österreichischen Verhältnisse für die 
deutschen amtlichen Kreise eine ebenso unerwartete 
als unerwünschte Erscheinung gewesen ist, über 
deren Ursprung und Zwec noch heute die Auf⸗ 
klärung mangelt. 
Die Nachricht eines Londoner Blattes, in Berlin 
sei ein Plan ausgearbeitet, dastürkische Reich 
unter Curatel zu stellen, wird von der „Nordd. 
Allgem. Ztg.“ als unsinnig bezeichnet. Wenn nun 
zar gesagt sei, der Plan werde vom Fürstrn Bis⸗ 
marck begünstigt, so sei das nichts als eine dreiste 
tendenziöse Erfindung, um womöglich in Konstan⸗ 
tinopel Verstimmungen gegen Deutschland zu erregen. 
Die Weihnachtsferiendes Reichssstags 
jollen vom 15. Dezember bis zum 8. Januar 
dauern. 
Nach der „Nat.Ztg.“ ist es nicht zu be— 
weifeln, daß eine Geldfsorderung für 
Dstafrika an den Reichstaa gelanat. 
rür die Vedeftien derammorsuc F. 
Zu haben in der Buchbandlung Demetæ.