d. Jugherter Amzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 33.
Dienstag, 14. Februar 1888.
285. Jahra.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 11. Febr. (Landtag.) In der
etzten Sibvung des Finanzausschusses kamen einige
aligemein intressirende Punkte zur Besprechung.
Abg. v. Crämer berichtet u. a. über den Voran⸗
chlag der direltten Steuern. Die aus der Grund ·
zeuer, Haussteuer und Einkommensteuer etatierten
Finnahmen wurden mit 11,506, 000 Mi. 4,6631,000
Hi. 1689 000 Mti. unverändert genehmigt. Die
dewerbsteuer und Kapitalrentensteuer ward mit
Zustimmung des Herrn Finanzministers erhöht und
war ersterer von 5,300,000 Mt. auf 5,375,000
Nk., letztere von 8,180,000 Mk. auf 3,550,000
t. — Weiter berichtet Abg. v. Crämer über den
Etat der Zölle und indirelten Steuern. Die Ein⸗
nahmen aus dem Malzaufschlage wurden nach
dem Antrage des Finanzministers um 1,000,000
Mt. erhöht, sohin auf 34,600,000 Mt. festgesetzt.
Die effektive Mehrung beträgt jedoch nur 700,000
Mk., da die Rückvergütung für ausgeführtes Bier
um 300 000 Mt. zu erhoͤhen ist. Eine Anfrage
des Berichterstattets, ob die Einnahme aus dem
Ertrage der Brannwweinsteuer, welche mit 12,200,000
Mt. vorgesehen ist, nicht eine Erhöhung zuläßt,
wurde von dem Minister verneint. Der Anteil
im Ertrage der Zölle und Tabaksteuer wurde auf
14,600,0000 Mk. erhöht. Abg. Jos. BSeiger
ragte an, welche Aussicht der Antrag auf Auf⸗
hdebung des Identitätsnachweises bezüglich des ein⸗
zeführten Getreides habe und welche Stellung hie⸗
su die bayerische Regierung einnehme. Minister
„. Riedl erwiderte, daß er bezüglich der ersten An⸗
frage keine Antwort geben könne, was die zweite
Frage anlange, so verhehle er nicht, daß er dem
Antrage nicht freundlich gegenüberstehe. Bei dem
krirage der Hundesteuer wurde ein Abstrich von
40,000 Mk. vorgenommen. Die übrigen Einnahme⸗
posttionen gaben zu irgend welcher Debatte keine
Beranlassung. Nach den Erträgen des Referenten
rhöht sich die Gesammtsumme der Einnahmen an
Zoͤllen und indirekten Steuern um den Betrag von
1.323, 000 Ml. gegenüber den Budgetansätzen.
Munchen, 12. Febr. Die Staatsregierung
jat die Vornahme der Landrathzswahlen auf
den 1. März angeordnet. Die Neuwahl verleihi
das Landrathsmandat auf 7 Jahre. In die 8
dandräthe find zu entsenden: Die Vertreter der
Distriktsgemeinden (je ein Landrath für zwei Dist⸗
riktsgemeinden, die Vertreter der unmittelbaren
Städie (je ein Vertreter in Städten bis zu 80,000
Seelen, je zwei Vertreter in solchen von 30,000
bis 60,000 Seelen und je ein Vertreter auf je
20,000 Seelen in Munchen und Nürnberg); sodann
die Vertreter des Großgrundbesitzes (/4 der Zahl
der Vertreter der Diftriktsgemeinden) sowie noch
ꝛinige Vertreter der Pfarrgeistlichkeit und je einer
der drei Landesuniverfitäten. Des Weiteren find
xrsatzmanner für die ganze Zahl der Landraths
nitglieder zu bestellen. Es muß darauf aufmerk⸗
am gemacht werden, daß den Wahlen aus den
Distriltsgemeinden und dem Großgrundbesiß dies
mal eine erhoͤhte Bedeutung beizumessen ist. Denn
das demnächst zur Vereinbarung gelangende Geset
über die Unfaliverficherung der lande und forst⸗
wirihschaftlichen Arbeiter legt den Schwerpunki der
Senossenschaftsbildung in den Landrath und die
Senossenschaftsversammlung hat die wichtigften Ob-
jegenheiten. Diese indirekte Erweiterung der Com⸗
etenzen des Landraths wird manche Wahlkorper-
aften veranlassen, das Augenmetk auf Person—
ichleiten zu richten, welche im landwirihschaftlichen
Betrieb besonders bewandert sind — wobei nament⸗
ich auch in Betracht kommt, daß die Genossen⸗
chaftsversammlung die Unfallverhütungsvorschriften
zu erlassen hat.
Ausland.
Der rusfische „Nord“ in Brüssel fieht in der
Rede des Fürsten Bismarck einen fried⸗
ijchen Kommeniar zur Veröffentlichung des deutsch⸗
sterceichischen Allianz · Vertrages. Die in derselben
rusgedrückte Ungläubigkeit bezüglich eines russischen
Angriffs und das absolute Vertrauen auf das Frie ˖
enewort des Czaren seien ebensoviele Zeugnisst
zafür, daß der deutsche Kanzler die Situation ge⸗
nau kenne und richtig beurtheile. Auch voas er
jon der Konzentrirung der russischen Truppen ge⸗
agt habe, obdgleich dies der Kontroverse ausgesetzi
ei, bieibe bei der Wahrheit, insofern Bismarck die
on Rußland in seiner Unabhängigkeit und als
Hroßmacht ergriffenen militärischen Prämeditation
uschreibe. In dem Augenblick, da die Organi⸗
ation des deutschen Heeres im Hinblick auf die
Sicherheit und Größe des deutschen Reiches auf
den äußersten Punkt der Stärke und Anspannunç
zebracht werde, donnte Bismarck nicht das Recht
und die Pflicht Rußlands verkennen, dieselben In⸗
teressen zu schützen und die gleichen Ziele durch die
gleichen Minel zu verfolgen. Diese Kaltblütigkeit
und dieser Sinn für das Wirkliche bei dem be—
rühmten deutschen Staatsmanne bilden sicherlich
die positiven Bürgschaften, die in Petersburg, wo
diese beide vornehmsten Eigenschaften weiser Politik
herrschen, nach ihrem wahren Werthe werden ge—
würdigt werden. Im Uebrigen anerkennt der „Nord“
den gemäßigten Ton der Rede, wenn man dabei
nsbesondere die Natur der parlamentarischen De—
zatte, in die sie hineinfiel, in Betracht ziehe. Das
Schlußwort: „Deutschland hat Nichts zu fuürchten
ils Gott!“ werde in seinem martialisch hohen Ton
grandiloquence) nicht übertrieben im Munde des
Zertreters eines Reiches erscheinen, das ohne Wider⸗
rede die größte Militärmacht der Welt sein würde,
wenn Rußland nicht existire. Ein Petersburger
Brief des „Rord“ konfstatirt das Bemühen der rus⸗
ischen Presse, den leidenschaftlichen Auslegungen
der Veroͤffentlichung des deutsch österreichischen Ver⸗
rages im Publikum entgegenzuwirken. An der
triedlichen Absicht, die diese Publikation eingeben,
'owie an einem tief beruhigenden Einflusse der
Rede Bismarck's will dieser Korrespondent nicht
weifeln.
Paris, 12. Febr. Verschiedene Pariser
Blätter beschäftigten sfich nach dem Vorgang der
Panslavistenpresse sehr viel mit der Chimäre einer
yon Frankreich, Rußland und England abzuschließen-
den Contre⸗Tripelallianz; in den bezüg⸗
lichen Artileln kommt alles mögliche krause Zeug
um Vorschein.
London, 13. Febr. Die „Morning Post“
dementirt die Gerüchte von Unterhandlungen behufs
Beitritts Englands zu einer franzöfisch- ruffischen
Coalition gegen die Tripelallianz. — Der
„Standard' sagt, so lange die Tripelallianz eine
Büurgschaft für die Erhaltung des Friedens sei,
verde fie Englands Untersiützung finden. Bei der
Störung des Friedens durch eine Macht außerhalb
der Allianz werde sich England gegen den Angreifer
venden.
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten.
*St. Inghert, 14. Febr. Gestern Abend
jatte die Gesellschaft Harmonie“ im Saale des
Zotel Stutzmann zu Ehren des „Prinzen Carneval“
eine Unterhaltung mit darauffolgendem kurzen
Tanzvergnügen veranstaltet, die seitens der Mit—⸗
zlieder recht zahlreich besucht war. Dieselbe ber⸗
ef, gewürzt durch musikalische, komische Gesongs⸗
aund deklamatorische Vorträge, von denen manche
der letzteren von geradezu zwergfellerschütternder
Wirkung waren, in der schönsten Weise und hielt
die Gesellschaft bis zum frühen Morgen in echt
carnevalistischer Stimmung vereinigt.
* St. In gbert, 14. Febr. Der Carneval
läßt heuer in unserer Stadt oöͤffentlich wenig von fich
merken. Die einzelnen Vereine feiern denselben in
Unterhaltungen. Was sich öffentlich zeigt, sind
einige Masken, die das, was ihnen an Eleganz
und Schönheit der Costüme abgeht, durch lautes
Auftreten zu ersetzen suchen.
— Die pfälzische Handels- und Ge—
werbe⸗Kammer betrachtete in ihrer Sitzung
vom 10. d. M. die Alters⸗ und Invalidenver⸗
ficherung der Arbeiter als eine wichtige Ergänzung
der Unsall ˖Versicherung für solche Fälle der Er—
werbsunfähigkeit, die durch Alter und Krankheit
hervorgerufen sind. Bezüglich des Umfanges der
Versicherung erachtet man es als zweckmäßig, wenn
die Ausdehnung der Versicherung auf selbstständige
Gewerbetreibende der Haus⸗Industrie, welche nach
den Grundzügen durch Bundesrathsbeschluß bestimmt
werden kann, schon jetzt in das Gesetz aufgenommen
werde. Ferner wurde beantragt, daß Betriebsbe-
amte, Handlungsgehülfen (II. 1b. der Grundzüge),
welche dersicherr waren und deren Gehalt während
der Verficherungszeit über 2000 Mk. erhöht wurde,
in dem Versicherungsverband bleiben können. Für
die Carrenzzeit von 30 bezw. 5 Jahren wurde
Abkürzung befürwortet. — Die Kammer erklärt
sich enischieden gegen das Kapital⸗Deckungs-Verfahren
und ist der Ansicht, daß ein Beitrag von 1 Pfg.
pro Kopf vom Arbeiter, Arbeitgeber und Staat
schon hinreichen dürfe, um in kurzer Zeit einen
Reserbfonds von genügender Höhe anzusammeln
und alsdann zum reinen Umlage Verfahren über⸗
zugehen. Bezüglich der Altersgrenze ist die Kammer
der Meinung, daß dieselbe zu hoch gegriffen sei.
Auch dürfte zu erwägen sein, ob nicht ein Unter-
schied in der Erreichung der Altersgrenze, je nach
der mehr oder weniger aufreibenden Berufs⸗
arbeit, zu machen sei. Als Träger der Alters⸗
und Invaliden-Versicherung erachtet die stammer
die Berufsgenossenschaften, bei deren schon jetzt
fühlbaren Ärbeiisüberhäufung und des aus einer
jolchen Organisation entstehenden umftändlichen
Berechnungs⸗Verfahrens wegen, für ungeeignet. Sie
empfiehlt die Errichtung einer Reichsversicherungs⸗
Anstali, eventuell auch Landes verficherungs-Anstalten,
welche das gesammie Rechnungswesen, die Ver⸗
waltung der Capitalien und Auszahlung der Renten
zu besorgen hätte. Die Miwirk ing der Berufsge⸗
nossenschaften und Communalverbände würde dann
nur für die Erhebung der Beiträge, Feststellung
der Invalidität und die Ueberwachung der Renten⸗
Empfaͤnger in Anspruch genommen.
— Neustadit, 10. Febr. Nächsten Samstag
den 18. Februar versammeln sich die protestantischen
Lehrer des Kantons Neustadt im Saal der „Post-
mühle“, um das 25jährige Amtsjubiläum ihres
allverehrten Districts⸗Schulinspectors Herrn Decan
D ehsie zu feiern. Die Festlichkeit beginnt um
r.
— Neustadt, 11. Febr. Der Stadtrath
dat für die an den ffädtischen Volksschulen ange⸗
stellten Lehrer folgendes Gehaltsstatut einftimmig
*