Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Indberter Amzeiger 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die og Auskunft eribeili. Iß . Neklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 14. Febr. Die Berathung über 
das Unfallversicherungsgesetz wird zwei bis drei 
Sitzungen in Anspruch nehmen. Danach werden 
Wahlangelegenheiten und der Schluß des Etats 
des Cultusministeriums in die Plenarsitzungen 
kommen, so daß es für die nächste Woche nicht an 
Berathungsstoff mangelt. Der Finanzausschuß 
wird seine Thätigkeit wieder am Donnerstag (heute) 
aufnehmen. 
Muͤnchen, 14. Febr. Auf Grund der 88 
11 und 12 des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 
1878, betreffend die gemeingefährlichen Bestrebungen 
der Sozialdemokratie, werden die Druchshriften: 1. 
Die drei Zauberformeln. Von Dr. Joh. Jakoby“, 
beginnend mit den Worten: „Und er sprach zu 
den Jüngern“, 2. „Die Frau in der Vergangenheit, 
Gegenwart und Zukunst. Von Aug. Bebel 6. 
Auflage, Hottingen⸗Zürich. Schweizerische Volks⸗ 
buchhandlung. 1887, 3. „Cetorum censeo. Von 
Dr. Friedrich Krasser.“ Ohne Angabe des Verlegers 
und Druckers, 4. „Was die Sozialdemokraten sind 
und was sie wollen,“ Ohne Angabe des Verlegers 
Vn Druckers, und 5. „Anti⸗Syllabus.“ Von Dr. 
Herm. Krasser.“ Ohne Angabe des Verlegers und 
lHruckers, verboten. 
vBerlin, 14. Febr. Gestern fand bei dem 
Fürsten Reichskanzler ein größeres parla. 
mentarisches Essen statt, zu welchem Mit⸗ 
Hlieder der verschiedenen Parteien eingeladen waren. 
Berlin, 14. Febr. Drr Reichoͤtag nahm in 
zweiter Lesung das Socialistgesetzes der Commissions- 
cfassung an, wonach die von der Regierung bean⸗ 
fragten Verschärfungen wegfallen und das Geset 
eine zweijährige Geltungsdauer hat. Der Antrag 
Windthorst, betr. die Aufhebung des kleinen Be⸗ 
agerungzustandes, wurde mit 153 gegen 100 
Stimmen abgelehnt. — Die dritte Lesung des Ge⸗ 
Hetzentwurfs, betr. den Erlaß der Wittwen⸗ und 
Waisengeldbeiträge von Angehörigen der Reichs⸗ 
Civilverwaltung und des Reichsheeres und der Marine, 
p wurde vou der heutigen Tagesordnung abgeseßt. 
Morgen Anträge und Pelitionen, 
Der Geschaftsplan für den Reichs⸗ 
etag wurde am Montag Morgen in einer Sißung 
—— Senatorenkonvents erörtert. Darnach ist in 
Ausficht genommen, die Session bis zum 20. 
Marn. also bis zum Dienfiag vor Palinsonntag 
Zund unmittelbar vor Kaisers Geburtstag zu Ende 
9— führen. Man geht dabei davon aus, daß das 
Gesetz über die Altersversorgung nur die erste Be⸗ 
athung pasfiren soll, und daß sich die vollsandige 
rledigung don Voriagen auf die bereits jetzt ein⸗ 
ebrachter Gesetzentwurfe beschränit. Dac neu 
benossenscastsgeseh dagegen son. wenn woͤglich, 
och Lthedigt. werden. Das Weingeseß wirs a⸗ 
usfichtslos behandelt. Es unterliegtauch kaum 
inem Zweifel, daß innerhalb der bis zu dem in 
lussicht genommenen Schlußtermin noch erbübrigen⸗ 
en 5 Wochen das Arbeitapensum des —XX 
nder vorgedachten Umarenzung erledigt werden 
Ausland. 
Paris, 14. Febrt. der Unterstaaissekretär 
die Kolonien Faure, wird wegen des gestrigen 
ammervotums über den Tonkingkredit seine Demission 
nreichen. — Der Appellhof erließ dem Oberst 
loirtin die einagige Gefaͤngnißhaft, zu welcher er 
der Ohrfeigen⸗Affaire Erlanger verurtheili war. 
Tassagnac richtete einen Brief an den Prinzen 
erome Navoleon, worin er von Letzterem den 
I2 
Donnerstag, 16. Februar 1888. 
BwJahrg. 
Austritt seines Sohnes aus der italie— 
nischen Armee verlangt, da Italien mit dem 
Erzfeind Frankreichs verbündet sei. 
Bern, 14. Febr. Der Genfer „Genevois“ 
bringt heute eine Abhandrung über die Anar⸗ 
histenfrage, welche Beachtung verdient. Durch 
einen Freund Genf's und der Schweiz ist dem 
Blatt ein Schriftstück mitgetheilt worden, in welchem 
ein hyachstehender ausländischer Staatsmann die 
Lage Europas im allgemeinen, sowie die Gefahren 
bespricht, welche die nächsten großen Ereignisse für 
die Schweiz bringen dürften. Diese Gefahren 
würden ganz bedeutend erhöht durch die Thatsache, 
daß die Schweiz fortwährend auf ihrem Boden jene 
anarchistische und revolutiouäre Propaganda dulde, 
velche von benachbarten Landern, namentlich von 
Deutschland, als gefährlich für die bestehende Ord⸗ 
uung betrachtet würde. Die Schweiz könne heut⸗ 
zutage nicht mehr auf die Unterstützung gewisser 
Mächte zählen, wie zur Zeit des Wiener Vertrages, 
als Rußland und England sich für ihre Erhaltung 
ins Mittel legten; es sei daher unklug von ihr, 
gewissen Wunschen mächtiger Nachbarn nicht besser 
entzegen zu kommen. Ihre aufgeklärten, verstän⸗ 
digen Staatsmänner sollten dem Volk die wahre 
Lage in ihrem richtigen Licht darstellen und ihm 
den Rath geben, bei Zeiten diejenigen Mittel an⸗ 
zuwenden, welche bei der großen Katastrophe als 
Brechpfeiler dienen kͤnnten. Der „Genevois“ läßt 
nun zwar nicht alles gelten, was der „ausländische 
Staatsmann“ der Schweiz zur Last legt, doch ist 
auch dieses sehr radicale Blatt der Meinung, daß 
wir unser Hausinneres von gefährlichen Schlaf- 
hurschen und Kostgängern säubern und dann qute 
Wache halten müssen. 
Nom, 14. Febr. Der Kriegsminister ertheilte 
Ordre, die Equipirung und Ausrüstung von zwölf 
Armeekorps in Kriegsstärke für den Fall einer 
Mobilmachung vorzubereiten. — Die Enthüllungen 
der „Neuen freien Presse“ über die Bestimmungen, 
unter welchen Italien der deutschebster— 
reichischen Allianz beigetreten, werden hier 
nur wenig besprochen. 
Rom, 15. Febr. Die „Gazetta offiziale“ 
beröffentlicht das Gesetz betreffend die Re— 
organisirung des Ministeriums. — 
In parlamentarischen Kreisen wird versichert, daß 
sämmtliche Minister, mit Ausnahme der 
Unterichtsministers, auf ihren Vosten bleiben 
werden. 
London, 14. Febr. Unterhaus. Bei 
der fortgesetzen Berathung der an die Konigin zu 
tichtenden Ädresse beantragte Parnell ein Amende⸗ 
ment, welches sich über die Verwaltung Irlands 
tadelnd ausspricht. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. Febr. Vergleme, 
welche in den benachbarten preußischen Gruben 
arbeiten, brachten heute Morgen die Rachricht von 
einem entsetzlichen Unglück hierher. Dasselbe 
joll sich in der verflossenen Nacht in den Kreuz⸗ 
zraben⸗Schächten ereignet haben. Man 
pricht davon, daß die gesammte Belegmaunschaft 
von 70 Mann in Folge schlagender Wetter ver⸗ 
schüttet wurde. Die Mehrzahl derselben sei jeden⸗ 
jalls tot; heute Morgen gegen 6 Uhr habe man 
schon 80 Todte zu Tage gefördert, während man 
nur 5 der Verunglückten am Leben gefunden habe 
und es kaum zu hoffen sei, die noch Fehlenden 
lebend zu retten. Naͤhere Angaben fehlen noch; 
wir hoffen darum, dak das Gerücht bedeutend üher⸗ 
trieben hat; im gegentheiligen Falle wäre die 
datastrophe mit ihren Folgen gar zu beklagenswerth. 
* St. Ingbert, 16. Febr. Bei der heuie 
stattgehabten Versteigerung der hiesigen Feldjagd 
zuf sechs Jahre wurde dieselbe den Herren Gebr. 
srämer um den jährlichen Pachtpreis von Mark 
182.— zugeschlagen. — Die Feld- und Waldjagd 
der Gemeinde Hassel erzielte einen sehr guten Erfolg, 
indem dieselbe statt dem bisher bezahlten Pachtzins 
zon Mark 40. — zu dem Preise von Mk. 115. — 
ährlich den Herren Gebr. Dörr vom Trieb⸗ 
scheiderhof und Adam Schneider vom Ritters⸗ 
hof zufiel. 
— Bei den hiesigen Loosverkaufsstellen sind 
aur noch spärlich Dillinger Loose zu haben. Zie⸗ 
hung nächsten Montag. 
— Zweibrücken. Das k. Oberlandesgericht 
hat als Revisions.Instanz sich dem Urtheil des k. 
Landgerichts Kaiserslautern angeschlossen, wonach 
die Benutzzung eines Retourbillets durch eine andere 
Person als jene, für welche es gelöst wurde, als 
Betrug anzusehen und zu bestrafen ist. 
— Die Auswanderung aus Bayern ift 
im vorigen Jahre auf 18,850 gestiegen (10867 
aus dem rechtsrheinischen Bayern. 2483 aus der 
Pfalz.) — — 
Vermischtes. 
F Frankfurt, 12. Febrnar. Am jüngsten 
Mittwoch, so erzählt das „Int.⸗Bl.“, wurde ein 
junger Kaufmann dahier getraut. Auf der Hochzeit 
ging es sehr animirt her. Gegen 8 Uhr AÄbends 
zog fich der Ehemann anscheinend unr für wenige 
Augenblicke zurück. Die junge Frau blieb bei den 
Hochzeitsgästen und wartet bis heute noch auf die 
Rückkehr ihres Gatten. Derselbe ist spurlos 
verschwunden. 
Worms, 14. Februar. Geländet wurde 
gestern Nachmittag im Rhein dahier die Leiche eines 
aunbekannten Mannes von 45 —580 Jahren. Der⸗ 
selbe war gut gekleidet und fanden sich in der 
Tasche unter Underem verschiedene Rezepie, welche 
auf den Namen von Heinrich Christoph in Lud- 
wigshafen lauten. (W. Zig.) 
Ibers heim, 14. Febr. Geftern ereignete 
sich auf dem Rheine in der Gemarkung Ibersheim 
ein schwerer Unglücsfall. Das Schiff Ludwigshafen 
Nr. 10 fuhr, von einem Schlepphbote der bayr. 
Pfaͤlz. Dampfschifffahrtsgesellschaft zu Ludwigshafen 
gezogen, stromaufwärts. Beim Segelstreichen nun 
fiel der Matrose Karl Hippert von Bacherach in 
den Rhein und ertrank, obwohl die umfassendsteu 
Maßregeln zur Kettung des Verunglüdten getroffen 
wurden. Derselbe war 24 Jahre alt. (W 3) 
eFreißadt, 18. Februar. (Schauerücher 
Selbstmord.) Dahier machte ein ehemaliger Ziegel⸗ 
meister seinem Leben dadurch ein Ende, daß er 
ein altes Gewehr lud und hierauf seinem dier 
Jahre alten Sohnchen befahl, da ihm ein Zund- 
hütchen fehlte, ein brennendes Licht an den Zund⸗ 
stift der Flinte zu halten. Als das Kind dem Ge— 
wehr mit der Flamme des Lichtes nahe kam, nahm 
der Mann die Mundung des Laufes in den Mund, 
der Schuß ging los und mit zerschmettertem Kopfe 
fiel der Mann zum Entsetzen des Kindes todti nieder. 
Prof. Dr. Virchow gedenkte seine seit längerer 
Zeit geplante Reise nach dem Orient nunmehr aus 
suführen. Er hat den heutigen Tag, 15. Febr., zur 
Abreise destimmt und beabsichtigt sich zunächfi nach 
kgypten zu begeben, dessen prahistorische und an⸗ 
hropologische Erforschung von ihm mit Vorliebe 
zetrieben wird. Es wird mit der Durchmuferun