Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der St⸗ Jugherter Angeige erscheint wöͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
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ME 35. 
Deutsches Reich. 
Muͤuchen, 15. Febr. Der Landtag beriet 
udas Unfallgesetz für die land- und forstwirtschaft 
ah slichen Arbeiter. In der Generaldebatte kommen 
am außer den Darlegungen des Referenten über die 
m Ausschußberathung, die in allem Wesentlichen die 
Regierungsborlage ergeben, speziell die staatliche 
Berwaltung, die Erhebung der Beiträge nach der 
Hrundsteuer, die Ausdehnung auf alle Unternehmer 
ind deren Angehörige, die Zusammensetzung der 
Genossenschafts ⸗Versammlung aus Landräten (so 
datz alle Landratsmitglieder, die versicherungs- 
oflichtige Unternehmer sind, sie bilden), die Bil⸗ 
zung einer Genossenschaft in jedem Regierungsbe⸗ 
zirk, wesentlich neue Gesichtspunkte nicht zu Tage. 
Die Redner beschränken sich darauf, die Wohlthaten 
der sozialen Gesetzgebung zu rühmen. Pfarrer 
Frank spricht aus, dieselbe entziehe der sozialde⸗ 
mokratischen Agitation den Boden. Der Minister 
betont wiederholt die Arbeiterfreundlichkeit der 
Regierung. Das Gesetz sei wichtig; es umfasse 
l 780 000 Personen. Bei der Abfassung desselben 
Issei die Regierung nach dem Grundsatze „einfach 
nund billig“ verfahren und habe die ganze Ver— 
waltung einer Organisation übertragen, für welche 
die schlechsituierte Landwirthschaft wenig oder gar 
nichts zu zahlen habe. Für die Aenderung der 
Krankenversicherung, die jetzt sehr vielgestaltig sei, 
sei, sei eine Aenderung des Reichsgesetzes abzu⸗ 
warten. Art 1 und 2 werden genehmigt. Zu 
Art 8 liegt ein Antrag von Lindenfels vor, die 
Genossenschaftsversammlung von Distriktsräten und 
Gemeindekollegien in unmittelbaren Städten wählen 
szu lassen. In der Debatte dazu erwähnt Pfarrer 
einel daß bei einem ganz korrelten Verfahren 
man alle Betriebsunternehmer wählen lafsen müsse. 
Das habe Niemand gewollt, weil es zu kompliziert 
gsei. Die Beratung wird auf morgen vertagt. 
Müunchen, 16. Febr. Dem Finanzwminister 
v. Riedel ist vom Kaiser der Rote Adlerorden erster 
Classe mit dem Emailleband des Kronenordens ver⸗ 
X worden. 
. . Stuttgart, 15. Febr. Ueber das Befinden 
e des Königs Karl veröffentlicht der Staats⸗An⸗ 
Irgeiger? nachfolgenden Bericht. Am Montag fand 
ine leichte Steigerung des Fiebers statt; der 
Dienstag verlief in Folge der Hustenanfälle unruhig. 
ue Die Mattikgeit des hohen Patienten ist anhaltend 
w ebenso die Appetitlosigkeit. 
Berlin, 14. Febr. Die heutige Hofsoiree 
wurde abbestellt. 
ul Berlin, 16. Febr. Der „Reichs⸗Anzeiger“ 
aderoöͤffentlicht folgendes: San Remo, 16. Febr., 
IO Uhr 80 Min vormittags. In den letzlen 11 
Stunden ist eine Veränderung in dem Zustande 
Seiner Kaiserlichen und Koͤniglichen Hoheit des 
.Ktonprinzen nicht eingelreten. Mackenzie. Schrader. 
aestrauie. Hovell. v. Bergmann. Bramann. 
Ausland. 
»p Wien, 15. Februar. Bei der Rückfahrt des 
rPrinzen Ferdinand von Philippopel nach Sofia 
vcwurde in Belloba der die Wagen und Pferde des 
brinzen enthaltende Waggon von einem Agenten 
. Anschlußbahngesellschaft mit Beschlag delegi, 
eil der Prinz die Linien der Gesellschaft ohne 
oheren Erlare Iß bereist hatte. Ungeachtet der Schritte 
Per bulgariseen Regierung hält die Gesellschaft die 
* —W aufrecht. Man glaubt, daß daraus 
anste Folgen für die Eisenbahngesellschaft entstehen 
gerden. Hier bezeichnet man ein Einschreiten Ruß— 
ands in Bulgarien als wabrscheinlich Oesterreich 
wird darauf nicht reagiren, weil das Fiasko des 
Unternehmens voraussichtlich ist. 
Paris, 16. Febr. Heute begann vor dem 
Zuchipolizeigericht die Verhandlung gegen Wilson, 
stibaudeau und Genossen. In der Anllageschrift 
vird Wilson der Teilnahme an dem Ordensschwindel, 
begangen an mehceren Personen, die Ordensaus- 
zeichnungen wünschten, beschuldigt. 
Die russischen Versuche, auf den westeuropäischen 
Beldmärkten eine Anleihe unterzubringen, sind 
nach dreimonatlichen Verhandlungen total gescheitert. 
Interessant sind die hierauf bezüglichen Mittheilungen 
der „Neuen Züricher Zeitung“, aus denen zu ent⸗ 
nehmen ist, daß jedesmal bei eintretender Stockung 
in den Unterhandlungen die russische Presse sich in 
der friedfertigsten Weise äaußerte, um den zurück⸗ 
haltenden Kapitalisten neuen Muth zu machen. 
Die Anleihe wäre auch ohne eine Forderung des 
belgischholländischen Consortiums wirklich zu Stande 
gekommen und diese Forderung bestand darin, daß 
eben jenes Consortium von allen Verbindlichkeiten 
defreit sein sollte. Auf diese Bedingungen ging 
der Czar nicht ein und damit waren die Verhand⸗ 
lungen abgebrochen. Die finanziellen Verhältmisse 
Rußlands haben sich dabei als äußerst kläglich er⸗ 
wiesen und darin können auch diejenigen, welche an 
die Möͤglichkeit eines russischen Krieges geglaubt 
hatten, eine wirksame Garantie für den Frieden 
erblicken. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 17. Febr. Der Winter 
will dem Anscheine nach heuer ein langes gestrenges 
Regiment führen. Gestern und heute schneite es 
in recht ausgiebigem Maße und wieder ist die Erde 
mit fußhohem Schnee bedeckt. Nach alten Wetter⸗ 
prophezeiungen haben wir auch keine Ausficht, daß 
es so bald anders wird. Nach denselben haben 
wir, etliche Abwechselungen abgerechnet, bis Mitte 
März Schnee und kaltes Wetter zu erwarten. Erß 
die Osterwoche soll eine Aenderung bringen. 
* Einer Korresondenz, die uns von Schnappach 
über das Unglück zu Kreuzgräben zuging, entneh— 
men wir, daß unter den Verunglückten zehn Fa⸗ 
miliendäter von Neuweiler sind. 
— Die k. Kreisregierung hat die oberpolizei⸗ 
lichen Vorschriften über die Visitation der Hunde 
dahin abgeändert, daß alle Hundebesitzer verpflichtet 
find, ihre über vier Monate alten Hunde behufs 
Ueberwachung des Gesundheitszustandes der Visitation 
zu unterstellen. 
— Das „Südpf. W.“ schreibt: „Das Schalt⸗ 
zahr 1888 verlangt sein Recht. In S., einem 
schönen Doͤrfchen in der Pfalz. 5 Standen von 
der alten französischen Grenze, hatten sich vor 
inigen Tagen drei Jungfrauen wegen eines jungen 
ledigen Mannes allen Ernstes in den Haaren. 
Jede von den Streitenden ist über 27 Jahre alt, 
zrauchen sonach den Eheconsens seitens ihrer Eltern 
nicht mehr. Es ist zwar an heirathsfahigen Bur⸗ 
chen in dem Doife kein Mangel, allein jede nimmt 
das Sprichwort für sich in Anspruch: „Alte Liebe 
rostet nicht“ und kennt wahrscheinlich auch von 
rüher her das Lied: „Du warst meine erste Liebe 
meine dreizehnte sollst Du sein.“ Es war nu 
gut, daß die drei Grazien keine falschen Zöpfe 
hatten, sonst „Gute Nacht Haarschmuck!““ 
a. Leistadt, 15. Febr. Der Händler F. H 
hon hier wurde, des Diebstahls dringend verdächtig 
durch die Gendarmerie Dürkheim geschlossen abge⸗ 
ührt. — Die Prüfungen an den hiesigen Volks⸗ 
chulen beginnen mit dem 26. Fehruar. 
Samstag, 18. Februar 1888. 
23. Jahrg. 
— Dürkheim, 14. Febr. Einer der freu- 
digsten Tage für unsere Dürkheimer Jugend, so 
schreibt man dem „Pf. K.“, ist wohl der 14. Febr., 
der „Vatentin Ostertag“. Valentin Ostertag — 
so heißt der edelherzige Spender — bedachte 1519, 
im Dienst des österreichischen Kaisers stehend, seine 
Baterstadt Dürkheim mit einer Stiftung, die im 
Lauf der Jahrhunderte, durch weitere Legate ge- 
mehrt, zu einer Summe herangewachsen ist, die 
Jeute über 100,000 Mk. betragen soll. Zum An⸗ 
Zenken an Valentin Ostertag ist der 14. Februar 
ein schulfreier Tag, an welchem nach dem Kirchgang 
ämtliche Schullinder, die hoͤheren Lehranstalten 
einbegriffen, mit stattlichen Wecken beschenkt werden. 
— Frankenthal, 15. Febr. Gestern 
Mitiag fand im „Roten Hahnen“, Glaser'sche 
Brauerei, das seit einigen Jahren üblich gewordene 
Wiegen der Gäste statt. 71 Erwachsene, die sich 
viegen ließen, hatten zusammen ein Gewicht von 
—I—— 
rund 154 Pfund ergibt. Die einzelnen Körper⸗ 
Jewichte bewegten sich zwischen 120 als leichtestes 
und 221 als qpoerstes Gewicht. Ueber 180 
Pfund schwer, als“ Anfangsgrenze der „Dicken“, 
waren 6 Personen; über 200 Pfund zwei. Der 
Erlös aus Waggeld, freiwillgen Beiträgen und 
aus der Versteigerung der Wagmeisterskappe be— 
—X 
gebuͤhren 6,26 Mk., dem Militärverein als Beitrag 
zur Anschaffung einer Fahne überwiesen wurden. 
Jedem der Gewogenen wurde ein Wagschein aus—⸗ 
gestellt und sein Name und Gewicht in eine Liste 
zingetragen, so daß nach einem Jahre die Zu⸗ 
oder Abnahme konstatiert werden kann. Es wurde 
festgestellt, daß noch keiner der vor einigen Jahren 
—XXVV 
Zeichen, daß der harmlose Scherz im roten Hahnen 
aicht gefährlich ist. (Frkthl. Tgbl.) 
— Sypeeiec, 185. Febr. Nachdem für die leßte 
Session des Landrates zwei katholische und ein 
yrsatestantischer Pfarrer gewählt worden waren, 
ind für die nächste Periode zwei protestantische und 
ein katholischer Pfarrer in den Landrat zu wählen. 
Für die Wahl der protestantischen Delane wurden 
durch die kgl. Regierung folgende zwei Wahlbezirke 
bestimmt: erster Wahlbezirk Speier, welcher die 
protestantischen Dekanate in den Bezirksämtern 
Speier, Ludwigshafen, Bergzabern, Frankenthal, 
Bermersheim, Landau und Neustadt begreift. Für 
diesen Wahlbezirl ist Wahlort die Stadt Speier. 
Zweitet Wahlbezirk Kaiserslautern, welcher die 
vrotestantischen Dekanate in den Bezirksamtern 
Zaiserslautern, Kusel Homburg Kirchheimbolanden, 
Pirmasens und Zweibrüchken umfaßt. Für diesen 
Wahlbezirk ist Wahlort die Stadt Kaiserslautern. 
In jedem der beiden Wahlbezirke ist ein Abgeord⸗ 
neter zum Landrat und ein Ersatzmann zu wählen. 
Die sammtlichen latholischen Dekanate der Pfalz 
bdilden für die in Aussicht stehende Wahl einen 
Wahlbezirk mit dem Wahlort Speier, woselbst ein 
Abgeordneter zum Landrat und ein Ersatzmann 
zu wählen ist. Die Dekanate beider Konfesfionen 
haben nunmehr sofort zur Wahl der Wahlmaänner 
zu schreiten und die Wahlakten der kgl. Regierung 
bis längstens 6. März in Vorlage zu bringen. Die 
Giltigkeit der Wahl ist durch die Abstimmung von 
wei Dritteilen der Wähler bedingt. (f. K.) 
— Maudach, 185. Febr. Der Fabrikar⸗ 
beiter Jakob Börsther von hier hatte in seiner 
Fastnachtsstimmung gestern Abend einigen Radau 
gemacht und war infolge dessen in dem neben dem