Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wachtzimmer befindlichen Arrestlokal untetgebracht 
worden. Heute Morgen gegen halb 5 Uhr geriet 
die Schütte Stroh, die dem Inhaftierten zum Lager 
diente, auf irgend eine Weise in Brand. Wohl 
wurden die Hilferufe des Börstler schnell gehört 
und wäre derselbe bald aus seiner schrecklichen Lage 
zefreit gewesen, wenn — sich im Waͤchtzimmer 
oder in der Nachbarschaft ein Schlüssel zum Arrest⸗ 
lokal befunden hätte. Es hatte ihn wohl einer 
der Nachtwächter im Besitz; es mußte deshalb mit 
der Axt ein Fenster und eine Thür eingeschlagen 
werden, ehe es gelang, den Bedauernswerthen be—⸗ 
wußtlos und mit schrecklich verbranntem Gesicht zu 
retten! (Pf. K.) 
— Oberweiler im Thal, 15. Februar. 
Pfaälz. Volkszgt.) Gestern reisten die letzten Musikan⸗ 
ten aus unserm Thale nach dem Auslande. Nach 
einer Zusammenstellung sind in den Orten: Jetten⸗ 
zach, Eßweiler, Oberweiler, Hinzweiler, Merzweiler 
ind Hundheim 400 Personen, welche sich jetzt im 
Auslande als Musiker befinden. Wir wünschen 
hnen mehr Glück als in den zwei verflossenen Jahren. 
— Ein großes Unglück ereignete sich auf der 
Rosselsmühle bei Maßweiler. Der Sohn des 
Besitzetss war in Maßweiler auf der Tanzmusik 
and von derselben wahrscheinlich etwas angeheitert 
»der zu spät nach Hause gekommen. Damit der— 
selbe nicht von seinen Eltern gehört werde, ging 
er in den Stall und legte sich zu den Pferden in 
die Krippe. Ein Pferd sah, daß etwas nicht rich⸗ 
tig war und schnüffelte an dem Schläfer herum. 
Der junge Mann schlug nun nach dem Pferde, 
worauf dasselbe nach ihm biß und dabei demselben 
Rase und Wangen gänzlich abriß. Der Verun⸗ 
zlückte wurde von Herrn Dr, Hofmann aus Wall⸗ 
zdalben operirt. 
*— In Bergzabernm erhielten neun Fori⸗ 
bildungsschüler, welche beim Verlassen des Unter⸗ 
ichts um 9 Uhr Abends, auf der Straße ruhe—⸗ 
törenden Lärm verursachten, Strafmandate 
don je 4 Mk. oder 2 Tage Haft. Eine Warnung 
ür ähnlich gesittete Jungen in anderen Städten! 
Dder di⸗ährige patnhe Frühjahrs⸗ 
saatgutmactt. 
Zu dem am 21. und 22. If. Mis. in Speyer 
tattfindenden Frühjahrssaatgutmarkt sind zahlreiche 
Anmeldungen eingelaufen und zwar aus der Pfalz, 
vie aus Oberfranken, Sachsen, Hessen n. s. w. 
Von den hervorragendsten Getreidezuchtern Deutsch⸗ 
lands sind vertreten Heine in Emeisleben, 
Rimpau in Schlanstadt, Fritzssche in Kutzen⸗ 
herg u. A. mit prachtvollen Mustern von Sommer⸗ 
Weizen, Gerste und Hafer. Die Gerstenprämiirung 
dürfte ein ganz außerordentliches Interesse bietem 
da unsere pfälzische Gerste den Kampf mit mäh— 
rischer, ssowakischer, fränkischer, sächsischer und 
cheinhessischer aufzunehmen hat; jedenfalls wird sie 
nn ihren besten Sorten, wenn nicht den ersten, so 
doch einen ehrenvollen Platz behaupten. Wir möch— 
ten. ollen pfälzischen Getreideproduzenten rathen, 
diese Gelegenheit zur eingehenden Belehrung nicht 
zu versäumen. 
Von weiteren Ausstellungsobjekten sei noch er⸗ 
vähnt sehr schoͤner Luzernesamen, Rothklee⸗, Weiß⸗ 
klee⸗, Esparsettesamen, riesige Viktorigerbsen, Feld⸗ 
hohnen, Riesenpferdezahnmais u. s. w. Wie man 
sieht, wird der Saatgutmarkt so viel des Inter⸗ 
essanten bieten, daß auf zahlreiches Erscheinen der 
dandwirthe wohl mit Sicherheit gerechnet werden 
darf. Für Mutwoch, den 21. If. Mis. Nachmit⸗ 
nags ist eine öffentliche Besprechung über das Re⸗ 
ultat der Gerstenprämiirung in Aussicht genommen, 
iber welche eyv. Näheres noch durch das landw. 
Bezirks⸗Comite Speyer bekannt gegeben werden 
wird. 
*Die Katastrophe auf der Grube 
Kreuzgräben. 
Die Nachricht von dem erschütternden 
Unglück auf der banachbarten preußischen Grube 
Kreuzgräben, Berginspektion V zu Sulzbach, 
deren wir gestern erwähnten, hat sich leider nach 
ihrem ganzen Umfange als Wahrheit erwiesen. Das 
Unglück erfolgte am Mittwoch Abend gegen 8 Uhr 
20 Min. Ein dumpfer Schlag erkönte und 
schwarze Rauchwolken strömten zu Tage. Eine 
Kohlenstaub-Explosion, wie angenommen 
wird, war erfolgt und hatte sich über den größten Theil 
der Grubenräume verbreitet. Die Retiungsarbeiten 
wurden sofort in Angriff genommen. Von den 
70 Arbeitern, die am Nachmitlag angefahren waren, 
famen nur 26 mit dem Leben davon. Diesen war 
es noch möglich, sich sogleich nach der Katastrophe 
zu retten. Gestern Vormittag 11 Uhr waren 42 
der Verunglückten leider als Leichen zu Tage ge—⸗ 
fördert; 2 Arbeiter, ohne jeden Zweifel ebenfalls 
sot, konnten bis dahin noch nicht erreicht werden. 
Die maschinellen Betriebseinrichtungen und die 
Schächte der Grube sind unversehrt, die Ventilation 
in den Haupistrecken war unmittelbar nach der 
Explosion wieder normal, die Nebenstrecken indessen 
noch längere Zeit mit Nachschwaden angefüllt. 
Rühmend erwähnt zu werden verdient, daß die 
Beamten der Grube und die Kameraden der vom 
Unglücke betroffenen Arbeiter bei den Rettungs 
arbeiten eine musterhafte Aufopferuug zeigten. 
Ueber den Grubenbau zu Kreuzgräben, den 
Betrieb und die vermuthliche Ursache des schreck⸗ 
ichen Unfalles wird folgendes mitgetheilt. Der 
Brubenbau bewegt fich im Wesentlichen auf einem 
inzigen Flötze und zwar nur auf einer Sohle. 
Die westliche Partie des Flötzes ist abgebaut und 
aicht mehr belegt, die östliche Flötzpartie wurde von 
em Unfalle nicht berührt. Die Entzündung und 
ẽrplosion beschränkten sich auf die mittlere Flötz 
zartie. Schlagende Wetter waren — wenn von 
eltenen Spuren abgesehen wird — bisher auf 
diesem Flötze unbekannt. Trotzdem wurde, weil 
Staubbildungen nicht ausgeschlossen erschienen, aus⸗ 
chließlich mit Sicherheitslampen gearbeitet, war 
pas Schießen im Kohl verboten und wurde Schießen 
m Gestein nur bei Verwendung brisanter Spreng⸗ 
joffe gestattet. Es ist unwahrscheinlich, daß schlagende 
Wetter in nennenswerthem Maße ganz plötzlich aufge⸗ 
treten sein sollten, wohl aber war wie gesagt die 
nittlere Vartie des Flötzes trocken und deshalb zur 
Ztaubbildung geneigt, und darf wohl ziemlich bestimmt 
ingenommen werden, daß es sich im vorliegenden 
Falle um eine Explosion handelt, an welcher Schlag⸗ 
wetter wenig oder gar nicht beteiligt sind, und die 
dielmehr auf den Kohlenstaub zurüdgeführt werden 
nuß. Die Strecken in den Gruben sind durch den 
Unfall mehr oder weniger beschädigt worden, För⸗ 
erschächte, Wetterschächte, Maschinen und Ventilators 
zlieben unverletzt. Der Gang der Ventilators wurde 
zurch den Vorfall nicht unterbrochen; man beschleu— 
nigte denselben, und ist es diesem Umstande zu ver⸗ 
anken, daß die Hilfsmannschaften sofort nach dem 
inglücklichen Vorfalle ihre Thätigkeit in der Grube 
‚eginnen konnten. Die Veranlafssung des Unfalls 
jat bisher nicht ermittelt werden können und besteht 
eider auch, hier wieder wenig Aussicht, dieselbe 
eestzustellen, da alle diejenigen, welche Zeugniß 
iblegen könnten, durch den Unfall dahingerafft 
vorden sind. 
Vermischtes. 
Fe Reichsgerichtserkenntnis. Nicht 
anur Verbrechen sondern auch Vergehen einer Mili— 
ärperson, welche erst nach dem gänzlichen Aus⸗ 
cheiden aus den militärischen Verhältnissen zur 
Sprache kommen, gehören nach einem Urtheil des 
Keichsgerichts ausschließlich vor die Zivilgerichte. 
Kach demselben Urtheil ist das Borgen von Geld 
seitens eines militärischen Vorgesetzten von einem 
Untergebenen ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen 
Vorgesetzten von aus 8S 114 des R.⸗M.St.⸗G.⸗B. 
zu bestrafen, auch wenn kein besonderer Mißbrauch 
der Dienstgewalt dabei mitgewirkt hat. An die 
SZtelle des im Militär⸗-Strafgesetzbuch angedrohten 
jelinden Arrestes tritt bei einer zivilgerichtlichen 
Iburtheilung von Militärstrafthaten die Haftstrafe. 
r München, 183. Februar. Unter der Ueber⸗ 
chrift: Ein neuer Kaspar Hauser, bringen 
die „Münchener Neueste Nachrichten“ folgende 
Nittheilungen: Von geachteter Seite wird uns ein 
uus Pola datirter Brief zur Verfügung gestellt, 
velcher von einer außerordentlich geheimnißvollen 
und interessanten Geschichte erzählt. Die Schrei⸗ 
jerin dieses Briefes ist eine in Pola als Kinder⸗ 
järtnerin lebende Dame; sie erzählt wie folgt: 
„Ende Oktober vorigen Jahres fand man eines 
Morgens ganz nahe bei der Stadt einen jungen 
Menschen bewußtlos liegen, der nur mit einem 
demd und einem Glacehandschuh bekleidet war, 
ieben demselben lag ein Brief. Nachdem ber junge 
Mann zu sich gekommen war, erzählte er, er sei 
Nachts um 12 Uhr mit seinem Onkel auf der 
kisenbahn hier angekommen. Beide seien zu Fuß 
yon der Bahn weggegangen, bis Willy, so heißt der 
unge Mann, bat, er sei so müde, er wolle sich 
etzen, — im nächsten Moment schlief er ein. 
3päter erzählte er, er sei seit seiner Geburt von 
em Onkel eingesperrt gehalten worden, weiß nicht. 
wo er gelebt hat, nur so viel, daß er seit 8 
Abend auf der Reise war, — Freita, de 
wurde er gefunden. Er lam über Stuttgarte 
Augsburg, München, Salzburg. Wirntu 
Agram nach Polu, weiß auch nicht, wie dase 
heißt. — In dem Briefe stand, dies —X 
zleich nach der Geburt „dem Schreiber diesen⸗ 
Diener eines Grafen se, übergeben wongu— 
dem Bedeuten, es müßte verschwinden. ih 
Willy, der noch nicht getauft sei, 21 Jahre da 
gehalten, nun könne er aber sein —S 
Freiheit nicht länger anhören, er bringe ihrllu 
der Stadt, wo seine Mutter früher geledt higm. 
noch lebe. Dieselbe sei Schauspielerin. Eran 
ihm sogar die Kleider weg, damit diese nith 
die Spur führen können, wo Willy gelebt h 
s. w. Nach Willy's Aussage war es ihm 
zut gegangen; er bekam gut zu essen, heit 
Kleider, trank feine Weine. Nun war a hi 
Civilspital untergebracht und verlangte in 
Noth nach einem Geistlichen. Der hiesige 
besuchte ihn und empfahl ihn den nächsten e 
tag der Gemeinde. Willy spricht ganz v 
Deutsch, druckt sich gut aus, kann lesen, un 
cechnen ꝛc., ist sehr bescheiden, linkisch in —* 
Benehmen. Nun erzählt er, der Onkel habe a 
Male vergessen, geschriebene Briefe gleich jite 
ragen; er habe die Adressen gelesen und fige 
nerkt, das war D. P. in München und 
Idressen in Augsburg. Augenblicklich ist Wihm 
Ballneukirchen; aber dort kann er nicht blatg 
Er möchte gein anfangen zu lernen, um sih a 
Stellung zu erringen.“ Soweit der Brief 
nnern wir uns recht, so durchlief die Kunde 
diesem neuen Kaspar Hauser im vorigen ch 
chon die Presse, namentlich die österreichische ich 
zaß damals Aufklärung erfolgt wäre. — 
jelingt es jetzt, von den Angehörigen des m 
Findlings etwas zu erfahren. 
tMünchen, 14. Febr. Das an so 
Finanz Ausschuß der Reichsrathskammer zu r⸗ 
ende Referat über den Etat der Forsis, Jagd· h 
Trift⸗Verwaltung für die 19. Finanz-⸗Periodee 
antragt den Beitritt zu dem Beschluß der Y 
ordnetenlammer. In der Streu⸗Fragei 
sich das Referat dahin, daß die Forstbehoörde u 
Tadel, sondern Anerkennung und Dank vern 
wenn sie das ihr anvertraute kostbare Gut imir 
teresse der Allgemeinheit hütet. 
F Unter den behördlichen Verlobungsanjzi 
in München befindet sich ein Brautpaar d 
zusammen 150 Lebensjahre, nämlich der Bräutin 
80, die Braut 70 Jahre zählt. b 
F 100,000 Mark Geldewinne werden am uli 
sten Montag bei der Dillinger Lotterie ausgesüt 
Die Ziehung findet zu München statt. e 
fHof⸗Gastein, 18. Febr. In dem 
Stunde von Wildbad-Gastein entfernten Böcha' 
ind in Folge des außergewöhnlichen Schnehud 
urchtbare Schneelawinen von den Bergen hach 
zerollt und haben nebst mehreren Heustadeln E 
drei Häuser ganz verschüttet. In dem Haufeel 
alten Böcksteiner Briefträgers Schattauer sut 
dessen Weib und Kinder bei Tische, als siht 
Lawine mit furchtbarer Wucht über das Hn 
stürzte und dasselbe ganz verschüttete. Das V 
und die Kinder wurden durch den Luftdruck url 
den Tisch geschleudert und konnten nachher geut 
werden. 
FRegensburg, 14. Febr. Die Rohgt 
fabrikanten der Oberpfalz beahsichtigen, um 
Rohglaspreise dauernd zu heben, einer Üeberproduh 
»orzubeugen. Zu diesem Zwecke waren ichong! 
Ende Januar die Glasfadrikbesitzer in Fürhh 
ꝛiner Spezialberathung beisammen, ia der fesig 
vurde, daß alle zu bauenden Glasöfen, die bi 
achthafrig waren, nur auf sechs Hafen gebaut wen 
ollen, und daß die im Feuer defindlichen acht 
rigen Glasöfen nach einem kürzeren Betriebe u 
gelöscht und auch auf sechs Hafen reduzirt wen 
ollen. Einige große Firmen würden sich sm 
verpflichten, ihr Waarenlager auf ein ganzes J 
zu sperren, wenn sich sämmtliche Werkbesitzer! 
Rohglasfabrikanten obigen Abmachungen bedinqumß 
los unterwerfen. 
f.So warnoch nir! Rastau, 9. de 
Der hiesige Vorschußverein versendet durch ei 
Anwalt in Karlsruhe eine Aufforderung an 
Gläubiger des verganteten Nachlasses des —8 
nen Zimmermeisters Wilhelm Jaäger in Rast 
worin wörtlich zu lesen ist: „Durch ein Verst 
eines Buchhalters wurde ein Betrag von y⸗