Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jusherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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w 37. — 
ull v 2 2 
Hie Verlängerung des Sozialisten⸗ 
Gesetzes. 
wit großer Mehrheit ist vom Reichstage in 
ner Freitagsfißzung die einfache Verlängerung des 
Wiehenden Sogßialiftengesetzes bis zum 30. Sep⸗ 
Vber 1890 definitiv beschiossen worden and somit 
*denn das Reichsparlament diese ebenso wichtige, 
aufregende Frage für zwei Jahre wieder hinter 
Der Reichstagsbeschluß dedt sich allerdings 
un den ursprunglichen Absichten der Regier⸗ 
J. wonach bekanntlich daß Sozialistengeseß auf 
f̃ Jahre verlaͤngert werden und erhebliche Ver⸗ 
„arfungen erfahren sollte, da aber weder für die 
Lnfjahrige Geitungsdauer noch für die Verscharf ⸗ 
zen eine Mehrheit zu haben war. so mußte fich 
ae Regierung an der einfachen Frneuerung des bis⸗ 
rigen Geseßes auf zwei Jahre genügen lassen, 
lte fie das legtere überhaupt nicht ganz und gar 
Frage stellen. Anderseits sind allerdings auch 
vom Centrum durch den Abgeordneten Dr. 
ndihorst heantragten Milderungsanträge, die in 
Aufhebung des sogenannten kleinen Belagerungs⸗ 
standes gipfelten, abgelehnt worden und jeden ⸗ 
s muß es dem Unmuth hierüber zugeschrieben 
erden, wenn mun das Centrum im Vereine mit 
n Freisinnigen und den tleinen oppofitionellen 
xactionen gegen das Geseßz stimmte. 
Es waren lebhafte, und zum Theil interessante 
qoden, wie z. B. die „Spißel“⸗Affaire, auf⸗ 
eende Verhandlungen, welche der Reichstag auch 
»gmal wieder der nun vorläufig abermals zur 
pledigung gelangten Frage des Sozialistengesetzeß 
dmele. Da diese Angelegenheit im Reichstage 
an oft Gegenstand von Erdrterungen gewejsen ist, 
lonnte es nicht Wunder nehmen, daß die jeßigen 
ebatten über das Sozialistengesetz größtentheils 
jon Bekanntes reproducirten. Indessen fehlte es 
ich an ganz neuen Momenten nicht und ein solches 
urde eben durch die regierungsseitig vorgeschlagenen 
erschärfungen in die Discusion geworfen. Die⸗ 
blbe hat aber von allem Anfang an gezeigt, daß 
* Vertreter der Nation in ihrer überwiegenden 
dehrheit nicht fuür Maßregeln waren, welche nur 
eeignet schienen, neue Verbitterung in weite Volls⸗ 
ceise zu tragen, ohne doch ihren Zweck, die agi⸗ 
ritorischen Berebungen der Umsturzpartei wirlsam 
in unterbinden, gu erfüllen und jedenfalls entspricht 
ilese Haltung des Reichstages nur der boffentlichen 
vdeinung. Dagegen machten es auch die Verhand⸗ 
angen klar, daß die Mehrheit der Vollksvertreter 
we Aufhebung des Sozialiftengeseßeß als eine eben⸗ 
IIs bedentliche Maßregel erachtete und man muß 
gesftehen, daß die Zeit zu einem solchen Schritie 
d nicht da iß, so viel auch immer gegen die 
ageblich vollstandig Nußlofigleit des Ausnahmege⸗ 
bdes gegen die Sozialdemocratie geeifert werden 
. Zreilich arscheinte der Wunsch, dieses Aus⸗ 
qmegeseß gegen einen nicht unbedeutenden Bruch⸗ 
l der deutschen Staatsbuͤrger endlich beseitigt zu 
en, gang derechtigt und erllärlich und es ist ja 
Ich im Reichstage der Gedanke gestreift worden. 
jeder zum gemeinen Recht zurudlehren zu lonnen. 
ie indessen ein solches Geseß, durch weiches auf 
undlage der gewöͤhnlichen Kechtsordnung die Aus⸗ 
mritungen der Sodialdemocratie delamvfi und de⸗ 
bwerden sollen, aussehen und beschaffen sein 
davon. Ichweigt deß Sängers Ooflichleite, 
iat noch Niemand offenbart. Ehe aber über 
a prinzipiellen Punlt in der vorliegenden Frage 
polle Klarheit berricht. werden wix uns t 
Montag, 20. Februar 1888. F 23. Jahrg. 
mit den bestehenden Bestimmungen weiter helfen 
müssen und unter dem Drucke dieser Nothlage ist 
augenscheinlich auch das die einfache Verlangerung 
des Sopialistengesehes aussprechende Vote des Reichs⸗ 
ages erfolgt. 
Ausland. 
Paris, 18. Febr. Der deutsche Botschafter 
Braf Munfier ist wieder hier eingetroffen. 
Der Si. Peiersburger Correspondent der „Daily 
News? erfahrt aus glaubwürdiger Quelle, daß die 
dinesische Regierung die gegenwaͤrtige po⸗ 
itische Lage in Europa scharf verfolgt und ihre 
düsrungen mit großer Emfsigleit betreibt. 
die ganze Mandschurei bildet ein großes militar⸗ 
isches Lager und alle dort angesammelten Truppen 
werden von europäischen Infiructeuren einexercirt 
und find mit den neuesten Gewehren bewaffnet. 
Die amtlichen Beziehungen zwischen Rußland und 
China find ausgezeichnet. Niemand bezweifeit aber 
in St. Petersburg, daß China aus einer europaischen 
Berwickelung Vortheil ziehen und Kuldja und den 
Amur · District zuruckzuerobern versuchen würde. 
Zokale und pfalzische Rachrichten. 
*Si. Inabert- 20. Febr. Geslern Nach⸗ 
miitag wurden zu Sulzbach 16 Opfer des Gruben⸗ 
anglückez zu Kreuzgraben bestattet, indem fie zu⸗ 
sammen in ein Grad gebettet wurden. Eine un⸗ 
deheuere Menschenmenge aus der ganzen Umgegend 
wohnte der Trauerfeierlichkeit bdei. Auch die Vor⸗ 
flandschaft der hiesigen Grube nebsi einer Veriretung 
deri Knappfchaft bestehend aus 30 Mann mit 
einem Steiger, betheiligte sich daraantt 
ur e Suo Ingabert, 20. Februat.is Hert Geh. 
stommerzienrathe Stum meauf Halberger Schloß, 
spendete für die Hinterbliebenen der zu Kreuzgräben 
derunglüdten Bergleute 1000 Mart. J 
1 St. Ingbert, 20. Febr. Bishet waren 
in Bahern eiegraphische Postanweisungen nur 
unter der Bedingung zugelassen. daß sich sowohl 
am Orte der Aufgabe-⸗ wie Besfimmungspoßanstalt 
eine Telegraphensiation befand. Diese Einrichtung 
hat nun insofern eine Aenderung erfahren, als auch 
iegrabhijghe Poftanwesungen dann gugelassen sind,i 
wenn fich am Orie der Aufgabe⸗ und Besstimmungs⸗ 
poftanflait keine Telegraphenstation befindet, vielmehr 
die Beforderung zum Theil durch die Poß zu ge-⸗ 
schehen hat. In solchen Fallen sind außer der 
Hhebuhr sor die Postanweisung, das Telegramme 
ind bie evemuelle Cübeste Uung? noch die Kostenn 
fur die Weiterbeforderung des Ueserweisungstelee 
rammes von der Aufgabepost nach der nachstgenn 
legenen Telegraphenstation, oder von der legten 
Telegraphenfisnon nach der Besimmungspost mit 
zo0 bezw. 60 Pfg. extra gu entrichten. Jum 
Wirkungskreis einer Postanstalt gehört der diesfall⸗ 
ige Landbesteilbezirz, worauf deßhalb besonders aufe 
merksam gemacht wird, weil endlich auch dort⸗ 
9 — Postanweisungen gerichtet werden 
nnen —U —— 324244 4 
r Saqznappach, 18. Febr. Im schwarzen 
Thal hauft sich —* auf Unglück Western sfurzte 
zuf der unteren Giashutie ein Zimmermann beim 
Abbrechen des Getustes dom Dache und fiel dabei 
ieider jg ungludlich, daß et beide Arme brach. Ob 
er auch innere Verlezungen davon getragen hat, 
lonnte bis jegt noch nicht ermittelt werden. 
—Ver Ssitadtrach von Grunsadi hat die 
Festfeiet des 91. Geburtstages unseres Kaisers 
Abt in die Hanv genommen und die Vereine Luͤr 
—XV findet jedoch 
nur statt, wenn in dem Befinden des Kronprinzen 
eine Verschlimmerung eintrin. —E———— 
— Zn Trulden fand dieser Tage eine Ver⸗ 
jammlung der Ortavorfiande der Umgegend satt, 
Im die Riederlafsung eines Arztes zu besprechen. 
Wie der V. I Ferichtet wurde: van Ueberein ⸗ 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen 18. Februar. Die Adgeordneten⸗ 
ammer bewilligie den Etat der indirecten Steuern, 
zarunter die neu eingesetzten 30,000 Mt. für die 
Hrauereiversuchsstation, die Anstellung von Bren⸗ 
ereitechnikern, sowie die Errichtung eines Lehrstuhls 
ur das Gährungsgewerbe an dem Munchener Pols 
sechnikum. 
Frankfurt, 10. Febr. Die Nachrichten aus 
San Remo nehmen eine immer mehr betrübendt 
Fafsfung an. Es ist schwer, sich dem Eindrud 
zu entziehen, als handle es fich um die Vorbereit 
ing auf eine nicht mehr allzuferne Katastrophe 
Auch die an anderer Stelle mitgetheilten Reisedis⸗ 
—X großherzoglich badischen Herrschaften 
zie ungewoͤhnlich srühzeitig im Jahr an der Seite 
des Kaisers sein werden, läßt eine Betrachtung 
ehr ernsten Inhalis zu. Der „Koͤln. Vitg.“ wird 
anterm 18. aus Berlin von einem ‚„außerordent, 
ichen Berichterstatier““ wie folgt geschrieben ; 
Nach einer mir heute zur Verfügung aestellien 
Ditiheilung aus San Remo, für deren Zuver⸗ 
assigkeit mein Gewahrzmann sich verbürgt, ist der 
Zustand des Kronprinzen ein sehr trauriger. Der 
Zranke hat viel zu leiden Die aingeseßte Rohri 
nuß häufig zur Keinigeng berausgenommen werden. 
Fe ist nicht ausgeschiossen, daß die Auflbsungin 
aicht ferner Zeit eintritt.“ 
Derlin, 19. Febr. Ein Telegramm des 
Berl. Tagbi.“ aus San Remo von gestern Abend 
autet: 
Die Aerzte sehen der Enlwickelung der Krank- 
Jeit wahrend der nächsten acht, langstens der näch 
den vierzehn Tage mit großer Spannung entgegen. 
kine Wendung zum Besseren oder Schlimmeren 
nuß unbedingt in dieser Zeit eintreten. Auch die 
veitere Behandlung wird von dem Verlauf ab⸗ 
angen,“ den das sͤriliche Leiden innerhalb diesen 
Periode nehmen wird. Der Kronprinz hat wah⸗ 
rend der lezten Woche unter der Unbehaglichleit 
die durch das Auswerfen deß blutigen Schleimet 
zerursacht wurde, mehr gelitten, als man bisher 
erfuhr. Madenzie hat vom Kronprinzenund der 
xronprinzesfin einen neuen schriftlichen Beweis ihre 
.volltommenen Vertrauens“ empfangen. 
Bom Bundes rathe ist das —A de 
initidv genehmigt worden und duürfte dasselbe in 
wischen auch die kaiserliche Sanction erhalien haben 
Vom Reichssstage ist der freiceonservative 
Autrag auf Aufhebung des Identitäts 
nachweises dei der Getreideausfuhr am Donners 
sag nach langen Verhandlungen an eine besondert 
Tommisfion verwiesen worden. Wahrscheinlich wird 
iber der Antrag in der Commission begraben bleiben 
erstlich gehen hieruber die Anschauungen der Par— 
stien weit auseinander und dann soll auch die Re— 
zierung, obwohl sie sich an der betreffenden Debatl 
nicht betheiligte. entschieden gegen den Antrag sein 
In der Freitagsfizung des preußischen Ab 
rordnetenhaußes wurde ver Geseßentwur 
über die Regulirung der Weichsel und Nogat ir 
erster Lesung, in welcher namentlich die Schwierig 
leit des Koftenpunltes betont wurde, an eine Com 
vission verwiesen.