Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Intheyrter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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W38. 
Dienstag, 21. Februar 1888. 
23. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 18. Fehr. Wie der „A. A.⸗Z.“ 
ufolge aus Abgeordnetenkreisen verlautet, ist der 
uhere Plan, zür Berathung über Abanderung der 
firzischen ypothetenordnung,teinen 
Hesonderen Justizaus schuß zu wählen, der nach Schluß 
desz gegenwaärtigen Landtages in Thaätigkeit treten 
ater dufgegeben worden, da diese Materie im 
FJustizministerium unter Zuziehung von pfalzischen 
Justizbeamten so grundlich bearbeitet wird, daß die 
dildung eines besonderen Ausschusses nicht mehr 
fur nothwendig erachtet wird. Im Sommer soll 
dann der Landtag zur Erledigung dieses Gesetzes 
jund zur Berathung des Militär⸗Etats zu einer 
lurzen Session einberufen werden. 
Muͤnchen, 18. Febr. Der Finanzausschuß 
des Landtags genehmigte heute das Postgebäude 
in Kaiserslautern und die Bauplätze zu 
Postanstalten in Ludwigshafen und Pir— 
masens, reduzirte den Betrag für Kaiserslautern 
jedoch auf 260,000 Mark. 
Muunchen, 19. Februar. Angesichts des 
raschen Tempos in welchem der Kultusetat im Aus- 
schusse und Plenum bisher erledigt worden ist, und 
da nach dem Verlaufe der Ausschußverhandlungen 
eine glatte Durchberathung des dritten Theils des 
ultusetats sowie der Eisenbahnvorlagen im Plenum 
zu erwarten steht, hegt man in parlamentarischen 
reisen die sichere Hoffnung, die gegenwärtige Land⸗ 
agssession in der Woche zwischen Palmsonntag 
md Ostern beendigen zu köͤnnen. Im Mai oder 
Juni wird sich hieran eine Rachsessson schließen, in 
delcher der Militaretat für das zweite Jahr der 
19. Finanzperiode, sowie die in Aussicht stehenden 
Borlagen des Justizministers betr. die pfälzische 
HDypothekenordnung u. A. zur Berathung gelangen 
derden. Dem Vernehmen nach sind die hierauf 
dezüglichen Vorlagen im Justizministerium schon 
aahezu fertig gestellt und werden in Bälde vor das 
Plenum gelangen, so daß noch im nächsten Mo⸗ 
jate an die Auͤsschußberathung derselben geschritten 
werden kann. Die Dauer der Sommersession ist 
zem Vernehmen nach auf 4526 Wochen geplant. 
Berlin, 17. Febr. Vor einigen Tagen ver⸗ 
autete, daß hier eine Conferenz von Reichstags⸗ 
nitgliedern aus verschiedenen Fraktionen stattge⸗ 
unden hätte, um über Maßnahmen gegen den 
Wucher zu berathen. Die Bekampfung des Wuchers 
darf in der That auf die Sympathie der weitesten 
zreise rechnen, wofern sie nicht dem kleinen Manne, 
dem der große Geldmarkt nicht zur Verfügung steht, 
überhaupt die Möglichkeit nimmt, sich Geld zu 
ieihen. Gerade im Interesse der kleinen Leute muß 
deßhalb darauf gehalten werden, daß Maßnahmen 
gegen den Wucher sich in den durch die Rüchsicht 
auf diese Kreise bedingten Grenzen bewegen. Die 
„Magd. Ztg.“ bringt nun die Mittheilung, daß 
als Maßnahme gegen das Treiben der Wucherer 
die Ausdehnung der Konzessionspflicht und des 
Zwanges der Eintragung sammtlicher Geschäfte in 
ein Buch auf die gewerbsmäßigen Geldverleiher in 
nächste Aussicht genommen sei. Leider fügt das 
Blatt nicht hinzu, von wem diese Maßnahme be— 
absichtigt is. Im Uebrigen aber wäre der Vor⸗ 
schlag nicht von der Hand zu weisen, daß die ge⸗ 
werbsmäßigen Geldverleiher einer ähnlichen Controle 
unterworfen würden, wie fie gegenwärtig bereits 
betreffs der Pfandleiher geübt wird. 
Berlin, 20. Febr. Der diesseitige Gesandte 
m München Graf Wert hern hat um Versetzung 
in den Ruhestand nachgesucht, um sich der Ver— 
valtung seiner Güter in Thüringen widmen zu 
vunen. Als Nachfolget desselben soll Graf Kuno 
Ranztau, der Schroiegersohn des Fürsten Reichs⸗ 
janzlers, ausersehen sein. 
Ausland. 
Der in Brüssel erscheinende. „Nord“ bespricht 
—VXRI rck's Rede, jedoch in 
vesentlich unfreundlichem Ton. Das Blatt be⸗ 
weifelt den dauernd beruhigenden Eindruck der 
Ktede. Troz ihres sicherlich günstigen Eindrucks auf 
die maßgebenden russischen Kreise müßten diese 
was mehr als Worte verlangen. Rußland brauche 
in der buigarischen Frage keinen ersten Schritt 
nehr zu thun. Die Gesichtspunkte der ruffischen 
Politik seien volllommen bekannt. Rußland ver⸗ 
ange in Bulgarien kein Protektorat, sondern die 
Zerstellung des Berliner Vertrages. Wenn die 
Friedensliga wit der Entfernung des Coburger und 
der Herstellung der gesetzlichen Ordnung in Sofia 
inverstanden sei, so möge sie sich dem von Ruß⸗ 
and langst begehrten Gesammtvorgehen anschließen. 
Bis dahin müsse Rußland im Dreibund ein Hinder⸗ 
niß fur die Losung der bulgarischen Frage erblicken 
und sich nach einem Gegengewicht in Europa um— 
sehen. Der „Nord' verweist mit Genugthuung 
darauf, daß die Slaven Oesterreichs sich gegen das 
Bündniß mit Deuischland sirauben und eine Ver⸗ 
tandigung Oesterreichs mit Rußland vorziehen. 
Bismarck in San Remo. Es waren 
am 9. Februar kaum einige Stunden vergangen, 
ildem Dre. Braman der Atemnot des deuischen 
Ztonprinzen durch den Luftröhrenschnitt —X 
gemacht, und der hohe Patient gehalten war, sich 
die größte Ruhe aufzuerlegen, da gab schon der 
Zronprinz seinen Aerzten zu verstehen, daß er einen 
Wunsch habe. Die Herren eilten herbei, und der 
Tronprinz schrieb ihnen auf, er wünsche den Wort⸗ 
aut der Rede des Reichskanzlers zu lesen. Dr. 
graman stürzte hinaus und brachte dem Kron⸗ 
drinzen die noch unaufgeschnittenen Blätter. Dieser 
sas die Rede langsam durch und nickte dann mehrere 
Male zufrieden mit dem Kopfe. 
Sti. Petersburg, 19. Febr. Der „Grash⸗ 
danin“, welcher nach seiner neulichen Maßregelung 
nestern plötzlich einen Artikel in deutschfreundlichem 
Sinne brachte, erklärt heute, von jetzt an seine 
ournalistischen Bestrebungen vornehmlich auf die 
Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich zu 
richten, da nach seiner Ansicht nur mit einem 
monarchisch regierten Frankreich ein russisches Bünd⸗ 
niß möglich ist. 
Petersburg, 19. Febr. Das „Journal de 
St. Petersbourg“ reproduzirt die Mittheilungen der 
Correspondance de l'Est“ bezüglich der Verhand⸗ 
ungen in der bulgarischen Frage, ohne jedoch eine 
Berantwortlichkeit fur deren Richtigkeit zu über⸗ 
ehmen; andererseits aber möchte das Journal 
en günstigen Eindruck, welchen die Nachrichten der 
etzten Tage hinsichtlich einer Beruhigung der Ge⸗ 
nuͤther hervorgehracht haben, micht abschwächen. 
Das publizirte neue Wehrgeletz, 
das für jeden betheiligten Bürger von einschneiden⸗ 
her Wichtigkeit ist, lautet wörtlich: 
Artikel J. Der erste Satz des Art. 59 der 
Verfasfsung des Deutschen Reiches vom 16. April 
1871 Gundes⸗Gesetzblatt 1871 Nr. 16) lautet: 
Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, 
n der Regel vom vollendeten zwanzigsten bis zum 
eginnenden achtundzwanzigsten Lebensjahre, dem 
lehenden Heere — und zwar die ersten drei Jahre 
zei den Faͤhnen, die letzten vier Jahre in der Re⸗ 
erbe —. die folgenden fünf Ledensjahre der Land·⸗ 
vehr ersten Aufgebotes und sodann bis zum 31. 
März desjenigen Kalenderjahres, in welchem das 
39. Lebensjahr vollendet wird, der Landwehr zweiten 
ufgebotes an. 
Artikel 2. Erster Abschnitt. Landwehr. 
Z 1. Die Landwehr wird in zwei Aufgebote ein⸗ 
getheilt. 
'8 2. Die Verpflichtung zum Dienst in der 
dandwehr ersten Aufgebots ist von fünf⸗ 
ahriger Dauer. Der Einiritt in die Landwehr 
ersten Aufgebots regeln sich nach den bisher für 
ARe Landwehr giltigen Bestimmungen. Mannschaften 
er Kaballerie, welche sich freiwillig zu einer vier⸗ 
aͤhrigen aktiven Dienstzeit verpflichtet haben, dienen 
n der Landwehr ersten Aufgedots nur drei Jahre. 
g 3. Die Verpflichtung zum Dienst in der 
dandwehr zweiten Aufgebots dauert bis zum 31. 
Marz desjenigen Kalenderjahres, in welchem das 
39. Lebenoͤjahr vollendet wird. 
Fur Dienstpflichtige, welche vor vollendetem 20. 
debensjahre in das Heer eingetreten find, endigt 
die Verpflichtung am 81. März desjenigen Kalen⸗ 
derjahres, in welchem der Diensipflichtige sechs Jahre 
der Landwehr zweiten Aufgebots angehört hat. 
Der Eintriit in die Landwehr zweiten Aufge⸗ 
hott erfolgt a) nach abgeleisteter Dienstpflicht in 
zer Laudwehr ersten Aufgebots, b) fur Ersatzre⸗ 
erbisten, welche geübt haben, nach abgeleisteter Er⸗ 
atzreservepflicht (vergl. 8 15). 
Die Dienstverdältnisse der Landwehr zweiten 
Aufgebois regeln sich nach den für die Landwehr 
ersten Aufgebots giltigen Bestimmungen, jedoch mit 
din im 8 4 vorgesehenen Abweichungen. 
8 4. Für die zur Landwehr zweiten 
Aufgebots gehörigen Personen greifen folgende 
VBergünstigungen statt: 1. Dieselben dürfen im 
Frieden zu Uebungen und Konirolversammlungen 
cht herangezogen werden. 2. Die fuͤr ihre Kon⸗ 
roie erforderlichen Meldungen an die zuständigen 
Militarbehörden können auch durch Familienange- 
jörige erstattet werden. 3. Sie bedürfen außer 
ʒem Falle einer besonderen Anordnung für die Zeit 
ines Krieges oder einer Kriegsgefahr (617 des 
Besetzes vom 1. Juni 1870, Bundes⸗Gesetzb. S. 
355 sowie 8 140 Ziffer 3 des Strafgesetzbuches 
für das deutsche Reich) keiner Erlaubniß zur Aus⸗ 
vanderung, find vielmehr nur verpflichtet, von 
hrer bevorstehenden Auswanderuug der zuständigen 
tilitarbehdrde Anzeige zu machen. Die Unter- 
assung dieser Anzeige unterliegt der im 8 360 des 
Strafgesetzbuches für das deutsche Reich angedrohten 
Strafe. 4. Weisen solche Personen durch Konsulats⸗ 
itteste nach, daß sie in einem außereuropaischen 
dande eine ihren Lebensunterhalt sichernde Stellung 
is Kaufmann, Gewerbetreibender u. s. w. erwor⸗ 
zen haben, so kann der ihnen ertheilte Urlaub bis 
ur Entlassung aus dem Militärverhältnisse und 
nter gleichzeitiger Entbindung von der Plicht zur 
Rückkehr im Falle einer Mobilmachung verlängert 
verden. 
g 85. Die Versetung aus der Landwehr ersten 
Aufgebots bezw. der Ersatzreserve in die Landwehr 
zweüen Aufgebots erfolgt im Frieden bei den 
zächsten auf Erfüllung der betr. Dienstpflicht fol · 
genden Frühjahrs⸗ Kontrollversammlungen. Die⸗ 
enigen Mannschaften, deren Dienstzeit in der Land⸗ 
veht ersten Aufgebots in der Zeit vom 1. April 
dis zum 30. September abläuft, treten bei den 
derbst⸗Kontrolversammlungen des beir. Jahres zur 
Jandwehr zweiten Aufgebots über. Im Kriege