Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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V 45. 
Samstag 3. März 1888. 
23. Jahrg. 
Deutiches Reich. 
Muͤnchen, 29. iFebr. Mehrere Mitglieder 
der Abgeordnetenkammer von der Centrumspartei, 
zwelche gleichzeitig Mitglieder des Reichstages find, 
„haben sich nach Berlin begeben, um an den dort 
Pevorstehen den Verhandlungen über Befähigungs⸗ 
nachweis, Sonntagsruhe ꝛc. theilzunehmen. 
EAbg. Di. Frhr. v. Staufsenberg hat an 
aden Finanzausschuß sein Referat über den Gesetz⸗ 
nswurf, betr. die pfälzischen Eisenbahnen, 
abgelieferi. Der Gesetzentwurf verlangt bekanntlich, 
daß behufs Herstellung verschiedener Erweiterungs⸗ 
und Ergänzungsbauten und Anlagen auf den pfalz. 
»Eisenbahnen, dann behufs Vermehrung und Ver⸗ 
besserung des Fahrmaterials desselben die. Regierung 
ermüchtigt werden soll, für ein Maximalcapital von 
2840 600 Mark einen jaährlichen Zinsertrag von 
4 pCt. zu garantiren. Der Berichterstatter bean ⸗ 
wagt vordehaltlich einiger Anfragen im Allgemeinen 
gustimmung zu dem Gesetzentwurf. 
Berlin, 29. Febr. Nachdem die neuliche 
Meldung von einer beabsichtigten Reise des Kaisers 
nach San Remo dementirt worden ist, taucht jetzt 
in den „höchsten Kreisen“ der Reichshauptstadt die 
Version auf, daß die Kaiserin die Absicht habe, 
nach San Remo zu fahren, und daß bereits der 
Sonderzug für diese Reise vorbereitet werde. 
Berlin, 29. Februar. Zu der diplomatischen 
Attion betreffend Bulgarien außert sich heute der 
Pest. Lloyd“ an leitender Stelle wie folgt: 
„Fürst Bismarck hat das Versprechen, welches 
4 in seiner Rede gegeben, daß nämlich das deutsche 
Reich bereit sein werde, einen diplomatischen Schritt 
des Petersburger Kabinets bei der Pforte zu unter⸗ 
tützen, prompt eingelöst. Ganz ohne Rücksicht auf 
die Stellung, welche die mit Deutschland verbün⸗ 
deten Mächte und England zu der russischen Aktion 
einnehmen, hat er sich der letzteren angeschlossen. 
Das konnte er nicht wohl vermeiden. Denn ohne 
Zweifel war die Anregung, welche der deutsche 
anzler mit seiner Rede gegeben, nicht ohne Ein⸗ 
quß auf die neueste Entschließung der russischen 
Regierung, und so versteht es sich von selbst, daß 
er die praktischen Konsequenzen dieses Faktums nicht 
gnoriren konnte. Daraus ist zunächst ersichtlich, daß das 
Allianzverhältniß zwischen unserer Monarchie und 
dem deutschen Reiche nicht von der Art ist, um wie 
ein Mühlstein an der Aktionsfreiheit der Kabinete 
zu hängen; die prinzipiellen Bedenken, welche 
unsere Monarchie abhielten, die russischen Vor- 
schlage vorbehalllos anzunehmen, haben das deutsche 
Keich nicht verhindert, Hand in Hand mit Ruß—⸗ 
land und Frankreich zu gehen und umgekehri 
wieder hat die Theilnahme Deutschlands an der 
cussischen Demarche unsere Monarchie nicht verhin⸗ 
dert, ihren Bedenken in der Ablehnung des russi⸗ 
chen Schrittes Ausdruck zu geben. Bei alledem 
t aber der Glaube an die innige Gemeinschaft 
wischen Oesterreich Ungarn und Deutschland in der 
oͤffentlichen Meinung nicht im Mindesien erschütteri 
wotden; man hat bei uns niemals den 
Anspruch erhoben, daß die deuische Politik fich 
vollständig in den Dienst unserer Politik flelle“. 
Die nachste Frage ist nun die, was die Pforte 
zu unternehmen gedenke. Es ist nicht wahrschein⸗ 
lich, daß man sich durch die Vorstellungen der drei 
Machte in Konstantinopel auch nur zu keiner diplo⸗ 
matischen Intervention bewogen fühlen werde. Ab⸗ 
gesehen davon, daß die Pforte sich auf den Vor 
wand der mangelnden europuischen Uebereinftim- 
mung zurückziehen kann, so baben die türkischen 
Staatsmänner auch ein gutes Gedächtniß und sie 
verden sich die Thatsache vor Augen halten, daß 
zie Türkei für Rußland bei allen seinen früheren 
uussischen Unternehmungen in Bulgarien einfach nicht 
rissirr hat und man sich ihrer Existenz erst jetzt 
rinnert, da ihr nur das Odium ihrer Hoheits 
echte“ zufällt. Es ist somit alle Aussicht vorhan⸗; 
en, daß die ganze Aktion völlig resultatlos bleibt. 
Was dann? Wird dann Rußland an andere Mit⸗ 
sel appelliren? Die Untersuchung wäre eine 
nußige, denn schwerlich weiß man zur Stunde noch 
in Petersburg selbst, was dann zu thun sei. Aber 
das kann einem Zweifel nicht unterliegen, daß die 
dooperation zwischen dem deutschen Reich und Ruß⸗ 
land nach dem Scheitern der diplomatischen Unter⸗ 
Jehmung ihr Ende erreicht haben muß. Daß Fürst 
gismarck von vornherein mit der Anwendung von 
Zewaltmaßregeln gegen Bulgarien nicht einverftanden 
sn, das hat er in derselben Rede erklärt, in welcher 
ꝛr den Versuch einer friedlichen Lösung zu unter⸗ 
ützen versprach. Aber das Entscheidende ist, daß 
— 
Ansprüche in Bulgarien mit koörzitiven Mitteln 
geliend zu machen, der Konflikt zwischen dieser Macht 
und unserer Monarchie thatsächtlich gegeben wäre. 
In diefem Stadium der Ungelegenheit würde die 
Herschiedenheit der Auffassung und Stellungnahme 
wischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn sofort 
ʒer Uebereinstimmung der Interessen und folglich 
auch des Handelns Platz machen.“ 
Wir haben der Auslassung des ungarischen 
Blattes, das bekanntermaßen zu den Pester 
Regierungskreisen gute Beziehungen hat, deshalb 
Raum gegeben, weil in einer Reihe österreichischer 
Blaätter wieder einmal Versuche gemacht werden, 
die Festigkeit des deutsch⸗österreichischen Bündnisses 
uuf Grund der Haltung Deulschlands dem neuesten 
usfischen Schritte gegenüber, anzuzweifeln. — 
An einen schnellen Fortgang der diplomatischen 
üktion Rußlands in der bulgarischen Frage scheint 
jegenwärtig in Petersburg nicht gedacht zu werden, 
venigstens deutet die Thatsache, daß der russische 
gotschafter am Wiener Hofe. Lobanow, auf längere 
Zeit nach Petersburg auf Urlaub geht, nicht auf 
ein eiliges Betreiben der Angelegenheit. 
Berlin, 1. Maärz. Professor v. Bergmann 
yerbleibt auf Befehl des Kaisers in San Remo 
ais zur Ankunft des Prinzen Wilhelm, der 
jeute früh halb 2 Uhr von Karlsruhe dorthin ab— 
Jereist ist. 
34,409 Mk. bezahlt. Die meisten Mitglieder (230) 
ahlt der Kompagniebezirk Niederbayern, die wenig⸗ 
den der Kompagniebezitk Pfalz, namlich 112 Mann. 
— In Hambach hat am Dienstag Vor⸗ 
nitiag die Beerdigung des ermordeten Rentners 
3 raf stattgefunden. 
— Reustadt, 1. März. In der Ange- 
egenheit des Hambacher Raubwordes 
iud gestern zwei weitere Verhaftungen erfolgt, 
amlich diejenige des Schreiners Mink und des 
Winzers Franz Peter Mohr. Die beiden wurden 
im gestrigen Äbend im Stadthaussaal einem Ver- 
jör unterworfen und alsdann geschlossen in das 
defängniß des Amisgerichts verbracht. In den 
dleidern des Erstgenannten sollen sich Blutspuren 
jefunden haben, was der Betreffende damit zu er⸗ 
laͤren sucht, daß er im Hause Stallhasen und 
Tauben geschlachtet habe und die Blutspuren davon 
jerrühren. B.⸗Ztg.) 
— Neustadt, 29. Febr. Die am vergangenen 
Sonntag dahier abgehaltene Hauptversammlung der 
ofälzischen Renn und Reitervereins hat beschlossen, 
das diesjährige Haßlocher Pferderennen 
am 10. Mai (Ehristihimmelfahrtstag) stattfinden 
zu lassen. 
Speyer, 27. Febrt. Die Schultzz'sche 
Bierbrauerei dahier hat dem Vernehmen nach in 
Mannheim ein Lokal für 78,000 Mark erworben, 
um daselbst eine Wirthschaft zu errichten. 
— Spehyer, 29. Februar. Der katholischen 
dirchengemeinde Ottersheim, kgl. Bezirksamts 
irchheimbolanden, wurde zur Aufbringung der 
Mitiel zum Neubau eine Collecte in sämmtlichen 
atholischen Kirchen der Pfalz bewilligt. Zu deren 
Bornahme wurde der von kgl. Regierung im 
Finverständniß mit dem bischöflichen Ordinariat 
Speyer der erste Osterfeiertag (1. Aprilel. J.) 
destimmt. 
— Speyer. Von unterrichteter Seite wird 
mitgetheilt, daß gegenwürtig wieder Aussicht auf 
Annahme von Eleven für den ärarialischen Forst- 
ind Jagdschutzdienst unter den vorgeschriebenen Be⸗ 
diagungen — Finanz⸗Ministerialblatt 1869, S. 
136 und 1878 S. 140 — und unter Vorbehalt 
der späteren Ueberweisung an eine Walddauschule 
desteht. 
— Vom Rheine, 27. Febr. Unter den 
ielen in neuerer Zeit aufgetauchten Bahnprojekten 
cheint eines von besonderer Wichtigkeit zu werden, 
naͤmlich das Straßenbahnprojekt rechts der Queich 
— Landau⸗Queichheim ⸗Offenbach⸗Ottersheim⸗Knit⸗ 
elsheimBellheim. Wie der „L. A.“ vernommen, 
zat sich in Bellheim ein Ausschuß gebildet, diese 
dinie zum Gegenstande besonderer Verbandlungen 
zu machen. 
— Ludwigshafen, 1. März. (G. A.) 
kin Konsortium Stuttgarter Herren hat in der 
Nähe des Rangierbahnhofes ein Gelände von ca. 
5 Morgen erworben, um darauf eine Maschin e u⸗ 
faberit zu errichten. Der Betrieb der Fabrik soll 
borlaufig für etwa 100 Arbeiter eingerichtet werden. 
Mit dem Bau der Fabrikräume ꝛc. kann aber ersi 
dann begonnen werden, wenn das Alignement in 
der Nähe des Rangirbahnhofes genehmigt ist. 
— Für Ludwigshafen soll die Gründ⸗ 
ung einer zweiten Aktienbrauerei in Vorbereit⸗ 
ung sein. 
— In Altleiningen, Höningen und 
Hertlingsharusen grassirt nach der „Gr. 8.“ 
zur Zeit der Thyep hus in schredlicher Weise. Fa 
Ausland. 
In Rußland fieht man nicht ohne Sorgen 
ver Wiederkehr des verhängnißvollen 18. März, 
»es Todestages Alexander's V., entgegen, der im 
»origen Jahre bekanntlich von einer Verschwörer⸗ 
zande zur Ausführung eines noch glücklich verhin⸗ 
zerten Attentats ausersehen worden war. Obgleich 
»ine besonderen beunruhigenden Ursachen vorliegen, 
cheint die rusfische Polizei am 18. März neue 
erroristische Kundgebungen zu befürchten. Es 
verden sogleich außerordentliche Vorfichtmaßregeln 
letroffen. Hundeite von Geheimpolizisten bewachen 
zereits nicht nur den Newski-Prospekt, sondern alle 
n denselben ausmündenden Querstraßen. Der 
Bol'zei sind große Geldmittel überwiesen worden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Aus dem Jahresbericht des Sterbe⸗ 
assenvereins der bayer. Gendarmerie⸗ 
Mannschaft ist zu entnehmen, daß der Verein 
jur Zeit 1685 Mitglieder zählt. Für 22 während 
des letzten Jahres eingetretene Sterbfälle wurden