Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er ‚Et⸗ Jugberter anzag erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Dontrersꝛag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöoͤchentlich mit Unter haltunge⸗ 
I n Sonmags mit, achtseitiger illustrirter Bobi e sse vicriehahrüch T A 60 4 enschließlich Taagerlohn; durg die Post bezogen 14 75 3 einschließlich 
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7 5 23. Jahrg. 
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St. Ingbert, 9. März 1388. 
*Die Nachricht von dem gestern Abend 524 
tht erfolgten Ableben Seiner Majestät des 
deutschen Kaisers Wilhelm, auch von uns 
*ʒ jcute Vormittag in einem Extra⸗Blatt mitgeteilt, 
Zzhen fich nicht bestätigt. Nach neuern Berichten 
hatle sich das Befinden des Kaisers gegen 
37 Uhr gestern Abend sogar etwas gebessert, 
zndem der hohe Herr ab und zu etwas Wein 
„ und flüssige Nahrung zu sich nahm, ja mit der 
Großherzogin von Baden einige Worte 
zðäwechselte. Die Besserung war leider jedoch nur 
eine scheinbare. 
3 Laut einem uns soeben aus 
ZBerlin zugegangenen Telegramm 
Fist Kaiser Wilhelm heute früh um 
halb 9 Uhr gestorben! 
Wir lassen nachslehend noch einige Nachrichten 
ver das Unwohlsein Sr. Majestät des Kaisers 
Agen: 
Werlin, 8. März. (12.55 N.) Im Laufe des 
zormittags scheint eine Verschlimmerung einge⸗ 
reten zu fein, jetzt eben werden wieder die größten 
gesorgnisse gehegt. 
Berlin, 8. März. (1.15 N.) Das Befinden 
jat sich verschlechtert, der Kaiser ist theilnahms⸗ 
os. Die Generalität versammelt sich im Palais, 
ie Truppen sind in den Kasernen consignirt. 
p Berlin, 8. März. (233N) Der Kaiser 
ist besonders am letzten Sonntag in bewegter 
— gewesen und sprach thränenden Auges 
wvon der Sehnsucht, den einzigen Sohn nochmals 
azu sehen. — Hofprediger Koegel ist so— 
eben zum Kaiser berufen. 
iAus den anderweit vorliegenden Berichten ist 
a nur wenig nachzutragen. Vom gestrigen Tag 
erfährt man, daß der Kaiser gegen 3 Uhr Nach— 
nittags nicht etwa aus dem todesähnlichen 
Schlummer erwachte, sondern durch die Kunst 
wder Aerzte geweckt wurde. Der Kaiser hatte 
u wenig Schmerzen; sein Herzschlag war schwach, 
doch konnte er Nachmittags wiederholt Bouillon 
ind Selterswasser zu sich nehmen, wodurch die 
huleit der Organe wieder etwas gehoben 
vurde. 
Nachmittags 4 Uhr 5 Min. Kurz vor 2 
lihr waren die Kaiserin und die Großherzogin 
»on Baden beim Kaiser, um 2. Uhr empfing 
daiser Wilhelm den Fürsten Bismarck und 
prach mit demselben. Das Befinden des Kaisers 
ist unverändert. Fürst Bismarck verließ um 28*4 
Uhr das Kaiserpalais. 
4 Uhr 55, Min. Nachm. Das Leiden des 
daisers hat sich verschlimmert und wird die 
Katastrophe als unmittelbar bevorstehend ange— 
sehen. Der Kronprinz ist von Berlin aus auf— 
gefordert worden, sich zur Heimreise bereit zu 
halten; derselbe soll angeblich heute schon von 
„an Remo abgereist sein. 
5Uhr 36 M. Der Kaiser liegt im Sterben. 
(Aus meinem Extrablatt wiederholt.) 
Deutsches Reich. 
München, 7. März. Der Finanzausschuß 
jenehmigte in Gegenwart des Herrn Direktors La⸗ 
»ale von Ludwigshafen den Gesetzentwurf über die 
Erweiterungs- und Ergänzungsbauten dir Pfäl⸗ 
aschen Eisenbahnen nebst Einrichtung der Schnell⸗ 
remsen und Gasbeleuchtung der Wagen. 
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Berlin, 7. März. Man war es in den 
letzten Jahren gewohnt, jeder Nachricht über eine 
Veränderung in dem Befinden des Kaisers, bei 
ʒem hohen Alter des Monarchen, mit einer gewissen 
geuntuhigung entgegenzusehen. Die Ereignisse der 
etzten Zeit aber: die trostlose Wendung, welche das 
Zeaͤden des Kronprinzen genommen und der überaus 
raurige Todesfall, welcher das badische Furstenhaus 
ind damit unmittelbar die taiserliche Familie be⸗ 
roffen hat, sind so tief trauriger Art, daß man 
etzi mehr als je für den Zustand des allverehrten 
Ronarchen fürchtete und mit doppelter Spannung 
eder Naͤchricht aus dem kaiserlichen Palais ent 
zegensah. Leider haben die Befürchtungen eine 
ingeahnt ernste Gegenständlichkeit gewonnen. Schon 
zestern war man in eingeweihteren Kreisen darüber 
interrichtet, daß diesmal der Krankheitszustand des 
daisers ernsterer Natur und nicht ohne Besorgniß 
ei. Heute früh wurde diese Annahme leider 
auch weiteren Kreisen zur Gewißheit. Nach den 
Jeutigen Nachrichten kann es keinem Zweifel mehr 
interliegen, daß wir vor einer sehr ernsten Mög⸗ 
ichkeit stehen. Ist auch die Hoffnung, welche nur 
zu gern noch einen Anhaltspunkt sucht, noch nicht 
Jänzlich geschwunden, weil man ja aus Erfahrung 
weiß, daß die gute Natur des hohen Herrn immer 
wvieder über die Beschwerlichkeiten des Alters gesiegt 
jat, so ist man diesmal doch um so besorgter, weil 
in Berfall der Kräfte bei dem greisen Monar⸗ 
hen eingetreten ist, der das Schlimmste befürchten läßt. 
der Kaiser hat seit der Nacht nichts mehr zu sich 
jenommen und ist in einem lethargischen, schlaf— 
ihnlichen Zustande ..... Die Aufregung ist 
ingeheuer. Ganz Berlin fühlt und denkt nichts 
mderes, als was auf den kaiserlichen Herrn Bezug 
hjat. Große Massen strömen auf das kaiserliche 
Palais zu und umsiehen dasselbe zu Tausenden, 
im auf Nachricht aus demselben zu warten, und 
der Teiegraph ist in fieberhafter Thätigkeit. Die 
dage ist ernst und die gesammte Bevölkerung ist 
ich dieses Ernstes im vollsten Maße bewußt. Dop⸗ 
peit schmerzlich empfindet sie in dem gegewärtigen 
Augenblide, daß der Kronprinz krank in der Ferne 
weilt. 
Berlin, 7. März. Die heute erschienene 
Klinische Wochenschrift“ betont gegenüber dem 
etzten Bericht des „Reichsanzeigers“ über das Be⸗ 
inden des Kronprinzen, daß die deutsche Fach— 
resse seit Virchow s erstem Gutachten die Besprech⸗ 
ing der Krankheit des Kronprinzen vermieden habe, 
ind spricht den Wunsch aus, daß auch die übrige 
Zresse sich von jetzt ab Zurückhaltung auferlege. 
Berlin, 8. März. Das Abgeordnetenhaus 
jat soeben im Hinblick auf die schweren Event— 
talitäten, denen wir entgegengehen könnten, auf 
den Antrag des Abg. Rauchhaupt seine Sitzung 
bertagt. 
Berlin, 8. März, 10 Uhr 50 Vorm. Das 
Reichsgesetzblatt“ und die Gesetzessammlung bringen 
inen kaiserlichen Etlaß vom 17. November 1887, 
etreffs die Beauftragung des Prinzen Wilhelm mit 
»er Stellvertretung des Kaisers und Königs in den 
aufenden Regierungsgeschäften. 
Berlin, 8. März. (11.30 V.) Das Reichs« 
jesetzplatt und die Gesetzsammlung veröffentlichen 
olgenden Allerhöchsten Erlaß: 
In Betracht der Wechselfälle Meiner Gesund⸗ 
jeit, welche Mich vorübergehend zur Enthaltung 
on Geschäften nöthigen, und in Betracht der 
zrankheit und verlängerten Abwesenheit Meines 
Sohnes, des Kronprinzen, beauftrage Ich Euere 
ꝛonigliche Hoheit in allen Fällen, wo Ich einer 
Bertrelung in den laufenden Regierungsgeschäften 
ind namentlich in der Unterzeichnung von Ordres 
zu bedürfen glauben werde, mit dieser Vertretung, 
Ihne daß es für die einzelnen Fälle einer jedes⸗ 
maligen, besonderen Ordre bedaff. 
Berlhin, 17. November. 1887. 
Wilhem. Bismarck. 
An des Prinzen Wilhelm Königliche Hoheit. 
Berlin, 8. Marz. 12 Uhr 85 Min. Der 
dronprinz wird hier erwartet. Die 
Borbereitungen für seine Hierherkunft werden ge⸗ 
roffen. Ein Theil der Aerzte wird schon heute 
von San Remo abreisen. 
Berlin, 8. Marz. 3 Uhr Nachm. Die 
Budgelcommission des Reichstages hat den Nach⸗ 
rags; Etat (strategische Bahnen) mit allen gegen 
ine Stimme genehmigt. 
Berlin, 4 Uhr 50 Min. Nachm. Der 
dronprinz ist noch nicht von San Remo ab⸗ 
gereist. Das Befinden soll weniger gut sein in⸗ 
'olge einer neuen Schwellung. (Fr. Ztg.) 
Berlin, 8. März. Um 5 Uhr 55 Min. 
wurde die kaiserliche Fahne vom Palais abgenommen. 
Der „Reichsanzeiger“ publizirt einen Erlaß 
vegen Aufnahme einer Anleihe in Höhe der 
»ewilligten Mittel für Zwecke des Reichssheeres im 
Betrage von 278,335,562 Mark. 
Ausland. 
Wien, 7. März. Das „Fremdenblatt“ 
hreibt: In französischen Zeitungen wird seit einiger 
zeit in tendenziöser Absicht die auch in hiefigen 
zlätiern aufgetauchte Nachricht verbreitet, daß so— 
vohl Oesterreich-Ungarn als Deutschland geheime 
Abmachungen mit Italien bezüglich der Stellung 
des Papsies getroffen hätten. Es liegen zwar 
nehrfach autoritative Aeußerungen über die zwischen 
Italien. Ocsterreich Ungarn und Deutschland be— 
ehenden Vereinbarungen vor, welche jedoch als 
Ziel der letzteren ausschließlich die Erhaltung des 
Friedens und die Abwehr eines auswärtigen An⸗ 
zriffes bezeichnen, daher die Anahme, daß die Be⸗ 
iehungen Jialiens zum Vatican in den fraglichen 
Vereinbarungen irgend wie berührt worden wären, als 
unbegründet bezeichnet werden muß. Gleichwohl halten 
wir für nothwendig, auf Grund authentischer In⸗ 
formation, jene offenbar mit bestimmter Absicht aus⸗ 
Jestreuten Gerüchte ausdrücklich als völlig aus der 
Luft gegriffen zu bezeichnen. 
Wien, 7. März. Die meisten Blätter sprechen 
die Ansicht aus, daß das Einschreiten der Pforte 
in Sofia einen Erfolg haben werde. Ein von der hie⸗ 
igen russischen Boischaft ausgehendes Gerücht will 
wissen, eine Machtshabe Rußland den Prinzen Alexander 
von Battenberg als Candidaten für den bulgarischen 
Thron vorgeschlagen. (9) 
Rom, 8. März. Die von Crispi in der 
Kammer verlesenen Telegramme des Fürsten Bis⸗ 
marck lauten: „Das gestrige Votum der italien⸗ 
schen Kammer wegen der Wiederherstellung der 
Hesundheit des Kronprinzen sowie die hierbei 
bon Ew. Excellenz gesprochenen beredten Worte 
werden überall in Deuischland einen tiefen sym- 
vathischen Eindruck hervorrufen. Diese edle Kund⸗ 
gebung, die in unseren, gegenwärtig von schmerz- 
sichen Besorgnissen erfüllten Herzen Wiederdall fins 
dei, beweist zugleich, daß die Freundschaft der beiden 
Länder, wenn auch aus der Gemeinsamkeit der In⸗ 
eressen ihrer Regierungen hervorgehend, doch auf 
der festen. dauerhaften Grundlage der Sympathie