St. Ingherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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—J Proclamation Kaiser Friedrichs
an das deutsche Volk.
ind a Aus seinem glorreichen Leben schied der Kaiser.
In dem vielgeliebten Vater, den ich beweine, und
uim den mit mir mein koͤnigliches Haus in tiefstem
Schmerz trauert, verlor Preußens Volk seinen ruhm⸗
geltonten Konig, die deutsche Nation den Gründer
hter Einigung, das wieder erstandene Reich den
an erften deutschen Kaiser! Unzertrennlich wird sein
hehter Name verbunden bleiben mit aller Größe
ts deutschen Vaterlandes, in dessen Neubegründung
je ausdauernde Arbeit von Preußens Volk und
Futsten ihren schönsten Lohn gefunden hat. Indem
dönig Wilhelm mit nie ermüdender landesväter⸗
icher Fürsorge das preußische Heer auf die Hoͤhe
jeines ernsten Berufes erhob, legte er den sicheren
Grund zu den unter seiner Führung errungenen
Siegen der deutschen Waffen, aus denen die nationalt
Einigung hervorging. Er sicherte dadurch dem
Reich eine Machtstellung, wie sie bis dahin jedes
deutsche Herz ersehnt, aber kaum zu erhoffen gewagt
hatte, und was er in heißem opfervollen Kampfe
seinem Volk errungen, das war ihm beschieden,
durch lange Friedensatbeit mühevoller Regierungs⸗
ahre zu befestigen und segensreich zu fördern
Sicher in seiner eigenen Kraft ruhend, steht Deutsch⸗
land geachtet im Rathe der Voöͤlker und begehrt nur,
des Gewonnenen in friedlicher Entwickelung froh zu
werden. Daß dem so ist, verdanken wir Kaiser
Wilhelm, seiner nie wankenden Pflichttreue, seiner
unablaässigen nur dem Wohl des Vaterlandes ge⸗
vidmeten Thätigkeit, gestützt auf die von dem
preußischen Volk unwandelbar bewiesene und von
allen deutschen Stämmen getheilte opferfreudige
hingebung. Auf mich find nunmehr alle Rechte
aund Pflichten übergegangen, die mit der Krone
meines Hauses verbunden sind, und welche ich in der
Zeit, die nach Gottes Willen meiner Regierung
deschieden sein mag, getreulich wahrzunehmen ent⸗
chlossen bin. Durchdrungen von der Großße meiner
ALufgabe, wird es mein ganzes Bestreben sein, das
Werk in dem Sinne fortzusühren, in dem es be⸗
gründet wurde, Dutschland zu einem Horte des
Friedens zu machen und in Uebereinstimmung mit
den verbündeten Regierungen, sowie mit den ver⸗
affungsmähigen Organen des Reiches wie Preußens
die Wohlfahrt des deutschen Landes zu pflegen.
Meinem getreuen Volke, das durch eine Jahrhunderte
lange Geschichte in guten wie schweren Tagen zu
meinem Hause gestanden, bringe ich mein rückhalt⸗
gloses Vertrauen entgegen. Denn ich bin überzeugt,
daß auf dem Grunde der untrennbaten Verbindung
don Fürst und Volk, welche, unabhängig von jeg
licher Veränderung im Staatenleben, das unver⸗
Jänglicht Erbe des Hohenzollernstammes bildet,
,meine Krone allezeit ebenso sicher ruht, wie das Ge.
deihen des Landes, zu dessen Regierung ich nun⸗
meht betufen bin, uod dem ich gelobe, ein gerechter,
und in Freud' wie Leid ein treuer Konig zu sein.
Bott wolle mir seinen Segen und Kraft zu diesem
Werk geben, dem fortan mein Leden geweiht ist!“
Berlin, den 12. Marz 1888.
Friedrich II.
—
Erlaß Kaiser Friedrichs an den
Reichskanzler Fürsten Bismarck.
Mein lieber Fürst! Bei dem Antritt meiner
Kegierung ist es mir ein Bedürfniß, mich au Si—
Donnerstag, 18. März 1888. 23. Jahrg ·
den langjahrigen vielbewährten ersten Diener meines
in Goti ruhenden Herrn Vaters zu wenden. Sie
find der treue und muthvolle Rathgeber gewesen,
der den Zielen seiner Politik die Form gegeben
und deren erfolgreiche Durchführung gesichert hat.
Ihnen bin ich und bleibt mein Haus zu wärmstem
Dank verpflichtet, Sie haben daher ein Recht vor
allen Anderen, zu wissen, welches die Gesichtspunkte
find, die für die Haliung meiner Regierung maß
gebend sein sollen. Die Verfassungs- und Rechts
ordnungen des Reiches und Preußens müssen vor
Allem in der Ehrfurcht- und in den Sittender
Nation sich befestigen. Es sind daher die Erschüt⸗
jerungen möͤglichst zu vermeiden, welche ein häu⸗
figer Wechsel der Staatseinrichtungen und Gesetz
beranlaßt. Die Förderung der Aufgaben der Keichs⸗
regierung muß die festen Grundlagen unberühr!
jassen, auf denen bisher der preußische Staat sicher
geruht hat. Im Reiche sind die verfassungsmäßigen
Rtechte aller verdündeten Regierungen eben so ge⸗
wissenhaft zu achten, wie die des Reichstags; aber
von beiden ist eine gleiche Achtung der Rechte des
aisers zu erheischen. Dabei ist am: Auge zu be⸗
halten, daß diese gegenseitigen Rechte nur zur Heb
ung der oͤffentlichen Wohlfahrt dienen sollen, welche
das oberste Gesetz bleibt, und daß neu hervortreten ⸗
den, unzweifelhaften nationalen Bedürfnissen stet?
in vollem Maße Genüge geleistet werden mässe.
Die vothwendigste und sicherste Bürgschaft für die
ungestorte Förderung dieser Aufgaben sehe ich in
der ungeschwächten Erhaltung der Wehrkraft des
Landes: meines erprobten Heeres und der auf-
blühenden Marine, der durch Gewinnung übersee
ischer Besitzungen ernste Pflichten erwachsen find.
Beide müssen jederzeit auf derjenigen Hohe der
Ausbildung und Vollendung der Organisation er—
halten werden, welche deren Ruhm begründet haben
und deren fernere Leistungsfähigkeit sichern. Ich
din entschlossen, im Reiche und in Preußen die
Regierung in gewissenhafter Beobachtung der Be⸗
Bestimmungen der Reichs- und Landesverfassungen
zu führen. Dieselben find von meinem Vorfahren
auf dem Throne in weiser Erkenniniß der unab⸗
veisbaren Bedurfnisse und zu lösenden schwierigen
Aufgaben des gesellschaftlichen und staatlichen Lebens
hdegründet worden und müssen allseitig geachtet
verden, um ihre Kraft und segensreiche Wirksam⸗
leit bethätigen zu können. Ich will,, daß der seit
Jahrhunderten in meinem Hause heilig gehaltene
Brundsatz religibser Duldung auch ferner allen
neinen Unterthanen — welcher Religionsgemein⸗
ichaft und welchem Bekenntnisse sie auch angehöten
— zum Schutze gereiche! Ein Jeglicher unter
ihnen steht meinem Herzen gleich nahe! Haben
doch alle gleichmäßig in den Tagen der Gefahr
ihre volle Hingebung bewährt. Einig mit den An—⸗
chauungen meines kaiserlichen Herrn Vaters, werd⸗
ich warm alle Bestrebungen unterstützen, welche ge⸗
eignet sind, das wirthschaftliche Gedeihen der ver
schiedenen Gesellschaftsklassen zu heben, die wider⸗
ttreitenden Interessen derselben zu versöhnen und
unvermeidliche Mißstände nach Kräften zu mildern,
ohne doch die Erwartung hervorzurufen, als ob es
möglich sei, durch Eingreifen des Staates allen
Uebeln der Gesellschaft ein Ende zu machen. Mit
den socialen Fragen eng verbunden, erachte ich die
der Erziehung der heranwachsenden Jugend zuge⸗
wandte Pflege. Es muß einerseits eine hoͤhert
Bildung immer weiteren Kreisen zugänglich gemacht
werden, dabei aber ist doch zu vermeiden, daß durch
Halbbildung ernste Gefahren geschaffen und Lebens⸗
anspruche gewedt werden, denen die wirthschaftlichen
rafte der Nation nicht genügen konnen, oder daß
durch einseitige Erstrebung vermehrten Wissens die
erziehliche Aufgabe unberuücsichtigt bleibe. Nur ein
auf der gesunden Grundlage von Goitesfurcht in
einfacher Sitie aufwachsendes Geschlecht wird hin—
reichend Widerstandskraft besitzen, die Gefahren zu
berwinden, welche in einer Zeit rascher wirth⸗
chaftlicher Bewegung, durch die Beispiele hochge⸗
teigerter Lebenssuhrung Einzelner, für die Gesammt⸗
heit erwachsen. Es ist mein Wille, daß leine Ge⸗
legenheit⸗ versäumt· werde in dem ffentlichen Dienste
hahin einzuwirken, daß der Versuchung zu unver-
Jältnißmäßigem Aufwande entgegentreten werde.
Jedem Vorschlag finanzieller Reformen ist eine vor⸗
urtheilsfreie Etwägung im Voraus gesichert, wenn
nicht die in Pteußen altbewährte Sparsamkeit die
Auflegung neuer Lasten umgehen und eine Erleich⸗
erung der bisherigen Anforderungen herbeiführen
aht. Die den groͤßeren und kleineren Verbänden
im Staate verliehene Selbstverwaltung halte ich
für ersprießlich. Dagegen stelle ich es zur Prüf⸗
ung, ob nicht das diesen Verbünden gewährte Recht
der Steuerauflagen, welches von ihnen ohne hin⸗
reichende Rüchsicht auf die gleichzeitig von Reich
und Staat ausgehende- Belastung geübt wird, den
Finzelnen unverhältnißmäßig beschweren kann. In
gleicher Weise wird zu erwägen sein, ob nicht in
der Gliederung der Behörden eine vereinfachende
Aenderung zulässig erscheint, in welcher die Ver⸗
minderung der Zahl der Angestellten eine Erhöh⸗
ung ihrer Bezüge ermöglichen würde. Gelingt es,
die Grundlagen des staatlichen und gesellschaftlichen
Lebens kräftig zu erhalten, so wird es mir zu be⸗
sonderer Genugthuung gereichen, die Blüthe, welche
deutsche Kunst und Wissenschaft in so reichem Maße
zeigt, zu voller Entfaltung zu bringen. Zur Ver⸗
wirklichung dieser meiner Absichten rechne ich auf
Ihre so oft bewiesene Hingebung und auf die Un⸗
ierstützung Ihrer bewährten Erfahrung. Möge es
mir beschieden sein, dergestalt unter dem einmüthigen
Zusammenwirken der Reichsorgane, der hingeben⸗
den Thätigkeit der Volksvertretung, wie aller Be⸗
hörden, und durch vertrauensvolle Mitarbeit sämmt ˖
licher· Classen der Bevölkerung Deuischland und
Preußen zu neuen Ehren in friedlicher Entwickelung
zu führen! Unbekümmert um den Glanz ruhm-
bringender Großthaten, werde ich zufrieden sein,
wenn dereinst von meiner Regierung gesagt werden
kann, fie sei meinem Volke wohlthätig, meinem
Lande nützlich und dem Reiche ein Segen gewesen.
Berlin, den 12. Maärz 1888.
Ahr mobla⸗neiater KCriedrich III.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 11. Maͤrz. Laut höchster Ent ⸗
jchließung vom 10. ds. hat Seine kgl. Hoheit
Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser,
anzuordnen geruht, daß aus Anlaß des höchst be⸗
rübenden Ablebens Seiner Majestät des deutschen
Zaisers in der protestantischen Kirche zu München
ein Trauergottesdienst abgehalten werde, bei welchem
die theilnehmenden Hof und Staatsdiener in Uniform
zu erscheinen haben. Auch wurde den k. Kreis—
—EV —
dienste veranstaltet werden wollen, dieselben zu ge⸗
tatten und die Beamten zu ermächtigen, in Uniform
hnen beizuwohnen. Das kgl. Oberkonsistsrium hat
die protestuntischen Gemeinden des diesseitigen
Bayerns zur gleichzeitigen Vornahme dieser Gottes⸗
dienste aufgefordert und für dieselbe, um die vor—