Full text: St. Ingberter Anzeiger

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5270 —z. 
SIl. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Et⸗ Zugetgter argage erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sounntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
un imnd Sonntags mit achtseitiger illustrirter Velage Das Blait lofiel vierteljährlich J A 60 45 anschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1475 3 einschließlich 
Zustellungsgebuhr. Die Einruͤckungsgebühr fur die Igespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 4, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 15 —0, Reklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
VW 60. 
Zamstag, 24. März 1888. 
23. Jahrg. 
Winladung zur Bestellung auf den 
„St. Ingberter Anzeiger. 
WVom 1. April 1888 an wird der St. Ing— 
Herier Anzeiger tügl ich erscheinen mit Aus 
nahme der Sonn⸗ und Feiertage. Neben dem 
dmal wöchentlich beigefügten Unterhaltungsblatt und 
der bisherigen Sonntagebeilage werden wir den 
Abonnenten des Anzeigers ein weiteres 8 Seiten 
umfassendes illustrirtes Sountagsblatt „Gute 
weister“ zuweisen, welches außer vorzüglichen 
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nielet. 
Durch Unterstützung gediegener Kräfte und 
lufstellung eines stün digen Mitarbeiters, durch 
hewinnung von tüchtigen pfälzischen und aufzer⸗ 
nälzischen Correspondenten, durch die Verdin⸗ 
unge mit einem angesehenen Telegraphen— 
Hureau sind wir künftig in der Lage, den Lesern 
»es Anzeigers das Neueste u. Wissenswertheste des 
In⸗und Auslandes rasch und in allgemein be— 
riedigender Form zu bringen. Ueber die lokalen 
Lerhältnisse in ruhiger und sachlicher, aber auch 
entschiedener Weise zu referiren, wird unser ernstes 
Bestreben sein. 
Der politische Standpunkt des St. Ingberter 
Anzeiger ist belannt. Undekümmert um die Ge⸗ 
zässiglkeiten und Verläumdungen seiner Gegner wird 
er noch wie vor die Anschauungen derjenigen Partei 
pertreten, welche treu und fest zu Kaiser und Reich 
leht und die nationale Entwickelung auf freiheit⸗ 
icher Grundlage erstrebt. 
Auch als Insertions-Organ sei der Anzeiger 
»mpfohlen, da Annoncen in demselben die weiteste 
Verbreitung finden. 
Schließlich bemerken wir noch ausdrücklich, daß 
rrotz der Mehrausgaben, welche die mit dem 1. 
April beginnende Erweiterung des Blattes erheischt, 
der Bestellpreis keine Erhöhung erfährt. 
Zu zahlreichem Abonnement laden wir mit dem 
Bemerken ein, daß denjenigen Abonnenten, welche 
»en Anzeiger durch die Austräger beziehen, der—⸗ 
eelbe auch im neuen Quartale geliefert wird, wenn 
aicht vor Ablauf dieses Monats besondere Abbe⸗ 
tellung erfolgt. 
iegen, so dürfen wir unsere Herzen doch nicht 
iesen Huldigungen verschließen, welche das ge⸗ 
ammte Ausland durch eine bis dalo ganz unbe⸗ 
annte Theilnahme beim Tode eines Monarchen 
ercde dem deutschen Kaiserhause und damit auch 
zem deutschen Volke erwiesen hat. Durch diese 
zroßartigen und unzählichen Sympathiebeweise leuchtet 
a der herrliche Beweis hindurch, daß die Friedens⸗ 
»olitik des enischlafenen Kaisers, ferner seine herre 
ichen Tugenden als Herrscher und Mensch nicht 
rur im ganzen Erdenrund geschätzt worden sind, 
ondern daß durch Kaiser Wilhelm der deutsche 
Name und das gesammte Deutschthum im ganzen 
Auslande auch zu hohem Ansehen vor allen Völkern 
gelangt ist. 
Sehr wenig zutreffend haben sich also die 
rüheren Urtheile erwiesen, wonach das deutsche 
steich im Auslande nur geachtet und gefürchtet, 
iber nicht geliebt werde, daß es mehr Gegner als 
Freunde habe und sein Bestand überall nur Neid 
ind Mißgunst erwecke. Dergleichen Ideen mögen 
illerdings gewisse unversöhnliche Gegner des ge— 
inigten deutschen Reiches ausstreuen, aber diese 
zdeen entsprechen nicht den allgemeinen Empfind-⸗ 
ingen. Obwohl der Gebieter der größten siegreichen 
Zeere war Kaiser Wilhelm doch ein Friedensfürst 
ind Deutschland war und bleibt eine Friedensmacht, 
vie es auch Kaiser Friedrich bereits feierlich betont 
jat. Eine Suprematie Deutschlands ist auch daher 
m Sinne einer Oberherischaft und Bevormundung 
inderer Staaten gar nicht vorhanden, denn Deutsch⸗ 
and hat sich seit Gründung seiner Einheit gar nicht 
im die Händel fremder Staaten bekümmert, es sei 
»enn, daß es um Rath oder Vermittelung ange— 
jangen ist. Des deutschen Reiches militärisches 
lebergewicht hat sich nur insofern geltend gemacht, 
»aß einem Zustande fortwährender Beunruhigungen 
n Europa ein Ende gemacht wurde. Wohl hat 
zie Eroberungslust und Ränkesucht anderer Mächte 
uweilen einen vorübergehenden beängstigenden Zu— 
tand in Europa erzeugt, aber die unerschütterliche 
stuhe Deutschlands hat den drohenden Sturm immer 
vieder beruhigt, und Deutschland wird nur ge— 
wungen zum Schwerte greifen, um Friedensbrecher 
u züchtigen. Im Uebrigen gehört die Arbeit und 
Zraft der deutschen Nation friedlichen Culturzwecken, 
der Hebung der inneren Wohlfahrt, der Industrie, 
ʒer Wissenschaft, Bildung und Kunst, ferner der 
Ausbreitung des Handels, der internationalen Ver⸗ 
ehrsfortschritte und ähnlichen Bestrebungen. Diese 
haltung Deutschlands ist trotz der Anschwärzungen 
anatischer Hetzer und dunkeler Ehrenmänner den⸗ 
noch mehr und mehr dem Auslande zum Bewußt⸗ 
ein gekommen und hat uns auf dem ganzen Erden⸗ 
unde Freunde erworben. Wir nehmen davon selbst 
stußland und Frankreich nicht aus, natürlich mit 
em Vorbehalte, daß in Rußland wie in Frankreich 
noch gespaltene Meinungen über die große Frage, 
»b man sich mit Deutschland vertragen oder schlagen 
oll, existiren. Aber auch in diesen Ländern scheint 
der Kern der Nation uns allmählich gerecht zu 
verden und anzuerkennen, daß die deutsche Macht⸗ 
tellung eine Folge der nationalen deutschen Einheit 
st, und daß Deutschland von seiner Machtstellung 
aur friedlichen Gebrauch macht. 
Deutsches Reich. 
München, 21. März. Sicherem Vernehmen 
jach sind alle Combinationen, welche die „Koöln. 
ztg.“ und die „N. N.“ an die eingetretene interi⸗ 
nistische Leitung des Kriegsministeriums knüpften, 
wie die Vermuthung. daß Vrin; Leovold an den 
Zammerverhandlungen über den Militäretat theil⸗ 
iehmen werde, unbegründet. Kriegsminister v. 
deinleth wird am 8. April sein Portefeuille wieder 
ibernehmen. 
München, 21. März. Bekanntlich hat der 
Minister Frhr. v. Crailsheim im Finanzaus— 
huß erklärt, daß er dem Projekte der Eisthal⸗ 
ahn (Enkenbach⸗Eisenberg) „eiskalt“ gegenüberstehe. 
zu der That soll der Minister, wie die „M. N. N.“ 
bissen wollen, entschlossen sein, einen Kammerbe⸗ 
chluß, in welchen die Eisthalbahn Aufnahme ge— 
unden, nicht anzunehmen. Auch dem rechts- 
heinischen Lokalbahngesetz, welches die Kammer 
zurch die Genehmigung von 8 Linien erweitert hat, 
vill der Minister die Genehmigung versagen; üb— 
igens hofft derselbe, daß die Kammer der Reichs⸗ 
athe dem Gesetze eine annehmbare Fassung geben werde, 
Aus Bayern, 19. Mäaärz, schreibt man 
der „F. 3.“: Auf Grund statistischer Erhebungen 
vill man endlich den Curpfuschern in Bayern zu 
zeibe gehen. Sämmtliche Aerzte sind amtlich auf- 
jefordert worden, ein genaues Nationale aller der⸗ 
enigen in ihrem Bezirke wohnenden Individuen an 
hre vorgesetzte Behörde mit sachdienlichen Erläuter— 
ingen einzusenden, welche als Curpfuscher oder 
Hheheimmittelschwindler bekannt sind. 
Berlin, 21. März. Nach Pariser Meldungen 
eröffentlichen die meisten dortigen Zeitungen, den 
xrlaß Kaiser Friedrichs an Elsaß⸗Lothringen ohne 
zemerkung; einige klagen, daß der Kaiser die in 
hn gesetzten „Hoffnungen“ getäuscht habe. Der 
„Gaulois“ deutet an, der Erlaß sei eine innere 
olitische Nothwendigkeit gewesen, weil Ränkeschmiede 
den Kaiser dem Volke als schwach in der Vertheidig⸗ 
ing der Reichsinteressen nach außen dargestellt 
ätten. 
Berlin, 21. März. In dem Schreiben des 
dapfles, welches der Nuntius Galimberti dem 
daiser gestern übergab, condolirt der Popst unserem 
daiserhause wegen des Heimgangs des Kaisers 
Bilhelm und beglückwünscht unseren neuen Herrscher 
nur Thronbesteigung. Leo XIII. rühmt die in der 
Zroclamation enthaltenen Regierungsgrundsätze 
Zeiner Majestät, insbesondere jene über die religiöse 
duldung und die Erziehung der Jugend. 
Berlin, 21. März. Der Bundesrath 
iberwies den Gesetzentwurf betreffend Abänderungen 
»er Gewerbeordnung (sGeilighaltung der 
Zonn⸗ und Feiertage) den Ausschüssen für Handel, 
Berkehr und Justizwesen. Der internationale Ver- 
rag zur Unterdrückung des Branntweinhan⸗ 
dels unter den Nordseefischern auf hoher See 
vird zur Allerhöchsten Raufikation vorgelegt. Der 
hesetzentwurf betreffend Entschädigung für 
unschuldig erlittene Strafe wurde dem 
zustizausschusse überwiesen. Anlangend den Aus⸗ 
hußbericht über Einlaß von russischem Rog⸗ 
Jein zum früheren Zollsatze, wurde aus Billigkeits 
ücksichten der Zulassung zu dem früheren Zollsatze 
tattgegeben. 
Das Abgeordnetenhaus hat die Etats⸗ 
irbeiten beendet und vertagte sich bis zum 10. 
April. 
Achtungsvoll 
Redaktion u. Expedition des 
„St. Inaberter Anzeiger.“ 
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Das Ausland und das deutsche 
Reich. 
Mitten in der tiefen Trauer über das Hin⸗ 
cheiden Kaiser Wilhelms wird das Herz jedes 
deutschen mit hoher, freudiger Genugthuͤung über 
ie geradezu universelle Theilnahme aller Fürsten, 
Kegierungen und Voölker erfüllt, wie sie sich bei 
dem Tode und der Beisetzung Kaiser Wilhelms 
jezeigt hat. Am Montage sagte der Kanzler, nach 
)er Verlesung der Kaiserlichen Botschaft im Reichs. 
age an das Dankesvotum der Vertreter der deutschen 
Nation für die auswärtigen Parlamente anläßlich 
ꝛeren Beileidskundgebungen anknüpfend: „So 
hoch gefürstet wie Kaiser Wilhelm ist 
noch kein Monarch gewesen, daß alle 
Vöolker ohne Ausnahme bei seinem Hin— 
rittihre Sympathie, ihre Theilna hme, 
hre Trauer'am Grabe zu ertennenge— 
geben haben!“ 
Wenn man auch weiß, wie fern dem deutschen 
Charakter alle eiteln um ehrgeizigen Bestrebungen 
Ausland. 
Paris, 21. März. Wie die Blätter melden, 
ritt das Untersuchungsgericht für die Angelegen⸗ 
zeit Boulanger erst am Samstag oder Montag zu⸗ 
ammen. Boulanger ist von Clermont Ferrand 
icht hierher zurückgekehtt. — Nach einem den 
Zlättern zugeßenden balbamtlichen Communiquè