Full text: St. Ingberter Anzeiger

Deutschen auf dem ganzen Erdenrunde; heuer soll 
die Feier eine allgemeine werden, damit wenigstens 
an diesem einzigen Tage des Jahres die Deutschen 
bergessen, was sie trennt, erkennen und lieben, was 
sie eint. Um so erhabener kann sich diese nationale 
Schuldereinsfeier diesmal gestalten, weil wir in der 
unvergleichlichen Lage sind, das zweitausendjährige 
Jubiläum des ersten weltgeschichtlichen Auftretens 
unserer Vorfahren mitfeiern zu können. Die ein⸗ 
zelnen Ortsgruppen sollten es sich nicht nehmen 
iassen, Alles daran zu setzen/ daß der 18. Januar 
ein Schulvereinstag bleibe oder werde. Dieser Tag 
erblickt ein einig Volk von Brüdern, die sich aus 
allen Theilen der bewohnten Welt begrüßen und 
im Geiste sich die Hände zu Schutz und Trutz 
reichen! 
— St. Martin, 8. Jan. Heute Rachmit⸗ 
tag 8 Uhr ift Herr Pfarrer und kgl. geistlicher 
Rath Zimmermann plötzlich gestorben. 
— Haßloch, 6. Jan. Der Schneider Peter 
Kern von hier wurde verhaftet. Er ist der Brand⸗ 
stiftung angeklagt, begangen am 25. Oktober 
vorigen Jahres an seinem eigenen Hause. Die 
Anzeige erfolgte durch seine Ehefrau. 
— An der kgl. Realschule in Speyer ist die 
Lehrstelle für Mathematik und Physik in Erledigung 
gekommen. Bewerber haben ihre mit den vorge⸗ 
schriebenen Nachweisen belegten Gesuche innerhalb 
drei Wochen beim kgl. Reciorat dieser Lehranstalt 
einzureichen. 
BKallstadt, 7. Jan. Der 16jahrige 
Philipp Barth fiel gestern so unglücklich von der 
Scheune herunter, daß er schwer krank darnieder⸗ 
liegt. Man hofft jedoch, das Leben des Verun⸗ 
glückten erhalten zu können. 
— Neustadt, 6. Jan. Der ‚Geigerkönig“ 
Professor August Wilhelmj wird am 22. d. M 
im hiesigen Saalbau in einem Konzerte auftreten, 
auf das woaiir heute schon aufmerksam machen wollen. 
Es dürfte wohl eine kaum je wiederkehrende Ge⸗ 
legenheit sein, den Künstler in unserer Stadt und 
Aberhaupt in hiesiger Gegend zu hören und sollte 
Niemand den Besuch des Wilhelmi⸗Konzertes ver⸗ 
säumen. 
eCermiates. 
7 Das Jahr 1888 hat als Schaltjahr 58 
Sonntage und 53 Montage. Eine weitere Eigen⸗ 
thümlichkeit, die so bald nicht wiederkehren wird, 
besteht darin, daß die ersten drei Quartale mit 
einem Sonntag beginnen: 1. Januar, 1. April 
und 1. Juli falsen auf Sonntag. 
F Die Neigung, den „Doktorgrad“ zu er⸗ 
langen, ist bei den Aerzten im Abnehmen. Im 
Prufungsjahre 188687 bestanden in Preußen 
505 Medieciner die Prüfung; nur 150 sind darunter 
akademische Doktoren; Bayern weist 450 neue 
Aerzte auf mit nur 22 Doktoren, Sachsen 97neue 
Aerzte ohne Doktor, Württemberg 24 Aerzte mit 
I Doktor, Baden 971 Aerzte ohne Doktor, Hessen 
11 Aerzte mit 2 Doktoren, MecklenburgeSchwerin 
19 Aerzte, die sächsischen Herzogthümer 837 Aerzte 
ElsaßLothringen deren 33 ohne Doktorgrad 
Bamberg', 6.Jan Im Wirtshaus zu 
Erlach wurde in der Nacht vom“ Fduf den 3 
ds. der Schreinerssohn Lamm von Saßssanfahrt mit 
Prügeln und Messern derart zugerichtet, daß er 
fast auf der Stelle todt blieb, Er wurde in einem 
Privathaus in Erlach aufgenommen, hat am Kopfe 
schwere Verwundungen und nicht weniger Aals acht 
Stiche im Rücken. Der mißhandelte Bursche hatte 
aus einem Revolver geschossen⸗ und einen Erlacher 
an der Stirne“ gestreift; woraufruman“ über ihn 
herfiel. cne In d n 
peTegernfee,n 71 Jann Herzog Dr. Karl 
Theodor, der berühmte Augenarzt, wird mit feiner 
Familie nächster Tage zu längerem Aufenthalt hier 
eintreffen. — 
7Der deuische Pilgerzug nach Rom 
dürfte in der zweiten Hälfte des Februar abgehen; 
die Führung desselben wird“ Graf Konrad von 
Preysind⸗Lichtenegg-Moos übernehmen. 8 
4 Man lobt es allgemein, daß bei der Zwie⸗ 
seler Lotterie die allzugroßen Treffer muf viele 
yhöhere Mitteltreffer vertheilt sind, was die Glück⸗ 
chancen der Zwieseler Loofe sehr erhoͤht. Ziehung 
16. Januar nächsthin. 
7 Endlich einmal wieder eine Ziehung in Aus⸗ 
sicht,“ die nicht weiter verlegt werden kann. Es 
ift diefes diejenige der' Zwäeseler Lotterie, Mon⸗ 
tag den 16. Januaur, da auf Grund allerhöchsten 
Rescripts selbst festgesetztt. 2 
7 Frankfurh a. M, 7. Jan. Die Hessisch 
Ludwigsbahn gibt seit dem 1. d. M. Retourbillette 
rach Wien mit 1I0tägiger Gültigkeitedauer aus 
F Frankfurt, 7. Jan. Vor einjger Zeit 
rkundigte sich ein auswärtiges Geschäftshaus vei 
einem hiesigen über die Kreditwürdigkeit einer hiesigen 
Firma. „Sie können einen Kredit bis zu 2000 
Mark geben“, lautete die Antwort. Anf Grund 
dieser Auskunft gingen die bestellten Waaren als⸗ 
bald ab. Als dann später die abgegebenen Tratten 
aicht honorirt wurden und auch sonst Zahlung nicht 
rfolgte, klagte die Firma, welche die Waaren ge⸗ 
riefert hatte, gegen das Haus, das die gute Aus- 
unft gegeben, auf Ersatz des Schadens und erstritt 
wie das Int. Bl.“ bertchtet, auch ein obfiegendes 
Urtheil. 
Frankfurt, 8. Januar. Oh, diese 
Männer! Böse Zungen erzählten folgende recht 
tbauliche Geschichte: Ein hier wohnender Speculant 
jabe besondere Reigungen für eine Künstlerin ge— 
sabt, was der Frau des Speculanten schließlich zu 
Ohren kam, denn der Mann fuhr sogar im offenen 
Wagen mit der Dame spazieren. Die betrogene 
Frau zog ihren Bruder ins Verständniß und gestern 
Mittag paßten denn beide dem Fuhrwerk in der 
Nainzer Landstraße auf. Die Frau des Kutschers 
hatte der Herrin verrathen, daß die Lustfahrt statt⸗ 
finde, und richtig traf das zärtliche Paar in der 
Nähe des Ueberganges der Main-Weserdahn mit 
den Aufpassern zusammen. Der Ertappte wollte 
chleunigsft umwenden, doch sein Schwager sprang 
zjinzn, hielt die Pferde fest und ließ auch nicht 
'os, als der Wagenlenker mit der Peitsche auf ihn 
einschlug. In hochgradiger Erregung bestieg die 
Frau den Wagen und stürzte sich auf die Neben- 
„uhlerin, mit der fie kurzen Prozeß machte, sie warj 
das Dämchen nämlich über den Wagenschlag rück— 
lings auf die Fahrstraße. Alsdann wandte sie sich 
gegen ihren treulosen Gatten, entriß ihm die 
Zeitsche nnd schlug auf ihn in Gemeinschaft mit 
hrem Bruder ganz gebörig los, bis der überraschte 
Ehemann und dessen Geliebte unter dem Gelächter 
der Zuschauer die Flucht ergriffen. Die Frau 
kehrte mit ihrem Bruder zu Wagen zurück. Der 
Mann hat sich noch nicht wieder zu Hause sehen 
lassen. (GG. J). 
F Darmstadt, 7. Jan. Die hübsche, junge 
Frau des Prokuristen M. im Hause Merk dahier 
war heute damit beschäftigt, ihren am Keuchhusten 
erkrankten Kindern die verordnete Arznei zu reichen, 
als sie von plötzlichem Zahnweh befallen wurde. 
Zur Stillung der Schmerzen wollte sie irgend ein 
Nedicament verwenden, vergriff sich jedoch und nahm 
die im Zimmer befindliche sehr starke Carbollösung 
und trank dieselbe fast aus. Es traten fast augen⸗ 
blicklich die Vergiftungssymptome ein. Trotz der 
umfassendsten Rettungsversuche durch die Aerzte 
hauchte die Beklagenswerthe nach halbstündigem, 
qualvollem Leiden ihr junges Leben in den Armen 
ihres inzwischen herbeigerufenen Mannes aus. 
p. Mannheim, 8. Jan. Ein junger hier 
in Stellung gewesener Kaufmann, Namens Her—⸗ 
mann Wolf hat sich gestern Nachmittag in der 
Nähe des Floßhafens mittels eines Revolbers er⸗ 
schossen. Den Schuß hat sich der Lebensmüde in 
den Mund abgegeben. Die Leiche, welche man 
gegen⸗ 4 Uhr Nachmittags aufgefunden hatte, wurd⸗ 
nach der Leichenhalle auf dem Friedhofe geschafft 
⏑ (GR. B. L.) 
Die syndikatlich vereinigten Fensterglas— 
fabrikanten. inenRheinland und Westfalen 
(Saar⸗ und Ruhrgebiet), petitionieren, um das 
delgische Glas von. der Konkurrenz in Deutschland 
auszuschließen, in einer unter Beihilfe des Central—⸗ 
verbandes deutscher Industrieller an den Reichstag 
gerichteten Eingabe um eine Erhöhung der jetzigen 
Fiugangszölle von 8und 10 Mk. auf 10 und 
14 Mk. per 100 Klgre e 3 
fMetz, 7 Jan. Heute Vormitiag 10 Uhr 
fand auf Fort Manteuffel eine Explosion eines 
Verbrauchs⸗Pulvermagazins statt, wobei ein Unter⸗ 
offizietr und ein Kanonier des süchsischen Fuß— 
artillerie· Regiments Nr. 12 getödtet wurden. Der 
Unfall foll⸗durch Unvorsichtigkeit verursacht sein. 
4 Ausdem Elsaßz 6. Jan. In- den 
schwer zugänglichen bewaldeten Grenzdistrikten der 
Vogesen hat sich drotz der sorgfältigen Grenzbewach— 
ung ein schwunghaftebetriebener Schmuggel, beson 
— 
Fälle,, in denen die Schmuggler von den franzö— 
fischen Grenzbeamten erwischt werden, gehören, zu 
den Seltenheiten, da dieselben offenbar über die 
Aufstellung der Grenzwächter stets genau unte? 
richtet sind. Die wichtigsten, der nach Franki 
zeschmuggelten Artikel bestanden seither in Th 
und Alkohol. In Bezug auf letzteren hat sich 
doch neuerdings das Blatt gewendet. In do⸗ 
Zes neuen Branntweinsteuergesetzes ist nämlich h 
der Preis des Alkohols auf durchschnittlich Iů 
M. für das Liter gestiegen, während er in diur 
reich, wenn er zur Ausfuhr nach Deutschland g 
jemeldet ist, schon zu 60 bis 70 Pf. zu haben ! 
Dieser Preisunterschied hat nun zum Eschmnhnt 
»on franzöfischem Spiritus geführt. Die deuist 
tzehörden haben übrigens bereits in mehreren D 
chaften größere Mengen französischen Alkohols h 
chlagnahmt und die betreffenden Schmuggler 4. 
änglich eingezogen. 
pAus Elsaß-⸗Lothringen, 4. Janui 
In den Dietrich'schen Eisenwerken herrscht in lehen 
Zeit in Folge umfangreicher Bestellungen i 
außerst rege Thätigkeit. Bekanntlich hat auch ho 
Zt. v. Dietrich die Eisenwerke bei Schönau käh 
lich erworben, aber bisher noch nicht in Bein 
enommen. 
F Berlin, 6. Jan. Der im Maͤrz 186 
vom Berliner Schwurgericht zu 4 Jahren Festunche 
zaft verurtheilte cand. phil. Alfred Oehlke welcka 
die Strafe auf der Festung Glatz verbüßte, wutel 
nach heute Abend hier eingetroffener Nachricht hew 
vom König begnadigt. Oehlke hatte aus Anbe 
der bekannten antisemitischen Reibereien innerhle 
der Berliner Studentenschaft mehrere Duelle D 
ttanden und den letzten seiner Gegner erschossip 
Finschließlich der Untersuchungshaft hat Oehlke dun 
Jahre von der ihm zuerkannten Strafe verbüßt. ge 
F Unsere Dienstboten. Auguste, e 
Köchin von Geheimraths, ist bei der Kunftausstel— 
ungslotterie mit dem ersten Hauptgewinn heraufi 
gekommen. Selbstverständlich legt sie mit den 
Augenblicke, wo ihr die frohe Botschaft wud, W 
üchenszepter nieder und läßt die Frau Geheiwi 
rälhen, die am Abend ein solennes Souper p 
geben beabsichtigt, in heller Verzweiflung zurhet 
Nach einer Weile kommt sie jedoch wieder um 
fragt herablassend: „Gnä'ge Frau, wie viel —D 
Jzähilt denn die janze Bagasche?“ „Fünfzehn 
erwidert gebrochen die Hausfrau. „Na, du 
soll'n Se meinetwejen nich in Verlejenheit kommdi 
gnä'ge Frau; auf die paar Kröten kommt tt 
nich an — ick lade Sie alle auf'n Abend ein“ 
Dressels?“ 
F In Halle geht zur Zeit eine Stro 
über den deutschen Kronprinzen um, die“ 
Richard Leander (dem bekannten Chirucgen Geben 
rath R. v. Volkmannh herrühren soll und 
folgt lautet: 
Das ist für mich ein sich'res Ding, 
Der in der Schlacht nie rückwärts ging 
Der hohe Herr, Gott geb's, 
Der leidet nicht am Krebs! 
Und plagt im heur' die Krankheit noch 
Vorwärts, wie immer, geht es doch 
Zu Heil und Glück. — Gott geb's! — 
Gott geb's und der Koiser erleb's!!“ 
F In Schlesien und Polen sind währ 
der letzten Frosttage gegen 20 Menschen um— 
kommen. Viel Wild ist gefallen. 
Paris, 5. Jan. G. Kaltenbach, Gr— 
spekulant der hiesigen Börse, ist insolpbent. Ran 
erzählt, daß er 25 pCt. baar, 35 pCt. in Wechehe 
und 40 pCt. in Gutscheinen anbiete. 
FParis, 5. Januar. Die Nachricht vr 
Brand der Erard'schen Pianosortefabrik war a 
wärts stark übertrieben, denn der Eigenthür 
schreibt an Londoner Blätter, der Brand sei 
unbedeutend gewesen und habe nicht einmal 
Fabrikbetrieb stören können. 
Die Bauten für die Pariser W 
ausstellung, Ein Theil der Mitglieder 
Pariser Gemeinderaths besichtigte vor einigen Tar 
ruf dem Champ des Mars den Fortschritt 
Bauten für die Weltausstellung von 1889. * 
Zauptinieresse erregte dabei der Bau des eiserne 
Fiffel⸗Thurmes, der die Höhe von 300 Metern“ 
halten wird und bereits dis zur Höhe von 
Metern gediehen ist. Die Gerüste des Baues, der 
Zahl 16 beträgt, bilden an sich ein hoöchst me 
würdiges Werk. Bis zum 15. Januar wirde 
Bau dis zur Plattform des ersten Stockwerh 
vollendet sein. Eine der anziehendsten Sehen 
würdigkeiten der Ausstesllung wird die Nachbildun 
der Bastille und des Faubourg St. Antoine 
der Gestalt jein, wie das berühmte Staatsgefér 
niß und die dasselbe umgebende Vorstadt im In