deranlaßt, auf die in dieser Beziehung ergangene
höchste Entschliebdung vom 22. September 1859
(s. Wand, Handbuch S. 195) hinzuweisen, worin
über die von den Geistlichen bei dieser Gelegenheit
anzulegende Tracht eingehende Bestimmungen ge⸗
troffen sind. Im Chorrock bei der oben erwähnten
Belegenheit zu erscheinen, ist schon darum unzu⸗
lässig, weil derselbe ausschließlich bei gottesdienst⸗
lichen Handlungen von den Geistlichen zu tragen
ist.“ Nach den Bestimmungen vom Jahre 1859
haben die Geistlichen ihre etwaige Aufwartung im
langen schwarzen Rock mit stehendem Kragen, dem
weißen Aufschlag, Schuhen mit silbernen Schnallen
und einem über die Schultern herabfallenden gefal
teten schwarzseidenem Mantel zu machen.
Von der Isenach, 16. April. Zwei
junge Burschen aus dem Dorfe L. rauften
qheute morgen miteinander. Einer der liebenswür⸗
digen Helden biß seinem Gegner thatsächlich einen
Finger ab. — Ein ähnliches Vorkommniß hat sich
in demselben Orte heute Vormittag zugetragen.
Einige Maurer gerieten in Streit, wobei einer
dem andern ein ziemlich dickes Stück Holz so
wuchtig auf den Mund schlug, daß die beiden
Lippen mehrfach durchlöchert und eine Anzahl
Zähne beschädigt worden find. Jedenfalls find
solche Begebenheiten nicht dazu angethan, den Ruf
des betreffenden Dorfes zu bessern!
— Warnung. Seit einiger Zeit treibt sich
in der Pfalz und den angrenzenden Gebieten ein
Subjekt herum, das eine ganz besondere Art des
Schwindels betreibt. Die Schauplätze seiner Thä
ligkeit sind, wie Dr. Schädler in Landau in drei
Fällen constatiren kann, hauptsächlich die Häuser
von weiblichen religiösen Genossenschaften. Spe—⸗
zialität: Fracht für an das Haus gesandte Statuen.
Eines schönen Tages stellte fich ein Mensch vor
im Alter von circa 830 Jahren, von nicht unange⸗
nehmem Aeußern, die Finger beringt, im Anzug
etwas vernachlässigt. Er frägt nach der Oberin und
theilt dieser dann mit, es sei eine Statue (Mutter⸗
gottes von Lourdes) unterwegs, welche von einer
Freundin oder früheren Schülerin dem Schwestern⸗
haus zum Geschenk gemacht werde, und er sei be⸗
auftragt mit der Aufstellung. Die Statue werde
heute noch ankommen, man möge auf die Bahn
schicken. Inzwischen zeigt sich dieser junge Mann
als sehr religiös, kennt eine Reihe von Gebeten
und Liedern, deutsche und lateinische, hat selbst eine
Schwester, die in der Schweiz Dominikanerin ist
und das Glück gehabt hat, während der Jubiläums⸗
—RVV
hat er von dorther einen Rosenkranz erhalten, wel⸗
hen er voller Andacht hervorzieht und der Oberin
sogar zum Geschenke machen will, wenn sie Freude
daran hat. Nun muß er auch die Kapelle des
Hauses sehen und den Platz aussuchen, wo die
Statue am besten angebracht werden kann, denn
sie ist 1.10 Mir. hoch und gothisch gehalten, weil
das Mutterhaus, an das man sich gewendet, dies
so gewünscht hat. Der Platz wird unter frommen
Sprüchen bald gefunden. Nach der Rückkehr in's
Ansprachezimmer klagt der gute Mensch über Hals⸗
leiden, und meint, es sei ihm nicht recht wohl, er
habe sich wahrscheinlich erkältet, und auch noch nichts
gegessen. Ist es der mildherzigen Schwester zu
verdenken, wenn sie den Hungrigen speist, oder ihm
einen Kaiserthee bereitet und zur Bedeckung des
Halses einen Shawl gibt? Der „Hubersepp“ kommt
ja wieder zurück um die Statue zu stellen und fest⸗
zumachen. Jetzt muß er aber auf den Zug. Die
Schwester möchte aber auch — und wer berziehe
ihr nicht diese Neugierde — den Namen der edeln
Schenkgeberin kennen, aber der Hubersepp hat schon
über 100 solcher Aufträge ausgeführt und nie,
auch nicht um 50 Thlr. den Namen genannt. Die
Schwester erinnert sich jetzt an Jemanden in der
Ferne: Ja, diese ist's, jetzt haben Sie es selbst
gesagt. Doch die Zeit drängt, da — im Fort-
gehen: Schwester, die Fracht beträgt 4 Mk. die
könnten Sie mir gleich geben oder selbst bezahlen.“
Nun, die eine ist eine kluge Jungfrau und wartet,
bis die Statue kommt — vergebens; die andere
zahlt und — Hubersepp kehrt niemals wieder.
Vermischtes.
F Die aus 8. 46 der Gewerbeordnung ent ⸗
ehende unmittelbare gesetzliche Berechtigung der
Wit we des Inhabers einer Wirth schafts⸗
konzeffion, nach dem Tode desselben für ihre
eigene Rechnung das Gewerbe weiter zu beireiben,
darf weder aufgrund von Verschuldungen des Ver—
storbenen, noch aufgrund von Handlungen der
Witwe entzogen werden, deren sie sich vor Erlang⸗:
ung jener Befugnis schuldig gemacht hai.
FEin merkwürdiger Winter! Aus
München wird unterm 12. April gemeldet: „Zur Fort⸗
chaffung des Schnees mußten gestern nicht nur
ämtliche in der Stadt vorhandenen verfügbaren
Vagen verwandt, sondern auch aus der Umgegend
und den Nachbarorten solche requirirt werden.“
And demgegenüber wird von der eistgen JInsel
Island berichtet, daß dieser Winter so milde ge⸗
vesen, wie seit vielen Jahren nicht. Die Viehbe⸗
tände sind in außerordentlich gutem Zustande, da reich ⸗
ich Futter vorhanden ist. Die am 10. März auf
Fang ausgefahrenen Fischer haben auch gute Beute
semacht.
F Frankfurt a. M., 14. April. Dem Bei-
piel des Freiherrn W. v. Rothschild folgend, hat
ein anderer Frankfurter Millionär auch die Summe
von 10,000 Mt. für die Ueberschwemmten gespendet.
— Kaiser Friedrich hat mittelst Erlaß vom 8. April
eine Erlaubniß dazu gegeben, daß das eben hier
zingeweihte k. Gymnasium seinen Namen trägt und
äch fortan „Kaiser Friedrichs⸗Gymnasium“ nennt.
FKöln, 14. April. Aus der Rheingegend
ind in jüngster Zeit mehrere Bierbrauer nach Ja-
pan gegangen, um dort in gut bezahlten Stellungen
die Produclion deutschen Bieres zu leiten. Neuer⸗
dings geht vom Rheinlande sogar fertiges Malz
nach Japan; in erster Linie ist es die Malzfabril
von W. Ruthemeyer u. Söhne in Düsseldorf, welche
das fertige Malz in Blechkapseln zum Versandi
aach den japanesischen Inseln bringt.
FKoblenz, 14. April. Der hochselige
daiser Wilhelm hat nach der „Kobl. Zig.“
in seinem Testamente auch die Stadt Koblenz be⸗
acht, indem derselbe dieser 25,000 Mk. zu einer
Stiftung für unbescholtene Ortsarme vermacht hat.
F Bielefeld, 18. April. Der Fürst von
Keuß hat gegen die hier erscheinende ‚Neue West—
älische Volkszeitung“, welche die in den letzten
Tagen durch verschiedene Zeitungen gegangene Nit—⸗
heilung gebracht hatte, daß der Fürst die Hergabe
ines Platzes zur Errichtung eines Kaiser⸗Wilhelm⸗
Denkmals in Greiz abgeschlagen habe, bei der hie⸗
igen Staatsanwaltschaft den Strafantrag gestellt.
F Excellenz Stephan besuchte am 5. d.
N. Solingen und beehrte am Abend den
Solinger Sängerbund“ mit seinem Besuche. Er
iahm mit seinen Begleitern mitten unter den Sängern
Zlatz und unterhielt sich mit denselben in liebens—
vürdigster Weise. Im Laufe des Abends toastete
ex auf das deutsche Lied und dann auf den So—
inger Sängerbund. Als ihm die Mittheilung ge⸗
nacht wurde, das das berühmte Quartett Hartkopf
»as bekannte Lied „Die Post im Walde“ vorzu⸗
ragen beabsichtige, meinte er, die Leistungen der
Bost auf musikalischem Gebiete seien eigentlich nicht
weit her; man unterscheide nach dieser Richtung
hin drei Arten Postillone: „die eine fährt gut, aber
zläst schlecht; die andere bläst gut, aber fährt schlecht,
ind die dritte fährt gut, bläst gut und — —
auft aber auch gut!“
F Mext, 12. April. Zum Ausbau des zweiten
Beleises auf der Bahnstrecke von Courcelles bis
Teterchen ist von dem hiesigen Landgerichte zugunsten
der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen eine große
Anzahl von Grundstücken in den Gemarkungen
Waibelskirchen, Lautermingen, Volmeringen, Hein-
ingen, Contchen, Bolchen, Ottendorf, Dentingen,
Teterchen, Courcelles a. d. Nied, Villers, Pange,
Maizeroy, Kurzel, Landonvillers, Hagendingen und
kombach enteignet worden.
FGeispolsheim, 10. April. Der Ackerer
ind Gastwirth Rietsch an der hiesigen Eisenbahn⸗
tation fand vor einigen Tagen in einer Sandgrübe
AVO
Waffen versehen waren. Mehrere Lanzen von über
30 Centimeter Länge, zweischneidige größere
—Schwerter, ein Helm und ein Messer, schließlich
ꝛine Kinnlade mit 16 prachtvollen Zähnen wurden
leichzeitig aufgefunden. Auch das Skelett eines
Bßferdes fand sich vor. Es wäre' zu wünschen, daß
rxgend ein Altertumsforscher die Gegenstände zu
Zesicht bekäme. Es wäre ihm wohl ein Leichtes
zu bestimmen, aus welcher Zeit dieselben stammen.
(Str. P.)
fChemnitz, 15. April. Unsere Stadt, deren
aiserliche Gesinnung unzweifelhaft ist, wird voraus⸗
ichtlich ein Kaiser⸗Wilhelm⸗Denkmal nicht errichten.
Dagegen wird in dem hiesigen Amisblatte aufge—
ordert, an Stelle eines Denkmals Unterstützungs
äufsfer und Stiftungen für Arme zu errtichten.
Ddem schlichten Sinne des —XE
vilrde solche Menschenliebe jedennean
prechend sein, als ein Staudentenn
oder Erz. Ne
F Berlin, 13. April. Der Ver
casis Verbond hat ber dem ihen
Betition eingereicht, bei den verbündeten pr
dahin zu wirken, daß die Amtsgerich—
verden. vor der Eröffnung von de
das Vermögen von Vetriebsunternhe
reffenden Berufsgenossenschaft Minhn
u lassen.
F Berlin, 14. April. Kaiserinhe
pendete für die Ueberschwemmten bng
Mark.
Wenige Tage vor Ostern kaufle di⸗
hin wohnende Frau B. in einem dotign
Beschäft eine Trikottaille zum —XR
Rachdem sie dieselbe zum ersten Moult
jatte, empfand sie nach einigen Stunde eh
hümliches, unangenehmes Jucken der Hour
ie indeß kein besonderes Gewicht ie
rgendwelcher zufälligen Hautreizung zuhi
dieses Jucken aber bei wiederholtem dn
Taille in verstärktem Maße auftrat, v
B. ängstlich und ließ, als sie am Ahedn
iebsame Entdeckung machte, daß Halß e
und Arme von einem foͤrmlichen Heusn
nedeckt waren, sofort ihren Hausarzt hin
der nach genauer Besichtigung die aust,
cheinung unzweifelhaft für eine nicht un—
Jautvergiftung erklärte. Erst nach dieln,
ichen Fragen nach der möglichen Uih
drankheitserscheinung kam der Gatte dir
auf die Vermuthung, daß dies vielleicht
Trikottaille sein könnte, und diese Annchn
ich bei näherer Untersuchung in der Thet
zründet, da der Hausarzt die Erklärung
daß zur Herstellung der besagten dudh
Taille unzweifelhaft giftige Farbe und
„iemlicher Menge, verwandt worden sei. 4
mußte sich auf Anordnung ihres Arztes o
Behandlung in die Klinik des Speziel
dautkrankheiten, Dr. L., begeben und h
solgedessen das Osterfest nicht in ihre
derleben, hatte vielmehr ein recht schu—
rankenlager zu überstehen, welches sie a
venigen Tagen verlassen konnte. Und du
—QR
F Eine reizende Satyre auf de
Deutschen Sprache üblichen Fremdo
zibt ein pseudonymer Herr, Jean Erlangner,
doet, Haute Nouvauté“ in der Zeihscht.
deutsch. Sprachvereins durch folgende Umst
der Loreley:
Mit Approbation der Manen des“
Ich weiß nicht, warum miserabe!
Zu Muth mir und ich so moros.
Eine längst antiquirte Fabel
däßt mich partout nicht los!
Das Thermometer sinket,
Phleg matisch fließt der Rhein
Ddie Berg terasse blinket
SZuperb im Abendschein!
Dort oben hat sich placiret
kin Mädchen charmant in der —
Sie ist mit Brillanten garnitt
And macht Toilette gerad'.
Meit gold'nem Kamm sich frisiren!
fine Arie sieintonirt,
die, complet elektrisirend,
zanz virtuos war componit
den Schiffer im Liliputkahne
Ergreift vehementes Weh!
Er fieht nur die Courtisane
Dort oben im Negligé!
nfin, das Ende der Fabel:
Er sank mit Eclhat in den Rhein.
Und dafür ist responsabel
Die Loreley allein!
fF Arsenik in Bierkouleur,
Bischoff, der vereidete Chemiker der Gau
ʒes Polizei⸗Praäsidiums zu Berlin, neuenn
erholt nachgewiesen. Derselbe schreiht n
der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift: *
ich werden vielfach dunkle Biere dadutẽ
dellt, daß man hellen Bieren sogenaun
eur zusetzt, ein Präparat, das in der
Stärlezuder durch Erhitzung mit he
Alkalien erzeugt wird. Im verflossenen
nir in drei Fällen Pioben von Bierhe