Aumtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Der „St⸗Ingberter Arpi erscheint wöochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag;z 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
dlatt und Sonntags mit achtseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 69 euschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 16 75 einschlie ßlich
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23. Jahrg.
M9.
Donnerstag, 12. Januar 1888.
Deutsches Reich.
Munchen, 10. Jan. Seitens des Cultus-
ministeriums ist an den Landtag ein Nachtrags-
postulat von 27,878 Mt. für die Umwandlung
don 29 Lehramisassistentenstellen in Studienlehrer-
stellen an den untersten Classen der Lateinschulen
eingebracht worden.
Munchen, 9. Jan. Der Finanzausschuß
der Abgeordnetenkammer nahm nach längerer De—
halte einen Antrag des Abg. Walther an, dem
zufolge für die Amtsanwalte in der Pfalz zwei
Gehaltsstufen, zu 1400 und 1600 Mk. gebildet
werden sollen. Dafür soll diese ganze Kategorie
von der 7prozentigen Gehaltsaufbesserung ausge—⸗
chlossen sein.
Muünchen, 9. Jan. Der Finanzausschuß
der Abgeordnetenkammer hatte sich in einer heutigen
Berathung des Justizetats viel mit der Pfalz zu
beschäftigen. Zuerst wurde die Anstellung eines
zritien Staatsanwaltes am Landgericht Frankenthal
genehmigt und dann ein Vermittlungsantrag des
Vorsitzenden Walter angenommen, durch welchen
die Verhältnisse der Amtsanwälte in der Pfalz ge⸗
regelt, bezw. verbessert werden sollen. Die Regie⸗
rung hatte nämlich 7300 Mk. verlangt, um damit
die Gehalte der 24 pfalzischen Amtsanwälte auf⸗
zubessern, die daselbst aus den Rechtskandidaten
zenommen werden, weil die Assessoren bei den Be⸗
sirksämtern und die Sekretäre der Amtsgerichte in
der Pfalz so knapp bemessen sind, daß man ihnen
die Funktionen eines Amtsanwalts nicht übertragen
tann. Außerdem sind auch die Avancementsver⸗
zältnisse für Juristen in der Pfalz sehr ungünstig
und muß ein Rechtskandidat oft neun Jahre warten
bis er Amtsrichter wird. Vorsißender Walter
machte nun den Vermittlungsvorschlag, dem Postu⸗
late dadurch theilweise stattzugeben, daß man zwei
Klassen von je 1600 Mark und 1400 Mark mache
und juüngere Amtsanwälte nur mit 1400 Mack
honorire, dafür aber die ganze Kategorie von der
allgemeinen 7prozentigen Aufbesserung ausschließe.
Dieser Antrag wurde nach langer Debatte zum
Beschluß erhoben. — Für den Umbau des Amts⸗
zerichtsgefüngnißgebäudes in Neustadt a. H. und
Herstellung einer Dienstwohnung für den Ober⸗
amisrichter wurden nach kurzer Debatte die ver⸗
iangten 88,000 Mk. bewilligt.
Müunchen, 11. Jan. Der Finanzausschuß
zat 5000 Mark fur die Entschädigung unschuldig
Berurtheilter bewilligt. Der Minisier erllärie die
Schwierigkeiten der Frage, die den Bundesrath
deranlaßte, die Beschluͤsse des Reichstags noch nicht
zu sanctioniren. Entschädigt würden nur solche,
vei denen erwiesen ist, daß sie die That nicht be⸗
gangen. Unschuldig erliltene Untersuchungshaft
werde nur selten entschädigt.
Berlin, 10. Jan. In der Erkrankung des
daisers ist nach! dem Ausspruch der Aerzie die
Krisis überschritten und die Genesung nimmt den
aus fruͤheren aͤhnlichen Füllen bekannten langsamen
Verlauf. — Das „Berl. Tageblatt“ saͤreibt
„Ende der vorigen Woche wurde, wie uns von
uverlasfiger Seite aus Warschau gemeldet wird,
in Petersburg ein gegen das Leben des Zaren
geplantes Attentat enidectt. Die Schuldigen, unter
denen sich wiederum mehrere Offiziere befinden,
wurden bereits ergriffen. D——
Berlin, 11. Jan. Unter den Vorlagen,
— 9 mergen Derhb zu befassen
befinde auch der i
nne ch niwurf des bürgerlichen
Der Kaiser leidet an einem Schnupfen, ver
bunden mit Hustenanfällen und ist der greise Mo—
narch infolge dieser katarrhalischen Erscheinungen
genöthigt, sich auch noch fernerhin Schonung auf⸗
zuerlegen. — F
Berlin, 10. Jan. Die „Nationalzeitung“
meldet: Gutem Vernehmen nach dürften demnächst
seitens der Mächte Schritte erfolgen, um die Ent⸗
fernung des Prinzen Ferdinand aus
Bulgarien zu veranlassen.
Berlin, 11. Jan. Die Nachricht der „Nat.
Zig.“, daß der frühere Staatsselretär für Elsaß⸗
dothringen, v. Hofmannn, in den Vorstand der
Tolonialgesellschaft für Südwestafrika getreten sei,
st verfrüht. —
Es wird in den mit der Vorbereitung des Ge⸗
setzentwurfs deschäftigten Kreisen des Reichsamts
des Innern in Erwaͤgung gezogen, ob bei der
Alters⸗- und Invalidenversicherung das
jugendliche Alter nicht eine höhere Belastung
rragen sollte. (F. J.)
In wenig Tagen werden der preußische
kandtag und der Reichstag, ganz abgesehen
zon den ebenfalls noch versammelten parlamentari⸗
chen Körperschaften anderer Bundesstaaten, wieder
eben einander arbeiten und wir werden somit nach
»er Weihnachtspause wiederum mitten in der par⸗
lamentarischen Hochsaison stehen. Naturgemäß
verden in derselben die Verhandlungen des Reichs⸗
jages die meiste Aufmerksamkeit auf fich ziehen und
jeht man speziell den Debatten über die mitein—
inder in innerem Zusammenhang stehenden Frogen
der Verlängerung der Legislaturperioden und des
Zozialistengesetzes mit Interesse entgegen. Daß
der Reichslag dem einzubringenden gemeinsamen
Antrage der drei Mehrheitsparteien, die Legislatur⸗
zerioden von drei Jahren auf fünf Jahre zu ver⸗
ängern, zustimmen wird, kann in Anbetracht der
Parteiverhaͤltnisse im neuen Reichstage nicht be⸗
weifelt werden; ohne hitzige Auseinandersetzungen
zürfte dies freilich nicht abgehen. Unklarer liegen
zie Dinge hinsichtlich der Verlängerung des Sozia⸗
istengesetzes, zumal da der betrefsende Gesetzentwurf
rotz seiner im Bundesraihe bereits erfolgten An⸗
nahme noch immer nicht veröffentlicht worden ist;
s scheinen hauptsächlich die Nationalliberalen üder
hre Stellungnahme noch nicht schlüssig zu sein und
zei dieser Partei dürfte auch die Entscheidung in
zer Sozialistenfrage liegen. Vor dem Austrage
zeider Angelegenheiten wird jedenfalls noch die de⸗
initive Beschlußfassung über das neue Wehrgesetz
rfolgen, mit welchem im Prinzip ja alle Parteien,
nit Ausnahme der Sozialdemokraten, einverstauden
ind. Einigermaßen überraschend klingt jedoch die
Mittheilung der „K. Ztg.“, die Regierung würde
ur Durchführung des Gesetzes eine einmalige
Zumme von 100 Millionen Mark vom Reichstage
»erlangen, da allseitig angenommen worden war,
s würde hierzu verhältnißmäßig nicht bedeutender
inanzieller Opfer bedürfen; jedenfalls wird man
iner eingehenden Begründung einer solchen be⸗
rächtlichen Forderung entgegensehen können. Was
ndlich die des Reichstages noch harrende große
Aufgabe der Alters⸗ und Invaliditäts⸗Versicherung
anbelangt, so erscheint deren definitive Losung noch
in so weilem Felde, daß der Reichstag in seiner
gegenwärtigen Session schwerlich dazu gelangen
8 sich mit, dieser bochwichtigen Frage zu be⸗
assen. I —9
Ueber die Affaire der gefälschten Akten
»ucke tauchen noch immer „Enthüllungen“ auf
die indessen zu der allein noch interessirenden Frage,
ver denn eigentlich die Fülscher sind, nichts Neues
u bringen vermögen. Jetzi wird der König von
Friechenland im Verein mit dem famosen Derou⸗
ede in die Sache hineingezogen, insofern, als der
Fzar die ominösen Scheiftstücke von König Georg
mpfangen haben sollte, dem fie wiederum von
Deroulede zugestellt worden sein sollten. Von
inderer Seuͤe wird dieser Auffassung entschieden
vidersprochen und wie es scheint, nicht mit Unrecht;
die waͤhre Sachlage bleibt nach wie vor räthselhaft.
Berlin, 10. Jan. Innerhalb der südwest⸗
afrikanischen Gesellschaft hat sich eine Bergwerks⸗
gesellschaft zur Ausbeutung der Goldminen gebildet.
Für Errichtung der Kolonialtruppe hat der Ver⸗
valtungsrath zunächst 75000 Mark bewilligt.
Ddafür hofft man, außer europdischen Jnstruktoren,
ungefäht 120 bis 150 Mann eingeborene Mann-
schaften zu erhalten. Fuür den Abbau der Gold-
feider ist die Beschaffung von zwei Millionen ins
Auge gefaßt.
Ausland.
Paris, 16. Jan. Die Deputirtenkammer ward
durch eine Ansprache des Alterspräsidenten Pierre
Blanc erbffnet, in welcher derselbe u. a. ausführte:
Auf die kriegerischen Bedrohungen habe Frankreich
dadurch geantworiet, daß es die Fahne höher an
inem Horizont. getragen und dieselbe der Welt
als das Feldzeichen der allgemeinen Friedensliebe
zezeigt habe, indem es das Band der Voölker in
Frieden, Arbeit und Menschlichkeit verkündet habe.
Bei der Präsidentenwahl wurde Floquet wieder
zum Präsidenten gewählt.
Im Senat hielt der Vater des Praäsidenten
Carnot, als Alterspräsident die Ansprache, welche
gleichfalls friedlich klang.
Fonsiantinopel, 10. Jan. Auf der hie-
sigen französischen Botschaft sind Nachrichten ein⸗
zelaufen, daß in Dschesan in Arabien, am Rothen
MNeer, Christenverfolgungen vorgekommen seien, bei
welchen unter anderen auch der franzoösische Consul
sein Leben einbüßte.
London, 10. Jan. Hier verlautet, der
Czar werde sich im Laufe dieses Jahres nach
M'er wubegeben und sich als Kaiser von Mittel⸗
asien krönen lassen.
TForate uud salzische Nachrichten.
M Sicherem Vernehmen nach ist das Gesuch
des Firchenbauvereins um Bewilligung einer
veiteren Lotlerie zum Bau einer zweiten kath.
Zirche in St. Ingbert abgewiesen worden. Der
eplante Neubau isi dadurch in weite Ferne gerückt
ind die Hoffnung unserer kath. Bevölkerung auf
Beseitigung eines dringenden Nothstandes wenigstens
in der bisher beabsichtigten Weise vereitelt worden.
— Vom 185. Januar bis 1. Februar haben
ich alle im Kalenderjahr 18608 geborene Jünglinge,
gleichviel ob bayerische Staatsangehörige oder An⸗
Jehörige eines anderen zum deutschen Reiche ge⸗
zörigen Staates, bei Vermeidung der gesetzlichen
Strafe zur Rekrutirungs⸗Stammrolle anzumelden.
Ddie Anmeldung hat bei den Burgermeisterämtern
u erfolgen.
— In Niederwürzbach hat sich ein land⸗
wirthschaftlicher Consumverein gebildet.
Ommersheim, 8. Jan, Gestern ver⸗
chied hier Fabrikrathsprasident Joh. Lang. Der⸗
eibe war geboren am 21. September 1798, er⸗
richte somit ein Alter von über 92 Jahren. Er
jehrte 46 Jahre dem Fabrikraihe an, war koͤrper⸗
33 und geißlia rüstia, bis ihn vor acht Tagen
—ZANALA