Full text: St. Ingberter Anzeiger

3Rt. Iungherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
t, In berter Anzeiger erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Deiertage. 2 mal wöochentlich mit uUnterhaltungs⸗ Blatt und Freitags und Samstags mit adh. 
⸗ —7—— unge Das Viau bostel viertelsahrlich JA 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post beiogen 16 75 Jeinschließlich 40 Zustellungsgebuhr. Die 
* — Rebuhr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum belragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und soichen auf welche die Expedition 
nug Aiunst eriheit, iä Beklamen 80 8. Bei 4maliger Finrudung wird nur dreimalige berechnet. 
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23. Jahrg. 
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Montag, 23. April 1888. 
Politische Uebersicht. 
em bayerischen Abgeordnetenhaus 
m am Samstag der Minister des Innern eine 
ndast deb Prinze Regenten, welche die Kammer 
Der Prasident gab eine Uebersicht der 
atsthatigkeit und wies auf die günstigsle 
nglage, die Fürsorge des Landtages für die 
ge der Arbeiter und die Landwirtschaft hin. Die 
Ischloß mit einem Hochruf auf den Prinz⸗ 
genten. 
Durch das Armee- und das Marine⸗Verord 
wlatt ist ein neuer Gnad enerlaß Kaiser 
ndrichs veroffentlicht, worin allerhöchstderselbe, 
aseinen Regierungsantritt auch hinsichtlich der 
ee und Marine durch einen Gnadenact auszu⸗ 
duen, allen Militärpersonen und Marineange⸗ 
ogen, welche wegen im bürgerlichen Strafgesetz⸗ 
als Widerstand gegen die Staatsgewalt oder 
Hetleßzung det öffentlichen Ordnung bezeichneter 
agehen oder wegen Beleidigung zu Freiheits⸗ 
Geldstrafen verurtheilt sind, die noch nicht voll⸗ 
chen Sirafen erläßt. Der Straferlaß erstreck! 
aich ferner auf solche Militärpersonen, gegen welcht 
digciplinarwege Strafen verhängt, oder welch 
auh Militärgerichte wegen anderer als die oben⸗ 
nannten Strafthaten zu Freiheitsstrafen nicht über 
Wochen oder zu Geldstrafen nicht über 150 Mk. 
zrurtheilt worden find. Endlich werden Unteroffi- 
icten ohne Porteepéẽe und Gemeinen die wegen 
alaubter Entfernung oder wegen der ersten nicht 
mn domplot begangenen Fahnenflucht im Frieden 
angkräftig erkannten Freiheits⸗ und Ehrenstrafen, 
agenommen Degradation, erlassen. Den noch 
iht zurücgekehrten Angeschuldigten dieser Kate⸗ 
ie, welche binnen einer Frist von 6 Monaten 
d bei einem deutschen Truppentheile oder bei der 
mathsbehörde stellen und ihr Wohlverhalten 
nihtend ihrer Abwesenheit nachweisen, wird Be⸗ 
zudigung in Aussicht gestellt. 
*Bei der dritten Lesung des Volks- Schul- 
mengesehes im preußzischen Abgeordneten⸗ 
naus wurde nach längerer Debatte und nament- 
cer Abstimmung über den 8 1 der Antrag Alt⸗ 
au angenommen, wonach anstatt 300 Mk. Staats⸗ 
uihuß für die ordentiichen Lehret nur 200, sowie 
it eine ordentliche Lehrerin sict 200 Mk. nur 
lob Mk. gewährt werden sollen. Darauf wurden 
du geJim Ganzen und die 88 2 und 3 ohne 
—X angenommen; ebenso der Rest des Gesetzes 
ad das Gesez im Ganzen nach den Beschlüssen 
zweiten Lesung. Nächste Sitzung Montag; 
rinere Vorlagen. 
In der Sitzung des Oesterreichischen 
bgeordneten⸗ Hauses am Freitag, veranlaßte 
— Demokrat und Antisemit Luger einen großen 
slandal, indem er der Oppositionspartei vorwarf, 
e mache Pantschereien mit der Regierung, die Op- 
oitionszmanner drückten den Ministern die Hand 
donnerten wieder im Abgeordnetenhause gegen 
Ministerium. Sturmischer Wiederspruch erhebt 
b die Abgeordneten springen von ihren Sitzen 
p der Empoörung erschallen; Abg. Gregr 
mit der Hand auf Lüger unter den Worten: 
find eine Schande für die Demokratie, eine 
mag für das Haus!“ . Die tumultuarische Sitz⸗ 
—A mit der Ablehnung des Dispositions⸗ 
9 mit 128 gegen 116 Stimmen, wobei Mi⸗ 
My er Taafe äuͤßerte, er betrachte diesen Gegen— 
der Berathung nicht als Vertrauensfrage. 
der czechische hatriotismus hat sich 
ner Generalbeballe des o8sterreichischen Ab— 
jeordnetenhauses über das Budget wieder einmal 
n bezeichnendem Lichte präsentirt. Unter dem Bei⸗ 
alle jeiner speciellen Landsleute donnerte da der 
Jungczeche Vasam gegen das deutsch⸗ österreichische 
Zunvniß, nachdem dasselbe erst unmitltelbar vorher 
‚om Finanzminister Dunagjewski in beredten Worten 
Jefeiert worden war und fand der erleuchtete Blic 
zes Herrn Vasaty das einzige Heil Oesterreich 
Angarns in einer schleunigen Allianz mit Frank⸗ 
eich und Rußland. Offen sprach Vasaty die Be⸗ 
ürchtung aus, daß Oesterreich vom deuischen Reichs 
hanzler eines schönen Tages einen „Fußtritt erhal⸗ 
len“ werde und meinte er daher, daß sich Oester⸗ 
reich lieber dem Wohlwollen Rußlands anvertrauen soll. 
* Wie gerüchtweise verlautet, wird der Pra⸗ 
sident der französischen Republik Carnor 
eine geplante Reise nach Bordeaux verschieben. — 
Fine Berathung der Verfafsungsrevision wahrend 
der gegenwärtigen Kammersession wird das Mini 
derium Floquei entschieden bekämpfen. 
*DaGrunbuch, welches die italienische 
Regierung der Kammer über die afrikanische 
Poluik vorlegen wird, greift, wie die „Tribuna“ 
nittheilt, auf die Zeit vor der Besetzung Massauahs 
urück und umfaßt alle Phasen der afrikanischen 
Freignisse bis auf die letzten Briefe, die der Negus 
an König Humbert richtete. 
*BVon der Balkanhalbinsel werden 
neuerdings Einfälle griechischer Raäuberbanden auf 
urkisches Gebiet in Macedonien gemeldet. Die 
Ruhesidrungen werden griechischen Umtrieben zuge⸗ 
chrieben. Anlaß zum Einschreiten der Großmachte 
vird sich daraus vorläufig wohl kaum ergeben. 
daß fich in Macedonien griechische Räuberbanden 
zeigen, ist zur Frühjahrszeit eine landesübliche Er⸗ 
scheinung, zu welcher es irgend einer anregenden 
Agitation nicht erst bedarf. Bei der Gespanntheit 
der Siluation auf der Balkanhalbinsel konnten frei⸗ 
lich derartige Räubereinfälle leicht zu ernsteren Ver⸗ 
wicklungen Anstoß geben. — 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 21. Äpril. Die Kammer der 
Reichsraͤthe nahm einstimmig in der Fassung des 
Abgeordnetenhauses das pfälzische Hypotheken⸗Gesetz. 
sowie die Unfallversicherung und nach kurzer De⸗ 
hatte auch den Militäretal an, wobei der Kriegs 
minister erklärt, die Remonte in Bayern bevorzug 
preußische Pferde, weil dieselben villiger seien 
dierauf wurde der Landtag vertagt. 
Berlin, 21. April. Die „Rorddeutsche Allg. 
Ztg.“ meldet übec das Befinden des Kaisers: Das 
Fieber dauert an, ebenso die Eiterentleerung, die 
Iber etwas vermindert ist. Der Appetit nicht be⸗ 
deutend, doch genießt der Kaiser genügende Quanti 
äten entsprechend zubereitete Speisen. Die geistige 
Klarheit und Arbeitskraft ist ungeschwächt. 
Berlin, 21. April. Der Hausminister Graf 
Stolberg theilte dem hiefigen Magistrat mit, daf 
daiser Wil hehim durch ein dem Testament hinzu⸗ 
jefügtes Kodicill vom 19. Juli 1882 der Stadt 
Berlin hunderttausend Mark zu Armenunterstütz⸗ 
ungen oder zur Verwendung für eine besondere 
Suftung ausgesetzt habe. Der Magistrat beschloß. 
die kaiserliche Genehmigung zur Annahme dieser 
Schenkung nachzusuchen. 
Berlin, 21 April. Der Kronprinz hat eine 
amfangreichere Stellvertretung des Kaisers, als noch 
hor 14 Tagen in Aussicht genommen war, über⸗ 
ommen. Heute um 21 Uhr findet eine ver— 
rauliche Besprechung des Staatsministeriums beim 
eichskanzler statt. 
Berlin, 21. April. Fürst Bismard ver, 
weille von 414 bis 53*4 Uhr Nachmittags im Schlosse 
zu Charlottenburg. 
Berlin, 21. April. Das Abgeordnetenhaus 
zenehmigte nach einer wenig erheblichen Debatte 
die Noihstandsbvorlage nach den Beschlüssen der 
zweiten Lesung. 
Berlin, 21. April. Die Koͤnigin von Eng⸗ 
land, deren Ankunft für Dienstag zu erwarten steht, 
wird bis Mittwoch Abend am hiesigen Hofe verweilen. 
Die Geheimen Commerzienraͤthe Krupyouin 
kssen und Stumm in Neunkirchen find in 
den Freiherrnstand erhoben worden. 
Berlin, 122. April. Dem Reichsanzeiger“ 
ist folgendes Bulletin zugegangen: Charlottenburg. 
den 21. April 1888, Abends 8 Uhr 30 Min. 
Bei Sr. Majestät dem Kaiser und König war heute 
das Fieber etwas ermäßigt, das Allgemeinbefinden 
war besser. Morell Mackenzie. Wegner. Krause. 
Mark Howell. Leyden. 
Ausland. 
Paris, 21. April. Im Senat interpellirte 
Tracieur die Regierung über die allgemeine Politik 
und verlangte Aufklärung, weil man nicht weiter 
im Finstern tappen koͤnne. Redner will wissen. 
was nus der Revision werden soll; er kenne eine 
Revifion, die eine Schlinge der monarchischen Par⸗ 
leien sei, und eine zweite sei der lächerliche Mantel 
der Diclatur, die dritte die der Regierung; man 
müsse erfahren, ob die Regierung den Fortbestand 
des Praͤfidenten der Republik und des Senats in 
Frage stelle. Redner vertheidigt den Senat gegen 
seine Verächter, und will sodann noch Auskunft 
haben, ob man im entscheidenden Falle dem Pa⸗ 
riser Geweinderath die Obhut der Haupistadt an⸗ 
bertrauen werde. Zum Schluß sagte Trarieur, 
das Land leide unter der Schwachheit der Regier⸗ 
ung, unter Charlatanen und lügnerischen Program- 
men. In seiner Erwiederung erklärte Floquet, die 
Regierung werde nur eine einfach demokratische 
Rebision zugestehen, wozu das Einverständniß mit 
dem Senat nothwendig sei. Heute könne er nicht 
auf Einzelheiten eingehen. Caärm.) Nach einigen 
Zemerkungen Floqueis und einer Rede Leon Renauts 
zegen Floquet wurde der Uebergang zur einfachen 
Tagesordnung mit 135 gegen 106 Stimmen be⸗ 
schlossen. Floquet ist also Sieger geblieben. 
Paris, 21. April. Der Ausschuß der De— 
putirienkammer für die Revision der Verfaffung 
wurde heute gewählt. Derselbe besteht aus 3 der 
KKebision feindlichen Mitgliedern, 5, die dafür sind, 
jedoch nur, wenn die Regierung zustimmt, und 3, 
die bedingungslos dafür sind, nämlich Michelin 
Boulangist), Larochefoucauld (Royalist) und Faure 
Radicaler). 
Paris, 21. April. Etwa 1000 Studirende 
unternahmen gestern Abend eine antiboulangistische 
Manifesiation und trafen dabei auf eine zahlreiche 
Zusammenrottung von Personen, welche eine Kund⸗ 
gebung für Boulanger bezweckten. In der dabei 
entstandenen Schlägerei wurden gegen 20 Studirende 
derwundet, mehrere ziemlich schwer. 
Moskau, 21. April. Es verlautet hier, 
die Regierung miethe Schiffe, um 200 000 Mann 
nach Bulgarien zu transportiren. 
Lokale und pfälische Nach richten. 
— Landau, 20. April. Das Cafs Landavia 
wurde an Herrn Jakob Lehmann von hier, fruher 
bertellner im Hotel Meßmer in Baden⸗Baden 
derpachtet.