Full text: St. Ingberter Anzeiger

an der Marximiliansbrücke; einige in dem bis da⸗ 
hin ziemlich trocken gewesenen Kanalbette sich tum⸗ 
melnde Knaben wurden nämlich von dem mächtig 
einschießenden Wasser überrascht und ein Knabe, 
der achtjährige Sohn eines an der Mühlstraße 
wohnhaften Taglöhners fortgerissen, so daß er als⸗ 
bald in den Wellen verschwand. Die übrigen 
Knaben konnten sich noch retten. 
F München, 26. April. Gestern Abend 
wurde der verheirathete Schäfflergehilfe Fr. Kern 
in seiner, Morassistraße 204 besindlichen Wohnung 
von seinem Zimmerherrn, dem ledigen Schäfflerge— 
hilfen Ad. Schmitt, nach kurzem Wortwechsel durch 
einen Messerstich imn das Herz gelödtet. Der Thäter 
wurde beim Verlassen des Hauses von zwei Unter⸗ 
offizieren des Leibregiments festgenommen und der 
kgl. Polizeidirektion vorgeführt. Der Mörder hatte 
ein unerlaubtes Verhältniß mit der Frau des Kern. 
FMünchen. Die hiefige Münze hat den 
Auftrag, um zwei Millionen 100 und 206-Mark⸗ 
stücke zu prägen. Dieselben tragen das Bildniß 
Sr. Maj. des Königs Otto. 
Nürnberg. 24. April. Ein vor 12 
Jahren begangenes Verbrechen, eine Brandstiftung, 
fand jetzt vor dem Schwurgerichte seine Sühne. 
Der Müllerbursche Johann Gmelch von Obertru⸗ 
bach hatte nämlich im Jahre 1876 die Scheune 
seines Dienstherrn, des Müllers Michael Walter 
bon der Grafenmühle, angezündet, wodurch ein be⸗ 
deutender Brand entstanden war. Jetzt, nach 12 
Jahren, hatte Gmelch, der zur Zeit im Zuchthause 
zu Waldheim eine wegen Diebstahls zuerkannte 
tjährige Freiheitsstrafe verbüßt, die Brandstiftung 
einem Mitgefangenen eingestanden. Der Schwur⸗ 
gerichtshof sprach eine Gesammistrafe von 8 Jahren 
Zuchthaus unter Aberkennung der Ehrenrechte auf 
10 Jahre aus. 
F Würzburg, 28. April. Der ordentliche 
offentl. Universitätsprofessor der Philosophie Dr. 
Konrad Dise trich wird seit Sonntag Abend 11 
Uhr, um welche Zeit er von zu Hause fortgegangen 
ist, vermißt. Alle Recherchen waren bisher erfolg⸗ 
los. Dr. Diet rich hatte ein furchtbares Kofp⸗ 
leiden. 
F Aus dem Rheingau. Am vorigen 
Samstag wurden, wie das „Frankfurter Journal“ 
meldet, aus den Königlichen Domänen⸗Kellern in 
Eberbach drei Halbstück 1868er Rheingauer Weine 
nach Berlin geschickt, um unserem kranken Kaiser 
als Stärkung zu dienen. 
Mainz, 26. April. Der flüdstig gegangene 
Restaurateur des Cafe de Paris, Jung, ist nach 
einer hierher gelangten Mittheilung jeht wohlbe— 
stellter Restaurateur in Chicago. — Vvie hiefsigen 
Glaubiger erhielten dieser Tage 60 pCi. ihrer For⸗ 
derungen ausbezahlt. — 
. Koblenz, 25. April. Der Geheime Berg 
rath Dr. Gehrhard vom Rath, ordentlicher Professor 
an der Universität Bonn, ist hier an den Folgen 
eines Gehirnschlages verstorben. Kaum 58 Wochen 
sind es her, daß derselbe in vollster Gesundheit in 
Koͤln weilte, um vor dem Antritt einer großen Reise 
den Grundstein zu der von ihm und feiner Frau 
durch eine Schenkung von 450,000 Mt. gestifleten 
Arbeiter-Kolonie Wilhelmsruh zu legen; mit feiner 
Gattin begann er die Reise, aber schon am 19. d. 
Mis. setzte ein Gehinschlag den Plaͤnen des uner⸗ 
müdlichen Forschers ein Ziel. Die aufmerksamste 
Pflege vermochte es nicht, den Kranken ins Leben 
zurückzurufen; ohne Bewußtsein starb er am Mon⸗ 
lag in den Armen seiner Gattin. Als Mineraloge 
war er weit berühmt, als Lehrer hochgeachtet und 
als stets freigebiger Wohlthäter geliebt und gesegnet. 
Gehrhard vom Rath war im Jahre 1880 in Duis 
burg geboren; er hinterläßt keine Kinder. 
Köln, 25. April. Im Auftrage eines 
Lieferanten von Militär⸗Utensilien werden gegen— 
wärtig von einem hiefigen Schreinermeister Militär⸗ 
Patronentaschen aus Holz angefertigt. Der Preis 
derselden ist 30 pCt. dilliger, wie derjenige für 
Patronentaschen aus Leder. Auch sollen die höl— 
zernen Patronentaschen, welche jedoch nur bei 
Uebungen im Frieden Verwendung finden, dauer⸗ 
hafter sein. 
St. Johann, 27. April. Dem Ver— 
nehmen nach sind in letzterer Zeit sowohl hier in 
St. Johann als auch namentlich in Malstatt⸗ 
Burbach zahlreiche Fälle von Typhus⸗Erkrankungen 
vorgekommen. An letzterem Orte soll das Kranken— 
haus mit Typhus ˖ Kranken vollständig angefüllt 
sein. Ueber den Grund dieser beinahe epidemisch 
auftretenden Erscheinung glaubt man sich nicht 
mehr unklar sein zu können, nachdem eine Probe 
)es St. Johanner Leitungswassers in dem chemi⸗ 
schen Laboratorium der Herren Dr. Isbert und 
Benator einer Untersuchung unterzogen wurde. 
Letztere lieferte näamlich über die Qualisit fraglichen 
Wassers ein durchaus ungünstiges Resultat, und iff 
die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß dieses 
Wasser durch irgend welche Fäulnisprodukte von 
nenschlichen oder tierischen Exkreten oder Sekreten 
jerrührend infiziert wurde und hierdurch die be— 
sagten Krankheitserscheinungen verursachte. Ein 
Benuß dieses Wassers dürite also für die erste 
Zeit wenigstens in ungekochtem Zustande möglichst 
zu vermeiden· sein. 
F Wie vielleicht noch erinnerlich wurde vor 
uingefähr vier Jahren in der Nähe des Spicherers 
»erges bei Saarbrücken am Waldessaum die 
deiche eines etwa zwanzig Jahre alten schönen 
ind feingekleideten Mädchens aus Saargemünd 
wie sich spater ergab die Tochter eines dortigen 
Unstreichers) aufgefunden; das Mädchen war durch 
iinen Schuß in die Brust gefödtet worden. Der 
Mordthat dringend verdächtig war ein junger 
Mann, welcher kurz vor der That in Begleitung 
»es ermordeten Mädchens gesehen worden warß 
der Verdacht der Thäterschaft wurde durch die 
Flucht desselben Mannes ins Ausland bestärkt. 
Wie man dem „S. S. A.“ mittheilt, ist der 
Betreffende in der vorigen Woche nach Deutschland 
zurückgekehrt; ein Gendarm verhaftete ihn im Kreise 
Merzig und lieferte ihn in das Gefängniß in Merzig 
ein. Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet hai 
der junge Mann das Geständniß abgelegt, daß er 
»as Mädchen ermordet habe; er sei der Meinung 
Jewesen, durch den Amnestie-Erlaß straflos nach 
Deutschland zurückkehren zu können; hierin hat er 
ich aber gründlich geirrt. 
F Metz, 27. April. Von den Abenteuern 
)reier Schlachtfeld Besucher weiß ein Forbacher Kor⸗ 
espondent des „Els. Isurn.“ Folgendes zu er— 
ählen: Letzten Sonntag, 22. April, hatten drei 
kinwohner von Saarbrüden, worunter zwei Offi⸗ 
ziere in Zivil, das Schlachtfeld von Gravelotte be— 
ucht und sich sodann über Verneville nach Batilly, 
der französischen Grenzstation der Linie Verdun— 
Metz, begeben. Kaum dort angekommen, wurden 
ie als verkleidete Offiziere unter dem Verdacht der 
Spionage verhaftet, jedoch nach einer kurzen Aus⸗ 
einandersetzung mit dem Gendarmeriewachtmeister 
vieder entlassen; fie bestiegen nun, froh, so leichten 
daufes davongekommen zu sein, den Zug nach 
Metz. In Amanweiler, d. h. an der deutschen 
Brenzstation, verließen sie den Zug, um sich wäh—⸗ 
end der Zollrevision durch ein Glas Bier zu stär⸗ 
en. Jedoch auch hier verfolgte fie das Verhängnis, 
nur daß sie diesmal unter dem Verdacht verkleidete 
ranzösische Offiziere zu sein, angehalten wurden. 
Slücklicherweise ging auch hier die Aufklärung ohne 
Schwierigkeit von statten, und so konnten sie end- 
lich ohne weitere Belästigung ihren Zug wieder 
hesteige. 
fWelche Folgen es hat, wenn Arbeitgebec 
es versäumen, ihre Arbeiter bei den Kranken—⸗ 
kassen rechtzeitig anzumelden, zeigt fol 
Jender Fall. Im Frühjahr v. J. trat bei einem 
Industriellen in Gera Donnerstags ein Arbeiter 
ein, dessen Anmeldung bei der Krankenkasse inner⸗ 
halb der ersten drei Tage, also bis zum Samstag, 
der Buchhalter versäumte. Am Montag, an wei— 
hem Tage die Anmeldung geschehen sollte, streikten 
die Arbeiter und weder der Buchhalter noch der 
Chef hielten die Anmeldung für erforderlich. Aber 
m Herbst erkrankte jener Arbeiter, und dem Fabri- 
anten, bei welchem der erkrankte Arbeiter im Früh⸗ 
ahr 3 Tage gearbeitet hatte, ohne bei der Kranken⸗ 
asse angemeldet worden zu sein, ging eine Cur⸗ 
kostenrechnung von über 800 Mark zu, welche der 
Fabrikbesitzer auch bezahlen mußte. 
F Goslar, im April. Von der Südwest⸗ 
ifrikanischen Gesellschaft sind, dem „Nordh. Kl⸗ 
zufolge, von hier zwei Bergleute, Namens Ossen⸗ 
opp und Köohler engagirt worden, welche bereits 
abgereist sind, um sich nach Kapstadt in Südafrika 
ju begeben. Von dort werden dieselben dann nach 
Angra Pequena zur Durchforschung der dortigen 
Boldfelder gehen. Ihr Contrakt lautet vorläufig 
nuf ein Jahr. Die Gesellschaft sichert ihnen freie 
din- und Rückreise, vollsiändig freie Station und 
einen Jahreslohn von 1290 Mik. Einer der Berg⸗ 
leute ist unverheirathet, während der andere seine 
Familie. Frau und fünf Kinder, hier zurückläßt. 
F*Braunschweig, 26. April. Bei der 
zroßen Bedeutung des braunschweigische 
versandte Geschafts mag es auch fur d 
»on Interesse sein, daß der hiefige ht 
n emüsn 
ein, dem fast sämmtliche (an 2000 
Produzenten der Stadt Braunschweig un 
angehören, im Einberständniß mit dlen 
rabriken die Engrospreise für Spu 8 
Zampagne 1888 wie folgt festgesetzt de 
55. Sekunda 35, Tertia 15 gfoa g 
Bei den früheren Preisen von 45, 25 * 
vurde die Kultur unrentabel. Die grohe g 
händler in Berlin und Hamburg solln 
»er Preiserhöhung einverstanden etlidetn 
Es steht für dieses Jahr eine spatere dh 
Spargelernte in Aussicht. ehe 
Zur Nachricht verschiedener Blaͤtter 
dem Giafen Herbert Bismarck —** 
AX Staatnn 
derufen worden sei, führen die Vei 
stachr.“ aus, daß schon ein Vorfahre de din 
chen Familie, Wilhelm August bon Bisman 
782 Geheimer Staats⸗ und —X 
hon im 332. Lebensjahre zu dieser Stellung gñ 
34 Jahre alt, wurde Graf Finkenslein in 
.749 Minister. von Zedlitz. der behurb 
nator der preußischen Schulen, wunde h 
alt Justizminister. Der bekannte Mimsiet da— 
des Großen, Hertzberg, gelangte 38 Jahen 
ieser Würde. 
x In einem eleganten Berliner ( 
ein Hellner in Ohnmacht. Ein zufällig a— 
der Arzt brachte ihn rasch wieder zum Behu 
und auf die Frage des Doctors, was wo 
Ursache seines plotzlichen Unwohlseins seinp 
entgegnete der Kellner mit schwacher 60 
Eine Dame, die hie: Limonade nahm, he 
ünf Pfennig — Trinkgeld gegeben.“ 
f.Das Bier emanzipirt! De 
dorr.“ schreibt: „Im Hotel Merkur zu Lan— 
„chlesien ist eine besondeee Bierstube für d 
ingerichtet worden, in der Münchener Saht 
räu zum Ausschank kommt. Es ist leicht m 
»aß die Frauen in einigen Jahrzehnten 
ifrig am Genuß berauschender Getränke then 
nen, wie ihre Brüder und Gatten. Ihr! 
ämpferinnen werden sagen, bayerisches Bier! 
auf Kehle und Magen der Frau dieselben Cin 
ungen wie beim Manne, und Kueipenluft 
dneipenzeitvertreib können für Frauen nicht 
icher sein wie für Männer, und darin werden 
'o Unrecht nicht haben. In Amerika und Erg 
wo doch der Konsum alkoholischer Getränke 
mählig abnimmt, klagt man allenthalben ühn 
vachsende Trunksucht der Frauen; in Deuhhch 
sst uns zwar noch das widerliche Schauspit 
part, Mütter mit Säuglingen auf dem Am 
runken vor den Schnapskneipen hocken zu sh 
aber es läßt sich nicht leugnen, daß das dir 
ind der Besuch von Bierlokalen durch Fraum 
in Deutschland in den letzten Jahrzehnten feh 
jenommen hat. Bisher gingen die Damen 
in Bebleitung ihrer Herren zu Bierkonzerhen 
in die Biergaͤrten und Bierstuben; in Landet! 
ie also den weiteren Schritt gethan und, 
allein, ihr Glas Bier unter fich zu trinken. 
ürchten, daß dieses Beispiel Nachahmung fjl 
dann fehlt nur noch, daß man auch überall? 
stuben für Kinder unter vierzehn Jahren eihf 
damit auch sie den edlen Salvatortrank im eite 
Zreise genießen lönnen, nachdem sie bishet “ 
'o vielfach von den Eltern in die Biergärten! 
Bierkonzerte mitgenommen wurden, und iher 
illmählig der Trieb nach Alkohol eingepflanht 
Welche kuriose Sprünge der Blitz oft m 
davon gibt eine Mittheilung über ein Gewitten 
üngsten Freitag Abend, welches das — 
Dorf Riken heimsuchte, wieder einen Beweis 
Zauseigenthümer saß ganz gemuthlich beim 
ssen und hielt eben eine Schüssei in den gr 
als der ungebetene Gast ins Haus fiel. An 
ielen die Scherben klirrend zu Boden. Der 
jatie ihm die Schüssel in den Händen deml 
nerkwürdigerweise aber dem Manne selbet 
Schaden zugefügt. 
Schwache Nerven. Mit der 
värtigen, verweichlichten Generation darf — 
reine Verdauungsspäße erlauben; sie bertraͤgtan 
Diese Erwägungen schlug, wie der „W. 9 
iin Freund aus Genua schreibt, dort die 
Salandra leichtfinnig in den Wind, indem gt 
Tage ein großes Diner gab, und dazu 120*