Full text: St. Ingberter Anzeiger

Studienlehrer in Dürkheim, der Kirche als Pfarrer 
in Oppau, dort wurde ihm auch die Schulinspektion 
des Distriktes Frankenthal übertragen. Im Anfang 
des Jahres 1848 erhielt er die dritte Pfarrstelle 
dahier, woselbst er auch längere Zeit als Professor 
der prot. Religionslehre an dem Gymnasium und 
der Lateinschule wirkte. Im Jahre 1856 auf die 
Pfarrstelle Wachenheim befördert, wartete er daselbst 
jeines Amtes, bis er im Jahre 1864 als Konsi⸗ 
storialrath und zweiter Pfarrer nach Speyer zurück⸗ 
derufen wurde, in letzterer Thatigkeit jedoch durch 
einen Vikar unterstützt. Auf sein Ansuchen 1876 
als Konfistorialrach in den Ruhestand ver— 
setzt, versah er das Pfarramt, bis das zunehmende 
Alter und die abnehmende Kraft ihn nmöthigte, 
abetmals die Hilfe eines Bikars für seine weitere 
Amtsdauer in Anspruch zu nehmen. Aber duch da 
dlieb der nun Entschlafene in kirchlichen und Ge⸗ 
meindeangelegenheiten thätig, namentlich waren es 
zwei Vereine, der Gustav⸗Adolfverein und der 
Verein zur Erbauung einer Gedächtniskirche in 
Speyer, welche er als Vorstand leitete, seine Zeit 
und Kraft und sein lebhaftes Interesse ihnen wid⸗ 
mend. Sein höchster Wunsch für dieses Leben war, 
noch die Grundsteinlegung der Gedächtnis⸗ (Retscher⸗) 
Kirche schauen zu dürfen. Er hat das nicht erreicht. 
In religiöser Richtung freisinnig, war er doch milde 
gegen Andersgefinnte und ein wohlwollender Amts⸗ 
genosse ohne Ansehen der Person. Am nöthigen 
Kreuz hat es auch ihm nicht gefehlt, seine Gattin, 
eine geborene Mühlhäuser, mußte er vor Jahren 
schon zu Grabe tragen, der älteste Sohn, in aus- 
gedehnter Wirksamkeit stehend, wurde ihm durch 
raschen Tod entrissen, aber er irug diese und andere 
Lasten mit stiller Fassung, treubesorgt für die Seinen. 
Bis vor wenigen Monaten lebhaften Geistes, heiter 
im Verkehre, thätig in der Arbeit, traf auch ihn 
der Ruf: Bestelle Dein Haus! Er hat sein Alter 
gebracht auf 83 Jahre 6 Monate. R. i. p. 
Sp. Ztg.) 
— Frankenthal, 8. Mai. (Strafkammer.) 
Dem Landwirth Tobias Muth von Obrigheim lief 
am 13. Januar ein junger Jagdhund zu. Er 
ließ denselben sofort in der „Grünsiadter Zeitung“ 
ausschreiben, führte ihn aber, als am 20. Januar 
die: Hundevisitation vorgenommen wurde, nicht vor, 
angeblich, weil ihn der Hund nichts anging und 
weil er denselben auch wieder habe loswerden 
wollen. Wegen Uebertretung des Hundegebühren⸗ 
gesetzes zur Anzeige gebracht, erkannte das Schöffen ⸗ 
gericht Grünstadt auf Freisprechung, gegen die der 
kal. Amtsanwalt Einspruch erhob. Seine Beruf- 
ung wurde als begründet erachtet und Muth zu 
einer Geldstrafe von 12 Mark, dem doppelten Be⸗ 
trag der Hundesteuer, die mittlerweile entrichtet 
worden war, da sich der frühere Eigenthümer nicht 
meldete, verurtheilt. Auch fallen ihm die Kosten 
erster und zweiter Instanz zur Last. In dem Ur—⸗ 
theile wurde ausgeführt, daß nicht der rechtliche 
Eigenthümer, sondern der jeweilige Besitzer eines 
Hundes anmeldepflichtig ist. da fragliches Gesetz 
weniger fiskalischen als sanitätspolizeilichen Zwecken 
dient. 
— Aus der Pfalz schreibt man Ider „Pf. 
Prefsen: Wie man von ganz zuverlässiger Seite 
vernimmt, ist die hohe kal. Regierung der Pfalz 
gewillt, dem längst gehegten Wunsche der pfälzischen, 
wie auch der ganzen bayerischen Lehrerschaft auf 
Abschaffung der ordentlichen Jahresschlußprüfungen 
nachzukommen. Der Ptüuiungsmodus soll sich 
derart gestalten, daß jeder Distrilisschulinspektor in 
sämmtlichen ihm unterstellten Schulen jährlich wenig⸗ 
stens eine außerordentliche Visitation, ähnlich der⸗ 
jenigen der kgl. Kreisschulinspektoren, vornimmt. 
Am Schlusse des Schuljahres soll unter Leitung 
des Lokalschulinspektors ein Schulakt stattfinden; 
ob mit demselben eine nochmalige Prüfung ver— 
dunden wird, ist bislang nicht bekannt geworden. 
BVermischtes. 
F.Dudweiler, 11. Mai. Ein Gnadenakt 
Sr. Majestät des Kaisers Friedrich hat im benach⸗ 
barten Bildstock große Freude hervorgerufen. Vor 
etwa drei Jahren wurden drei dortige Bergleute 
angeklagt, ein Reh geschossen zu haben; fie wurden 
gerichtlich bestraft und infolge dessen von der Grube 
gänzlich abgelegt. —Die betr. Bergleute, die starke 
Familien haben, machten Gesuche an bverschiedene 
Behörden, aber ihrer Bitte um Wiederanstellung 
konnte nach Lage der Umstände nicht entsprochen 
werden. Einer der Bergleute hat den letzten Feld⸗ 
zug mitgemacht und ist für tapferes Verhalten vor 
dem Feinde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse 
dekorirt worden. Nun reichten kürzlich die drei Berg⸗ 
leute ein Gnadengesuch bei Sr. Majestät dem Kaiser 
ein und schilderten Alles in wahrheitsgetreuen Worten 
Schon vier Tage darauf traf per Telegramm 
die Antwort Sr. Majestät ein; Kaiser Friedrich 
der Gnade für Recht ergehen ließ, hat befohlen. 
die betr. Bergleute wieder in ihre Arbeit und in 
ihre Rechte einzusstzen. Die Freude der Beglückten 
und ihrer Angehörigen ist nicht zu schildern, und 
Erstere werden gewiß der Huld ihres Kaisers sich 
vürdig erweisen. (St. J.S. A.) 
FNeunkirchen. 10. Mai. Nachdem der 
siefige Gemeinderath in der letzten Sitzung be⸗ 
chlossen, sein Mitglied Herrn Geheimrath Stumm 
u dessen Erhebung in den Freiherrenstand zu be— 
lückwünschen, überbrachte, wie die „S.⸗ u. Bl. Ztg.“ 
erichtet, die zu diesem Zwecke gewählte Deputation 
jestern Nachmittag Herrn von Stumm ein Glück⸗ 
vunschschreiben etwa folgenden Inhalts: 
„Hochgeehrter Herr Geheimer Kommerzienrath! 
Ddie Erhebung Ew. Hochwohlgeboren und Dero 
jochgeschätzter Familie in den Freiherrnstand ist in 
jiesiger Gemeinde mit besonderer Freude begrüßt. 
Die hohen Verdienste, welche die Familie Stumm 
und insonderheit Sie, Herr Baron, sich um unser 
Baterland erworben und welche gegenwärtig von 
Sr. Majestät dem Kaiser in außerordentlicher Weise 
merkannt sind, kommen in erster Linie Ihrem Heimats⸗ 
axte Neunkirchen, mit dem Ihre Familie seit fasi 
inem Jahrhundert verbunden ist, zugute. Hand 
nn Hand mit der stetigen bedeutsamen Entwickelung 
Ihrer hiesigen Werke hat fich unser Ort zu einem 
mmer blühenderen Gemeinwesen entfaltet und ein zahl 
teicher Arbeiter · und Bürgerstand hierselbst eine 
zeficherte Existenz gefunden. Ew. Hochwohlgebdren 
saben durch weise und wohlwollende Maßregeln zur 
Erhaltung des sozialen Friedens in unserer Gegend 
vesentlich beigetragen. In dankbarem Hindblicke 
nuf Ihre segensreiche Wirksamken hat der Gemeinde—⸗ 
ath von Neunkirchen, dem Sie seit langen Jahren 
ils Mitglied angehören, beschlossen, Ew. Hochwohl⸗ 
jeboren zu dem neuen Glanze, welcher Ihrer Fa— 
nilie durch die Erhebung in den Freiherrnstand 
jerliehen ist, die besten Glückwünsche darzubringen 
ind die Unterzeichneten beauftragt, dieselben Ew. 
dochwohlgeboren schriftlich auszusprechen. Indem 
vir den ehrenvollen Auftrag hierdurch erfüllen, 
itten wir Ew. Hochwohlgeboren zugleich ehrer⸗ 
zietigst, diese Glückwünsche auch ihrer hochgeehrten 
Familie gütigst zu übermiiteln. 
Neunkirchen, 9. Mai 1888. 
Bürgermeister, Veigeordnete und Gemeinderaths- 
mitglieder (Unterschriften).“ 
Herr Geheimrath v. Stumm sprach der Depu—⸗ 
ation den wärmsten Dank aus für die Sympa— 
hien, welche die Gemeindevertretung von Neun- 
irchen ihm auch bei dieser Gelegenheit wieder zu⸗ 
vendet habe. Wenn es ihm gelungen sei, die 
Allerhöchste Zufriedenheit mit seinen Bestrebungen 
zu erringen, so verdanke er dieselbe, insoweit sie 
ich auf seine öffentliche Thätigkeit erstrecke, in erster 
dinie dem einträchtigen Zusammenwirken mit der 
echt patriotischen, reichss und königstreuen Bevölker⸗ 
uing von Neunkirchen. Wie in der Vergangenheit, 
jo werde er auch für die Folge den Schwerpunkl 
einer Täthigkeit in Neunkirchen finden; er baue 
fest auf die treue Mitarbeit seiner Mitbewohner 
auf sozialem und politischem Boden, in fester und 
anwandelbarer Treue zu Kaiser und Reich, wie 
auch die Zeiten kommen mögen. Herr v. Stumm 
bat schließlich die Herren, aduch der Gemeindever⸗ 
retung seinen Dank übermitteln zu wollen, deren 
Mitglied zu sein er fich jederzeit zu Ehre anrechnen 
werde. 
fNeunkirchen, 10. Mai. Cin großes 
dohlenlager, 200 Tonnen enthaltend, wird zurzeit 
'n der Nähe des Bahnhofs hierselbst angelegt, da— 
nit für alle Fälle die Sicherheit vorhanden ist, 
zaß die Lokomotiven ihre Kohlen schnell und prompt 
innehmen können. Aehnliche Lager werden an 
illen Hauptstationen ünd Knotenpunkten errichtet. 
Die Kohlen bleiben eine gewisse Zeit liegen, wer⸗ 
den alsdann, auch wenn kein außerordentlicher Be—⸗ 
zarf eingetreten ist, verbraucht und sofort wieder 
durch neue ersetzt. J (S. B. 3) 
F München, 10. Mai. Das boayerische 
driegerdenkmal bei Woͤrth soll am 
b. August, am 18. Jahrestage der Schlacht bei 
Woörth, enthüllt werden. Es wird seitens ver 
payerischen Kriegerbereine beabfichtigt, bei diesem 
Anlaß unter bedeutender Fahrpreisermäßigung 
auch Metz und Straßburg“ zu besuchen. Die 
Ausführung des Planes hängt von d 
Betheiligung ab. Sonntag, den J 
Morgens Ankunft in Weißenburg; 
ber Sadtund des Sahe 
Fabrt bis Walburg, von da zu dug b 
nach Wörth. Am 6. August enne 
Worth. Am 8. August in Meh. nnn 
verschiedenen Routen über die Pfch 
Niederwald zurück. 
FAugsburg, 8. Mai. Der deuh 
ein für Gesundheitspflege hat dem biste 
einen Fragebogen zugesandt minn * 
sich zu äußern, ob er nicht die —5 
Ortsstatutes im Sinne des 5 23 
werbeordnung nothwendig halie, wonach 
räuschvolle Gewerbe und Dampftesflin 
bestimmte Stadttheile verwiesen werden 
Der Magistrat hielt das Bedürfniß in dis 
ung 'als nicht worhauden, Augsburg ser cin⸗ 
stadt für Industrie und es sei daher nicht 
die Indufstrie einzuschränken. 
F Nürnberg, 6. Mai. Eine traun 
der September⸗Nationalfeier des Jahteh 
hat jetzt das Oberlandesgericht beschifis 
wurde nämlich am 5. September 1886 do 
nicht ermittelten Besucher des Festplaes a 
werkskörper in eine Wirthschaftsbude gewore 
ein Wirthschaftsgast hierdurch derart verleh 
er ein Auge verlor. Der Verunglückte hatn 
gegen die Stadtgemeinde Klage auf Ersah de 
kosten sowie auf Zahlung einer Jahredien 
2880 Mk. gestellt, da er durch den Unglh 
einen innegehabten ständigen Reiseposten 
und völlig arbeitsunfähig geworden sei. de 
gericht hatte die Klage, welche sich darau 
daß die Polizeibehörde die ihr obliegende 
versäumt habe, abgewiesen, da kein Cuu 
menhang zwischen der Verletzung und 
lungsweise der Polizei vorliege. Die 
wurde vrom Oberlandesgericht dahin besche 
die Klage zwar vocerst abgewiesen wutd 
wurde im Urtheil ausgesprochen, daß em 
waltungsweg festgestellt werden müsse, od 
zeibehörde den Unglücksfall verschuldet habe 
FBei der Reichsbank ist seit mehrere 
eine neue Einrichtung, betr. den Giro⸗Verh 
Kraft getreten, die dem gesamten Handels 
zum vwesentlichen Vorteil gereicht. Es ist m 
bei faͤmtlichen Nebenstellen mit Kassenverker 
erweiterte selbstständige Giro⸗Verkehr eingen 
d. h. es werden nunmehr von allen stelbststän 
Bankanstalten sämtliche Giroübertragungen dir 
die betreffenden Nebenstellen und von den 
stellen an sämtliche Bankanstalten einschließl 
Nebenstellen, die rothen Checks in Beträgen 
mindestens 3000 und höchstens 50000 Ml 
falls direkt avisiert werden. 
Landwirthichaftliches. 
Als neues Mittel gegen die Ke 
J toffelkrankheit 
empfiehlt Prof. K. Fasquelle den sogen 
„Bordelaiser Brei‘. Zur Heeftellur⸗ 
Mittels, welches zur Gewinnung völlig 
Pflanzgutes vielleicht auch bei uns R 
finden könnte, werden in 100 Lite 
Regen⸗ oder Flußwasser 8 Kgr 
Kupfervitriois aufgelöst. Daneben 
mit 30 Liter Wasser und 15 Kgr. 
Kalk eine Art Kalkmilch, welche unte' 
vitriollssung gerührt wird. Mit die: 
werden die Blätter der Karioffeln, 
Kartoffeln behäufelt sind, vermittelst 
diesen“ Zweck verfertigter Instrumente 
sateurs) bespritzt. I 
Die mit' dieser Flüssigkeit versuch— 
handelten Kartoffelstauden ergaben bei 
nur gesunde Knollen, welche weder inne. 
Außerlich die geringste Spur von* 
krankheit zeigten, während sich an den n 
der Flüsfigkeit bespritzten Kartoffelstauden 2 
rante Kaͤdllen sanden. Am 83. Januet 
vurden die Kartoffeln im Keller neuerdur 
sucht, woben sich herausftellte, daß die 
der in Behandlung' genommenen Stauden 
aus gesund waren, während der —A— 
tranken Knollen der nücht behandelten 
auf 5 gestiegen war. Wenn nun auch 
rinzelte Versuche zur Bekämpfung der 
trankheit vermittelst der gupfervitrioln 
lüegen, so find die erzielten Resultate do