Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ugberter gsece erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ Blatt und Freitags und Samstags mit acht 
eie Sellage. Das Blatt iostet vierteliahrlich A G6d Aeinschlie slich Tragerlohn; durch die Post bezogen ĩ.A 78 4, einschließlich 40 Zustellung sgebuhr. Die 
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Autunft ertheilt, 16 , Neklamen 30 4. Vei Amaliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
700. 
Politische Uebersicht. 
Der Bundesrath soll in seinen Aus⸗ 
jen die Vorberathung des Genossenschaftsgesetz 
nfes hereits beendigt haben, doch fehlt es noch 
Aeten Mittheilungen über den Verlauf dieser 
dlungen. Was den Stand der bundesräth- 
vVorarbeiten zum Arbeiter-Altersversicherungs⸗ 
anbelangt, so heißt es, daß diese ebenfalls 
g weiterschreiten, so daß diese wichtige, gesetz 
aiche MNaterie wenigstens in ihrem ersten Sta— 
is zum Eintritt der sommerlichen Pause in 
inneren Politik erledigt werden dürfte. 
qn Varis fand am Mittwoch eine Art 
at zur Redolutionsfeier des nächsten Jahres statt, 
die historische Ausstellung zur Er⸗ 
ung an den Basiillenst urm eröffnet wurde. 
Ministerprasident Floquet wohnte dem Eröff⸗ 
pacte bei und hielt er hierbei eine Rede, in 
Ii er unter Hinweis auf die Bedeutung des 
lensturmes sagte, die Franzosen hatten Götzen⸗ 
let umgestürzt, die Jahrhunderte lang verehrt 
dden seien, und betonte, daß die heutigen Fran- 
in nicht Götzen verehren wollten, die nur nach 
Jechen zühlten. — Meister Boulanger werden die 
Dhen gewaltig brummen! 
Von hochamtlicher russischer Seite liegt 
langerer Pause wieder eine Aeußerung zur 
igarischen Frage vor. Der Petersburger 
—E verschiedene 
sartel, weiche der panslavistische Journalist 
wsschew jüngst in der „Nowoje Wremja“ über 
hutgatischen Angelegenheiten gebracht hatte und 
zu sih das Petersburger Regierungsblatt ungefähr 
in vernehmen: Die Ereignisse aus dem Kriege 
7NI78 seien noch zu frisch, um einer unpartei⸗ 
xn geschichtlichen Kritik unterzogen werden zu 
men und müsse daher die russische Regierung 
uden über den letzten Orientkrieg aufklärenden 
nücken noch zurückhalten. Diese Reserve sei 
w mehr geboten, ais die aus dem Kriege re⸗ 
nenden Ergebnifse mit der gegenwärtigen poli- 
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en Vertreter in Bulgarien hätten in ihrer Action 
chwankende Haltung eingenommen und schreibt 
ursachen der Verschlechterung in den russisch- 
qarischen Beziehungen, einentheils den 
atigen Zuständen Bulgariens, anderntheils den 
ienfeindlichen Einwirkungen zu. Zum Schlusse 
aicht der Bote“ die Hoffnung aus, daß die bul⸗ 
ihen Staatslenker von ihren „Verirrungen“ 
riclemmen und endlich das Woblwollen Ruß- 
unds für Bulgarien anerkennen wurden und betont, 
h die russische Regierung an ihrem auf Bulgarien 
ilichen Programm durchaus festhalten werde. 
Deutsches Reich⸗ 
Nünchen 1n. Dien. Die .Deuische Reigs⸗ 
und nach ihr bayerische Blätter. theilen 
dne Bischof von Passau sei gemüthskrank ge 
* — Die Verhandlungen mit dem Papst 
8 Nachfolge seien dahin abgeschlossen, daß 
sr Nirschl· Würzburg als Weihbischof mit 
di der Nachfoige aufgestellt werde. Die 
eit dieser Mittheilungen wird hier an zu⸗ 
g Stelle zwar nicht direkt in Abrede gestellt, 
7 absolut nichts von diesen Verhandlungen 
mnt so daß fie' in dieser Form zum Mindesten 
iüht erscheinen. 
Zerlin, 12. Mai. Seit heute haten die 
dem Kaiser, um dessen Arbeitsdrang nach⸗ 
Montag, 14. Mai 1888. 
ugeben, zum ersten Male wieder seit langerer Zeit 
esiattet, Zeitungen zu lesen. 
Ausland 
Wien, 12. Mai. Eine Anzahl Siudenten 
eranstalteten heute Abend eine große antisemitische 
Ddemonstration. Sie fuhren zuersi in vielen Wagen 
or der Wohnung Schoͤnerer's mit Hochrufen vor, 
berreichten der Frau Schönerer Blumen und zogen 
ann lacrmend üder die Ringstraße, die „Wacht am 
sthetin“ singend, durch die innere Stadt vor das 
driegsministerium. Unterwegs hielten sie Hofe⸗ 
suipagen an, das Hoch Schönerers im Chorus 
ufend. In Wien herrscht große Entrüstung. Es 
anden drei Verhaftungen statt. 
Lille, 12. Mai.“ Boulanger's Einzug glich 
inem Triumphzug, eine, von Einzelnen auf 50,000 
Menschen geschäßte Menge gab ihm das Geleite 
zis zum Hotel. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 14. Mai. Gestern Abend 
'and im Oberhauserschen Saale der zweite „Fa⸗ 
nilienabend“ des protestantischen Kirchenchores statt. 
Zu demselben hatten sich Freunde der Musik und 
seselliger Unterhaltung zahlreich eingefunden. Das 
ßrogramm war mit feinstem Geschmack zusammen⸗ 
sestelll und fand eine durchweg gelungene Aus⸗ 
ührung. Vor Allem entzückte der meisterhafte 
labier Vortrag zu vier Handen aus „Lohengrin“. 
Nicht minder verdienten Beifall ernteten die beiden 
zdieder für Sopran: „Sehnsucht“ von Curschmann, 
owie „die Krone im Rhein“ von Menter. Der 
kirchenchor hat aufs Neue bewiesen, daß er in 
einem kaͤnstlerischen Streben immer größere Erfolge 
rringt, wie es unter der tüchtigen Leitung des 
herrn Dirigenten und den lobenswerthen Bemüh⸗ 
ingen der Mitglieder nicht anders zu erwarten ist. 
* St. Ingbert, 14. Mai. Für den ersten 
pfingstsonntag wird soeben die Eroffnungsvorstellung 
es Siadisheater- Ensemble's aus Landau in 
ziefiger Stadt angezeigt und zwar durch 
hie zur Zeit in Landau weilenden Direktion 
Süßenguth. Der Ruf, welcher derselben vor⸗ 
nusgeht, ist ein sehr günstiger: ihre Gastspielvor⸗ 
tellungen sollen durchaus Aufführungen von zweifel⸗ 
sos wirklicher künstlerischet Bedeutung sein. Es 
dehen daher in der That genußreiche Abende zu 
rwarten. Nehrigens ist die genannte Direktion 
iberall, wo sie aufgetreten, in allen Kreisen beliebt 
zeworden und hat sich vornehmlich auch die Soli⸗ 
zität zu wahren und allgemeine Achtung zu erwer⸗ 
zen gesucht. Selbst ein vorzüglicher Kuͤnstler, hat 
diretlot Suüßenquth im Verein mit sehr schätzens- 
werthen Mitgliedern stets wohlgelungene Aufführ⸗ 
ungen geboten. — Bei Herrn Süßenguth's Po⸗ 
uarilat in Kunstlerkreisen, als früherer Hofschau— 
pieler, ist es ihm ermöglicht, sein Personal be⸗ 
jandig auf künstierischer Höhe zu erhalten, wie er 
indererseits in den Stand gesetzt ist, durch direkte 
Berbindung mit den hervorragendsten Bühnenschrift⸗ 
lellern der Gegenwart jede epochemachende Novität 
benso rasch wie große Bühnen dem Publikum vor⸗ 
uführen. Wir nehmen daher keinen Anstand, das 
nlternehmen mit unserer warmen Empfehlung 
estens zu unterstützen. 
— Homburg. Bei dem pfalzischen Belociped⸗ 
Wetifahren am 10. Juni wird die Meisterschaft 
er Pfalz zum Austrage kommen. Der Sieger 
erhält den Titel: Meisterschaftsfahrer der Pfalz 
ür 188889 nebst einer Meisterschafts⸗ Medaille 
Ind einem Werthpreis von 200 Mark. 
23. Jahrg. 
P Von der Bickenalb. — Pfingsten, das 
iebliche Fest ist in Sicht. Mancher geplagte Erden⸗ 
zilger hat da ein paar freie Tage. Ich rate ihm, 
venigstens einen davon zu benützen, um die Mühen 
ind Lasten seines Berufes oder die Sorgen seines 
Beschaftes abzuschütteln und neue Kraft für den 
deeren Lebenskampf zu gewinnen. Was wäre 
hiezu geeigneter, als ein Ausflug in eine andere 
Amgebung, in Gottes freie Natur und zu anderen 
Menschen und Menschenwerken? Da mache ich nun 
ie Bewohner des Westrichs auf einige Oertlichkeiten 
in ihrer Heimat aufmerksam, die sich besonders das 
zu eignen. Es ist dies zuvörderst der Kirchheimer- 
jof, der schöne Sitz des Herrn Jacomin de Malespine, 
nit seinen herrlichen Anlagen und seiner lieblichen 
Nussicht in das untere Bliesthal, durch welches sich 
Fluß, Straße und Eisenbahn schlängeln und wo— 
us das Städtchen Blieskastel und eine Anzahl 
Dörfer mit ihren Kirchtürmen heraufgrüßen. Er 
st von der Bahnstation Breitfurt in einer Viertel⸗ 
junde zu erreichen. Des Weitern gewährt ein 
albstündiger Gang auf den Großkahlenberg am 
Haldessaume gegen Böckweiler und Neualtheim in 
inem Bogen einen wahren Hochgenuß. Man atmet 
rische Berge und würzige Waldesluft ein und hat 
me Rundsicht vor sich, die ihres Gleichen im 
Bestrich vergeblich sucht. Hat sie doch jüngst ein 
steisender mit derjenigen vom Rigi in der Schweiz 
verglichen. Von dieser Höhe, die nach der Laub⸗ 
nann'schen Karte 1365 Fuß mißt, treten gegen 
sordweften die Biesinger Spitze, dahinter der Stiefel 
ind Kahlenberg, der Elbersherg, darüber hinaus 
ie Berge des Hundsrüds bis zum fernen Wald⸗ 
rbeskopf, gegen Norden der Hocherberg, Potsberg, 
semigiusberg, Königsberg u. a., gegen Nordosten 
Rie Sickingerhöhe, im fernen Hintergrund der Don⸗ 
gersberg, gegen Osten die Berge der Vogesen in 
inem Kranze vom Johanniskreuz und Eschkopf bis 
um Winterberg bei Bitsch, darüder hinaus die 
hipfel des Schwarzwaldes (Kniebis u. a.), gegen 
Süuden ebenfalis die Vogesen bis zur hohen Tonne 
Donon) und zahlreiche, jetzt in vollem Schmuck 
zcangende Wälder, grünende Saatfelder mit blühen⸗ 
en Obstbäumen,. die Stadt Pirmasens und viele 
Dorfer und Höfe in der Pfalz und im nahen 
dothringen vor die Augen. In den benachbarten 
Dörfern kann man uberall seine leiblichen Bedürf⸗ 
nisse gut und billig befriedigen. Die Wege find 
rocken. Nach Blieskastel ist mittels der Straße 
zber Mimbach in anderthalb Stunden zu gelangen. 
Ber noch keine Hünengräber gesehen, hat Gelegen⸗ 
Jeit, deren neunzehn binnen einigen Minuten im 
dirchheimerwalde aufzusuchen. Zwei davon wurden 
hor einigen Jahren durch Herrn Dr. Mehlis 
us Düriheim aufgedeckt. Der Geolog hat ein 
Bersteinerungsfeld und der Botaniker eine seltene 
Flora vor sich. Fast jedes Jahr vwar der jetzt ver⸗ 
orbene beruhmte Schulz bipontinus einmal hier⸗ 
ben auf der Suche nach seltenen Pflanzen. 
FN Von der Limburg, 10. Mai. Wahr- 
zaft prachtvolles Wetter hatte heute aus Nah und 
Fern die Freunde eines Maienspaziergangs heraus⸗ 
seloctt auf unsere altehrwürdige Limburg. Schon 
J oller Frühe hatten sich viele Touristen zur Be⸗ 
ichtigung der Burg eingefunden, empfangen von 
)en lustigen Weisen der Kapelle Keller aus Dürk⸗ 
heim. Der Ausblick vom hohen Turme war ein 
beraus freier. In den schattigen Baumgaͤngen, 
wischen zertrümmerten Mauern ergingen sich die 
bensfrohen Schaaren und auf der weiten Fläche 
or dem Turme tummelten sich die Jungern im