Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Aus der Pfalz, 15. Mai. Wie die 
„Pf. Ztg.“ hört, weilt gegenwärtig der Herr 
Forstrath v. Krafft- Dellmensingen aus dem königl. 
Finanzministerium in Speyer, um Verhandlungen 
mitek. Regierung zu pflegen wegen Verlegung des 
Forstamissitzes Johanniskreuz ins Schloß nach 
Trippstadt, sowie zur Errichtung einer Waldbau⸗ 
schule daselbst. Dieselbe soll bereits im Oktober 
ds. Is. ins Leben treten. F 
Vermischtes. 
FSaargemünd, 16. Mai. Das Pferd 
des Postpacketwagens ging gestern früh auf der 
Bergstraße durch und sprengte in rasendem Galopp 
durch die Nationalstraße nach dem Platze vor dem 
Landgericht, wo es an den vor Kurzem beendeten 
Anlagen einen unerwarteten Widerstand fand. Durch 
den Ruck, den der Wagen beim Anprall an die 
Trottoirsteine erhielt, wurde der Kutscher im Bogen 
auf den weichen Rasen geschleudert und das Pfert 
blieb stehen. Nur geringe Beschädigungen an der 
Anlagen waren die Folge der beünstigenden Fahrt 
K Saargemünd, 16. Mai. In nicht 
geringe Aufregung wurden heute Abend die Bürger 
unserer Stadt versetzt. Gegen 5 Uht traf tele— 
graphisch der Befehl ein, daß das hier garnisonirende 
Militär sofort nach der Grenze abmarschiren solle. 
Schon um 6 Uhr war die Kaserne leer, das Thor 
derselben abgeschlossen, unsere Soldaten hatten uns 
berlassen. Was hat diese Maßregel zu bedeuten? 
so fragte man sich voll banger Besorgnis. Handelt 
es sich bei derselben nur um eine miliärische 
Ordre oder aber läßt sie auf ernstere politische 
Verwicklungen und drohende Gefahren von Westen 
her schließen? Tiefer blickende „Politiker“ wollen 
ja aus den in Frankreich sich abspielenden Ereig⸗ 
nifsen der letzten Wochen mit ziemlicher Sicherheit 
die Vorbereitung und Anbahnung von Verhältnifsen 
erkennen, die uns auf's Eindringlichste mahnen, 
strengste Wache zu halten, neo quid respublica de- 
trimenti capiat, d. h. daß wir nicht von unsern 
unberechenbaren, von der Revanchelust regierten 
Nachbarn überrumpelt werden. Mit großer Span⸗ 
nung fieht man darum den nächsten Tagen ent- 
gegen; hoffentlich bringen dieselben günstige Auf⸗ 
klärung, welche die düsteren Sorgen zerstreuen und 
die aufgeregten Gemüther wieder beruhigen wird 
KeSaargemuünd, 17. Mai. Der gestern 
Abend erfolgte plötzliche Aus- und Abmarsch unsrer 
Garnison war nur eine militärische Ordre und hatte 
keinen politischen Untergrund. Um 8 Uhr kehrte 
dieselbe schon wieder in die Kaserne zurück und 
sind die durch ihr unvermutetes Ausrüdeen verur⸗ 
sachten Befürchtungen zum Glück wieder gehoben. 
FSchweinfurt, 16. Mai. Zu Rückert's 
hundertjährigem Gehurtstage fand heute Morgen 
ein Festaktus in der Aula des Gymnasiums statt, 
wobei Ruckert'sche Dichtungen deklamirt und gesungen 
wurden. Das Geburtshaus des Dichtecs, Ede der 
Rückertstraße und des Marktes, ist festlich geschmückt. 
Heute Abend begibt sich ein Zug von Sängern und 
Fackeltrügern auf den Marktplatz, um vor dem 
Geburtshause gesangliche Vorträge abzuhalten. 
FFrankfurt a. M., 15. Mai. Vor meh⸗ 
reren Monaten erließ die japanische Regierung in 
größeren englischen Zeitungen ein Ausschreiben 
wegen Lieferung des Stoffes für Militäranzüge. 
Auch eine hiesige Tuchhandlung meldete sich zur 
Konkurrenz und es wurde ihr unter 127 eng⸗ 
lischen, 93 franzöfischen und 46 Firmen der ver⸗ 
schiedensten Staaten der Vorzug gegeben und die 
Lieferung übertragen. 
fFIggelheim, 16. Mai. Heute früh wurde 
von Jagdhüter Metzger dahier, eine weibliche Fisch⸗ 
otter erlegt, wie wir noch selten eine gesehen, die⸗ 
selbe hatte eine Lange von 1 Meter 20 und wog 
14 Pfund. Beim Ausweiden derselben öffneten 
wir den Magen und zählten 50 Fische kleinerer 
und größerer Gattung, ein Beweis dafür, wie 
großen Schaden ein solches Tier in unseren Bächen 
und Flüssen verursacht. Es ist dies die zweite 
Otter, die Metzger seit kurzem erlegt hat, und fallt 
demselben eine Prämie von 5 M. zu für Jede. 
(Sp. Ztg.) 
FGeformbestrebungen auf dem Ge— 
biete des Lehrwesens.) Berlin, 15. Mai. 
Der Geschäftsausschuß für deutsche Schulreform 
hat eine Eingabe an den preußischen Unterrichts- 
minister v. Goßler ausgearbeit. welche bereits don 
einer großen Zahl hervorragender Schulmänner, 
Parlamentarier und sonstiger maßgebender Person⸗ 
lichkeiten durch Namensunterschrift gebilligt wurde 
und nunmehr circulirt, um moͤglichst weile Kreise 
der Bevölkerung, insbesondere auch im praktischen 
deben stehende Männer, in die Bewegung mit hin- 
einzuziehen. Die Eingabe will geeignete Schritte 
deranlassen zur Herbeiführung einer durchgreifenden 
Schulreform in Deutschland, und weist zur Be⸗ 
gründung des gestellten Ersuchens darauf hin, daß 
Behörden und Lehrer. ja überhaupt einzelne Fac— 
toren des Staates allein heute nicht mehr die Auf⸗ 
zabe einer solchen bewältigen können. Die Ent— 
vickelung des deutschen Volkes in den letzten Jahr— 
zehnten auf dem Gebiete der Naturforschung habe 
dieser einen maßgebenden und klärenden Einfluß 
zuf alle Wissenschaften und Künste gesichert, die 
Katurkräfte seien dem Verkehr, Handel und Gewerbt 
Aienstbar gemacht und eine Umgestaltung vieler 
Berhältnisse dadurch bewirkt worden. Diesem Ent⸗ 
vickelungsgange sei die deutiche Schule bisher nich! 
jenügend gefolgt, und liege den verbreitetsten und 
im stärksten besuchten höheren Lehranstalten noch 
mmer ein Lehrplan zu Grunde, der die größere 
zeit des Unterrichts auf das Eindringen in die alte 
Fultur verwende, anstatt in Cultur und Leben der 
Hegenwart. Eine Gattung dieser Schulen könne 
heute nicht mehr als ausreichend erachtet werden 
für alle Hochschulstudien, das führe diesen Anstalten 
eine übergroße Zahl von Schülern zu und liefere 
pielen Schülern eine unzweckmäßige, aufgezwungene 
Vorbildung. Dem müsse abgeholfen werden, und 
empfiehlt daher schließlich die Eingabe, die Regierung 
möge Vorschläge und Gutachten über die Frage 
einer zwedmäßigen Schulreform aus berufenen 
dreisen Deutschlands einholen und mit geeigneten 
Personen und Vertretern von Körperschaften, ins⸗ 
zesondere auch mit solchen, welche inmitten des 
Jeutigen Lebens stehen, über die Grundzüge dieser 
seform und den Gang ihrer Durchführung in Be⸗ 
rathung treten und die Ergebnisse dieser Berathung 
hunlichst ausführlich der Oeffentlichkeit übergeben 
F Zwei ertappte „Fälscher“. Eine 
lomische Scene ereignete sich dieser Tage in Berlin 
auf der Jannowitzbrücke. Durch einen unglücklichen 
Zufall verlor eine Dame ihre Tournüre; ein 
zalanter ältlicher Herr bückte sich nach ihr, wobei 
ihm durch einen Windstoß der Hut mitsamt der 
Perrücke entfiel. Unter gegenseitigem Erröthen 
setzte sich jedes wieder in den Besitz seines Eigen⸗ 
thums und eilte still von dannen, gefolgt von dem 
dachen der Vorübergehenden. 
Das Steppenhuhn, das in Centralasien hei— 
misch ist, erschien zum ersten Male 1863 plötzlich 
in Deutschland, war aber nach Verlauf eines Jahres 
wieder verschwunden. Seit einiger Zeit sind nun 
wieder in verschiedenen Gegenden Deuischlands 
Steppenhühner geschossen worden, weßhalb eine 
zffentliche Aufforderung erging, auf das Vorkommen 
derselben zu achten und Nachricht über die Be— 
»bachtung mit genauer Angabe des Ortes und 
Datums an Dr. Reichenow, Kustos am kgl. zoo- 
ogischen Museum in Berlin, einzusenden. Die 
ẽteppenhühner ähneln in ihrer allgemeinen Er— 
cheinung unseren Rebhühnern, aber die Ständer 
ind viel kürzer, dicht befiedert und haben nur drei 
benfalls befiederte, sehr kurze und auf der Sohle 
tark schwielige Zehen. Die Flügel find außer⸗ 
rdentlich spitz; die erste Schwinge, sowie die beiden 
nittelsten Schwanzfedern laufen in eine dünne 
Spitze aus. Das Gefieder ist sandfarben, oberseits 
chwarz gefleckt und gebändert, Wangen und Kehle 
gelblich, nach der Mitte des Bauches ein schwarzer, 
hei jüngeren dunkelbrauner Fleck. Diese Merkmale 
zenügen zum Erkennen der Voͤgel. 
F Mord⸗Ostsee-Kanal). In Rends— 
burg traf dieser Tage der oberste Leiter des Nor⸗ 
Ostseekanal · Baues ein und nahm mit der Vertret⸗ 
ung der Kanalkommission eine Befichtigungder Vor⸗ 
arbeiten für die neue Linie vor. Die Vorarbeiten 
für die Festsetzung dieser Linie sind fast beendet 
und werden im Laufe der nächsten Woche ganz 
ertiggestellt sein. Daß diese Linie den Sieg über 
ille anderen davontragen und zur Ausführung ge⸗ 
angen wird, gilt in unterrichteten Kreisen für aus— 
jemacht. Die Hauptabweichung von dem alten, 
Dahlstromschen Projekt besteht darin, daß das Eider⸗ 
»ett unterhalb und noch ca. 2 Kilometer oberhalb 
der Stadt Rendsburg gar nicht benutzt wird. Statt 
nach dem Dahlström'schen Projekt den Kanal ca. 
23 Kilometer vor Rendsburg in die Eider zu lei— 
sen und bis zur Einmündung in den bestehenden 
Fiderkanal ca. 18 Kilometer oberhalb der Stadi 
das Beet dieses Flusses zu benutzen, bleibt die neue 
Linie immer auf der linken Seite desselben nähert 
üch dem Fluß an einzelnen Stellen bis auf ca. 
10 Meter, geht aber nicht mit ihm 
Zwischen Eider und Kanal soll din —R 
Damm aufgeworfen werden, dami 9— 
unabhängig bleibe von Ebbe und du 
diee Vergieting der dlughünie h un 
das ganze Wiesenthal der Eider bleiben e — 
die Ländereien werden nicht minderweilh eg 
durch Entziehung des befruchtenden a bn 
spielige Meliorationen brauchen uig 
zu werden. Auch vie —A— 
Stadt Rendsburg, welche bei der en 
alten Linie eine große Rolle spielen an 
Jänzlich fort, da Rendsburg die —B 
Wasser behält. 
F Die in Rehna erscheinende „Medlenh, 
berichtet: Die desen Wihe ind bann 
die man nicht beabsichtigt. Mit der am 
d. Is. in Gondekusch stattfindenden Thiershu 
auch eine Ausstellung landwirthschaftuhe i 
verbunden sein. Hierauf bezüglich heißt a 
betreffenden Prospekt unter allgemeinen de 
ungen: „Die Prüfung der Maschinen gescih⸗ 
der Rindvieh⸗Sektion.“ 
F (Ertrunken.)Vierzehn Bewohner 
Muids bei Rouen, von einem Feste in dem d 
bardorfe heimkehrend, bestiegen inen dohen 
Ueberfahrt der Seine. Die Proteste des 66 
daß der Kahn nur acht Personen fasse, in 
fruchtlos. Alle Passagiere drängten sich m 
Boot. Nahe am jenseitigen Ufer schlug r 
nfolge der Unruhe der heiteren Insassen umh 
ausnahmslos ertranken. Die Verunglüchen 
durchwegs junge Leute, Mädchen und Burscht 
der Schiffer rettete fich schwimmend. 
F. Wegen Weinverfälschung ist inde 
der Graf v. Villeneuve unter Anklage — 
verhaftet worden. Die Staatsanwalschite, 
nach der „Fr. Ztg.“ die Leichen von II han 
ausgraben lassen, die durch den gefälschten de 
—X 
F Die italienisch⸗afrikanischen — 
haben eine vermehrte Prägung von Man— 
Theresien-Thal ern in dem Münjamr 
Wien notwendig gemacht. Es werden don 
auf Bestellung von Triester Bankhäusern, wir 
die Aufträge der italienischen Regierung dechite 
allwöchentlich 300 bis 40,000 Thaler vehsen 
Der österreichische Thaler hat in Abyssinien 
zuten Klang, daß die italienische Regietungh 
Zahlungen daselbst nur in dieser Müngje leisen 
FDer König von Anam. UÜlgad 
der Civilisirungsversuche der Franzosen dauen 
Leben im königlichen Palaste zu Hue in Ur 
wie ein neuester Bericht von dort lautet, un 
indert fort. Der Harem des Königs bestehtn 
jundert Frauen, welche hauptsächlich aus den DV 
ern der Beamten rekrutirt werden. Sie sind 
nieun Klassen eingetheilt und werden auf Su 
asten ernährt und bekleidet. Die zur erfi 
Behörigen erhalten jährlich 500 Ligaturen 6* 
zaturen gleich 1 Piaster und drei Schillu 
280 Bushels Reis und 48 Stück Seide; si hur 
ede zehn Dienerinnen. Die Konigin erhitt hu 
digaturen, 800 Bushels Reis und 60 Stütbnn 
Die Ksnigin Mutter bekommt mehr als die sin. 
nämlich 10000 Ligaturen, 1000 Bushebn 
und Geschenke aller Art in der Form von Kledu, 
ftücken und Juwelen. Der Komnig wird tköglich 
iner Anzahl Frauen bedient, welche aus 
tlassen des Harems gewählt werden. Dreißn 
hnen halten Wache an den Thoren der hi 
departements Seiner Majestät. Funf sind u 
einer Person zugetheilt und haben seine 9 
ju besorgen!Sie ileiden ihn an, parfümnn 
chneiden ihm die Nägel und arrangiren ß 
Turban; fie bedienen ihn auch bei Tishe. 
Konig nimmt täglich drei Mahlzeiten a 
von denen jede aus sünfzig Speisen besteht, 
von fünfzig Köchen gekocht werden. Die ⸗ 
werden von den Köchen bis zur Thüt des 
saals getragen, wo sie dieselben den dienst- 
Frauen abergeben werden; denn ebet 
Manne gestanet, die königlichen Apparten 
zu betreten. Der König trinkt einen ein 
ihn destillirten Liqueur, aber gelegentlichen 
auf den Rath der Aerzte etwas Bordeautw. 
sich. Der Konig verzehrt stets dieselbe u 
Reis, welcher gemessen und abgewogen 
ihm die Appelit fehlen und er außer Stan 9 
die vorgeschriebene Quantität zu essen, so 9 
die Aerzte Gegenmittel verschreiben die sie 
rüher kosten müssen, bevor sie der König