Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jugherter Anzriger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Angberter Anzeiger⸗ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und heiertage. Z mal wochentlach mit Unterhaltungs-Slatt und Freitags und Samstags mit acht 
— 5 — — *2 — en —— 1 8 60 ee reee 8 7 F, *8 1 4 9 9 e Zustellungsgebühr. Die 
ebuͤhr fur arwmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz ei außerpfalzischen und soichen auf welche die Erpedition 
aungeg Auskunst ertheilt, 13 ⸗, Reklamen 80 3. Bei 4maliger Einrüuckung wird ne dreimalige berechnet. i⸗ 
—106. Donnerstag, 24. Mai 1888. 23. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Nach einer langen schweren Zeit voll Trauer 
vl Sorge ist mit der an diesem Donnerstag 
idenden Vermählung des Prinzen 
urich von Preußzen mit der Prinzesfin 
ie bon Hessen wieder ein Fest- und Freudentag 
da deutsche Kaiserhaus wie für die ganze 
ite Ralion gekommen. Wohhl ist die Erinner- 
cu den Heimgang Kaiser Wilhelms noch im⸗ 
insch und wohl wohnt noch immer die Sorge 
zeiset Friedrich im Herzen des deutschen Vol- 
nd es verbieten sich hiermit rauschende Freu⸗ 
undgehungen zum Vermählungstage des hoch⸗ 
uͤhen Paares von selbst, aber die anhaltende 
ie Wendung im Befinden Kaiser Friedrichs 
ch den Untergrund für die gehobenere Stim- 
h in welcher man am Berliner Hofe das Hoch⸗ 
ist des zweiten Sohnes des Kaiserpaares be⸗ 
unnd die in der Nation ihren Widerhall findet, 
zin dieser wieder hoffnungsfreudigeren Stimm⸗ 
ghiingen denn auch Deutschland's Stämme dem 
een Paare ihre innigsten Glück- und Segens⸗ 
ihe zu der Vereinigung für's Leben dar. — 
dbelannt, reisen die erlauchten Neuvermählten 
am Abend des Donnerstag nach Schloß Erd⸗ 
unddorf in Schlesien ab, um hier die Flitter⸗ 
zen zu verbringen und später ihre Residenz in 
früheren herzoglichen Schlosse in Kiel zu nehmen, 
duder belgischen Deputirtenkammer 
adlich die so lange in der Schwebe gewesene 
der Maasbefenigung zum Abschluß gelangt. 
abl Stimmen nahm die Kammer am Sonn ˖ 
d die Vorlage über die Stärkung der militär⸗ 
in Vertheidigungsmittel Belgiens und die Be⸗ 
hung der Maaslinie an, während sich 16 De⸗ 
re det Abstimmung enthielten. Od freilich die 
en finanziellen Opfer, welche fich Belgien durch 
nlege der Maasbefeftigungen auferlegt, auch 
n Zwed erfüllen werden muß noch dahingestellt 
un wenigstens haben gewichtige militaͤrische 
innen die Befestigung der Waas als nutzlos 
Senien bezeichnet im Falle dafselbe in einen 
alden Krieg verwickelt werden sollte. 
in bedeutsames Ereigniß aus der heurigen 
. ix repräsentirt die Eröffnung der 
minie Belgrad⸗Saloniki, womit dem 
eilchr ein gang neues Gediet erschlossen wird. 
Angstsonnabend Abend langte der erste Er- 
9 Paris in Saloniki an und dieses 
— ward in der aegaischen Hafenstadt 
glaͤnzendes Banket der officielien Kreise 
WMp Auf —AX 
Saloniki ward das Passiren des ersten 
on der Bevölkerung als ein großes Fest 
ungeheuere Menschenmassen hatten sich 
noe Siclion eingefunden, Militait war in 
* — die Stationsgebäude trugen 
Noarn Guirlandenschmuck und wiesen deuische, 
an m türlische Willkommen⸗ Inschriften 
vil die türtischen Behörden beobachteten 
eim Passiren des Zuges eine freundliche 
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derli Deutsches Reich. 
chle m 23. Mai. Aus Charlottenburg wird 
whann das Befinden des Kaisers Friedrich 
n 7 underändert ist. Die Nacht ist be⸗ 
uin — usem Der Kaiser bewegte fich heute 
u bæ im Schloßpark. Für den Nagh 
un b Ausfahri nach Berlin geplant. Die 
es kaiserlichen Hoflagers nach Schloß 
Friedrichskron soll, wie man hört, anfangs nächster 
Woche erfolgen. Auch gilt ein Aufenthalt in Hom⸗ 
zurg während des Hochsommers nicht für ausge⸗ 
chlossen. 
Berlin, 23. Mai. Gegen 6 Uhr fuhr Kaiser 
Friedrich mit der Kaiserin Victoria in geschlossenem 
Wagen die Linden entlang. Der Wagen hielt kurze 
Zeit vor dem Palais der Kaiserin Augusta und fuhr 
dann nach dem hiesigen früheren kronprinzlichen 
Palais. Auf dem ganzen Wege wurden dem Kaiser⸗ 
daare stürmische Huldigungen dargebracht. Die 
Menge drängte sich immer wieder dicht an den 
Wagen heran, um ihrer Begeisterung Ausdruck zu 
gzeben. Der Kaiser danktie sichtlich gerührt. 
Der „Reichsanzeiger“ meldet die Verleihung 
des Roten Adler⸗Ordens 2. Classe mit Stern und 
Fichenlaub an Professor Rudolf Virchow. (Der 
freisinnige Gelehrte war bereits im Besitz des Roten 
Adler⸗Ordens 83. Classe mit der Schleife. 
Ausland 
Wien, 23. Mai. Das Wiener Polizeipräsi⸗ 
hium hat das demonstrative Singen der „Wacht 
im Rhein“ verboten. — Nach einer Meldung des 
Krakauer „Czas* werden in Russisch-Podolien an 
y)er Bahn Militärbaracken nach osterreichischem Muster 
nufgeftellt werden. Anschlagzettel in den podolischen 
Ortschaften zeigen an, daß wegen bevorstehender 
großer Manvber nächst der galizischen Grenze Trup⸗ 
penverschiebungen und Zusammenziehungen flatt⸗ 
finden werden. 
Wien, 23 Mai. Dem Abgeordnetenhause 
waren zwei gleichlautende, mit 47 648 Unterschriften 
dersehene Bittschriften zugegangen, in welchen ein 
Zollbüundniß mit Deutschland behufs der zollfreien 
kinfuhr von Aderbauerzeugnissen verlangt; wird. 
Der Abgeordnete Schönerer beantragte, diese Bitt- 
schriften drucken zu lassen und dem volkswirtschaft⸗ 
lichen Ansschusse zur beschleunigten Berichterstattung 
zuzuweisen. Beide Antcäge wurden abgelehnt. 
Rom, 283. April. Der seit lange ge⸗ 
plante Besuch des Kaisers Franz Josef von Oester⸗ 
reich bei Koͤnig Humbert wird in naͤchster Zeit, 
vahrscheinlich anläßlich der Manöver, in Boloane 
Ibgestattet werden. 
Lokale und de Lachrichten. 
* St. Ingbert, 24. Mai. Für die Mit⸗ 
zlieder der Gesellschaft „Harmonie“ wird morgen 
Nachmittag von 5 Uhr ab im Grewenig'schen Garten 
ein Concert stattfinden. Die Gesellschaft hat hierzu 
einen Teil der Kapelle des 70. Infant.Regiments 
rus Saarbrücken engagirt. Dem Concerte wird im 
Saale der Frau Wtb. Grewenig eine Tanzunter⸗ 
jaliung folgen. 
*St. Ingbert, 24. Mai. Wie wir hoören, 
st die Mariannenthaler Glashütte in Schnappach 
Firma A. Wagner) an der Münchener Kunstge⸗ 
verbe⸗Ausstellung mit verschiedenen Glasmalereien 
hetheiligt. 
2 Zweibrücken, 283. Mai. In der heu⸗ 
tigen Sitzung der Strafkammer des hiefigen Land⸗ 
gerichts kam ein Fall von St. Ingbert zur Ver⸗ 
handlung. Angeklagt waren nämlich die Gebrüder 
Heib von da, Johann, Ludwig, Peter u. Andreas 
wvegen Verbrechens des Diebstahls bezw. Mittäter 
schaft bei demselben, letzterer auch wegen Privat⸗ 
urkundenfälschung und Betrugs. Durch das theil⸗ 
veise Geständniß der Angeklagten und die Aus— 
agen der Zeugen wurde erwiefen, daß diest 
Hesellschaft von Weihnachten 1887 bis Mitte Fe⸗ 
ruar d. J. ihren Bierbedarf dadurch deckte. daß 
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der ältere Bruder Johann, der als Hülfsarbeiter 
auf der Güterexpedition verwendet wurde, zu nächt⸗ 
ticher Zeit aus den ihm bekannten Bierwagen der 
Fisenbahn, einigemale durch Ablöͤsen der Plomben, 
Fässer von je 20 Liter entnahm, während abwech⸗ 
selnd die genannten Brüder Wache standen. Von 
dem reichlichen Vorrat wurde fröhlich gezecht und, 
was man nicht sofort vertilgen konnte, in Flaschen 
zelegt. die Johann H. zu diesem Zwecke von den 
Wagen der Aclienglashütte entnahm. Die leeren 
Fässer mußten dann als Brennholz dienen, wäh⸗ 
rend die Eisenteile beim Händler derkauft wurden. 
Der auffallende Biervorrat der Gehrüder und ihre 
Freigebigkeit damit ihrer Hausfrau gegenüber, der 
ae allerdings auch noch zwei Flaschen Wein ent⸗ 
wendeten, erregte Verdacht und bei einer Haussuch—⸗ 
ung fand man eines der vermißten Bierfässer als 
Nrautbütte verwendet. Außerdem hatte sich Andreas 
in den Besitz von Stiefeln auf billige Weise ver⸗ 
setzt, indem er dem Schuhhändler Linn einen an⸗ 
Jeblich von seinem Meister geschriebenen Zettel des 
Inhalts, daß dieser für die Zahlung gutstehe, prä⸗ 
entirte, worauf Linn ihm das Gewünschte verab⸗ 
reichte, ohne jedoch Zahlung spaäter dafür erhalten 
zu haben. Nachträglich erfuhr er denn, daß der 
zetr. Meister nichts von einer solchen Garantie über⸗ 
nahme wisse nnd natürlich Andreas H. den Zettel 
selbst verfaßt und mit der falschen Unterschrift ver- 
sehen hatte. 
Das Gericht verurteilte deshalb den Johann 
Heib wegen eines Verbrechens des fortgesetzten 
Diebstahls gem. 8 248 Zff. * R.Str.G.⸗B. zu 
einer Zuchthausstrafe von einem Jahre und sechs Mo⸗ 
naten, indem es dem Antrage der k. Staatsbehörde 
auf Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 
die Dauer von dier Jahren, in Anbetracht der bis⸗ 
herigen straflosen Vergangenheit dieses Angeklagten 
richt stattgab, ferner den Ludwig Heib zu einer 
Befangnißstrafe von 14 Tagen, den Peter Heib zu 
einer solchen von einem Monat unter der Annahme, 
zaß diese sich nur der Mitiäterschaft bei einem Ver⸗ 
gehen des einfachen Diebstahls schuldig gemacht 
haiten, indem nicht erwiesen ist, daß sie von der 
erschwerenden Art und Weise, wie ihr Bruder sich 
die Fässer verschafft, Kenntniß hatten, den Andreas 
Heib unter eben dieser Voraussetzung zu einer Ge⸗ 
Angnißstrafe von 14 Tagen und wegen eines Ver- 
gehens der Privaturkundenfälschung, verübt in 
dealer Conkurrenz mit einem Vergehen des Be⸗ 
ruges, unter Annahme mildernder Umstände zu einer 
Gefüngnißstrafe von 4 Monaten, zusammengefaßt 
in eine Gesammigefängnißstrafe von 4 Monaten 
und 8 Tagen. 
Die Kosten wurden zu us dem Johann H., 
je U12 dem Ludwig und Peter H. und zu — 
dem Andreas H. zur Last gelegt. 
— Albersweiler, 22. Mai. Am verflossenen 
Samstag Abend zog ein starkes Gewitter, von 
Hagei begleitet, über unsere Nachbargemeinde Eusser ⸗ 
hal, das leider auf Feldern und in Weinbergen 
hedeutenden Schaden angerichtet und die Hoffnun⸗ 
Jen der armen Bewohner auf eine gute Ernte 
jroßtentheils wieder vernichtet hat. Seit drei 
Tagen weht ein rauher Nordwind über unsere 
Fluren und alle Anzeichen zu einem trochenen Jahr- 
Jang sind vorhanden. Dabei lechzen Saaten und 
Futlerkräuter nach Regen; auch ist das Graben 
n den Weinbergen durch die große Trocenheit sehr 
erschwert. CG. T.) 
— Speyer, 28. Mai. In der Nacht von 
Sonntag auf Montag wurde dem Gewächshaus