Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zelheim (Niederbayern), Trippstadt (Pfalz), 
Wunsiedel (Oberfranken), Lohr (Unterfranken) und 
daufdeuren (Schwaben) vierkursige Waldbauschulen 
errichtet werden. Diese Schulen haben am 1. Ok ˖ 
tober ds. Is. und zwar vorerst je mit den 3 un- 
seren Kursen ins Leben zu treten. Programm und 
Satzungen für die k. b. Waldbauschulen nebst den 
deranlaßten Uebetgangsbestimmungen bezüglich der 
Aufnahme von Schülern für das Schuljahr 188889 
werden ebenfalls zur Kenntniß gebracht. Die Wald- 
pauschule bezweckt die Heranbildung von Organen 
für den Forst⸗Betriebsvollzugs⸗ und Schutzdienst in 
den Staatswaldungen des Königsreiches. Die Wald⸗ 
hauschule — welche 4 Kurse umfaßt — ist eine 
pezielle Fachschule der Staatsforstverwaltung. Der 
Waldbauschule kommt die Berechtigung zur Ertheil⸗ 
ang des Reifezeugnisses für den Einjährig Freiwil⸗ 
igendienst nicht zu. Die Frequentanten der Wald⸗ 
dauschule sindd vom Besuche der Sonn⸗ und Feier⸗ 
agsschule befreit. Die Waldbauschule ist am Sitze 
eines kgl. Forstamtes errichtet, untersteht rücksichtlich 
der unmittelbaren Leitung dem einschlägigen Forst⸗ 
imtsvorstande und ist der k. Regierungsfinanztammer 
(Forstabtheilung) untergeordnet. Die Oberaufficht 
über die Waldbauschulen wird von dem Staats⸗ 
ministerium der Finanzen ausgeübt. Die erstmalige 
Abgangsprüfung hat im Jahre 1800 stattzufinden. 
Bezüglich der Aufnahmen für das Schuljahr 1888189 
wird bestimmt: a) zur Aufnahme für den 8. 
durs werden jene Schüler zugelassen, welche den 
3. Kurs der Realschule oder die 4. Klasse der La⸗ 
teinschule oder den 1. Kurs des Realgyhmnafiums 
lin jedem Falle mit der Erlaubniß zum Vorrücken 
in den nächsthöheren Unterrichtskurs) absolvirt haben); 
d. zur Aufnahmeprüfung für den 2. Kurs werden 
jene Schüler zugelassen, welche den 2. Kurs der 
Realschule oder die dritte Klasse der Lateinschule 
lin beiden Fällen mit der Erlaubniß zum Vorrücken 
in den nächst höheren Untrerichtskurs absolbirt haben; 
d. die bisherigen Frequentanten der genannten 
Mittelschulen, welche das sub h. bezeichnete Maß 
der allgemeinen Vorbildung nicht nachzuweisen ver⸗ 
moͤgen, können ebenso wie die mit dem Entlaß⸗ 
scheine der Volksschule versehenen Schüler nur zur 
Aufnahme-Prüfung für“ den 1. Kurs zugelassen 
werden. 
— Neustadi, 28. Mai. Gestern Mittag 
tagte der pfälzische Jagdschutzvere in zur 
Feier seines zehnjährigen Bestehens und zur elften 
Beneralversammiung im Gesellschaftshause hier. 
Den Festsaal schmückten Embleme, Waidmanns⸗ 
jprüche. Jagdtrophäen, Tannenbäume, Laubgewinde 
und Fahnen auf das Herrlichste. An der hinteren 
Schmalseite des Saales war ein schöner Hain dvon 
Nadelbäumen errichtet, dissen Vordergrund eine 
kleine Felspartie bildete. Im Mittelpunkte der⸗ 
selben erhob sich die Büste des Prinzregenten, der 
ja bekanntlich auch ein großer Jagdliebhaber ist. 
Auf den Felsen, in den Bäumen war alles mögliche 
Bethier angebracht. wie es in Feld und Waid 
„kreucht und fleugt.“ Die Sitzung wurde durch 
den Vorstand Herrn Wilhelm Schellhorn⸗Wallbillich. 
Zutsbesitzer von Forst, eröffnet, indem er den 
Rechenschaftsbericht des Vereins aus den letzten 10 
Jahren verlas. Bemerkenswerih dürfte daraus sein, 
daß seit Bestehen des Vereins 655 Prämien im 
Betrage von 10359 Mark ausbezahlt wurden. Da 
von entfallen auf das Jahr 188788 50 Prämien 
don je 5—50 Mk mit der Totalsumme von 945 
Mark welche an 63 Personen (Gendarmen, Staats ⸗ 
und Privat⸗Forstbedienstete) entrichtet wurden. 57 
Perfonen wurden rechtskräftig verurtheilt; darunter 
37 Wilderer und Schlingensteller mit G fängniß 
und Zuchthaus bis zu 10 Jahren und 20 Personen 
wegen leichteren Jag'frevels zu Geldstrafen und 
dleinen Haftstrafen. Im Verlaufe der weiteren 
Verhandlung wurde noch über die Ergebnisse des 
Bereins bezüglich seiner Bemühungen zur Hebung 
der Zucht reiner Hunderassen und sonstiger Jagd- 
verhältmisse gesprochen. Ein ausgesucht feines Diner 
mit vorzüglichen Weinen hielt die Fsttheilnehmer 
bis gegen Abend im Saale vereint, wobei Toaste 
mit Musikvorträgen und humoristischen Reden ab⸗ 
wechselten. (Nst. Ztig.) 
— Deidesheim, 27. Mai. Am Pfingst⸗ 
montag morgens vor Sonnenaufgang traf der hi⸗ 
orisch gewordene Gaisbock von Lambrecht auf seiner 
Wanderung hier ein. Da sich derselbe als ein 
Prachtexemplar seines Geschlechts ausweisen konnte, 
wurde er angenommen und dem Führer das übliche 
säsebrot und eine Flasche Wein verabreicht. Nach⸗ 
nittags *46 Uhr erschien der Bock reich bekränzt 
vor dem Siadthause, woselbst eine zahlreiche Menge 
Neugieriger seiner harrte. Nach Verlesung der 
Urkunde wurde zur Versteigerung geschritten und 
im 6 Uhr der Boc mit dem letzten Glockenschlage 
an den Letztbietenden, Herrn Rischer aus Munden⸗ 
jeim, zum noch nie dagewesenen Preise von 71,50 
Mark zugeschlagen. 
— Frankenthal, 25. Mai. Als Bahn⸗ 
zraktikant Stefan aus Stettin miethete sich ein 
Bursche von 20 —25 Jahren bei Frau Helwig dahier 
in. Sein Aufenthalt währte jedoch nur zwei Tage, 
zann verduftete er; mit ihm war aber auch der 
Militärpaß des dahier beschäftigten Maschinen- 
neisters Otto Fuße aus Freiburg in Baden, ge⸗ 
‚oren 1860, verschwunden, Schlosser Seifang ver⸗ 
nißte seine Boͤrse mit 8 M. Inhalt, Frau Helwig 
und Wirth Faber waren um einige Mark für 
ẽssen und Trinken geprellt. Der „Bahnpraktikant“ 
oll in Langenkandel ähnlich gewirthschaftet haben. 
doffentlich wird ihm das Handwerk bald wegh 
— Ebernburg, 26. Mai. Der Besuch der 
kbernburg seitens der Fremden hat seit der Grund⸗ 
teinlegungsfeier erfreulich zugenommen. Teils zu 
Fuß, teils zu Wagen kommen die fremden Gäste 
in großer Menge an. — Um fich einen Begriff 
jon dem starken Fremdenverkehr zu machen, der 
im Tage der Grundsteinlegung in unserem Orte 
jerrschte, führen wir beispielsweise an, daß im 
„Sickinger Keller“ des Herrn Schlich annährend 
500 Portionen Mittags- und Abendbrot verabreicht 
vurden, die Zahl der getrunkenen Schöppchen Wein 
»elief sich auf über 1000. Aeußerst lebhaft war 
iuch der Verkehr im Schmuck'schen Hof“, wo manch 
Fäßchen bayerischen Bieres ausgetrunken wurde. — 
Un der Ebernburger Brückengeldhebestelle sind an⸗ 
zähernd 4500 Brückengeldzettel verausgabt worden. 
stechnet man nun die Einwohner von Münster und 
kbernburg, sowie diejenigen, welche die Brücke nicht 
zassirlen, hinzu, so dürfte sich die Zahl der Teil⸗ 
nehmer an dem Feste auf rund 5009 annehmen 
assen. 
— Reisestipendium. Dem Studieren⸗ 
»en der kgl. Akademie der dildenden Künste Karl 
Johann Becker aus Steinbach wurde zum Zwecke 
iner Studienreise nach Italien eine Reisestipen⸗ 
»ium von 1800 Mk, verliehen. 
Vermischtes. 
4 Gostalisches.) Fuür die Einfuhr von 
Hacketsendungen in Frankreich, welche gewisse Waaren 
z. B. Seide, Flockseide, Strohüte, Email und 
vlasschmelz, flüchtige Oele und Essenzen, Tafel⸗ 
rüchte, Butter u. a. m.) enthalten, mußten bisher 
esondere Ursprungsbescheinigungen ausgestellt und 
Sendungen beigefügt werden. In dieser Vorschrift 
st neuerdings eine Erleichterung insofern eingetreten, 
ils bei Postpacketen (colis postaux) im Gewicht 
»is 3 Kg. nach Frankreich die Beigabe derartiger 
Bescheinigungen nicht mehr verlangt wrd. 
FSaarbrücken, 26. Mai. Herr Rentner 
Fritz Röchling hat dem biesigen Siechenhause 
3000 Mk. geschenkweise zugewendet. 
Eine prunzipiell wichtige Entscheidung hat 
das Landgericht München J. getroffen: Der 28 
ahrige Kellner Johann Maurer bon Raab hatte 
inter dem Namen Arnold eine dreitägige Haftstrafe 
vegen Landstreicherei abgebüßt. Er wurde deshalb 
yer intellektuellen Urkundenfälschung angeklagt und 
in Haft genommen. Der Angeklagte war voll- 
ommen geständig. Bisher wurden alle derlei Fälle 
hestraft, Maurer wurde jedoch entsprechend dem 
zaatsanwaltschaftlichen Antrag, der sich auf eine 
üngst erlassene Reichsgerichtsentscheidung stützt, 
reigesprochen, und zwar weil es gleichgültig sei, 
ainter welchem Namen jemand eine ihm zuerkannte 
Strafe abbüße, wenn nur die Strafe abgebüßt 
verde und dem Gesetze Genüge geschehe. Auch sei 
zer Gefängnißwärtet keine Urkundsperson in dem 
Sinne, daß er die Identität einer Person zu 
ruiren oder festzustellen habe; er habe lediglich zu 
onstatiren, daß eine Person des und des Namens, 
»ann des und des Reates zum Strafantritt sich 
jemeldet und diese auch angetreten habe. 
F Bayreuth, 24. Mai. Der Altientäter 
dullmamm, welcher am 183 Juli 1874 den Fürsten 
gismarck in Kissingen durch einen Pistolenschuß 
eicht verwundete, soll, wie verschiedene Zeitungen 
nelden, demnächst „wegen Ablauf seiner Strafzeit 
von 14 Jahren Zuchthaus entlassen werden.“ 
diese Meldung ist nicht richtig, denn Kullmann 
jat außer diesen 14 Jahren Zuchthaus wegen des 
Ittentats auf den Reichskanzler noch Anfangs der 
1880er Jahre eine Zusatzstrafe von wei 
Jahren erhalten, weil er im Zihn 
Mordversuch auf einen Aufsehe: eꝛ 
F Wuürzburg, 25. Mai6 
Zlatter derichten, hat das bisgöflie — 
Bürzburg den Geistlichen verboten do 
Fahnen von Krieger · und Gesangber —*8 
Als wahrscheinlicher Grund dieses bn 
ingegeben, daß solche Fahnen umegen 
assen zu assistiren haben, die einc kinhich 
venigq entsprechen. w 
F Die mannigfachen Nachtheile fünn 
unddeit, welche infolge ü berne 
—AI saͤ 
oringlich, aber leider für Viele ohne — 
porgehoben worden. Interessant ist die 
uüber die bislang noch nicht gewürdigte — 
daß als eine häufige Ursache der Gattu 
bildung bei Frauen das Schnuren 
lagt werden muß. Professor Marchand in 
»urg hat darüber in der Deutschen medid 
chrift Beobachtungen und Erfahrungenh, 
icht. Derselbe nimmt an, daß die alz wp 
vichtigsten Ursachen der Gallenfteinbildun 
chuldigte Stauung der Galle infolge der d 
S„chnüren bewirkten Absperrung der Gup 
und mangelhaften Entleerung, insbesonder 
die Galle an sich dickflüssig und reich an 
Bestandtheilen ist, zur Bildung körniger 
chläge führt, die dann leicht zu größeten 
ildungen heranwachsen. Bei dieser Gele⸗ 
dezeichnet er als Folgezustand der Gele 
somit auch indirekt als Folge der Einschn 
den gleichfalls auffallend häufig beim wih 
Geschlecht zur Beobachtung kommenden Galeh 
— Ferner wird vor dem Tragen zu engeth— 
kragen gewarnt; dasselbe ist von den 
schon öfter als Ursache von Augenentp 
ungen bezeichnet worden. Der bekannte 
arzt Professor Dr. Foͤrster zu Breslau theill— 
dings seine Erfahrungen hierüber mit, nechtw 
hin über 800 Fälle von chronischen Augen 
aus eigener Praxis bekannt sind, welche einsige 
hren Ursprung hatten. 
Berlin, 28. Mai. Einsturz im 
pielhause. Von den anfangs todt gehaltenen 
Zersonen haben sich fünf als sehr schwere 
serausgestellt. Sonst verlautet authentisch: 
jon Bauarbeitern über dem Bühnenraum enn 
Berüst (nicht der Dachstuhl) brach zusammen 
yerschüttete die darunter beschäftigten Ardeilet 
Arsache ist noch nicht festzustellen gewesen; 
zxei oder vier von 45 beim Bau beschüjn 
Urbeitern ist es noch ungewiß, ob sie heute 
‚u Arbeit kamen. Von den übrigen ist eirt 
uind 13 sind theilweise schwer verletzt. Die Ain 
der Feuerwehr dauern fort. 
F Geographie in der Reichshau 
tadt.) Ein Architekt St., der seither bur 
Reichstagsbau in Berlin beschäftigt war, wollen 
Frankfurt übersiedeln. Er ging auf das sir 
edier, um sich, wie es nicht Brauch und kr 
ondern Gesetz ist, gehorsamst abzumelden. 
Schutzmann, an den sich der Architekt wandtenr 
wnufmerksam mit halbem Ohre zu, und sagien 
urz in höflichem Tone: „Kann hier nicht 
rommen werden, nehmen nur An⸗ und Abmelu 
ür Inland entj jen, nicht für das Ausland. 
Architekt, dessn Wiege von sorglicher Hand 
866 geschaukelt wurde, war zwar hoͤchlicht ahu 
doch faßte er sich rasch genug und brachtle jen 
suchen bei einem anderen Polizeibeamten bor 
dessen höherer Eharge er bereitwilligeres Enh 
ommen erwartete. Da lam er an den uh 
Beographen: „Der Schutzmann hat janß 
daben nichts mit Frankfurt zu ihun, det 
urhesische Nest jehört nicht zu Preußen 
Frankfurt gehört aber belanntlich feit eilichen du 
rotz Widerspruchs der Berliner Schuhzmonnn 
u Preußen, und Herr St. wird wohl inu 
eine Abmeldung an den Mann gebracht hete 
pCEin fäͤchsisch-berlinisches 
jon⸗Duett.) „Eiherrjemersch, nu en 
mmer kemiedhlich, mer wär'n Sie nich lleichn 
rennen, mei Kutester“, meinte der jungene 
wei Angeklagten zum Gerichtsdiener, der 
er Anklagebank der zweiten Strafkammer am 
icht Berlin I. führte. Vors.: Sie sind der Seden 
zciedrich Harting aus Bernau? — Angell. 
ärn'se, das is Sie nu nich so. — — 
zweiten) Dann sind Sie wohl der Harin 
Ingell.“ Nich im Jeringsten, ick heeße Prim