Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 2. Juni. Heute Abend
steht uns ein hier selten gebotener Genuß bevor.
Das rühmlichst bekannte Zapf'sche Quartett aus
Wiesbaden wird im Cafe Seiter von 8 Uhr ab
einen „gemütlichen Abend'“ veranstalten. Möge
sich Niemand diese Gelegenheit entgehen lassen, sich
an gutem Gesange zu erfreuen. Drum auf zum
„Reichsbarden!“
— Homburg, 30. Mai. Gestern Abend
wurde nach der „L. Z.“ der seit Montag Abend
vermißte 21jährige Friedrich Sanftl, Sohn der Wwe.
Sanftl, hier im Walde (Webersberg) erhängt auf«
gefunden. Motiv der That zur Zeit noch unbe⸗
kannt. Der Selbstmörder galt hier als ein fleißiger,
ruhiger junger Mann; dessen Mutter treibt Wirth⸗
schaft und lebt in sehr guten Verhältnifsen. Es
erregt desbalb die obige That allgemeines Er—
staunen. Heute morgen war das Gericht an Ort
und Stelle.
— Edenkoben. Ein hiesiger Meggermeister
schickt am 9. Mai seinen Lehrling und den erst
am Tage zuvor bei ihm eingetretenen Metzgerburschen
August Eisenhauer von Roxheim nach Altdorf, um
einen Stier zu holen. Den Preis für denselben
— 240 . — gab er dem Lehrling, doch wußte
fich der Metzgerbursche dadurch in den Besitz des
Geldes zu setzen, daß er den Lehrling nach Frei—
mersheim sandte, um dort im Auftrag seines Meisters
ein Kalb zu holen. In Altdorf fand der Metzger⸗
bursche den Eigenthümer des Stieres nicht zu
Hause, wohl aber dessen Frau, welche ihm das
Thier auch übergab, nachdem ihr von dem Burschen
gesagt war, ihr Mann möge das Geld bei seinem
Meister abholen. In Edenkoben lieferte der Bursche
den Stier richtig ab. Abends jedoch bekam er
mit seinem Herrn Wortwechsel, in Folge dessen er
noch in der Nacht das Haus verließ, wobei er ver⸗
gaß die 240 Mark abzuliefern. Erst als
der Verkäufer von Altdorf kam. um das Geld zu
holen, kam der Betrug zu Tage und wird nun
auf den Flüchtigen gefahndet.
— Deidesheim, 30. Mai. Die ersten
reifen Erdbeeren dahier wurden heute auf dem
Grundstück des Herrn Adjunct Dr. Siben gebrochen.
Es waren prachtvoll entwickelte Ananas. Erdbeeren
und zwar schon in kiner Partie von s Pfund
— Speyer, 30. Mai. Der hiesige Schuh—
machermeister Fischer ist vom Glück begünstigt ge⸗
wesen, indem sein Stadt ⸗Venediger-Los einen Ge—
winnst von 50,000 Lire gemacht hat. Wir gara⸗
tulieren!
— Ludwigshafen, 1. Juni. Heute Vor—
mittag wurde dahier durch die Schutzmannschaft
und Gendarmerie in Begleitung von hiesigen Bürgern
Haussuchung nach verbotenen sozialistischen Schriften
borgenommen.
Vermischtes.
FMünchen, 28. Mai. Bürgermeister Dr—
b. Ehrhardts Begrähnis war überaus großartig.
Der Leichenzug war einer der imposantesten, den
das nördliche Gräberfeld Münchens jemals gesehen
Die Markt⸗Inspektoren mit dem Friedhof⸗Inspektor
Radatus, Flambeauxträger und die Veteranen—
Kapelle erdoffneten den Zug; ihnen folgte das
Präsidium des Bayerischen Veteranen⸗, Krieger⸗ und
Kampfgenossen⸗Bundes mit der schönen Königsfahne
und einem stattlichen Kontingent von Vereinsmit⸗
gliedern, dann erschienen die Zöglinge des Waisen⸗
hauses und die Schuljugend, darunter die meisten
Mädchen mit Trauerschärpen. Der altkatholische
Pfarrer mit dem griechischen Archimandriten schlossen
sich hier an. Der mit Blumenspenden belastete
Sarg trug die Orden, den Hut und den Degen
des Verstorbenen, sowie die Abzeichen des Korps
„Palatia“, dessen Philister Ehrhard gewesen. Als
Vertreter Sr. Königl. Hoheit des Prinz Regenten
war Flügel⸗-Adjutant Hauptmann v. Widemann
erschienen. Diesem folgten das Magistrats⸗ und
Gemeinde⸗Kollegium, das Korps „Palatia“ mit
Delegirten der übrigen Korps, die sämtlichen
Staatsminister mit einer großen Reihe von Be⸗
amten aller Ministereien, der Stadt Kommandant,
der Kgl. Regierungs- und Polizeidirektor, der
Armenpflegschaftsrat, die Lokalbau⸗ und Lokalschul⸗
Kommission, deren geistliche Mitglieder katholischer
Konfession durch Pfarrer Thoma eine Kollektiver-
klärung abgegeben, daß sie den Funktionen eine?
altkatholischen Geistlichen nicht anwohnen könnten
Die Distriktsvorsteher, das gesamte gemeindlich⸗
Beamten⸗ und Dienstpersonal, sowie die Bürger—
schaft aus allen Kreisen und Ständen verbollsän
digte den endlosen, von strömendem Gewitterregen
begleiteten Zug, bei dessen Nahen der Lehrergesang⸗
berein unter Sturms Leitung eine Trauer-Ode von
Beethoben sang. An der Gruft pries Pfarrer
Gatzenmaier in einer längeren Leichenrede die großen
Verdienste und edlen Eigenschaften des Dahinge—
schiedenen, den jetzt drei Familien betrauern: die
zroße Stadtgemeinde, die kleiner⸗ altkatholische
irchengemeinde und die eigene Familie. Zahllos
waren die Ehrenkränze, welche dem hochverdienten
Manne von Vereinen, Komitees, Gesellschaften u.
s. w. an den Rand der Gruft gelegt worden,
während der Lehrergesangverein ein erhebendes Lied
gortrug.
F München, 1. Juni. Die Eröffnung der
unstausstellung ist um 11 Uhr Vormittags pro⸗
zrommmäßig durch den Prinzregenten erfolgt; auch
diese gewährt einen großartigen Eindruck und ist
auf das Reichste beschickt.
FWiesbaden, 27. Mai. 525 Operationen,
von denen 518 einen vollkommenen, Y eeinen mittel⸗
mäßigen und nur 3 keinen Erfolg erzielten, wur⸗
den im letzten Jahte in der unter Leitung des
derrn Dr. Pagenstecher stehenden hiesigen städtischen
Augenheilanstalt für Atme nach dem soeben von
der Anstalt ausgegebenen Jahresbericht ausgeführt.
Die genannte Anstalt entfaltet eine weit über Nassar
sinausgehende segensreiche Thätigkeit, wie die That—
ache zeigt, daß sie im vergangenen Jahr von 2109
cranken aufgesucht wurde. Geheilt wurden von
iesen Kranken 1823, gebissert 72, ungeheilt ver⸗
rießen die Anstalt 31, als unheilbar wurden keiner
Behandlung unterzogen 12. Von den 708 Kranken
die in der Anstalt selbst behandelt wurden, hatten
ich 525 Operationen zu unterwerfen, welche den
jereits oben angeführten Erfolg hatten. Den ersten
kang unter den Operationen nahmen auch im ver⸗
zangenen Jahr wieder die Staar⸗Operationen ein,
deren Zahl sich auf 129 betief, die sämtlich von
zollkommenem Erfolge waren. Es ist dies ein
krgebniß, welches bis jetzt noch niemals in so
chöner Weise erreicht wurde und welches vorzugs—
veise dem in der Anstalt mit besonderer Sorgfalt
gepflegten antiseptischen Verfahren und der gewissen⸗
haften Pflege durch das trefflich ausgebildete Warte⸗
personal zu danken ist. Als besonders interessant
sind von den übrigen Operationen 3 Fälle zu er⸗
wähnen, in denen Stückchen Stahlsplitter tief in
das Innere des Auges gedrungen waren und nach
räglich mit dem besten Erfolge auch für das Seh—
dermögen mittelst eines Elektromagneten aus dem
Auge herausgezogen werden konnten.
F Mainz, 30. Mai. Die Frage des mittel⸗
cheinischen Turnfestes für 1888 wird immer be—
denklicher. Nach den juüngsten Coblenzer Beschlüssen
nämlich hat der GauAusschuß der Frankfurter
Turnerschaft für Frankfurt und nunmehr auch
gestern eine hier abgehaltene Gauvertreter⸗ Versamm⸗
ung des Mittelrheinkreises für Mainz die Veran
staltung eines auf einen Tag beschränkten Wett-
surnfestes einstimmig abgelehnt. Man siößt sich
an den beträchtlichen Kosten gegenüber den kleinen
Einnahmen für ein eintägiges Fest.
fFBerlin, 81. Mai. Der „Reichsanzeiger“
meldet: Die Regierungen sind vom Landwirthschafts
minister Lucius angewiesen, dem asiatischen Steppen⸗
huhn auf dem forstfiskalischen Jagdterain vollständige
Schonung zu Theil werden zu lassen und auch da-
hin zu wirken, daß die Schonung thunlichst aul
den sonstigrn Jagdgebieten gehandhabt werde.
Das asiatische Stippenhuhn ist kürzlich an vereir⸗
jelten Stellen auch in der Pfalz gesehen wor—
den. Red.)
Sterbefälle.
Gestorben: In Ludwigshafen Barbette Schorr,
14 J. a., ebendort Fr. Anna Sus. Schmidt, geb.
Weiß, 25 J. a., auf Bremerhof b. Kaijerslautern
Jakob Dellmuth, Wirt, 49 J. a., in Homburg Froch
Sanftl, 21 J. a., in Neustadt a. H. Elisabetha
Schmitt, geb. Brack, 33 J. a., in Speyer Cäcilie
Schoen, geb. Oestrich, 51 J. a., ebendort Paul
Schön, Gärtner, 82 J. a., in Essingen Johann
Dörr, in Pirmasens Georg Illius, in Nünsch-⸗
weiler Louise Wagner, geb. Scherer, 43 J. a., in
—XVO
Johann a. S. Fr. Lina Loewer, geb. Zimmer⸗
nann, 68 J. a., in Oberauerbach Fr. Karoline
Fxilsabetha Stephan, geb. Stauter, 24 J. a., in
daßloch Philipp Guth, Schulverweser, 20 J. a
Telegraphischer Schiffsberiht
der „Red Star Linie“, Antwerpen.
Nem⸗NMork. 30 Mai. — DPer Wostdampfer
mNoordland' der „Red Star Linie
Antwerpen heute wohlbehalten hier angekou
— — ——!. — —
Protestantischer Gottesdienß
Sonntag den 8. Juni 1888 vorm.
Le Fne Lug I6, 18.81. i *
Nachmittaas 2 Uhr CEhrifteniet
Neueste Nachrichten.
Berlin, 1. Juni. Was den Gesch
betreffend die Verlängerung der ——
anlangt, so hört die „Kreuzztg.“, daß
hatsächlich das Gesetz vollzogen, die 16
indessen nachträglich untersagt hai. su
Potsdam, 1. Juni. Die Fahrt bonb
lotlenburg hiether ist dem Kaiser sehr gut belo
Seine Majefstät frühstückte mit votzüg henn
ichlief mehrere Stunden hindurch ohne unn
ung und befindet sich gegenwärtig im Pail
Wien, 1. Juni. Obwoh die Eelim—
Goblets zu mancherlei Erwiderung Anlehe
gilt nach denselben der Zwischenfall vom p⸗
Standpunct aus betrachtet, für abgethan.
Tisza wird wohl nicht auf denselben zurüchhm
Der „Politischen Correspondenz“ zufolge m
der Empfang der Delegationen durch den g—
am 10. Juni, die Abreise der gemeinsamen Mo
nach Pest am 8. Juni.
Paris, 1. Juni. Infolge der deuhr
Paßmaßregeln hat die Pariser Handelskamme
Dandelscommission der Departements duth
Rundschreiben aufgefordert, den Handels und
werbestand zu veranlassen, keine Reisenden
—XV
land eingehenden Angebote abzulehnen.
Die Rede Goblets über Tisza wird im Vu
Bourbon viel besprochen. Von den Deputirten
fast durchweg der Patriotismus, die Geschidlo
und die Energie der Regierung gelobt, auch—
der Schritt des paäpstlichen Nunfius beifällig
genommen, der heute Vormittag bei Goblet ersd
um ihm Glück zu seinen so patriotischen Erklaͤrus
und seiner Liebe für den Frieden zu wünschen
Petersburg, 1. Juni. Der deussche“
schafter General von Schweinitz ist heute Pr
nebst Familie ins Ausland abgereist. — Die
chirurzische Gesellschaft wählte Professor d. B
mann in Berlin zu ihrem Ehrenmitaliede.
Für die Redaftion verantwortlich: K. X. D.
Theater in St. Ingbert.
Wie vorauszusehen war, ging gestern der ,Hin
besitzer“ von bestem Erfolge begleitet über die Vr⸗
Fuͤr die Vorführung dieses Stückes muß man
Direktion wirklich derbunden sein. Alle diel
zuren sind mit voller Lebenswahrheit gezeichre
Figen Kuns das Ringen der verschiedenen Ge
schaftsschichtn in einem Bilde, wie es tref
nicht geschildert werden kann. Auf der einen s
der alladlige Rouee, der das genußsüchlige m
lose Teben als ein Vorrecht seines Titels behrnt
und der protzige Industrieritter, auf der and
der wahre Edelmann, der es als seine, Aus
erfaßt. den forischreitenden Verhältnissen Rechn
zu tragen, und der Vertreter des tuchtigen au
famen Buͤrgertums, das in unserer Zeit die Gur
lage des Staates bildet; zwischen diesen alle
schönen Frauenfiguren, die stolze, vornehm er
Tlaire, die intrigante Athenais und die scr
liebenswürdige Susanne. Die Darstellung war
treffliche, jede Rolle besaß ihren geeigneten Ber
ter. Der Ruhm des Abends gebuhrt Frau
Sußenguth als Claire“ und Herrn Sutten
als „Hüttenbesitzer“. Von ergreifendet Wi
zeigte sich besonders die Schlußscene des 2. *
Da Abende des Dochrene lages.Kein Oer
wird den Saal ohne das Vewußtsein eines
berbrachten Abends verlassen haben. — Wit br
nicht umhin, die verehrl. Direktion auf einen p
stand mit der Bitte um Abhilfe aufmerhar
Nachen Wir meinen das zu laute Soufluen
t fur das Pubikum teine Annehmlichtenn
Rolle doppelt gesprochen zu hören, namentlich
wie gerade gestern, die Entwickelungen des *
die volle Aufmetksamkeit des Zuschauers *
Dem Wunsche hiesiger Theaterfreunde entspie
headsichtigt die Direktlion morgen Abend di
ontirolerin“ wiederholt aufzuführen. Zum
daseiben bedatt eemachaoht keiner baen
Empfehlung. Wir sind überzeugt, daß —
prechendr Stuck vor gut besetztem Oauie in
aehen wird