Full text: St. Ingberter Anzeiger

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richts St. Ingbert 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
7 berter Auzeiger erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unlerhaltungs· Blatt und Freitags und Samstags mit acht 
—— — 2 Das Blan ostei vierleljahrlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen M 75 , einschließlich 40 Zustellungsgebuhr· Die 
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W1277 
Kaiser Friedrich F. 
Das langst Befurchlete ist eingetreten: Kaiser 
edrich ist sanft entschlafen. In ihm hauchte 
Held seine Seele aus, wie Seinesgleichen die 
A venige sah! Er ist dahingerafft, weit vor 
ESchwelle des Alters, von einer tückisch schleichen⸗ 
Vankheit, der gegenüber menschliche Hilfe 
udilos war. Der großke Held, der in ernster 
Zit von seinem Volk erkannt wurde und der auch 
un Volk liebte und für das Vaterland auf dem 
hmerzenslager rang, er „ist dahin!“ Stets war 
aVorbild in allen männlichen und Herrschertugen⸗ 
m. Trauernd steht Deutschland an der Bahre 
zweiten Kaisers im neuen Reich. Aller Herzen 
ifihmt das Gebet: Gesegnet seist Du, großer 
Rann, ruhmreicher Fürst! War es ihm auch vom 
Zerbiltlichen Schicksal nicht vergönnt, die großen 
süune seiner edlen Seele zur Ausführung zu hringen, 
a hat er doch in bewundernswürdigem Bemühen 
nit fester Hand unserm Staatsleben neue Ziele 
uihezeichnet. Thränen tiefster Trauer weint ihm 
n deuische Volk nach, dem der edle Fürst und 
dulder auf dem Throne nahe stand, wie ein Vater 
nen Kindern. Und hat er auch nur kurze Zeit 
ußz Scepter geführt, er hat sich ein Denkmal er— 
ahtet in den Herzen alles Volkes aus Liebe, Dank⸗ 
nleit und ewigem Angedenken. 
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caiser Friedeich war geboren am 18. Okiober 
1831. Das war der Jahrestag der ewig denk— 
undigen Völkerschlacht, durch welche Deutschland 
yom Joche der Fremdherrschaft befreit wurde. Was 
xmals nicht erreicht wurde, das half er mit un— 
mudlicher Thatkraft vollbtingen: die Größe und 
inheit des Reiches. 
Aus seiner am 25. Januar 1858 mit der 
wtinzessnn Viktoria von England geschlossenen 
dderaus glücklichen Ehe sind sieben Kinder ent⸗ 
tossen, don denen sechs noch am Leben sind. 
Als Nachfolger Kaiser Friedrichs wird nunmehr 
unprinz Wilhelm, geboren am 27. Januar 1859, 
m deutschen Kaiser- und preußischen Königsthron 
feihen als Wilhelm II. Möge er im Geiste 
einer großen Vorfahren seine schwierige, verant⸗ 
axtungsvosle Aufgabe antreten, Ihm zum Ruhme 
d dem Vaterlande zum Segen. 
Politische Uebersicht. 
Aus dem Bundesrathe wird gemeldet, 
aß die Ausschüsse für die Vorberathung der Al- 
* und Invaliditätsversicherungsvorlage beim 
Aenum beantragt haden, von einem Anschluß der 
aniation der Alters- und Invalidenversorgung 
nn Arbeiter an die Berufsgenofsenschaften der Un— 
lverficherung abzusehen und die Verficherung den 
denalen Verbänden (Krankenkassen u. s. w) zu 
dertragen. 
Die bekannte Affaire des Pastore 
huümmel in Remscheid kann noch immer nicht 
Ruhe kommen. Die Bochumer Staatsanwalt⸗ 
dwge in der vor der Bochumer Strafkammer 
d. M. ahermals stattgefundenen Verhand⸗ 
gegen Thümmel beantragt, den Beklagten 
aen Veteidigung der Staatsanwaltschaft in Duis. 
* zu 300 Mi. Geldstrafe zu verurtheilen, ihn 
dunuen der Anklage, Einrichtungen der katho⸗ 
aen irche beschimpfi zu haben, freizusprechen. 
ttheil wird am 20. d. M. gefälit werden. 
Aα b österreichische Kronprinzen⸗ 
gaf auf seiner bosnischen Reise am 
och in Sergiewon der Haubistadt Bosniens— 
Samstag 16. Juni 1888. 
23. Jahrg. 
ein, wo den hohen Reisenden seitens der Bevölker⸗ 
ing ein ebenso enthusiastischer Empfang bereitet 
vurde, wie schon vorher in Banjaluka. Dieser 
Jerzliche, ungekuünstelte Empfang, der dem Paare 
zurch die bodnische Bevölkerung zu Theil geworden 
st, darf gewiß als ein Beweis betrachtet werden, 
vie sehr man sich in Bosnien mit der österreich⸗ 
ischen Verwaltung trotz geheimer Wühlereien mehr 
und mehr befreundet. 
Wie aus Paris depeichirt wird, hielt in der 
Versammlung des leitenden Komittees für öffentliche 
dilfeleistung der Ministerpräsident Floquet als 
Hrasident dieses Komitees eine Ansprache, in 
welcher er auf die Nothwendigkeit hinwies, überall die 
gIffe liche Hilfeleistung zu organisiren. Das leitende 
omitee für öffentliche Hilfeleistung sei nur gebildet 
vorden, um alie hochherzigen Bestrebungen in dieser 
Richtung mit einander zu verbinden. Die Regierung 
werde das Komitee wirksam unterstützen. Hoffent- 
lich werde neben gewissen kriegerischen und ehr⸗ 
geizigen Strebungen Platz bleiben für eine edle 
BZeihätigung der Brüderlichkeit. Frankreich X 
zanach, die Gesetze der Humanität zu erfüllen, und 
ei befirebt, in dem großen internationalen Wett⸗ 
zʒewerb, der in der Vorbereitung begriffen ist, der 
Welt fern von stolzer Ueberhebung seine Reich—⸗ 
chümer auf dem Gebiete der Kunst und Indufstrie, 
des Handels und Ackerbaues zu zeigen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 15. Juni. Um 11 Uhr 12 Min. 
hat Kaiser Friedrich den letzten Atemzug 
Die Aerzte hatten den Zustand bereits gestern Mit⸗ 
ag für hoffnungslos erklärt. Der Kaiser lag im 
dalbschlummer; so oft das heftige Fieber und der 
Zustenreiz nachließen, hatte der hohe Kranke Theil⸗ 
Jahme fuͤr seine Umgebung. Zweimal hatte er 
uf Blocktreifen während des gestrigen Tages 
ufzeichnungen gemacht, welche sich auf Staatsge- 
chafte bezogen. Einer der letzten Wünsche, die 
daiser Friedrich äußerte, ging dahin, daß er den 
dönig von Sachsen zu sehen verlange. In der 
Nacht um 2 Uhr trat der Todeskampf ein. Um 
314 Uhr war die gesamte kaiserliche Familie im 
Zchloß Friedrichskron beisammen. Die Kaiser in 
vat seit 4 Uhr morgens am Bett des Kaisers. 
In ihrer Umgebung befanden sich sämtliche Aerzte 
und die Hoforediger Rogge und Persius. Die 
Amgebung des Schlosses war von dichten Gruppen 
heilnahmsvoller Menschen besetzt. 
Das Staatsminifterium trat um 12 Uhr unter dem 
Borsitz des Fürsten Bismartk zu einer Sitzung zu⸗ 
ammen. Die Kaiserin Viktoria soll eine bewunder— 
ingswürdige Fassung bewahren. Wie man hört, 
oll die Aufbahrung der irdischen Hülle des Kaisers 
Friedrich im Muschelsaale des Schlosses Friedrichs⸗ 
sron, die Beisetzung in der Friedenskirche zu Pots- 
dam erfolgen, wo bekanntlich dem König Friedrich 
Wilhelm iV. und seiner Gemahlin die letzte Ruhe⸗ 
stätte bereitet ist. 
Berlin, 15. Juni. Die Beerdigun? 
der sterblichen Hülle Kaiser Friedrichs 
wird am Montang stattfinden, und zwar voraus— 
ächtlich in Potsdam. Zufolge der letztwilligen Ver⸗ 
ugung des verstorbenen Koisers wird sie einen vor⸗ 
viegend militärischen Charakter haben. Zu der⸗ 
elben werden nur die nächsten Angehörigen des 
aiserlichen Hauses, vor allem also nur die Fürst⸗ 
ichkeiten aus England, Baden und Hessen⸗Darm⸗ 
tadt, erwartet. Fürst Bismard weilt seit 2 
ühr in Friedrichsktron bei Kaiser Wilbelm II 
Berlin, 16. Juni. Die „Köolnische 
Zeitung“ berichtet von hier: Welchen Namen 
der neue Kaiser und König annehmen wird, 
ist zwar noch nicht amtlich festgestellt, aber 
es gilt für zweifellos, daß er seinen Namen 
Wilhelm beibehalten wird, zumal es der 
eines unvergeßlichen Großvaters ist, dessen 
dieblingsenkel er stets gewesen und der ein 
anbegrenztes Vertrauen in ihn setzte. 
Ausland. 
Varis, 15. Juni. Die Nachricht von 
dem Tode des deutschen Kaisers wurde durch 
eine Havas⸗Depesche gegen 1281 Uhr an der 
Börse bekannt. 
Die dentsche Botschaft bestätigte die 
Trauernachricht um 3 Uhr durch folgende 
hei ihr eingelaufene Depesche: 
Se. Majestät der Kaiser und König, 
unser erhabener Herrscher, ist heute Vormit⸗ 
tag kurz nach 11 Uhr verschieden. 
Graf Bismarck. 
Präsident Carnot sandte sofort eine Bei⸗ 
leidsdepesche an Kaiser Wilhelm V. und die 
»erwitwete Kaiserin Victoria ab. Goblet 
andte an die deutsche Regierung ein Beileids- 
telegramm im Namen der französischen Re⸗ 
Jierung. In den amtlichen Kreisen ist der 
Findruck ein schmerzlicher. Im Senat wurde 
des Kaisers Friedrich Tod als ein großes 
Unglück besprochen; die Deputirtenkammer 
hielt heute keine Sitzung. 
Paris, 14. Juni. Die Kammer nahm ein- 
stimmig und ohne Debatte den Gesetzentwurf be— 
ireffend Herabsetzung der Paßgedühren an. 
Wien, 12. Juni. Nach Zeitangsberichten 
egt Androssy sein Delegations- Mandat aus Ge⸗ 
sundheitsrücksichten nieder. 
Rom, 15. Juni. Die Kammer beschloß, nach— 
dem der Ministerpräsident Crispi und der Präsident 
der Kammer in bewegten Worten des Todes des 
Kaisers Friedrich gedacht hatten, auf den Antrag 
Frispis, die Sißungen auf drei Tage (bis Montag) 
zu vertagen. Auch sollen Depeschen mit dem Aus 
drucke des tiefsten Mitgefühls nach Berlin gesand 
und es soll die Flagge auf dem Parlamentsgebäud 
inzwischen eingezogen werden. 
London.15. Juni. Die „Pall Mall Ga— 
jetie“ sagt: Es gibt keinen Teil in der civilisirten 
Welt, wo das Leiden des Kaisers Friedrich nicht 
zeständige Teilnahme erregte, sein Tod nicht d— 
Befühl der persönlichen Trauer hervorriefe. Kein 
Fharakter wird in der Gecschichte höher dastehen 
als der seinige. Er ertrug sein Leiden mit einem 
wahrhaften Heldenmut und sein Tod war ein 
tapferer. 
Madrid, 14. Juni. Die „Gazetta“ ver— 
zffentlicht ein Dekret, welches den Chef der Ar— 
sillerie ermächtigt, bei der Firma Fr. Krupp fünf 
Beschütze nebst Zubehör, zur Vertheidigung der 
defestigten Küste und Küstenplätze bestimmt, zu 
hestellen. 
Madrid, 15. Juni. Das neue Cabinet ist 
aun definitiv wie folgt gebildet: Sagasta Vorsitz 
Martinez Justiz. Armijo Auswärtiges. Capdenor