Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
et, Iugberter snzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit nunterhaltungt · blatt und Freitags und Samftage mi act 
e 
— 5* — en etragt bei Inseraten aus der Pfalz bei auderpfalzischen und soichen auf welche die Expedition 
Aurü iunft eriheilt. Iä Neklamen 80 3. Bei maliger Einrüuckung wird nur iane 23y,* i 
A. 
Dienstag, 3. Juli 1888. 
23. Jahrg. 
Abonnements 
i das dritte Vierteljahr (Juli — September) 
den täglich erscheinenden A 
Zt. Ingberter Anzeiger 
m zwei dseitigen illustrirten Beiblättern 
nijmen an: die Postanstalten, die Postboten, 
Austräger und die Expedition. 
— — — ⏑⏑—— 
Pontische Uebersicht. 
In harmonischer Weise ist in voriger Woche 
eosierreich⸗ ungarische Delegations⸗ 
qsion zum Abschlusse gebracht worden und der 
üdent der ungarischen Delegation, Graf Ludwig 
geja, konnte in seinem Rückblicke über die Ses⸗ 
mnbeErgebnisse mit Fug und Recht die Einmüthig⸗ 
in der gefaßten Beschlüsse hervorheben. Wenn 
zitza weer der Hoffnung Ausdruck verlieh, die 
xesigung der europäischen Verhältnisse würde 
ih untet Wahrung der Interessen der habsburg⸗ 
jen Monarchie mehr und mehr ermöglichen, so 
düeßen sich alle europaischen Friedensfreunde diesem 
Hunsche an und wie die politischen Zeichen stehen, 
iheinen die Erwartungen hinsichtlich einer heran⸗ 
ubenden ruhigeren Zeit für unsern Welttheil 
un gerechtfertigt. 
Der französische Nationalfesttag, 
it.14. Juli, wird in Paris auch diesmal unter 
iesonderen Feierlichkeiten begangen werden. U. A. 
veiden die 2900 Bürgermeister der Hauptcantons⸗ 
ute von der Regierung eingeladen werden, der 
idlichen Revue und dann einem auf dem Marsfelde 
dzuhaltenden großen Banket beizuwohnen. Zu 
qleren werden auch alle Deputirten, Senatoren 
und Gemeinderäthe von Paris Einladungen erhalten. 
Der franzõosische Justizminister hat 
drer Freitagssihung des Senats eine empfindliche 
ecsͤnliche Niederlage erlitten. Der radicale Se⸗ 
alot Marcon interpellirte den Minister darüber, 
denum der wegen Wechselfälschungen abgesetzte und 
n inem Monat Gefängniß verurtheilte Maire von 
ümussonne sich weigere, seine Strafe anzutreten 
ud warum sein Sieüvertreter, welcher die Verhaf⸗ 
an des Maire bewirken wollte, plötzlich entlassen 
e sei. Der Justizminister erklärte in seiner 
— daß der Maire krank gewesen sei, 
n pe Stellvertreter sich als zu diensteifrig er⸗ 
dd die Absetzung daher verdient habe. 
machte da der ehemalige Pariser Poli⸗ 
sect. Loon Renault, dem Minister heftige 
nn daß er einen Beamten, der nur seine 
n gethan habe, bestrafen ließ, und unter dem 
e dieser Thatsache nahm der Senat ein 
n eine Tagesordnung an, welche über die 
een eines richterlichen Beamten, der das 
4 Wrte und der Justiz Achtung verschafft 
* wn ausspricht. Es ist dies ein Tadels⸗ 
xh —* ester Form und es ist nicht unmöglich 
“— selbe den Justizminister zur Demission ver⸗ 
g aenseits des Cauals beschäftigt man 
nned immer mit der Frage der „nationalen 
—“ . Das engusche Oberhaus billigte 
n dritagssipung durch ein förmliches Ver⸗ 
a um die von der Regierung zur Landes 
ii — bereits getroffenen Maßregeln und 
—* ie Erwartung weiterer zu ergreifender 
Den zur Sicherung des Reiches aus. 
wrun ie bevorstehende dersuchsweise Mobili⸗ 
9 der britischen Flotte hat den 
Zweck, zu erweisen, ob die an derselben teilnehmen⸗ 
ʒen Sdiffe vollbemannt innerhalb dreier Tage, 
nachdem sie den Befehl erhalten haben, an ihren 
Stationen concentriri sein können. So muß z. B. 
die bei Kingstown stationirie „Belleisle“ innerhalb 
24 Stunden nach eingetroffenem Befehl in See 
techen, in Devonport nach 27 Stunden eintreffen 
ind sich nach Ablauf von 100 Stunden mit den 
Schiffen der ersten Reserbe bei Spithead vereinigen. 
ẽbendaselbst muß das Panzerschiff „Devastation“, 
velches jezt bei Queesferry liegt, 104 Stunden 
nach erhaltenem Befehl anlangen. In derselben 
Weise ist für jedes einzelne Schiff die Zeit festge⸗ 
etzt, welche es zu seiner Bemannung und Reise 
ach seinein Bestimmungsort brauchen darf. Die 
daupivereinigungspunkte der Schiffe siad Devon⸗ 
ort, Portsmouih, Holyhead, der Elyde, Queen⸗ 
town, Sheerneß, Hull und Leith. Dem Vernehmen 
rach wird der Admiral Baird den Befehl über das 
Fanals oder Angriffsgeschwader und Sir George 
Tryon den über das Verteidigunsgeschwader er— 
jallen. — In den nächsten Wochen findet in London 
ine Conferenz aller anglikanischen Bischöfe der 
Welt statt. An 209 Bischöfe hat der Erzbischof 
don Canterbury Einladungen erlassen, von denen 
150 angenommen wurden. Die erste Conferenz 
wurde im Jahre 1867 abgehalten. An dieser nahmen 
auur 76 Bischöfe Teil. 
*In Norwegen droht schon wieder eine 
Ministercrisis. Der Präsident des in seiner Mehr⸗ 
Jeit radicaien Storthings Norwegens, Steen, be⸗ 
intragte ein Mißttuuensvotum gegen das Cadbinet, 
vorüber am Sonnabend das Storthing verhandelte, 
und bei dem überwiegend radicalen Charakter der 
norwegischen Volksvertretung ist an der Annahme 
des Mißtrauensvotums kaum zu zweifeln. Ueber 
die letzterem zu Grunde liegenden Ursachen meldet 
der noͤrwegische Telegraph jedoch noch nichts. 
Berlin, 2. Juli. Die ‚Nordd. Allg. Ztg. 
bemerkt gegenüber den Blättern, welche die Paß— 
maßregeln an der elsaß⸗lothringischen Grenze ab⸗ 
zällig kritisiren: Weitere Maßregeln werden folgen 
ind dauern müssen, wenn die Loslösung Elsaß⸗ 
dothringens von Frankreich systematisch erstrebt 
werden soll. Das Reich laͤuft nicht den Elsaß⸗ 
dothringern nach; es richtet sein Politik zum Schutze 
der Grenze ohne Ansehung der daraus entstehen- 
den Folgen ein. 
Ausland. 
Petersburg, 80. Juni. Der Kaiser ver⸗ 
lieh dem außerordentlichen Gesandten Kaiser Wil⸗ 
helms, General v. Pape, den St. Andreas; Orden 
ind den Alexander-Newski Orden, sowie dem Ad⸗ 
utanten des Generals, Major Grafen zu Eulen⸗ 
hurg, den St. Annen⸗Orden zweiter Classe mit 
Brislanten. 
Petersburg, 2. Juli. Der Besuch des 
Deutschen Kaisers Wilhelm wird seitens des hie- 
igen Hofes Mitte dieses Monats erwartet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 3. Juli. Vorgestern Nach⸗ 
nittag fand, wie angekündigt, die Generalversamm⸗ 
ung des Kranken- Unterstützungs- und Sterbe- 
zasse· Vereins statt. Der Besuch derselben war ein 
berhältnißmäßig sehr schwacher, indem nur 29 
Muͤglieder erschienen waren. Um *44 Uhr eröff⸗ 
nete der erste Vorstand Hr. Ludw. Weirich die 
Sitzung und übertrug dem Cassier Hru. Becker 
den Bericht über den Stand der Kasse. Darnach 
zählt der Verein 163 Mitglieder und zwar ordent⸗ 
iche 132, außerordentliche 27 und Unterstützer 4. 
Unterstützungen wurden bezahlt bis 1. Juli 1888 
an 24 Mitglieder 305,66 Mk.; Sterbegelder er— 
hielten 2 Mitglieder (ein Mann und eine Frau) 
im Betrage von zus. 60 Mk. Der Vermögensstand 
war am 1. Juli djs. Is. folgender: Kassenstand 
19,90 Mk., beim Vorschuß⸗Verein St. Ingbert 
angelegt 900,60 Mk., Zinsen 16 Mk. zusammen 
936,50 Mtk. gegen 831. Dezember 1887 weniger 
65,14 Mt. Die Mitglieder wurden besonders 
»arauf aufmerkfam gemacht, daß der Stand der 
Kasse trotz erhöhter Beiträge sich nicht gebessert 
habe, sondern jogar etwas zurückgegangen sei. Es 
vurde beschlossen, die erhöhten Beiträge bis zur 
eingetretenen Besserung des Kassenstandes bestehen 
zu Jassen. Der Höhe der geleisteten Unterstützungen 
purde allgemeine Würdigung zuteil. Nachdem in 
längerer Vesprechung die Nützlichkeit des Vereins 
hervorgehoben und den anwesenden Mitgliedern 
ins Herz gelegt worden war, in ihren Bekannten⸗ 
kreisen fuͤr den Verein eifrigst zu werben, erfolgte 
—„chluß der Generalver sammlung um halb 5 Uhr. 
H Ensheim, 2. Juli. Das am letzten 
Sonntag dahier gefeierte berühmte Petersfest sollte 
nicht ohne Blutbergießen abgehen. Es entspann 
ich nämlich Abends um 10 Uhr in der Markowitz' 
schen Wirischaft zwischen einigen Fremden ein 
kleiner Disput, worauf kurz darnach der ganz un⸗ 
veteiligte Schuhmachergeselle Johann Grünewald 
bon Wallhausen bei Stromberg in Preußen, zuletzt 
in Bischmisheim, vor dieser Wirtschaft von dem 
wiederholt bestraften Konrad Huber von Schaf⸗ 
hrücke mit dem Messer erbarmungslos derart zu⸗ 
ammen gestochen wurde, daß an seinem Aufkommen 
Jezweifeli wird. Der raschen Thätigkeit der Gen⸗ 
armerie gelang es den Thäter zu verbaften und 
a Nr. Sichec zuverbringen, woselbst er Zeit zum 
Deutsches Reich. 
Leipzig, 2. Juli. Vor dem Reichsgericht 
begann heute der Landesverrathsproceß gegen den 
im technischen Bureau der Generaldirection der 
Eisenbahnen für Elsaßz⸗ Lothrtingen beschäftigt ge⸗ 
wesenen Hilfsschreibet Dietz, deisen Frau und den 
Farbereibesitzer Appel. Diez ist beschuldigt, eine 
steihe secreter Schriftstücke gestohlen und der fran⸗ 
zösischen Regierung verrathen zu haben, die theils 
ibschtiftlich, theils originaliter in das unter der 
deitung des Obersten Vincent stehende Nachrichten- 
Zureau gelangt sind. Die Mitangeklagte Dietz 
ist beschuldigt, ihrem Ehemann wissentlich und durch 
die That Beihilfe geleistet zu haben. Appel ist 
heschuldigt, die Frau des Dietz bei der Absendung 
der Nachrichten unterstützt, ferner dem schon früher 
»erurtheilten Cabannes Beihilfe zum Landesverrath 
geleistet zu haben. Dietz bekennt sich schuldig und 
Fill den Landesverrath aus Noth begangen haben. 
Die Frau erklärt sich für nichtschuldig und will keine 
Zenniniß von dem Charakter der Schriftstücke ge- 
habt haben. 
Berlin, 2. Juli. Fürst Lichnowsky ist von 
einer Sendung zum Papste heute Vormittag hier⸗ 
Jer zurückgekehtt. Er ist vom Papste mit außer⸗ 
rdentlicher Liebenswürdigkeit aufgenommen worden. 
die Pridataudienz dauerte volle 40 Minuten —X 
hapfthat ihm einen eigenhändigen Brief an Kaiser 
Wilhelm II. zur Beförderung mitgegeben. 
Berlin, 2. Juli. Der bisherige Unterstaats— 
jecretär im Ministerium des Innern, Herrfurth, 
ist zum Minister des Innern ernannt worden.