Full text: St. Ingberter Anzeiger

Nachdenken über sein unqualificirbares Benehmen 
erhalten wird. 
gaiserstautern, 1. Juli. Dem auf 
der heutigen Versammlung der Mitglieder der 
pfälz. Posiboten⸗Wittwenkasse von Hrn. Westrich⸗ 
Freinsheim erstatteten Geschäftsbericht entnehmen 
wir nach der „Zw. 3.“ folgendes Wichtige: Der 
Verein zählt bis heute 107 Mitglieder. An 
monatlichen Beiträgen vom abgelaufenen Rechnungs⸗ 
Jahre, einschließlich des Rechnungsüberschufses vom 
Jahre 1886187 und einer Summe, die der Rech— 
ner zur Erledigung laufender Geschäfte in Händen 
hat, ergibt sich die Gesamte Einnahme von 776 M. 
61 Pf. Die Beiträge an venfionirte, sowie an 
die Wittwen verstorbener Vereinsmitglieder und 
kleinere Nebenausgaben für Porto ꝛ⁊c. betragen in 
Summa 627 Mt. 30 Pf., so daß sich ein reiner 
Kassenbestand von 166 Mk. 11 Pf. ergibt. Hiezu 
kommen die auf der stadtischen Sparkasse zu 
Grunstadt verzinslich angelegten 4200 M., wovon 
die Zinsen für das adgelaufene Jahr 14 M. 43 
Pf. betragen, und hat der Verein also ein reines 
Vermögen von 570 M. 54 Pf. 
Nach dieser Berichterstattung wurden noch ver⸗ 
schiedene Vereinsangelegenheiten besprochen, von 
denen die beiden folgenden Beschlüsse besondere 
Aufmerksamkeit verdienen. Da noch einige Mit⸗ 
glieder mit ihren Beiträgen auf ein ganzes Jahr 
im Rückstande find, wurde auf Antrag des Rech⸗ 
ners beschlossen, diese Saumigen zu mahnen und 
nach vergeblichem Ablauf einer Frist von einem 
Vierteljahre vom Vereine auszuschließen. Die 
Wittwe des früheren Postboten Engel von Ober⸗ 
moschel hat sich schriftlich mit der Bitte an die 
Versammlung gewandt, ihr die infolge Ablebens 
ihres Mannes zukommende Unterstützung zu ge— 
währen. Da sich Engel jedoch selbst das Leben 
genommen hat, wurde ihr von der Versammlung 
blos ein einmaliger Betrag von 25 M. bewilligt. 
Es wurden dann noch auf den Herrn k. Oherpost⸗ 
meister, der dem Vereine sehr wohlwollend gegen 
übersteht, sowie auf Se. kgl. Hoh. den Prinz— 
Regenten Luitpold „Hochs“ ausgebracht, in das 
die Anwesenden begeistert einstimmten. Mit einem 
Hoch auf den Vorsiand schloß gegen 4 Uhr die 
Versammlung. 
— Die deutsche Turnzeitung schreibt in ihrer 
letzten Nummer: X. Kreis. (Baden. Elsaß- Loth⸗ 
ringen und Pfalz.) Das für den Monat Augußf 
in Kaiserslautern rorgesehene Turnfest des 
Kreises findet in diesem Jahre, der Trauer des 
Vaterlandes wegen, nicht statt. Heidelberg, 20. 
Juni 1888. Dr. K. Waßmannsdorff. Kreisvertreter. 
— Billigheim, 29. Juni. (Wohlthätige 
Stiftung.) Dieser Tage gelangte ein Einschreibe⸗ 
brief aus Dubuque in Nordamerika an das hiesige 
Burgermeisteramt, dessen Inhalt sich für die hie⸗ 
fige Gemeinde als ein sehr erfreulicher erwies. 
Der Absender des Briefes, Herr Karl Wilhelm 
Bittmann aus genannter Stadt, einer der Söhne 
des im Jahre 1853 dahier verstorbenen Thierarztes 
Bitimann, theilte nämlich mit, daß er, schon seit 
geraumer Zeit mit dem Gedanken umgehend, etwas 
zu Gunsten seiner Vaterstadt Billigheim zu unter- 
nehmen, dem Buürgermeisteramte demnächst den 
Beirag von zehntausend Mark zugehen lassen werde, 
mit der Bestimmung, dieses Geld zur Bildung 
eines Armenfonds zu verwenden. (L. A.) 
— Neustadt, 2. Juli. Der 8dijahrige 
Pfründner Weingart, welchem für einige Tage von 
dem Aufseher des Pfründnerhauses verboten ward 
auszugehen, wollte sich gestern vermittelst eines 
Handiuches. an welches er einen langen Shawl 
gebunden hatte, aus dem zweiten Stockwerk auf die 
Straße herunter lassen. Der künstlich verfertigte 
Strick riß und der alte Mann stürzte aus beträcht⸗ 
licher Höhe auf die Straße. Zum Glück verletzte 
er sich nur leicht am Hinterkopfe. (Vst. 3. 
— Neustadt, 2. Juli. Zur „Vereins— 
meierei“ schreibt die „Nst. Z.“: Constituir 
sich da in unserer Stadt ein Verein „Ju gend“ 
dessen sonderbare Statuten gegenwärtig der Polizei 
vorliegen. Der 1. Vorstand ist ein gewisser Herr 
Schüßle, kaum drei Käse hoch, 14 Jahre alt und 
zur Zeit Lehrling in einem kaufmannischen Geschäfte. 
Tagsuͤber zieht der Jüngling die Häringe am 
Schwanz aus der Tonne, und des Abends präsi⸗ 
diri er mit hochwichtiger Amtsmiene dem Verein 
„Jugend.“ Da es diesem Herrn Prasidenten in 
Anbetracht seiner Jugend noch ziemlich schwer fällt, 
mit Tinte und Feder umzugehen, so assistirt ihm 
hbei Vereinsgeschäften der Schriftfübrer Herr Gläßer 
dessen profaner Beruf der eines Tüncherlehrlings 
ist. Cassier ist Herr Nord, ein junger Mann, der 
sich in dem Anfangsstadium eines zukünftigen Bu— 
reauschreibers befindet, 2. Vorstand ist Herr Neßler 
ein unschuldig Knäblein, das noch nicht recht weiß 
was es eigentlich werden will. 8. 1 der Statuter 
lautet dahin, daß Jeder, der das 13. Lebensjahr 
überschritten, Mitglied des Vereins werden kann. 
Nach 8 2 hat jedes Mitglied bei Vereinsfestlich— 
keiten das Recht, seine „Herren“ Eltern und Ge· 
chwister. falls die Letzteren noch nicht 18 Jahre 
alt sind, einzuführen. Als man eben mit Abfas⸗ 
sung des 8 38 beschäftigt war, welcher über die 
Einführung der jeweiligen „Geliebten“ der Herren 
Bereinsmiiglieder handelte, kam die böse Polizei 
und machie diesem „kindlichen“ Vergnügen ein 
Ende, was nicht ohne .Thränen“ abgegangen sein 
foll. Schneidige Jugend — was? n 
— Ludwigshafen, 2. Juli. Der erste 
Tag des X. Verbandsschießens des badischen Lan 
desschützen · Vereins, des Mittelrheinischen und des 
Pfalzischen Schützenbundes nahm leider nicht den 
erhofften Verlauf. Schon in der Frühe spendete 
det Himmel sein nun höchst überflüssiges Natß, und 
venn fich die liebe Sonne einmal einen Augenblich 
jetrauie, aus ihrem Versteck hervorzulugen. so fiel 
chon im nächsten Moment wieder ein Platzregen 
jernieder, daß einem jede Festesfreude vergehen 
nußte. Das war so ziemlich die Physiognomie 
des ganzen Tages. Dessenungeachtet ließen sich die 
auswärtigen Festgäste, insbesondere die Schützen⸗ 
Bereine, nicht abhalten, dem ersten Alt der Fest⸗ 
ichkeit beizuwohnen. Auch die Landbevölkerung 
Arömte in Schaaren herbei, und wenn auch alle 
onstigen Vergnügen zu Wasser wurden, der Fest⸗ 
zug, der von oben herab Gnade gefunden und vor 
eder Anfeuchtung verschont blieb, entschädigte die 
Festgäste einigermaßen. Zur festgesetzten Stunde 
»ewegte sich der imposante Zug vom Bahnhofsplatz 
aus durch die nach der Zugordnungbestimm⸗ 
ten Straßen. Voran eine Abtheilung Fest 
reiter, Feuerwehr, Jugendschützen ꝛc. 19 auswär—⸗ 
tige Vereine hatten an dem Festzuge theilgenommen. 
Außerdem betheiligten sich noch am Festzuge eine 
Deputation des hiesigen Stadtraths, der Turn⸗ 
Verein und hiefige Gesang-Vereine; ferner der hie⸗ 
ige Ruderverein mit einem hübsch ausgeschmückten 
Boote, mehrere hiesige Damen als Winzerinnen 
und Mitglieder des kaufmännischen Vereins auf 
dem Wagen der Palatia, als Winzer kostümirt. 
Der Festzug begegnete fast überall Sympathiebe⸗ 
zeugungen, welche sich durch Bouquets- und Krän⸗ 
zewerfen äußerten. Auf dem Festplatze nach mehr 
als einstündigem Marsche angelangt, löste sich der 
Zug auf. Rach dem Festmahle degann das Kon⸗ 
currenzschießen. An demselben betheiligten sich elf 
Schützen, von denen einer das Schießen gleich nach 
Beginn aufgab. Becher erhielten auf Standscheibe 
P. Kirschbaum -Worms (2492 Minuten), Lorenz 
Fasig⸗Ludwigshafen (3295 M.), Karl Doll-Eden- 
foben (40 M.), Peter Sieberling ⸗Mainz (48 M.); 
auf Feldscheibe: Christian Hinkel -Offenbach (29 
Minuten), Rudolf Staudinger-Landau (30 M.), 
darl Bender -Mannheim (3192 M.), L. Brück⸗ 
Hießen (37 M.), W. H. Zickenheimer⸗⸗Mainz (837 
Minuten), C. Bartels -Wiesbaden (44 M.) An 
das Konkurrenzschießen schloß sich unmittelbar das 
allgemeine Schießen an. Ungeachtet hernieder— 
ströͤmenden Regens wurde recht wack.er drauf los— 
geschossen. Das Festbankett am Abend hatte eben⸗ 
falls unter der frostigen, naßkalten Witterung zu 
leiden. (GA.) 
— Die Auswanderung aus der 
Pfalz betrug im Jahre 1887 nach den Ver. 
Staaten Nordamerikas 2466 Personen, von denen 
nur 749 über deuische Häfen auswanderten; nach 
dem ührigen Amerika ꝛc. 17 Personen. 
Direkte Steuern (ohne Umlagen) wurder 
in der Pfalz erhoben 
1887 183886 
Mk. 2,725 981,09 A 
Davon waren Gewerbesteuer allein: 
Mk. 736.423.01 737,234. 10 
Vermischtes. 
Dudweiler, 2. Juli. Vorgestern (Sams— 
'ag) Nachmittag gegen 2 Uhr ertönte plötzlich 
Feuerlärm; es brannte im Hause des Gastwirthes 
und Bäckers Johann Wunn auf der Sud und 
zwar im Schlafzimmer des Bäckerburschen. Das 
Feuer konnte bald gelöscht werden. Der betreffende 
väckerbursche, welcher am selben Mittag fremd ge— 
warden war. begab sich gegen halb 2 Uhr ins 
Dorf, um seine Papiere auf dem Poli 
zunehmen, er fand jedoch das — 
schlossen, da dasselbe erst von 2 üh unnoh 
isi. Der Backerbursche ist verhaftet d geit 
dacht der Brandstiftung gegen ihn e dWe 
infolge dessen ist er sofort nach Sauu negt ur 
Justizarresthaus eing liefert worden E p n 
Neunkirchen, 2. Juli. — 
berein hielt gestern Nachmittag eine —* —V 
lung ab, in welcher der Antrag, für die b 
grader um Metz einen Beilrag zu dewilnen 
lehnt und dafür beschlossen wurde, die —F n 
hier verstorbenen Krieger, sofern fie nicht R 
sind, in gutem Zustande zu erhalten. Ci 
Antrag, zur Errichtung eines — 
Denkmals in Trier einen Beitrag zu e 
wurde nach der „Saar · und Bl. gig 
sicht darauf daß der allgemeine deuische F 
bund dem Kaiser Wilhelm ein eigenes — 
zu setzen beschlossen hat, vorläufig vertagt. r 
F Wohl eine der seltenst.en Schwurgerichttpe 
den war die am 28. Juni zu Würzburg zu 
gegangene 2. Session für 1888, denn dunß 
28 Angeklagten, wurden allein 14 —X 
Die Firma der „Goldenen 210 in Siu— 
burg widmet anläßlich des Umlaufsverbotez sip 
der Münzen im deutschen Reiche dem Sou jolgm 
Abschiedsstrophen: 
Adieu Sou! 
Deine lange Herrschaft geht 
Mit des Monats Wende, 
Freund und Kupferstecher Sou, 
Gänzlich nun zu Ende. 
Hast gar manchmal aus der Not 
Uns herausgerissen; 
Doch das hilft nicht, heute wirst 
Du hinausgeschmissen. 
Firma Nickel übernimmt 
Das Geschäft alleine; 
Darum alter, guter Freund 
Mach' Dich auf die Beine. 
Reise heimwärts, wo sie Dir 
Noch Dein Dasein ließen. 
Wenn Du einen Landsmann sieh 
Sag' ich laß' ihn grüßen 
Sag ihm. daß in Straßburg mai 
Nobel, fein und glanzig 
Billig kauft die Kleider bei 
Der Goldnen Einundzwanzig! 
Leipzig, 1. Juli. Das neuetbaute 
möopathische Krankenhaus, das erste in Deutsche 
wurde heute eroͤffnet. Viele auswärtige bom⸗ 
pathische Aerzte sind anwesend. 
In der Geheimnisse der Kaffeede 
rälschungen gestattet eine Anklage wegen sah 
ässigen Vergehens gegen das Nahrungsmitielgeht 
velche am Domerstag gegen einen Kolonialwarn 
händler in Berlin verhandelt wurde, einen trautit 
Finblick. In einer von demselben bezogenen —T 
srobe hat der Chemiker Dr. Bischoff nicht wen— 
als eiwa 40 pCt. „Havariekaffee“ und kleint d 
Koffeebohnen aͤhnliche Steine dborgefunden. e 
er Auskunft ves Sachderständigen hahen d 
Fälschungen in letzter Zeit in Berlin geradezu uh 
dand genommen und im vorigen Jahre, wo j 
affeepreise sehr hoch waren, ist Habarielue 
großen Posien, oft zu 100 Zentner und un 
dorhin geschafft worden. Es ist dies solcher kei 
welcher schon“ langere Zeit am Meeresgrurd 
legen hat und im wesentlichen als verdorben suh 
berachien isi, da das Oel sich schon längh we 
hat, die Bohne beim Brennen nicht die i 
braune Farbe erhält und der Geschmad em 
abscheulicher ist. In wie umfangreichet 
diese Faljchungen betrieben werden, geht aus 
Bemerkung des Sachverständigen hervor, d 
die Hebung eines gesunkenen Schiffes oft en 
gegangen wird, wenn für die auf dem p 
grunde liegenden Vorräte an Kaffee . 
Abnehmer gefunden ist. Da in dem — 
den Falle der betr. Kaufmann das sishn 
kurze Zeit vorher übernommen hatte, so 
der Gerichtshof nur eine Fahrlässigkeit für bonn 
ind erkanne auf 30 Merra Geldbuße. 
Tage Haft. 
Anton v. Werner, der die vdun 
vollsten Ereignisse unserer neuesten — yr 
Hesten haln it wie die . Tagliche Kundia 
shen dom Kaiset Witheln I. beaufnagt 
auch das glanzvolle Schauspiel der Reich