Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 15. 
Unsere deutsche Wehrkraft. 
In der neuesten Nummer der „Nation“ findet 
ich aus der Feder des früheren Majors H. Hinze 
eine interessante Berechnung der verfügbaren Mann⸗ 
schaften, die Deutschland nach vollstundiger Durch⸗ 
suhrung des neuen Wehrgesetzes zur Verfügung 
dehen werden. Wir entnehmen diesem Artikel die 
solgenden Aufstellungen: „Die bis auf's Tausend 
abgerundeten Zahlen der Haupikategorien stellen sich 
wie folgt: 
Fuͤr die kriegsfertig usgebildeten Mann⸗ 
chaften: 
dJahrg., 1888-1882, altive Armee. 1,059,000 M 
5 Jahrg., 1881 -1877, Landwehrt 598,000 M 
7 Jahrg., 1887-1881, geübte Ersatzres. J. Kl. 96,000 M 
Nach dem bestehenden Wehrpflichtgesetz Sa. 1,753,000 M., 
ju welchem, beim Aufgebot des Landsturms noch 
j0 Jahrgänge, 1876 bis 1867, mit 993,000 
Mann treten würden. Es würde aber, unter der 
Wirkung des bestehenden Landsturmgesetzes, nicht 
richtig jsein, diese Zahl als verwendbar für jede 
triegkrische Thätigkeit anzusehen und in Aurechnung 
zu bringen; hierfür fsind nur verwendbar die 
oben aufger⸗chneten 1,753,000 Mann, zu denen 
erst unter der Wirkung des neuen Gesetzes mit 
gleicher Qualifikation hinzutreten: 
Jahrg. 18764 1870, Landw. II. Aufgebots 728,000 M. 
8 Jahrg. 1869 — 1867, Landst. II. Aujgebots 270,000 M. 
Dazu oben berechnete 1,753,000 M. 
Summa 2,746,000 M. 
welch, nach Eintritt der vollen Wirkung des Ge⸗ 
jetzes auf den Landsturm, sich noch mit drei weiteren 
Jahrängen desselben um 218,000 Mann, also auf 
rund 2,960,000 Mann kriegsfertig ausgebildeter 
erechnen. 
Hinter dieser kriegsfertigen Wehrkraft steht nun 
aber eine noch größere Zahl unausgebildeter Wehr⸗ 
fähiger, welche sich im Herbst 1888 aus den ver⸗ 
schiedenen Rekrutenkategorien mit folgenden Zahlen 
usammensetzen dürfte: 
i0 Jahrg.,, 1888 -1879, Ersatzres. . 730,000 M. 
19 Jahrg., 1888 -1870, Landst. J. Aufg. 1,368,000 M. 
3 Jahrg., 1869 -1867. Landst. I. Aufg. 252,000 M. 
Z jungste Jahrg. 1889 — 1891, Landst. J. Aufg. 8 88,000 M. 
25 Jahrg., Unausgebildeler, Summa 8, 288 000 M. 
zu denen später noch drei weitere Jahrgänge des 
Landsturms II. Aufgebots hinzutreten wücden mit 
225,009 Mann, so daß die Summe aller unaus⸗ 
gebildeten Wehrpflichtigen auf 3,480,000 Mann 
angenommen werden kann. 
Die gesammte Wehrkraft des deutschen Reiches 
an Kombattanten würde also bei dem äußersten 
Aufgebot aller 28 Jahrgänge Wehrpflichtiger und 
Wehrfähiger nicht weniger als rund 6,440,000 
Mann, exkl. Offiziere, betragen, das sind bei einer 
Einwohnerzahl von rund 47 Millionen 18,7 Pro⸗ 
zent der Bevölkerung. 
Diese Zahlen übertreffen absolut und relativ 
—R 
»edeutendes. Nach der Berechnung Barthelmys in 
.Avant la bataille“ ergeben die 20 Jahrgänge des 
französischen Heeres: 
2,622. 000 Mann kriegsfertig Ausegbildeter, 
1, 386.000 M. unausgebildeterWehrfähiger, zusammen 
4,108,000 Mann, das sind, 10, 8 pCt der Be⸗ 
oölkerung. 
Aus der fast gleichen Stärke der kriegsfertig 
Ausgebildeten deider Heere — ich rechne 697,000 
Mann. welche in Frankreich, als für die deuxiöme 
bortion ausgehoben, nur ein Jahr gedient haben, 
n diese Kategorie — ergiebt sich, daß die fran⸗ 
hͤfische Heeresverwaltung ihr dem deuischen nach⸗ 
Samstag, 21. Januar 1888. 
23. Jahrg. 
gebildetes Wehrsystem viel ausgiebiger ausnutzt, als 
dies beim deutschen Reichsbeer bis jetzt der Fall 
zewesen ist. 
Rußland andererseits bleibt in der Ausnutzung 
einer Wehrlraft um ein bedeutendes zurück. Selbst 
nit Hinzurechnung aller irregulären Truppen und 
zer vollen Einstellung der drei Aufgebote der Opolt⸗ 
chenic (Reichswehr) beträgt, so weit zuverlässige 
herechnungen über russische Heeresverhältnisse über⸗ 
zaupt möglich sind, die Kriegsstärke nur 2,600, 000 
Nann, das find 3,6 pCt. der europäischen Be⸗ 
yölkerung des russischen Reiches. 
und sich näher an 200 als an 100 Millionen Mar 
halten wird. 
Ausland. 
Wien, 18. Jan. Die „Petersburger Bör⸗ 
enzeitung“ sagt, Rußland thue sein Moͤglichstes, 
nun sei die Reihe an Europa, seine Friedensliebe 
zu beweisen, indem es die bulgarische Frage im 
Sinne des Berliner Vertrages löse. Der „Grash- 
danin“ nennt das Reskript Friedensworte, auf die 
Furopa bisher ungeduldig wartete. — Die Mel⸗ 
zung der „Kolnischen Zeitung“, daß ein zweites 
Losaken⸗Corps gegen die südöstliche Grenze von 
Balizien dirigirt sei. wird dementirt, ebenso die 
Nachricht über den Pairser Aufenthalt Wyscchn e⸗ 
Iradki's. 
Wien, 18. Jan. Das „Fremdenblatt! schreibt, 
die vom Kaiser von Rußland ausgedrückte Friedens⸗ 
hoffnung enispreche vollkommen dem überall ge⸗ 
hegten Wunsche nach Erhaltung des Friedens. 
Freilich dürfte nicht bekannt werden, daß trotzdem 
der auf allen Gemüthern lastende Druck, sowie die 
Zweifel über die Gestaltung der Zukunft nicht 
weichen wollen. 
Lemberg, 18. Januar. Sämmiliche pol— 
nische Blatter von ausgesprochen nationaler Rich— 
jung richten an erster Stelle eine eindringliche 
Mahnung an ihre Landsleute, sich einer ruhigen 
Beurtheilung der auswärtigen Lage zu befleißigen 
and alle Äbenteuerlichkeiten zu vermeiden. Die 
Arsache dieser Kundgebungen ist ein hier verbreitetes 
Gerücht, daß in Warschau geheim gedruckte, mit 
dem poinischen und dem österreichischen Wappen 
dersehene Proklamationen von undekannter Herkunft 
berbreitet werden, worin die Polen aufgefordert 
werden, im Kriegsfalle gegen Rußland aufzustehen. 
Paris, 19. Jan. Der Untersuchungsrichter 
Athalin und der Prokurator Bernard nahmen 
gesiern in der Wohnung Wilson's in der Avenue 
de Jena eine Haussuchung vor, die den ganzen 
Nachmittag über währte. 22,922 Actenbündel 
wurden aufgefunden. (N. N.) 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert. Bei der vorgestern auf 
der Ommersheimer und Würzbacher Gemarkung 
ttaitgehabten Treibjagd der Herren Gebr. 
Zr aemer von hier wurden von 6 Jägern 25 
Hasen und 1 Rehbock zur Strecke gebracht. 
— gKaiserslautern, 17.. Jan. Die 
vorgestrige Gemeindeversammlung bewilligte die vor⸗ 
Jeschlagenen Anleihen: 163 200 Mt. zu den neuen 
Hasatuüen als Antheil der Stadt; 100 000 Mk. 
sum Schulhausneubau in der Albrechtstraße; 
100 o00 Mk. zur Ausführung von Straßen- und 
danal · Anlagen, sowie Etwerbung von Grundeigen- 
—E—— 
längerer Debatte mit 910 gegen 30 Stimmen. 
— Neustadt. Das Projekt einer Bahnver— 
hzindung Neustadt-Germersheim scheint greifbare 
Bestaltt annehmen zu wollen. Ein Frankfurter 
Zonsortium von Bankiers sandte der “Pf. Presse“ 
uufolge einen Jugenieur hierher behufs Aufnahme 
des Terrains. Ferner sprticht man von dem Pro⸗ 
ett einer Straßenbahn von Neustadt nach Lam— 
—XX durch die⸗ 
eAbe G'esellschaft ausgeführt werden soll. Die 
Fabrikbesitzer im Schönthal und Neustadter Thal 
verden die Ausführung di ses Projektes gewiß mil 
Freuden begrüßen. da hierdurch der Absatz ihrer 
Fabrikate sowie die Einfuhr ihrer Bedürfnisse viel 
seichtet und rascher von Statten geht. 
ches Reich. 
Muüͤnchen, 18. Jan. Für die Stelle des 
weiten Bürgermeisters in München ist nun Herr 
Bezirksamts⸗Assessor Wilh. Borscht bestimmt in Aus- 
icht gewommen. Herr Borscht, ein geborener 
Speyerer, Sohn eines kgl. Gymnafialprofessors, ist 
datholik, war Bezirksamts⸗Assessor in Kitzingen und 
NReustadt a. S. und wurde vom NMinisterium als 
geschäftsleitender Secretar der Kunstgewerde⸗Aus⸗ 
jellung berufen. Man rühmt seine Arbeitskraft 
ind Geschäftsgewandtheit. 
Muünchen, 18. Jan. Bei fortgesetzter Be⸗ 
athung des Justiz-Etats in der Abgeordneten⸗ 
ammer verlangte Jos. Wagner eine Aenderung der 
VBormundschafts -Ordnung und des Notariats 
Sesetzes. Der Justizminister verwies auf die 
stegelung dieser Fragen durch die Reichs-Gesetz⸗ 
jebung und hält es deßhalb nicht für angezeigt, 
‚vaß Bayern selbstständig vorgehe. 
Berlin, 18. Jan. Der Kaiser erscheint 
vieder regelmäßig beim Vorüberziehen der Wache 
am Fenster seines Palais — für die Berliner das 
icherste Zeichen, daß der Gesundheitszustand des 
zreisen Herrn wieder völlig befriedigend ist. Die 
stierenaffektion, an welcher der Kaiser in Folge 
einer leichten Erkältung gelitten, ist denn auch 
vieder ganz und gar beseitigt, so daß der hohe 
herr seiner gewohnten Beschäftigung in dem bise 
zerigen Umfange nachgehen kann. Das Aussehen 
st frisch und gesund. Auch die Haltung ist, wenn 
der Kaiser erscheint und sich auf die stürmischen 
Begrüßungen des Publikums dankend und mit der 
Hand winkend verneigt, für so hohe Jahre eine 
ingemein kräftige. Zur Stütze beim Gehen nach 
dem Fenster bedient sich übrigens Kaiser Wilhelm, 
vie ein Correspondent der „M. Z.“ bemerkt hat, 
eines Stockes. Es mag diese Vorsicht weniger 
durch Schwäche als wie durch den glatten Fußboden 
der kaiserlichen Zimmer geboten sein. 
Wie aus San Remo gemeldet wird, traf 
der Fürstbischof Dr. Kopp heute dort ein und 
wurde vom Kronprinzen empfangen. König 
Humbert hat seinen Besuch in San Remo ver⸗ 
choben, um in Rom die nächsten afrikanischen Er⸗ 
ignisse abzuwarten. Die Ankunft der Königin 
Bickoria soll für Ende Februar bestimmt sein. 
Das Krönungs- und Ocdens fest wird 
am Sonntag, den 22. d. Mis., Vormittas in 
her hergebrachten Weise in den Festiäumen des 
koöniglichen Schlosses in Berlin gefeiert werden. 
Mittags 12 Uhr wird in der Kapelle des Koͤnig 
lichen Schlosses ein Festgottesdienst abgehalten. 
In unterrichteten Reichstagkreisen erwartet man 
ür die nächsten Tage die Einbringung der Vor⸗ 
age, welche die auf Grund des neuen Wehrgesetzes 
rforderlichen einmaligen Kosten verlangt. Der 
K. Z.“ zufolge nimmt man an, daß die Gesammt⸗ 
orderung 100 Millionen Mark weit überschreiten