Full text: St. Ingberter Anzeiger

gt. Jusbeyter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
ot. Ingberter Anzriger⸗ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs · Glatt und Freitags und Samstags mit acht 
36 ee Beilage. z ĩostet vierleljahrlich 1.4 60 —, einschließlich Tragerlohn; durch die Poß dezogen 1A 75 einschließligd 40 ⸗ Die 
ngogebuhr sur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt dei Inseraten aus der Pfalz 10. Nbei außerpfalzischen und solchen auf welche die Expedition 
Aunskunft eribeilt. 15 4. Neklamen 30 B. Bei 4maliger Vnruckung wird nur dreimalige berechnet. 
1s6. 
Deutsches Reich. 
gerlin, 7. Juli. Der von den Ausschüssen 
dundesrathes fertiggestellte Gesetzentwurf betr. 
Agliers⸗ und Indauden⸗ Versicherung der Ar⸗ 
jer enthalt 144 Paragraphen. Die Wartezeit 
hei der Altersrente auf 30 Jahre, beilder Inva⸗ 
mente auf 58 Jahre festgesetzt. Die Kosten 
en zu 8 Theilen das Reich im Wege des Um- 
derfahrens, und die Arbeitgebet und Arbeit⸗ 
er im Wege des Prämienbeitrages, wobei die 
age noch Wochen gewährleistet werden, 21Pf. 
PHanner, 14 Pf. für Weiber pro Woche. Der 
hengeber dezahlt den —XR 
yrder Lohnzahlung die für den Arbeiter ausge⸗ 
ge Halfte einziehen. Die Errichtung verschiede- 
vBeitragsstufen innerhalb einzelner X 
wangelne Betriebe gestattet. Der Betrag der 
he smbei Mannern auf 120 Mk., bei Weibern 
80 Mt. festgesetzt. Nach Ablauf der ersten 
Jahte steigt die Invaliden- Rente wahrend der 
aen 13 3Jahre um hjährlich“2 Mk., in den 
inn folgenden 20 Kalenderjahren ab jahr⸗ 
doum 8 Mk., von da bis 250 Mk. um 
hilich ß Mk. Bei den Weibern steigt die Rente 
A des angegebenen Betrages. Die Alters- 
due deginnt mit dem 71. Lebensjahre. Der Be⸗ 
ij wird nur ausbezahlt, wenn 47 Wochen fort 
nsend Beiträge entrichtet worden. Die Zeiten 
g bescheinigten Krankheit von mindestens fieben ⸗ 
iger Dauer gelten als Beitragszeiten. Eine 
sürjung der Rente wegen eines Ausfalles des 
zitrages in Folge des Militardienstes findet nicht 
an. Das Reich bestellt für jede Verficherungs⸗ 
nfalt einen Kommissar. Die Feststellung der 
iente wird durch die untere Verwaltungsbehorde 
wrhereitet und erfolgt durch den Vorstand vorbe⸗ 
allih einer Beschwerde an das Schiedsgericht. 
he festgesetzte Renie wird durch das Rechnungs⸗ 
meau des Reichsverficherungsamtes auf die be⸗ 
eligten Versicherungsanstalten vertheilt. Die 
aͤkafion des Entwurfs ist erfolgt. 
Serlin, 7. Juli. Die letzten Meldungen 
n die Reisedispositionen des Reichslanzlers haben 
d wiederum nicht bewährt. Der Reichskanzler 
u heute Berlin vicht verlassen und scheint auch 
ad hier bleiben zu wollen, dielleicht bis nach dem 
wwichafterdiner, das ja bekanntlich am 12. Juli 
tnden soll. 
Berlin, 7. Juli. Wie man höoͤrt, soll den 
aueralen der Infanterie Kriegsminister Bronsart 
— und v. Captivi das Großkreuz 
uhen Adier-Ordens derliehen worden sein. 
Ia Caprivi wird in Genehmigung seines Ab⸗ 
ee bei den Officieren a la suite der 
w nd in der Anciennitatsliste der Generale 
geführt werden. Aus dieser Bestimmung geht 
8 daß derselbe in kürzester Zeit das 
* — freiwerdenden Armee⸗Corps er⸗ 
Ausland. 
„Fopenhagen, 7. Juli. Die hier tagende 
— national dkonomische Versammlung nahm 
— Risolution des Inhalls an, daß eine Zollumion 
Danemark, Schweden und Norwegen an⸗ 
sei und die Regierungen aufzufordern seien, 
Semmission zu wählen, welche die erforder⸗ 
n Vorarbeiten vornehme. 
baris, 7. Juli. Die Rechte verschob die 
latien betreffend die Beschlagnahme des 
is des Grafen von Paris an die Maires auf 
Montag, 9. Juli 1888. 
Montag. Boulanger ist nach der Bretagne abge- 
leist und wird in Rennes eine Rede halten. 
London, 7. Juli. Im Oberhaus erklärte 
Salisburh, daß durch das Abkommen von 1884 
der Einfluß Englands und Deutschlands in Sansi⸗ 
har getheilt sei. Dieses Abkommen sei das beste 
Arrangement, welches im Interesse der Humanitat, 
der Civilisation und des Handels getroffen werden 
sonnte. Salisbury glaubt, Deutschland wünsche 
‚benso wie England die Beseitigung des Sclaven⸗ 
Jandels, und erinnert sich keines Doluments, wo⸗ 
nach Deutschland das Thal der großen Seen an⸗ 
ꝛektirte. 
Rom, 8. Juli. Wie es heißt, bereitet der 
Bapft eine Encytlika über die Trennung zwischen 
Zirche und Staat vor. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 9. Juli. Eine Trauer— 
unde, welche aüügemeine Teilnahme erweckte, durch⸗ 
— 
ichteisten Mitbürger Herr Valentin Seiter, 
zessen Ruf als Sänger und Mufiker weit über die 
Brenzen der Pfalz drang, ist plötzlich in Folge 
ines Schlagansalles verschieden. Nun ist auch sein 
iederreicher Mund auf immer geschlossen. Noch 
orgestern Abend befand er fich in munterer Un⸗ 
erhaltung mit seinen Freunden und Gasten, weder 
r selbst nech Andere konnten einen so raschen Ab⸗ 
chluß seines Lebens ahnen. 
Herr Seiter war einer angesehenen Familie 
in Gossersweiler im Jahre 1821 entsprofsen. Seinen 
Beruf fand er im Lehrfache, zudem er in dem 
einer Zeit paritätischen Seminar in Kaiserslautern 
eine Ausbiidung erhielt. Dort schon offenbarte 
ind entwickelte sich bei ihm ein seltenes Talent für 
Musik. Vor allem pflegte er das Orgelspiel. In 
paterer Zeit jedoch wandte fich seine Neigung vor⸗ 
ugsweise dem Klavier und Harmonium zu, welche 
Instrumente er meisterhaft heherrschte. Am bekann⸗ 
esten und beliebtesten machte ihn sein Gesang. 
Zeine kräftige Bruststimme bewegte fich in seltenem 
Amfange. Üeberall, wohin er kam, fand der Saänger 
degeisterte Aufnahme. Besonders gewannen ihm 
jeine patriotischen Lieder welche er mit hinreißen· 
)em Feuer sang, die Herzen der Zuhörer. Doch 
uicht allein des Künstlers, auch des Menschen und 
Bürgers wollen wir gedenken. Als Gesellschafter 
besaß er die an genehmsten Eigenschaften. Als fester, 
Werzeugungstreuer Charalter stand Herr Seiter 
mmer zu Kaiser und Reich. Wie oft hat er zur 
Herherruchung unserer Kaiser und des eisernen 
danzlers sein Lied erschallen lassen! — 40 Jahre 
ang wohnie er, zuerst als Lehrer und Organist, in 
mserer Stadt und erfreute sich der Achtung seiner 
Mitbürger. Zahlreiche Freunde und Verehrer nehmen 
Anteil an dem Verluste der Familie, in Trauer um 
den so jäh Dahingeschiedenen. Möge er in Frieden ruhen 
*St. Ingöert, 9. Juli. Eine hocherfreu⸗ 
iche Rachricht können wir heute unserer Bürger⸗ 
chaft bekannt geben. Aus der Geheimen Kanzlei 
3. 49. H. des Prinzregenten ging unserer Stadt⸗ 
ehorde die Miiteilung zu, daß S. Hoheit der 
Brinzregent Luitpold geruhen werden, bei seiner 
steise in der Pfalz auch St. Ing bert mit seinem 
he suche zu beehren. 
*Si. Ingbert, 9. Juli. In dem Bericht 
nes J. statisüschen Bureaus über den Saatenstand 
m Monat Juni heißt es bezüglich Pirmasens (mit 
dahn und Waldfischbach, Zweibrücken (mit Blies⸗ 
aIftel und St. Ingberi), dann Homburg und Kaisers— 
— 
233. Jahrg. 
lautern (soweit suüdlich der Bahn Mittelbexbach⸗ 
domburg⸗ Kaiserslautern⸗ Neustadt gelegen): W. und 
-Weizen und S.˖ Gerste gut. W.-Roggen und 
Ddafer zwischen gut und mittelmäßig. Reps mittel⸗ 
mäßig. Kartoffeln zwischen ausgezeichnet und sehr 
gut.Futterrüben gut. Klee und Futterpflanzen 
— sehr gut 
und gut. In einigen Gemeinden Hagelschaden bis 
100 ppCt. Die große Dürte bewirkte viele dünne 
Felder. Jetzt üppiges Wachswetter aber schlechteß 
Heuwetter; es liegt viel Heu. Hafer meistens dünn. 
Rteps sehr schlecht im Erirag. Rüben zur richtigen 
Zeit gepflanzt, stehen üppig. Der erste Schnitt Klee 
und Heu hat viel von der Trodenheit gelitten. 
Fur die kaiserliche Hofhaltung zu Coblenz 
jst von der Wagensadrik Gebr. Betz in Kaiser s⸗ 
lautern ein Glas⸗Landauer angefertigt worden, 
welcher ein Meisterstück der Wagenbauerei darstellt. 
DgLandau, 6. Juli. Das hiesige Schöffen⸗ 
gericht verurtheilte einen Burschen von Ranschbach 
zu fünf Tagen Gefängniß. weil er seinen Namen 
in eine Bank des Veischönerungsvereins eingeschnit⸗ 
len hatle. Es dürfte dieses Urtheil manchem Thor 
zur Warnung dienen, der 8 204 des R.⸗St.G.⸗ 
. bestimmt: „Mit Gefängniß bis zu 3 Jahren 
der mit Geldstrafe dis zu 1800 Mt. wird bestraft, 
wer Gegenstände, welche zum öffentlichen Rutzen 
oder zur Verschoͤnerung öffentlicher Wege, Plaͤtze 
und Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört.“ 
— Laändau, 7. Juli. Gestern Abend gegen 
6 Uhr wurde an der Straße nach Arzheim unter 
inem Baum liegend die Leiche des 38 Jahre alten 
Johannes Klein von Rechtenbach aufgefunden. 
lein hat seinem Leben durch einen Revolverschuß 
ein Ende gemacht. Ueber die Motive zu der traurigen 
That liegen zuverlässige Augaben nicht vor. 
Eilb.) 
— Speyer, 6. Juli. In Folge des fort⸗ 
wvährenden Regens ist der Rhein langsam in ftetigem 
Wachsen und die Abzugsgräben der Felder auf der 
Rheinhäuserweide sind bis obenan mit Passer ge⸗ 
üllt. Um etwaiges NUeberlaufen zu verhindern, 
vurde heute früh die Entwässerungsmaschine in 
Betrieb gesetzt. (Sp. 3.) 
Speeyer, 6. Juli. Der Maschinentechniker 
Paul Sauerbrey aus Gotha wurde als Assistent des 
Zereins⸗Ingenieurs des pfalz. Dampfkesselrevisions⸗ 
dereins aufgestellt. 
Vermischtes. 
Die Firma Karcher und Westermann 
in Ärs a. M. ist in Konkurs erklärt worden, in⸗ 
jolge dessen mußte die Arbeit in den Eisenwerken 
vorigen Freitag eingestellt werden. Ueber 500 
Arbeiter finden fich dadurch außer Beschäftigung. 
F Wegen des Unglücksfalles in der 
Martinschen Badeanstalt in Mainz 
s nunmehr seitens der Staatsanwaltschaft gegen 
die von der Bürgermeisterei eingesetzte Kommisfion, 
velche vor Eröffnung der Badesaison die Badean⸗ 
dalt untersucht und Alles in gutem Zustande be— 
zunden hat, Anklage wegen Vergehens gegen den 
z 122 — fahrlaäsfige Tödtung eines Menschen — 
ingeleitet worden. Der betreffende 8 lautet: Wer 
durch Fahrlassigkeit den Tod eines Menschen ver—⸗ 
ursacht, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren 
beftrafi. Wenn der Thater zu der Aufmerksamkeit, 
welche er aus den Augen setzte, vermöge seines 
Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders ver⸗ 
vflichtet war, so kann die Strafe bis auf 5 Jahrt 
ethöht werden.“ 
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