Full text: St. Ingberter Anzeiger

— VLudwiagshafen, 10. Juli. Gestern— 
Abend gegen 6 Uhr ercignete sich oderhalb der 
Rheinbrücke ein schrecklicher Unglücksfall. Der 25 
jährige Schiffer Georg Schneider (Sohn der Ackers 
leute Georg Schneider in Altrip war nämlich in 
der Nähe der Schachtel oberhalb der Rheinbrück 
mit seinen übrigen Kollegen damit beschäftigt, den 
Backsteinnachen des Schiffers Hartmann von Altrip 
bereit zu machen, um denselben dem zu Berg gehen 
den Schlepper anzuhängen, wobei Schneider in 
einem unverhofften Augenblicke über den Nachen 
fiel und so — da Hilfe nicht gleich zur Stelle 
war — einen schrecklichen Tod fand. (G. A.) 
— Grünstadt, 10. Juli. Gestern feierte 
der Arbeiterbildungsberein von hier sein 20jähriges 
Stiftungsfest. An demselben beteiligten sich die 
Vereine von Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen, 
Dürkheim, Frankenthal, Haßloch, Kirchheimbolanden 
und Worms. Nachdem die Vereine um 11 Uhr 
am Bahnhof durch den hiesigen Verein mit Musik 
abgeholt worden waren, bewegte sich um B3 Uhr 
ein imposanter Zug durch die beflaggten Straßen 
der Stadt, worauf in der Jakobslust die Ueber⸗ 
reichung einer prachtvollen Schaärpe stattfand. Auf 
das Konzert folgte Abends ein solennes Bällchen. 
(F. T) 
— Aus verschiedenen Gegenden der Pfalz 
treffen Nachrichten über das verheerende Auftreten 
der Raupen ein, die in einigen Distrikten zu einer 
wahrhaft egyptischen Plage geworden zu sein 
scheinen. Besonders hart betroffen find gewisse 
Striche in der Nordpfalz, namentlich in den Be⸗ 
zirken Kirchheimbolanden, Alsenz und Obermoschel. 
So wird von Rehborn geschrieben: Unsere statt⸗ 
lichen Obsibäume im sog. Marienberg, gegenüber 
dem Dorfe an der linken Glanseite gelegen. werden 
von der Raupe des Schwammspinners heimgesucht 
und vernichtet. Aus dem nahen Siuhlwalde, wo⸗ 
selbst genannter Schädling innerhalb acht Tagen 
neben saftigem erquickendem Grün ein weites, 
dürres und erstorbenes Feld geschaffen hatte, ist er 
zu Tausenden und Millionen durch die Weinberge 
den Abhang hinab zu den Obstbäumen gereist. 
Dort speist nun die unzählige Menge unter einem 
weithin hörbaren Geräusch, gleich dem Tröpfeln 
des niederfallenden Regens auf die Laubblätter. 
Eine stattliche Anzahl von Bäumen ist bereits ihrer 
Blätter beraubt; die Früchte, vor allen die Zwet— 
— 
Obsternte an jener Stelle sind vernichtet. Man ip 
eifrig bemüht, die ungebetenen Gäste zu vertilgen 
und umbindet zu diesem Zwecke die Baumstämme 
in gewisser Höhe mit Leinwandstreifen, bestrichen 
mit festem Terpentin. Dadurch ist ihnen ein Hinder⸗ 
niß gesezt, die Aeste und Blätter der Bäume zu 
erreichen, und sie sitzen dann in unzähligen Haufen 
unterhalb dieses Verbandes, wo sie leicht getödtet 
werden. 
— Die Frage, ob die Volksschulen beim Aus⸗ 
bruch der Masern zu schließen seien, hat die kgl. 
Regierung der Pfalz dahin beantwortet, daß bei 
der hochgradigen Ansteckungsfähigkeit der Masern 
die Schließung der Schulen gegen die Verbreitung 
der Krankheit nichts hilft und es deshalb nur an⸗— 
gezeigt sei, wenn die Zahl der erkrankten Kinder 
eine so große ist, daß die Schule sich von selbsi 
auflöst, und sich eine Aussetzung des Unterrichtes 
aus pädagogischen Rückfichten von selbst rechtfertigt. 
—A 
Masern erkrankt sind, genügt es, sämtliche Kinder 
aus Familien, bezw. Haushaltungen, in welchen 
sich Masernkranke befinden, bis zur Genesung der 
Erkrankten vom Schulbesuche auszuschliefen. 
Vermischtes. 
F In St. Johann ist vorgestern Nachmii— 
tag ein frei umherlaufender Hund getötet worden, wel— 
cher laut amtlicher Untersuchung mit der Tollwul 
behaftet. war. Infolge dessen ist für den St 
Johanner Stadthezirk die dreimonatliche Hundesperre 
verfügt worden.! 
In der Fabrik der Herrn Gebr. Adt 
in Forbach ist man augenblislich mit der Her⸗ 
stellung eines neuen Systems von Barccken be⸗ 
schäftigt, deren Benutzung für die am Nord-⸗Ostsee⸗ 
kanal beschäftigen Arbeiter in Aussicht genommen 
ist. Es ist dies in kurzer Zeit bereits das dritte 
System, mit welchem man in der Fabrik Versuch⸗ 
macht. 
F Wiebelskirchen, 9. Juli. Heute Vor⸗ 
mittag gegen 11 Uhr erhängte sich der noch im 
hesten Lebensalter stehende Beramann Chr. Müller 
von hier auf dem Heuboden seines Hauses. Wie 
man allgemein annimmt, hat derselbe, da man in 
letzter Zeit häufig Anzeichen der Schwermut an 
ihm beobachtete, die beklagenswerte That in einem 
Anfall geistiger Umnachtung verübt. M. hinter⸗ 
äßt eine Frau mit echt größtenteils noch unver— 
sorgten Kindern. (S.⸗B. 3.) 
FStraßburg, 10. Juli. Durch landes- 
herrliche Verordnung des Statthalters ist der Bürger⸗ 
meister Sch ffier in Chateau⸗Salins seines Amtes 
enthoben. 
F Mannheim, Y9. Juli. Heute Vormittag 
wurden durch Herru Polizeikommissar Mitsch und 
einige Chargirte der Polizei auf dem hiefigen 
Wochenmarkte bei mehr als zwanzig Kartoffelhänd⸗ 
lern unreife Kartoffeln konfiscirt. Das Quantum 
war (nach der „N. B. L.“) so groß, daß dasselbe 
mittelst Wagens weggeführt werden mußte. Di— 
Kartoffeln waren zum größten Theil aus der Pfalz 
* Darmstadt, OY9. Juli. Ueber den Unfall 
velcher dem Fürsten Alexander gestern zustieß 
verden noch folgende Einzelheiten bekannt. Der 
Fürst fuhr von dem Schloß Heiligenberg nach dem 
Stettbacher Thal und lenkte selbst das Pferd. Ar 
einer abschüssigen Stelle des Weges scheute dieses 
weshalb der Diener absprang und es zu beruhigen 
suchte. Dies gelang ihm nicht, vielmehr stürzte 
Pferd und Wagen samt dem darin sitzenden Fürsten 
den Abhang hinunter. Dem letzteren gelang es, 
obwohl er sich mehrmals überschlug, im Fallen 
einen Strauch zu erfassen und hierdurch die Gewalt 
des Falles zu hemmen. Das Pferd stürzte dagegen 
in die Tiefe. Ein sofort glücklicherweise herbei⸗ 
gekommener Arzt stellte fest, daß der Fürst außer 
einigen Hautabschürfungen keine Verletzungen 
davongetragen hat. Auch das Pferd ist ohne irgend 
inen Knochenbruch davongekommen. 
Stuttgart, 7. Juti. (Allgemeiner 
Deutscher Versicherungs-Verein.) Im Monat Juni 
1888 wurden 300 Schadenfälle durch Unfall an— 
zemeldet. Von diesen hatten 2 den sofortigen 
Tod und 14 eine gänzliche oder teilweise Invali 
odität der Verletzten zur Folge. Von den Mit— 
zliedern der Sterbekasse starben in diesem Monai 
31. Neu abgeschlossen wurden im Monat Jun 
1601 Versicherungen über 13,520 Personen. Alle 
dor dim 1. März 1888 eingetretenen Schäden 
ircl. der Todes- und InvaliditätsFälle sind bis 
auf die von 26 noch nicht genesenen Versonen 
vollständig reguliert. 
F München. Das k. Staatsministerium des 
Inneren giebt bekannt: „Nach 8 283 der aller 
höchsten Verordnung vom 6. April 1869, die 
Anstellung von Unterofficieren, Gendarmen und 
Soldaten im subalternen Civildienst betr., erhalten 
Militär⸗sBewerber des cctiven Dienstes und vom 
Pensionsstande, welche sich vor ihrem Uebertritte 
in einen Civildienst nach militärischen Normen 
»der mit gendarmeriedienstlicher Bewilligung ver— 
»helichten, nach diesem Uebertritte für ihre Relicten 
den Anspruch auf Witiwen⸗ und Waisen-Pension 
»der Unterstützung nur dann, wenn sie sich zur 
Fortentrichtung der ordentlichen Beiträge zum 
Witwen- und Waisenfonds verpflichten und dieselben 
nuch regelmäßig leisten. Nach den Vollzugsvor 
schriften des Staatsministeriums des Inneren und 
des Kriegsministeriums vom 14. Mai 1869 zu 
dieser Allerhöchsten Verordnung sind die verhei⸗ 
ratheten pensionirten Militärbewerber vor dem An— 
tritte einer Civilbedienstung, zu welcher sie gelangen 
auf die Bestimmungen des erwähnten 8 23 auf— 
mecksam zu machen und ist über diese Eröffnung 
und die darauf erfolgende Erklärung des Betreffen⸗ 
den durch die Civilstelle oder Behörde, bei weicher 
der Militär⸗Bewerber Anstellung gefunden hat 
ein Protokoll aufzunehmen, und eine beglaubigte Ab- 
schrift desselben der Militär-Fonds Commission 
dezw. dem Gendarmerie· Eorps-⸗Commando einzu— 
senden. Gemäß 8 5 Absatz 1l und 2 der Aller 
höchsten Verordnung vom 23 August 1887 sind 
die Unterofficiere und Soldaten des Friedensstandes 
welche sich nach dem Inkrafttreten des Reichs-Ge— 
setzes vom 17. Juni 1887 verehelicht haben, von 
jeder Beitragsleistung zum Militär-Wittwen- und 
Waisenfonds befreit und steht vorbehaltlich der im 
angezogenen 8 5 Absatz 2 bezeichneten Bestimm⸗ 
ungen deren Relicten keinerlei Anspruch auf Pension 
»der Unterhaltsbeitrag aus Militärkassen zu. Hier⸗ 
aach bleibt der in Rede stehende 8 23 der Aller 
jöchsten Verordnung vom 6. April 1869 und die 
inschlägige Vollzugsschrift zwar noch für alle jene 
Untexofficiere und Soldaten, welche z. 3. des In-— 
krafttretens des R.G. vom 17. Juni 
die Fürsorge für Wittwen und —* 188 
gehörigen des Reichs-Heeres und a 
Marine betreiffend — die am I. I unn 
Vn Anihe aut. Witwen unn din 
erworben batten. maßgebend, dagege n 
Z 28 und die Vollzugsvorschriften —3 
Unterofficiere und Soldaten, welche u ou be 
bezeichneten Zeitpunkte diesen Arspruch ohen 
erworben hatten und daher zum —8 rit 
Waisenfonds nicht beitragspflichig sig pn m 
—6 nd, keine 
vendung, Hinsichtlich der Gendarmerie An * 
erscheinen die bezüglichen Vorschriflen — 
wähnten 8 23 nicht als berühit.“ mnch— 
FMünchen. Fr. Aug.v. Kaulbach hat ums 
Enthebung von der Stellung als Dirtcheun r 
ichen Akademie der bildenden Künste nech n 
die Vrranlassung soll hanpfochgde ehe 
zustand des Kündtlers sein, welcher ihm 
stattet, den Obliegenheiten seines verantworu 
vollen Amtes gleichzeitig mit einer —5* 
künstlerischen Thätigkeit gerecht zu werden, u 
F Schwabenbesuch in München d 
N. Sstutig. Tagbl.“fchreibt: Nus chne 
wo die Massenwanderung mit dem — 
hin 
— 15. Juli — ihren Anfang nimmt, wid 
diesem Jahre der große Strom der Erhoum— 
und Vergnügungsreisenden sich dem Ne 
mit den blauweißen Grenzpfählen zuwende, 6 
ziell Isar-Athen darf sich auf einen Massenbn 
der Stuttgarter gefaßt machen ... 
Kennst Du das Land, allwo der „Radi“ sprieh 
Wo's Dirndl Dich mit lust'gen G'stangeln h 
Wo kiloschwere Knödel man verschlingt, 
Wo's kleinste Kindl schon den Maßkrug —X 
dennst Du es wohl? — Dahin, dahin 
Laß diesmal uns in Sommerurlaub ziehn! 
Kennst Du die Stadt, wo's Hofbräu wird heben 
Wo man fortwährend neue „Keller“ baut, 
Wo Kunst und Brauerei zusammengehn 
Und wo zur Zeit zwei Ausstellungen stehn! 
Kennst Du sie wohl? — Dahin, dahin 
Laß mit dem nächsten Exlrazug uns ziehn! 
FLeipzig, 9. Juli. In dem Piojese de 
Reichsfiskus gegen den Norddeutschen Llohde 
Bremen wegen des der Corvette „Sophie“ hei du 
Zusammenstoß mit dem „Hohenstaufen“ ams 
September 1884 zugefügten Schadens ist de 
Lloyd vom Reichsgericht zur Zahlung des dor 
Fiskus beanspruchten Schadenersatzes derurkhen 
worden. 
F Von einer deutschen Kaiserkton 
war in jüngster Zeit, als dei der Reichstazberös 
nung dem Kaiser die „Reichs“⸗Insignien vorange 
tragen wurden, viel die Rede, jedoch mit Unrech 
Denn was in der Welt in Wirklichkeit nicht deseh 
das kann auch nicht auf dem prachtigsten Kisen 
von Goldstoff getragen werden. Es handelte si 
dabei um die preußische Königskrone, wie es si 
überhaupt um die preußischen Kroninsignien handelt 
Nun müssen wir allerdings die Behauptung, du 
eine deutsche Kaiserkrone überhaupt nicht befteht 
bedeutend einschränken. Denn wenn uns Jeman 
entgegenhält: „Und sie besteht doch, und zwar 
einer vielmillia:denfachen Auflage,“ so müssen wi 
dieser gegnerischen Behauptung nothgedrungen unse 
Anerkennung gewähren. Ja, besteht in der The 
in Milliarden von Stücken, in' Gold, in Silbe 
in Nickel, in Papier; aus allen möglichen Stost 
ist fie hergestellt, aber lediglich — im Biide. M 
lenthalben, wo wir den Reichsadler erblicken, — 
blicken wir, wenn die Darsteliung eine richtige iß 
über ihm schwebend, die Krone des neuen deuhsche 
Kaiserreichs, deren Gestalt und Ansehen Kaie 
Wilhelm J. in einem am 15. Oktober 1871 r 
lassenen Befehle festgesetzt hat, zu welcher Zeih 
nungen vorhanden sind und von der es, wie er 
wähnt, unzählige Abbildungen gibt, zu deren 
feruigung in lauterem Golde und blinkenden bot 
einen aͤber bieher noch kein Goldschmied des deut 
chen Reiches einen Auftrag erhalten hat. Aufde 
Abbildungen sehen wir von den Schildern, au 
denen der „Sürnreif“ sich zusammensetzt, 
In Wirklichkeit sind es acht, und zwar abwechl— 
je ein größeres, das heißt bedeutend breitetes 
etwas höheres, und ein kleineres. Die a 
von diesen Schildern weisen ein aus Biilann 
zusammengesetztes „gerades Kreuz“, umgeben 
bier gleich gesormten kleinen Kreuzchen auf, m 
rend auf den kleinen Schildern der brillantentie 
Reichsadler schwebt, einen achtstrahligen b 
dem Haupte. Auf den größeten Schildern kude