Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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8. Jahrg. 
EREn. 
Montag, 23. Januar 1888. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 20. Jan. Der wegen Krankheit 
aAurückgetretene erste Bürgermeister der Residenzstadt 
hurde durch Verleihung der goldenen Bürgermedaille 
usgezeichnet, der höchsten Ehre, welche die Stadt 
kinem Bürger erweisen kann. Eine Deputati on 
aberbrachte Dr. v. Erhardt die Medaille nach 
caeiner staltgehabten Festsitzung beider Kollegien. — 
wiSe. k. Hoheit der Prinzregent ehrte den scheidenden 
Beamten durch ein äußerst huldvolles Handschreiben 
und Verleihung des Verdienstordens vom hl. Michael 
veiter Klasse. 
Berlin, 21. Jan. Die „Germ.“ erfährt, 
daß der Fürstbischff Dr. Kopp auf seiner Rück⸗ 
eise von Rom heute Abend hier eintreffe. Er sei 
von der Kaiserin telegrapisch ersucht worden, bald 
nach seiner Hierherkunft derselben persönlich Mit⸗ 
atheilungen üder das Befinden des Kronprinzen zu 
emachen. 
Berlin 22. Januar. Der Kaiser und die 
Kaiserin sind anläßlich des heutigen Ordensfestes 
Ans Schloß gefahren, beabsichtigen jedoch, wie ver⸗ 
lautet, nur der Ordensverkündigung beizuwohnen. 
Berlin, 21. Jan. Reichstag. In der fort⸗ 
sgeseßten Berathung des Etats des Reichsomts des 
AInnern werden die einzelnen Positionen bis ein⸗ 
Ichließlich Patentamt unverändert genehmigt. Im 
aufe der Debotte erklärte Minister v. Vötticher, 
die revidirte Schiffsvermessungs-Verordnung gelange 
indemnächst an den Bundesrath; das revidirte Patent⸗ 
heseb befinde sich in der Revisionsinstanz beim 
Reichsamt des Innern. Fortsetzung der Berathung 
u Montag. 
* Der deutsche Kronprinz und seine er⸗ 
glauchte Gemahlin begehen an diesem Mittwoch, den 
25. Januar, ihr dreißigjähriges Ehe—⸗ 
Jubilaum und wenngleich sich dieses Fest in 
Anbetracht der Krankheit des Kronprinzen nur im 
üengsten Rahmen einer Familienfeier bewegen wird, 
gio ist es doch für die deutsche Nation ein willkom⸗ 
mener Anlaß ihrer fortgesetzten Theilnahme für den 
jo schwergeprüften edlen Kaisersohn und seine Fa- 
milie erneuten Ausdruck zu geben. In den dreißig 
Jahcen welche nun Kronprinz Friedrich Wilhelm 
und Kronprinzeß Victoria vereint durch's Leben 
geschritten sind, haben die beiden fürstlichen Gatten 
»inmitten ihrer Kinder und Enkelschaar dem deut⸗ 
hen Volke ein leuchtendes Beispiel, echten, köst⸗ 
chen Familienlebens gegeben, während sie zugleich 
uch dutch ihre persönlichen Eigenschaften und 
dTugenden stets zum Vorbilde für die Angehörigen 
fealler Classen und Stände gedient haben. Daher 
uhat denn auch in unserem Volke die Liebe zu dem 
uetlauchten Paare immer tieftre Wurzeln geschlagen, 
udaher. die allgemeine Theilnahme an allen Ereig⸗ 
denissen in der kronprinzlichen Familie und daher 
nauch das tiefe Mitgefühl, welches sich in den wei⸗ 
wtesten Kreisen der Nation fortgesetzt für den Kron⸗ 
vprinzen anläßlich seiner jetzigen schweren Heimsuch⸗ 
ung äußert. So vereinigen sich denn zum dies— 
Umaligen Ehrentage des kronprinzlichen Paares die 
vedanken unser Aller immer wieder zu dem heißen 
Bunsche, daß dem geliebten Kronprinzen die end 
iche, baldige Genesung und frohe Heimkehr nach 
»em Vaterlande beschieden sein mögen. — Die 
dundgebungen anläßlich der Feier vom 25. Januar 
gerden sich natürlich unter den obwaltenden Ver— 
F altnissen nur in eingezogenen Schranken halten 
nnen, jedenfalls dürfte aber an ihrer Spitze die 
„acuen 190,000 Unterschriften zählende Riefenglüd. 
vunsch Adresse der Berliner Bürgerschaft stehen, 
velche dem Kronprinzenpaare am Minwoch über⸗ 
eicht werden wird. 
Ausland. 
Paris, 21. Januar. Der Minister des 
Aeußern, Flourens, empfing heute den italienischen 
gotschaflter, Grafen Menabrea. Der Zwischenfall 
on Florenz wird als beigelegt betrachtei. 
Brüuͤffel, 21. Jan. Der heutige „Nord“ 
agt, datz trotz einer gewissen pessimistischen Strö⸗ 
nung. welche besonders in Wien zu herrschen 
cheine, die Friedenszuversicht in Europa wächst. 
Bas Rußland betrifft, so habe es offiziös und 
Ffiziell lundgegeben, daß es weder jetzt noch in 
rächster Zukunft den Frieden zu stören gedenke 
zegenüber der Betheuerung des Kaisers Alexander II., 
aß er feste Friedenszuversicht hege, kämen pessi⸗ 
nistische Zeitungsartikel und die Erfindungen über 
ingeblich russische Truppenconcentrationen gar nicht 
ns Gewicht. Da ein dauerndes Friedensgefühl 
nicht Platz greifen will, meint der „Nord“, ist mehr 
zie Schuld der Mächte als die Rußlands. Hätten 
zie Großmächte nach der Abreise des Battenbergers 
sus Sofia die rusischen Vorschläge angenommen 
der bessere gemacht, so wäre die bulgarische Frage 
jeregelt und man brauchte heute nicht auf Mittel 
u sinnen, den Coburger los zu werden. Der 
Nord“ betont, Rußland wolle, obwohl sein Blus 
ind sein Geld die Existenz Bulgariens geschaffen 
saben, in diesem Lande keine Ausnahm'sstellung, 
ondern lediglich die Wiederherstellung des Berliner 
Bertrages und das Aufhören eines Zustandes, 
velcher dem Berliner Vertrag widerspricht. So 
ange die Mächte diesen berechtigten Wünschen nicht 
nsprächen, liege in Bulgarien allerdings der Keim 
ünftiger Verwicklungen, weil man eben die dortigen 
dorgänge nicht vorhersehen könne. Die Neujahrs- 
ede des Prinzen Ferdinand nennt der „Nord“ 
ine Ausgeburt des Größenwabhns, welche Nieman⸗ 
den ins Bockshorn jagen könne. 
San Remo, 21. Januar. Die gesammte 
eutsche Colonie rüstet sich zur Feier der dreißigsten 
Wiederkehr des Hochzeitstages des kronprinzlichen 
Paares, welche am kommenden Mittoch den 25. 
danuar stattfindet. 
* Der Wortlaut des bekannten Friedens⸗ 
eseriptes des Czaren an den Gouverneur 
on Moskau ist dieser Tage veröffentlicht worden. 
ziernach erscheint die Kundgebung des russischen 
derrschers als die Antwort auf die vom Fürsten 
»olgorukow Namens der Stadt Moskau überreichte 
deujahrs⸗Glückwunsch-Adresse und enthält die kaiser⸗ 
iche Antwort nur den Ausdruck der Hoffnung, daß 
»er Friede im gegenwärtigen wie im künftigen 
dahre erhalten bleiben werde. 
— Winnweiler, 20. Jan. Gestern Vor⸗ 
nittag wurde von Herrn Waldaufseber Sutter ein 
zefährlicher Wilderer auf der That ertappt und 
berhaftei. 
— Deidesheim, 20. Jan. Ihr 9jähriges 
Geburtsfest feierte gestern Frau von Cent⸗-Yvany, 
Zutsbesitzerin dahier, im frohen Familienkreise. 
Dieselbe blickt auf eine Reihe von Enkeln und 
Urenkeln herab, wozu besonders die Familien Jor⸗ 
dan, Deinhardt, Buhl, Scipio u. a. m. zählen. 
Besagte Dame hatte das seltene Glück, diesen Tag 
noch in voller Geistesfrische und körperlicher Rüstig⸗ 
eeit zu seiern. 
Bermischtes. 
Zum Verkaufe kommen dem Vernehmen 
der „Augb. Abdztg.“ zufolge drei Häuser und eine 
Villa in Berg am Sltarnbergersee, welche sich im 
Brivatbesitze König Ludwigs II. befanden. 
Frankfurt, 21. Jan. EKin schrecklicher 
Ungiüdsfall hat sich gestern in der Gemeinde Groß⸗ 
auheim des Kreises Hanau ereignet. Drei Kinder 
eines in der Pulverfabrik Hanau beschäftigten Ar⸗ 
beiters sind in der Nacht vom 19. zum 20. d. 
M. infolge Ausströmung von Kohlengas erstickt. 
Die Eltern der Kinder fand man in bewußtlosem 
Zustand, doch hofft man, dieselben am Leben er⸗ 
halten zu können. 
Köln, 21. Jan. Erzbischof Dr. Krementz 
st gestern Vormittag nach Rom abgereist. In 
oblenz traf derselbe mit dem Bifchof von Trier 
jusammen, von wo aus deren gemeinschaftliche 
Reise über Basel erfolgte. 
Aus Elsaß-Lothringen. Ueber eine 
fabelhafte Erbschaft wird dem „Els. Journ.“ aus 
Lothringen geschrieben: Das Land befindet sich in 
einer großen Aufregung, denn es soll eine Erbschaft 
don 20- Millionen Rubel unter die verschie- 
denen Mitglieder der Familie Gangloff zu ver— 
theilen sein. Die Erbschaft rühre von einem an— 
geblich in Rußland verstorbenen Großonkel, der 
seine Kinder, aber viele Millionen hinterlassen haben 
soll, her. 
4 In Neunkirchen wurden vorige Woche 
dem verheiratheten, 32 Jahre alten Rangirer Ph. 
Fichler, Voter von 8 kleinen Kindern, beide Beine 
abgefahren. 
F Leipzig, 20. Jan. Der Pferdehändler 
dirschfeld, der mit der bankeroiten Diskontogesell⸗ 
daft Geschäfte machte, wurde wegen 36 Wechsel⸗ 
aschungen im Betrag von 84,000 Mk. der „Fr. 
Zig.“ zufolge zu 7 Jahren Zuchthaus verurtheilt. 
Das Körper-Größenmaß der männ⸗ 
lichen Mitglieder unseres königlichen 
Zauses übersteigt durchgehends das für die 
Mannschaften der Garde geforderte und beziffert sich 
wie nachstehend: Der Kaiser mißt 1 m 73 cm 6 
m; der Kronprinz 1m 73 m; Prinz Wilhelm 
Um 71 em 5 mm; Prinz Regent Albrecht 1m 
)4 em 5 mm; der verstorbene Prinz Friedrich 
Tarl hatte eine Größe von 1 m 68 em und Furst 
Bismard mißt 1m 68 em 6 mm. 
FHamburg, 21. Jan. Der Raubmoͤrder 
Winckler wurde heute Morgen mittelst Fallbeiles 
gingerichtet. 
Pacis, 20. Jan. Im Finanzminisierium 
vurde ein vor einem halben Monat begangener 
Diebstahl von 300.000 Franken entdeckt, als die 
Zenossen des diebischen Kanzleidieners einen Theil 
der Papiere gestern verkaufen wollten und die ver⸗ 
ächtigen Befitzer gestern angehalten wurden. Der 
LEofre und pfälzische Nachrichten. 
— Speyer, 20. Jan. Ein tieftrauriger 
Anglücksfall hat eine hiesige Familie betroffen. Die 
frau des Mezzgermeisters Britz hatte gestern Abend 
em Burschen, welcher im Keller zu thun gehabt 
jatte, befohlen, die Thür aufstehen zu lassen, da⸗ 
nit das im Einschlafen begriffene Kindchen nicht 
zurch das Knarren derselben gestört werde. Die 
rme Frau aber hatte daran vergessen, und als sie 
päter in die Küche gehen wollte, siürzte sie ahn⸗ 
mgslos durch die offene Thür in den Keller hinab. 
Zie trug dadurch schwere innere Verletzungen da⸗ 
von, denen sie nach vierundzwanziß Stunden 
zereits, im blühenden Alter von 29 Jahren er⸗ 
iegen mußte.