Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des köͤnigl. Amltsgerichts St. Ingbert. 
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et— gIngberter Anzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Glatt und Mittwochs und Samstags wů 
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V Vaiunst eriheun, i5 Nekiamen 830 2. Bei maliger Einrückung wird nur 3 —2 velqh 
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8180. 
Samstag, 18. August 1888. 
23. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Dir diesmal zurückgelegte siebentägige Zeit⸗ 
qun war zunachst eine Woche patriotischer 
nerung, denn in den Tagen des 14. bis 
Jugust fanden vor nun achtzehn Jahren jene 
nigen Schlachten um Metz statt, welche die Ein⸗ 
lüegung der französischen Rheinarmee in dem ve⸗ 
n' großen Waffenplatze durch die deutschen 
sjur Folge hatten. Die Ramen Courcelles, 
omndey⸗Nouilly, —X 
Sl. Privat, St. Marie, sie bedeuten eben⸗ 
ad diuische Sieges⸗ und Ehrentage und deren 
— Wiedertehr erweckt darum im Herzen 
deuhschen Volkes stets ein besonderes patrio⸗ 
ches Echo. An jene Kampfestage erinnerten denn 
d zwei größere Feierlichkeiten der abgelaufenen 
he, die GEinweihung des Prinz⸗Fried⸗ 
Fearle Denkmals in Frankfurt a. 
und jene des großartigen Siegesdenkmals 
Leipzig. Die Frankfurter Feier, ausgezeichnet 
id die Gegenwart des Kaisers, fand am Don⸗ 
ciag statt, dem Jahrestage der Schlacht von 
la Tour, durch welche Prinz Friedrich Karl 
Oberbefehlshaber der 2. Armee den weiteren 
ug der Franzosen nach Westen verhinderte. Für 
cathüllung des Leipziger Siegesdenkmals, wel⸗ 
tduch das sächsische Konigspaar, kaum erst von 
nen scandinabischen Reise zurückgekehrt, beiwohnte, 
a der 18. August ausgesucht worden, weil an 
jim Tage das sächsische Armeecorps durch seinen 
sreichen Angriff auf St. Marie und St. Privat, 
Betein mu der preußischen Garde ausgeführt, 
eullichen Antheil an dem für die Deutschen gün⸗ 
hin Ausgange der Entscheidunasschlacht von Gra⸗ 
lotte hatte. 
In dem Streite über das Cartell 
eisichtlich wieder eine Ruhepause eingetreten und 
ih der Versuch, den Besuch des Herrn von 
slennigsen beim Reichskanzler in Fried⸗ 
qeruh mit der Cartellfrage zusammenzubringen, 
u fich als mißglückt herausgestellt; es wird dem⸗ 
ach vorldufig noch ein Geheimniß bleiben, was 
t Kanzler und der nationalliberale Parteiführer 
it einander verhandelt haben. Dafür wendet sich 
sdas Interesse um so mehr der im sech sten 
erliner Reichstagswahlkreise bevor— 
henden Ersatzwahl zu. deren Erregung beginnt, 
in der Berliner Parteipresse widerzuspiegeln. 
ahdem die Antisemiten, die Conservativen und 
eSocialdemocraten mit ihren Candidaten auf 
m Plane erschienen sind, ist man endlich auch 
üsinnigerseits mit einer Candidatur hervorgetreten, 
denigen Knörcke's eines „Veteranen“ der Fort⸗ 
hitt dartei; selbsiversiandlich erhöht diese Zersplit- 
F im Lager der antisocialistischen Parteien nur 
eChancen für den Sieg des Herrn Liebknecht. 
Die Arbeiterbewegung in Fraukreich 
dnt nach einem drohenden Anlaufe nunmehr 
im Sande verrinnen zu wollen und speziell 
prn Paris eine theilweise Wiederaufnahme 
in rbeit seitens der streikenden Erdarbeiter ge- 
Zumal in den letzten Tagen trat die Ar⸗ 
* ewegung gegenüber den drei Deputirtenersatz 
welche an diesem Sonntag in den Depar⸗ 
wg Nord, Charente Inférieure und Somme 
den siark in den Hintergrund, denn alle 
he in Frankreich spannt darauf, welche Geschäfte 
—8 welcher in allen drei Departements 
hierbei wohl machen wird. Daß es bei 
tsatzwahlen am Sonntag nicht sonderlich ruhig 
ugehen wird, beweist u. D. auch eine Meldung 
us Amiens, wonach dort die Ankunft Boulanger's 
m Mittwoch Anlaß zu verschiedenen tumultuarischen 
dundgebungen gab, dei welchen Polizei und Gens⸗ 
armerie einschritter, und mehrere Persĩonen ver⸗ 
pundet wurden. 
BPO. In Bezug auf die jüngst in Umlauf be⸗ 
indlichen Gerüchte betreffs einer eventuellen Kan⸗ 
idatur des Prinzen Waldemar von Daänemark für 
ey bulgarischen Thron, verlautet in gut un⸗ 
errichteten Kreisen, die dänische königliche Familie 
sei gäͤnzlich dagegen, daß der Prinz den Thron 
innehme, falls er ihm angetragen werde, und zwar 
us dem Grunde, daß er als Fürst von Bulgarien 
rothwendigerweise früher oder später in Konflikt 
nit' dem Konig von Griechenland kommen mützte, 
ressen Unterthanen politische Bestrebungen hegen, 
ie mit denjenigen der Bulgaren genau überein⸗ 
mmen. Keberdies klagen die Griechen bereits 
iber die Verfolgungen, denen in Bulgarien ansas⸗ 
ige griechische Unterthanen ausgesetzt sind. In⸗ 
wischen denkt Fürst Ferdinand nicht im Entfern⸗ 
esten daran, die Bulgarische Thronfrage durch seine 
demission akut zu machen; im Gegentheile sehen 
rund Kenner der bulgarischen Verhältnisse seine 
zZosition für eine feste und sich von Tag zu Tag 
joch befestigende an. 
*Auf auswärtigem Gebiete ward die 
Woche zum guten Theile durch die Massauah⸗- 
Frage beherrscht. Der franzosisch⸗ italienische 
Streu über die Capitulationen von Massauah schien 
ach einer Mittheilung der officivsen „Agenzia 
Stefani“ beigelegt, wonach die Großmächte in Rom 
zie Erklärung abgegeben haben sollten, daß die 
Fapitulationen auf das Gebiet von Massauah nicht 
inwendbar seien. Es bedeutete dies also, daß 
Italien Recht gegeben wurde und daß es demnach 
derechtigt war, von den fremden Staatsangehörigen 
in Massauah Steuern zu erheben. Jetzt kommt 
iber das „Journal de St. Petersb.“ und erklärt, 
zaß eine solche Mittheilung der Mächte in Rom 
nicht erfolgt sei. wobei das Organ des Herrn v. 
Hiers deullich durchblicken laͤßt, daß Rußland das 
herfahren Jialiens in Massauah nicht billigt; man 
arf nun einigermaßen gespannt darauf sein, was 
calienischerseiiss auf die Auslassung des Peters⸗ 
zurger Blattes erwidert werden wird. Jedenfalls 
st diplomatisch wenigstens die Massauah⸗ Frage mit 
‚er offiziellen Hissung der italienischen Tricolore 
mn der Ostküste Afrikas noch nicht erledigt. Außer⸗ 
em hat die ganze Affaire jetzt noch eine Weiterung 
adurch erfahren, daß der Khedive von Egypten in 
er an den Suͤltan gerichtelen Depesche gegen die 
lnnexion von Massauah wie gegen die Besetzung 
zulas durch die Italieuer protestirt hat. Italien⸗ 
cherseits ist man infolge dessen mit einer noch⸗ 
aaligen historischen Darstellung der Festsetzung 
ztaliens in Osstafrika hervorgetreten, welche die 
Zerechtigung der Italiener zur AÄnnexion Massauah's 
achweist; augenscheinlich find aber hiermit die 
sclen über die Massauah⸗Frage noch lange nicht 
eschlossen. 
er bayer. Verkehrsanstalten der 18. Finanzperiod 
nit besonderer Genugthuung entgegengenommen 
ind erblicke darin, daß die gesteigerten Anforderungen, 
velche der bedeutend vermehrte Verkehr für die 
Fenitalstellen und für die Organe des außeren 
dienstes mit sich bringt, in allen Dienstzweigen 
sefriedigt werden, einen erfreuli chen Beweis 
der Pflichttreue und Leistungsfähige 
eitder VBerkehrsbeamten und Be— 
diensteten. Gerne spreche Ich dem erfolgreichen 
Wirken auf diesem Ihrer hewährten Leitung unter- 
sehenden eben so großen als wichtigen Verwaltungs- 
Jebiete Meine volle Anerkennnug aus.* 
Muünchen, 16. Aug. Den „Neuesten Nach⸗ 
richten“ zufolge sind gestern in Lindau drei schwei⸗ 
‚erische Schmuggler beim Ausladen mehrerer Centner 
ocialistischer Schriften und der neuesten Auflage 
des „Socialdemokrat“ aus einem mit Mühlsteinen 
heladenen Segelschiffe hetreten und festagenommen 
worden. 
Berlin, 16. Aug. Bei dem nach der Ent⸗ 
üllung des Prinz Friedrich Karl⸗Denkmals in 
Frankfurt a. O. stattgehabten Dejeuner soll der 
aiser in Erwiderung auf den Toast des Ober⸗ 
„urgermeisters die innige Verbindung der Hohen⸗ 
zollern mit der Mark Brandenburg betont, die 
hʒeldenthaten der verstorbenen Kaiser und des Prinzen 
Friedrich Karl rühmend erwähnt, und gesagt haben, 
her würden 18 Armecékops und 42 Mil- 
dronen Deutsche den Opfertod sterben, 
ehe sie einen Stein von Elsaß⸗Loth⸗ 
ringen preisgäben. 
Berlin, 16. Aug. Die „Nord. Allg. Zig.“ 
bemerkt gegenüber den gehässigen Aeußerungen der 
Moskauer Zeitung“ anlaßlich des Gerüchtes von 
jem Abschluß eines Handelsvertrages zwischen 
Deutschland und Rußland, solch' ein voͤllig aus 
der Luft gegriffener Vertrag sei niemals angeregt 
dorden und wird nicht angeregt werden. Die oko⸗ 
iomische Freiheit, welche Rußland gegenüber den 
deuischen Angriffen“ verteidigen solle, sei für die 
zeutsche Wirtschaftspolitik ein Erforderniß 
vongroßer Bedeutung. Deutschland 
deabsichtige nicht, sich diese Frei⸗ 
heit durch den Abschluß eines Han— 
delsvertrags zu kümmern. 
Berlin, 17. Aug. Verhandlungen wegen 
Einberufung einer neuen afrikanischen Con— 
ferenz nach Brüfssel find thatsächlich e in g e⸗ 
eitet? Vornehmlich sollen die Sklavenfrage und 
jemeinsame Maßregeln behufs Verhinderung 
zer Waffeneinfuhr die Tagesordnung bilden. 
Ausland. 
London, 16. August. Die internatio— 
nwale Zucerpraämienconferenz vertagte 
ich nach dreistündiger Sitzung bis zum 27. August, 
weil es als noiwendig erachtet wurde. daß die 
Delegierten über gewisse Punkte weitere Instructionen 
einholten. 
Roin, 17. August. Ministerpräsident Crispi 
st gestern Abend über Turin nach Valdieri abge⸗ 
teist. um mit dem Konig zu conferieren. 
NRom, 17. Aug. Eine weitere Depesche des 
Henerals Baldissera an den Kriegsminister, welche 
die Details des Kampfes gegen Saganeiti enthält, 
pricht die Gewißheit aus, daß alle italienischen 
ffigiere, deren heldenmüthige Haltung gelobt wird. 
eloͤdtet sind. 
Belgrad, 16. Aug. Die Entscheidung des 
Fonsistoriums in der Angelegenheit des 
hias paares wird am 9. September neuen 
Muͤnchen, 16 Aug. Der Prinzre gent hat 
zjach Entgegennahme der vom Staatsminister Frhrn. 
„Crailsheim demselben vorgelegten Darstellung 
er finanziellen Ergebnisse der kgl. bayr. Verkehrs— 
nstallen in der 18. Finanzperisde folgendes 
-„chreiben an den genannten Minisier gerichte t: „Ich 
abe Ihre Darftellung der finanziellen Verhälmnisse 
— Amces Reiæ