Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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ot⸗ gugberter Auzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗- und Feiertage. 2 mal wöͤchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und Samstags m 
—* e ———— 1 * 8 ——— Dieeen durch ae p2. ten 33 - e . Zuftellung 8gebuhr. & 
ungsge eile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfali G⸗ außerpfalzischen und solchen auf welche die Erpeditior 
Zuru Auslunft ertheilt, 18 , Neklamen 80 8. Bei 4maliger Ginruckung wird nur dreimalige berechnet. Aa 
V AIs2. 
Politische Uebersicht. 
In voriger Woche hat die Besichtigung 
er Garde⸗Regimenter durch den Kaiser 
iin Anfang genommen, welche bekanntlich mit 
olhhahrlich am Sedantage starffindenden großen 
—VXV Gardecorps ihr Ende zu nehmen 
In Leipzig fand am Sonnabend, den 18. 
als dem Jahrestage der namentlich für 
172. (sächsische) Armeecorps so ruhmbvollen 
ciacht von St. Privat, die feierliche Enthül⸗ 
ng des Siegesdenkmals statt. Der 
nhuͤllungsfeier wohnten, u. A. das suachsische 
inigspaar, Prinz Georg von Sachsen mit seinem 
defen Sohne, dem Prinzen Friedrich August und 
er ältesten Tochter, der Prinzeß Mathilde, fer⸗ 
a der berühmte Ehrenbürger der Stadti Leipzig, 
xenetalfeldmarschall Graf Moltke, Vertreter 
d sachsischen Staatsministeriums, der Generalität 
d zahlreiche sonstige Persönlichteiten von Di- 
inction, viele Vereine, Corporationen u. s. w. 
id eine große Volksmenge bei. Das Siegesdenk 
aal ist bielleicht das schönste und größte aller der 
it Etinnerung an den großen Kampf von 187071 
Deutschland errichteten Monumente. 
Der ceommandirende General des 
(elsaß⸗lothringischen) Armeecorps, v. 
deunduck, beging am 15. August sein 50jahriges 
dienstjzubilaum. Der Kaiser zeichnete den Jubilar 
zutch die Verleihung des Großkreuzes des Rothen 
dler· Ordens aus. 
die scharfe Polemik, welche sich neuer⸗ 
us zwischen der „Nodd. Allg. Z3tg.“ 
naerseits, verschiedenen russisch ofsieiösen ODr⸗ 
janen und panslavistischen Zeitungen 
aderseutz entsponnen hat, erregt wegen der ersf 
inz vorangegangenen Kaiserbegegnung von Peters⸗ 
arg allseitig Vetwunderung. Angefichts des von 
aner Seite bestrittenen Friedenscharakters dieses 
creignifses fragt man sich, wie es möglich sei, daß 
id sobald nach demselben wicder eine Preßfehde 
wichen den Berliner Officiösen und rufsisch⸗offi⸗ 
chen wie panslavistischen Preßorganen entspinnen 
dunte, die an Schärfe und Heftigkeit wahrlich 
ihis zu wünschen übrig läßt. Die Vermuthung 
qß man von panslavistischer Seite in Petersburg — 
d der Panfslavismns zählt auch im russischen 
lutwiürtigen Amie seine Vertreter — jetzt versucht, die 
ziedlichen Eindrücke, welche der Besuch des deutschen 
deisers in Peterhof herbocgerufen, wieder zu ver⸗ 
ade. hat Vieles für sich. Wenn nunmehr die 
ushn officiöscn Blätter diesen Versuchen gegen⸗ 
et wieder eine überraschend scharfe Tonart nach 
bin anschlagen, so scheint eine solche Taktil 
un hinzudeuten, daß man deutscherseits hierdurch 
n sidiigt. die Luft zwischen Verlin und Peters- 
wieder rein zu machen. Ob diese Absicht er⸗ 
— werden wird und die panslavistischen Nebel 
b wieder derziehen werden, durften schon die kom⸗ 
iden Wochen zeigen. 
aah In den weitesten Kreisen der spanischen 
N durch die Entdecung tiefgreifender Miß 
eim spanischen Gefängnißwesen große Erreg- 
nh hurvorgerufen worden. Den äußerlichen Anlaß 
* Entdedung gab der Umstand, daß ein 
* heren Madrider Gesellschaftollassen angehoͤren⸗ 
—5 Mann, welcher unter dem dringenden 
* we steht, verschiedene schwere Verbrechen be⸗ 
u. A. seine Mutter ermordet zu haben, 
elieben sich aus dem Gefängniß enifernen 
Dienstag, 21. August 1888. 
23. Jahrg. 
tonnte. In hervorragenden Madrider Zeitungen / Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
wurde zuerst auf diese eigenthümliche Erscheinung Sa. Ingbert 21. August. Zeitgemäße 
aufmerksam gemacht und hieran knüpfte sich dann Winke. In dem vortreffüichen Programm 
eine im Namen der öffentlichen Meinung geführte das der Seminar-Inspekteur D . 
Untersuchung, welche die schwersten Mißstände in Andreä dem neuesten Jahresberichte über die 
panischen Gefangniß-⸗ und Gerichtswesen zu Tage VTehrerbildungsanstalt Kaiser ßlautern beige— 
vrderte, so daßz bereits mehrere höhere Madrider geben hat, lesen wir unter „die Stellung der Fami⸗ 
Juftizbeamte, die in die Sache verwickelt sind, ihre Ze zu den erziehlichen Aufgaben“ die beherzigens- 
kntlassung nehmen mußten. Da⸗s Ministerium werihen Worte: Von zwei Seiten ist das Fa⸗ 
Sagasta selbst bemüht fich nach Kräften, der bee milienleben ernstlich bedroht, von der Wirthshaus- 
zreiflichen Erregung der offentlichen Meinung Reche sucht und von der Vereinsmode. — Es gehoͤrt 
nung zu tragen. Der Justizminister erließ ein jetzt schon zu den durch Sitte geheiligten Gewohn- 
Rundschreiben an die Gefangnißdeamten, in denen heuten, daß der Hausvater taglich einen erheblichen 
er ihnen die strengste Befolgung ihrer Pflichten ein· Theil seiner Zeit im Wirtshause zubringt. Er be⸗ 
chärft und der Minister des Innern wies die rachtet das vielleicht wie ein Siuck seiner gesell ⸗ 
Bouverneure der Provinzen an, die Klagen, die in schaftlichen Verpflichtungen, und so teilt mancher 
den Zeitungen hinfichtlich der Gefangnisse laut seinen Aufenthalt zwischen Werkstätte, Bureautisch 
würden, wohl zu beachten. und Wirthstisch derart, daß fur das Haus nur 
noch der Eßtisch übrig bleibt, an welchem er dann 
leider auch den sich nicht gerade von der liebens⸗ 
würdigsten Seite piäsentirenden Kindern begegnen, 
Klagen und Anklagen der Mutter entgegennehmen, 
in vielen Fällen die väterliche Autorität herauskehren 
und strafend einschreiten muß — allen zum Leide, 
Niemanden zum Segen, sich selber zur Last. Es 
ist eine betrübende, aber nicht wegzuleugnende Tat · 
sache, daß sich die Teilnahme nicht weniger unserer 
mobernen Vater an der Erziehungsarbeit des Hauses 
auf diese Polizeithätigkeit bejchraänkt, weil sie keine 
Zeit haben. Glücklich das Haus, in welchem wenig⸗ 
lens eine pflichtrreue Mutter fuür die Kinder und 
hre Erziehung Zeit hat! Denn es ist nicht eine 
Zumme von besonderen Maßnahmen, von fein er⸗ 
sonnenen und kunstvoll anzubringenden Thätigkeiten, 
durch welche das Haus seine paͤdagogische Aufgabe 
öst. Gleichmäßige Ruhe, gemuüthliche Wärme und 
darüber der Sonnenschein der Heiterkeit — das 
tind die Hauptbedingungen fur das Gedeihen kind⸗ 
ichen Wachstums. Liebevoller Umgang, der fich 
vherablaßt, um zu erheben, herzliches Eingehen auf 
A die LTeiden und Freuden, an denen ja auch die 
Jugend schon so reich ist, verstündnißvolle Teilnahmt 
urdie alimählich erwachenden indibiduellen Eigen- 
Jeiten und Interessen — lauter Dinge die in voller 
ẽcchtheit nur bei den Eltern zu haben sind — selbst 
der heranwachsenden Jugend, auch wenn sie längst 
mit Altersgenossen in Verkehr getreten und die 
Jugendfreundschaften in Blüthe stehen, thun sie noth: 
ie schaffen den tiefgrundigen Boden für jegliche 
Saat der Schulen. — Die gewaltigen Schöpfungen 
und die segensreiche Wirksamkeit des Vereinsleben 
leugnen zu wollen, wäre tdricht. Aber solche An⸗ 
erkennung darf für die Schäden und Auswüchse 
dieses modernen Gesellschaftsprodultes nicht blind 
machen. Fur weite Kreise ist dadurch der Vernach · 
asfigung der Familienpflichten eine Art von sitt⸗ 
lichem Mantel umgehängt worden. Indem die Be— 
heiligung bei den verschiedensten Vereinen sich als 
ẽhrensache darstellt, weil durch dieselben für Be— 
rufsinteressen, Bildungsbedürfnisse und anständige 
Frholung in gleicher Weise gesorgt werde, erschien 
3 als Pflicht, einen erheblichen Theil der freien, 
zaturgemaͤß dem Hause gehoͤrigen Zeit den Vereins— 
itzungen, Vereinsversammlungen und Vereinsver⸗ 
zmnügungen zu widmen. Die Enwoͤhnung von der 
alurlichen Ordnung ist die haldige Folge; darunter 
leiden aber diejenigen besonders, welche, wahcend 
des Tages durch angestrengte Arbeit gebunden, nur 
n den kurz zugemessenen Stunden der Erholung 
hren Familien gehören können. Welch schwere Ver—⸗ 
zumnisse dadurch aber auch die häusliche Erziehung 
Reich. 
Munchen, 20. Aug. Der Prinz Regent 
hat letzter Tage in Beralung mit dem Reichsrat 
Zuhl das Programm für seinen Befuch der 
Pfalzfestgesteli. Der Prinz Regent trifft danach am 
i6. September in der Pfalz ein und residiert auf 
der Ludwigshöhe bei Edenkoben, von wo aus 
einzelne Städte besucht werden. Der Aufenthali 
in der Pfalz dauert 11. Tage. 
Ausland. 
Wien, 19. August. Der Antisemitenführer 
Schönerer, der morgen seine Strafe antritt, ist 
heute Abend 249 Uhr von seinem Befitz Schloß 
stosenau bei Zweitl mit der Franz⸗ Josephsbahn 
sier angekommen. Vor dem Bahnhof befand sich 
eine tausendköpfige Menge, zumeist Neugierige. Der 
Bgahnhof wac für Jedermann abgesperrt, ebense 
dielt den Platz vor dem Gebäude ein starkes Auf 
jebot von Wachmanuschaften besetzt. Schönerer, 
der mit Frau und Kindern angekommen ist, hal 
hereits Kopf und Barthaar kurz geschnitten. Aus 
dem Perron von Wachen in die Mitte genommen, 
vurde Schönerer bis zu einem Fiaker geleitet. 
stachdem er den Wagen bestiegen hatte, wurde die⸗ 
er von einer Abteilung berittener Sicherheitswache 
mmzingelt, die dem Wagen über die ganze Ring 
traße bis zum Absteigquartier Schönerer's unter 
sroßem Aufsehen folgte. Als die Menge vor dem 
dotel den Wagen in Sicht bekam, wurden viele 
hochrufe laut. Die Wache nahm viele Verhaftungen 
bor. Im Hotel erwarteten Schönerer Freunde und 
Anhänger. Vor dem Hotel war Polizei stationirt; 
die umliegenden Straßen wurden von starken Pa⸗ 
rouillen begangen; das Militär war in Bereitschaft. 
Paris, 20. Aug. General Boulanger 
vurde in drei Departementsgewählt. 
Die Ergebnisse sind: Im Departement Nord er— 
zielten: Boulanger 67,269. Köchlin 65,418, 
Desmoutier (Opportunist) 55,8365, Moreau (radical) 
54.341, Deicourt (Socialist) 3982. Delcluze (So- 
tjalisf) 2436 Stimmen. In der Somme Bou— 
langer 76,664, Bemot (Republicaner) 41,871. 
In der Charente-Inferieure Boulanger 44,634, 
dair (Opportunist) 382,377 Stimmen. 
Paris, 20. August. Im Arbeiterviertel waren 
zie Boulevards am späten Abend mit einer großen 
Menschenmenge angefüllt, welche die Polizei aus— 
inander trieb. — In Amiens mußte das Militär 
nit aufgepflanztem Bajonnett gegen die Menge 
inschreiten. — In Lille fanden Schlägereien 
wischen den Boulangisten und den Antiboulangisten 
tatt: es wurden viele Verhaftungen vorgenommen. 
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