Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Auzeiger. 
0 8 * 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
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23. Jahrg. 
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Samstag, 1. September 1888. 
Sedan TSESS. 
olche mit Blut erkauften Ehrentage sind ein ideales 
krbgut der Nation und müssen es bleiben! 
Und darum wird uns dec Sedanstag oöllezeit 
)er besten Tage einer sein, werden wir ihn feiern, 
venn auch nicht mit lärmenden, rauschenden Festen, 
d doch mit patriotischem Dankgefühle, werden wir 
ne am 2. September die Bedeutung dieses Tages 
yergessen, sondern auf Kind und Kindeskinder die Hoch⸗ 
jaliung desselben übertragen. Das haben die Helden 
jon 187071, die todten wie die lebendigen, gar 
vohl verdient! 
Freilich Sedan 1888 ist kein solcher Freuden⸗ 
ag für uns; die Unbeständigkeit menschlichen Glückes 
ind Geschickes — wie schwer haben wir sie empfin 
en müssen durch den Hingang zweier edler Kaiser, 
der Leuchten jener großen Zeit, die mit dem er⸗ 
nnerungsreichen Tage so enge verknüpft sind. Wer 
in Sedan denkt, gedenkt dabei auch der ritterlichen 
Zeldengestalt des unvergeßlichen Kaisers Friedrich, 
der die Freude und der Stolz Aller gewesen und 
es bleiben sollte, nach menschlicher Berechnung noch 
ange Jahre; er gedenkt des greisen Heldenkaisers 
Wilhelm, unter dessen Augen sich das welterschüt⸗ 
ernde Drama vollzogen, wie er aus der Hand des 
edehmüthigten Feindes den Degen entgegennahm; 
r gedenkt der treuen Palladine, die das Heer mit 
u Kampf und Sieg g führt. 
und fast all dies einst so freudige Gedenken, 
hat sich in kurzer Frist jetzt in ein wehmuts⸗ 
rolles Gedenken verwandelt. Kaiser Wilhelm 
ollte dem Tode den menschlichen Tribut, nachdem 
hm, dem Greise, 17mal noch die Wiederkehr des 
Zedanstages beschieden gewesen. Kaiser Friedrich 
rlag in den Jahren schoͤnster gereifter Mannes⸗ 
rraft dem tuückischen Wurme, die Reihe der Palladine 
st gelichtet! 
Mochten den noch lebenden Männern jener großen 
Zeit, vor allem unserm Reichskanzler and dem 
senialen Schlachtendenker Molike, den sein hohes 
Ilter nun auch veranlaßt hat, sich seiner 
chweren Bürde als Generalstabschef zu entledigen 
noch viele Jahre des Friedens und der Ruhe be⸗ 
chieden sein! 
Jahre des Friedens und der Ruhe, wie wit 
je stit vollen 17 Jahren nunmehr genießen durften 
ind deren wir uns menschlicher Berechnung nach. 
vohl auch noch länger werden erfreuen dürfen. 
Nichts liegt vem deutschen Volke ferner, als kriegerische 
Zeluste, nichts ist ihm theurer als der Friede. Aber 
hrenvoll muß dieser Friede sein, seine Grundlage 
auf dem Rechte fußen, auf dem Wahl⸗ 
pruch: „Jedem das Seine.“ Und weil wir jedem 
has Seine gonnen, wollen wir auch das Unsere 
behalten und lieber den letzten Mann auf dem 
Plane, als uns eiwas von unserem Eigentum nehmen 
lassen! 
In diesem Sinne hat neulich Kaiser Wilhelm I.. 
der wuürdige Sohn und Enkel der von uns so tief 
zetrauerten beiden deutschen Kaiser in Frankfurt 
a. O. einen Trinkspruch gehalten und diese Rede 
hat Wiederhall in Millionen Herzen gefunden. 
Kaiser Wilhelm L. ist seiner Ahnen werth und 
wurdig! Einig und fest siehen die deutschen Bundes⸗ 
ursten, wie läglich mehr sich's zeigt, zum jugend⸗ 
ichen Kaiser! Wenn eins uns trösten konnte in 
schwerer Zeit, — wenn eins dazu beitragen kann, 
ins mit froher Zuversicht zu erfüllen, so ist es 
dieses Bewußisein. Und darum möge moß der 
Trauer, die unsere Herzen heuer am Sedansfeste 
unstridtt hält, dennoch der Ruf ertönen: Hoch 
daiser und Reich, immer und allezeit!“ 
Deutsches Reich. 
München, 30. Aug. Zur Reichstagsersatz 
vahl Ansbach⸗;Schwabach haben nun auch die 
Zocialdemokraien einen Candidaten aufgestellt, näm⸗ 
uich den Redacteur Dr. Bruno Schönlank in Nürn⸗ 
zerg. Nach einer Meldung der „Fränk. Tagesp.“ 
perden auch die Ultramontanen einen besonderen 
Fandidaten nominieren. Es stehen sich also in diesem 
reise 6 Candidaten gegenüber. 
Munchen, 31. Aug. Das officielle 
Brogramm für die Pfalzreise Sr.kgl. 
Hoheit des Prinzregenten lautet: 
dDie Abreise von Muünchen ist auf den 
17. September feltgesetzt. Am 18. September 
wird der Prinzregent von Speyer aus, wohin er 
fich zuerst begibt, nach Villa Ludwigshöhe bei Eden⸗ 
oben reisen. Der 19. September ist zu einem 
gesuche in Kaiserslautern, der 20. für einen sol⸗ 
hen in Neustadt und Pirmasens ausersehen. Die 
nachsten Tage sind wie folgt vertheilt: 
Am 21. September Zweibrüdcken und 
Annweiler, 22. Kirchheimbolanden, 28. Spehyer 
und Tudwigshafen, 24. Homburg und St. 
Ingbert, 285. Frankenthal. Dürkheim und Dei⸗ 
desheim, 26. Landau, 27. Germersheim. 
Am 28. September, Vormittags 10 Uhr, tritt 
der Prinzregent von Edenkoben aus die Rückreise 
nach Munchen an. 
Berlin, 80. Aug. Dem „Berl. Tagebl.“ 
vird aus Madrid gemeldet, daß die Aussohnung 
dar regierenden Familie mit Don Carlos beschlossene 
Sache sei und durch die Verlobung Don Jaymes, 
des Sohnes Don Carlos' mit der Prinzessin von 
Asturien, der ältesten Tochter der Koͤnigin⸗Regentin 
berwirklicht werden solle. 
Unler Gewährung von Beihilfen aus Reichs— 
fonds werden jetzt Versuche gemacht, die Hochsee- 
nischerei in der Ofisee durch Beigabe von Dampfern 
zu den Fischer⸗Flotillen namentlich beim Lachsfang 
u Fracht·, Schlepp⸗ und Bergungszwecen zu fördern. 
Berlin, 30. Aug. Die Reichstagswahl im 
8. Verliner Wahlkreis ergab nach vorläufiger Zäbl⸗ 
ung folgendes Resultat: Von 93,480 eingeschrie⸗ 
benen Wählern wählten 41,791. Liebknecht (So⸗ 
alist) wurde mit 26,067 Stimmen gewählt. 
ndcie (freisinn.) erhielt 7807. Forster (Antisemit) 
1322, Holtz (Cartell) 3847 Stimmen. Die üb⸗ 
rigen Stimmen waren zersplittert. 
Berlin, 31. Aug. Daß eine Rebvifsion 
des Entwurfseines bürgerlichen Gee⸗ 
setz buches und eine Neubearbeitung 
desselben beabsichtigt werde, wird von gut unter⸗ 
richteter Seite als unbegründet bezeichnet. 
Richtig dagegen sei, daß die Vorlage in der bevor⸗ 
stehenden Session noch nicht an den Reichs⸗ 
ag gelange. 
Bii der gestrigen Ersatzwahl im 6. Berliner 
Reichstagswahlfreise war die Beteiligung aͤußerst 
gering; nur 48 pCt. der Wahlberechtigen gaben 
hre Stimme ab, gegen 69 pCt. bei der Haupt⸗ 
wahl. 
Berlin, 81. Aug. Dem Vernehmen nach ist 
der Konig von Schweden vom deutschen Kai⸗ 
fer als Admiral à Ja suite der deutschen Ma⸗ 
rine gestellt worden. 
Auslaud. 
Wien, 31. Aug. Das „Fremdenblatt“ erfährt 
jon competenter Seite, daß die neuerdings aufge⸗ 
auchten Angaben über die Neubesetzung ver— 
viedener diplomatischer Missionen 
im wieder tling' durch alle Gaue, du hohes Lied 
von jener Schlacht, 
X Kampfgewühle erstand des neuen 
Reiches Macht — 
an wieder künd's mit vollen · Tõönen vom Alpen⸗ 
firn zum Nordseestrand, 
uß einst auf Sedans weiten Fluren der Deutsche 
fich zum Deutschen fand! 
uehl zittert in des Tages Feier ein wehmuths⸗ 
voller Ton hinein: 
mn oeutsche Helden follten nimmer in ihres Volkes 
Mitte sein — 
e, die vorangeglänzt den Deuischen so reckenhaft 
in großer Zeit, 
ans ein leuchtend Vorbild waren — fie gingen 
ein zur Ewigkeit. 
aq strahlen fürder ihre Namen in Deutschlands 
Heldenbüchern fort, 
zu ihre Thaten weiterleben in deutschen Volkes 
Herzenshort — 
ind fest steht, was fie uns erstritten, sei's auch 
im Sturm und Weltenbrand: 
an herrlich Reich in Glanz und Ehren, ein einig 
deutsches Vaterland! 
ind was auf fränk'schen Schlachtgefilden errungen 
ward so hoch und hehr: 
em einig Reich den deutschen Stäͤmmen vom 
schwäbischen zum balt'schen Meer, 
ves sei gewahrt für alle Zeiten, dies schirm' lraft- 
voll das deuische Schwert, 
and moͤg' es bei uns immer heißen: Die Enkel 
sind der Väter werth! 
oͤd weht denn stolz, ihr deutschen Fahnen, zu Eures 
Volkes Ehrentag, 
zo glüht, ihr Feuer auf den Höhen, daß man euch 
freudig schauen mag, 
und donnernd über Berg und Thole vom Waz— 
mann bis zum Eiderstrand 
ahrauz' der Ruf zum heut'gen Tage: Hoch Kaiser, 
Reich und Vaterland! 
i8 Jahre sind im Zeitenmeere verrauscht, seit 
e ewig denkwurdige Schlacht geschlagen wurde, 
je mit der Gefangennahme eines Kaisers und seines 
prien Heeres endete und die ihresgleichesr in der 
Beltgeschichte kaum hat. 
8 Jahre, eine lange Zeit — wohl geeignet 
w lebendige Andenlen an dies große Ereigniß mehr 
mehr erblassen zu lassen! Ist doch eine neue 
metation inzwischen herangewachsen, die ihn nicht 
rittefühlt und miterlebi hat, den Jubel jener Tage. 
ud doch ach so Viele schon dahingegangen, 
t damals ihr Leben einsetzten zur Niederzwingung 
z Erbfeindes. 
—— wir aber darum nicht mehr Sedan 
nicht mit patriotischem Stolze des 2. Sep⸗ 
et gedenken? Kann und darf der alles be⸗ 
Ine Zahn der Zeit, schon jetzt diesem Monu⸗ 
n deutischen Waffenruhms und deutschen 
enmuthes etwas anhaben, es schon jetzt zu 
r bloßem Merkzeichen im Buche der Geschichte 
Nein und abermals Nein! An 
* haten der Vater soll und muß sich das 
achsende Geschlecht stärken und begeistern,