Full text: St. Ingberter Anzeiger

lediglich auf willkürlichen Combina— 
tionen beruhen. * 
VParis, 80. Aug. Goblet sandte in Erwi⸗ 
derung der lizten Note Crispi's an die Mächte 
eine Note, worin er ausführt, die von der itali⸗ 
enischen Regizrung angeführten Beispiele bewiesen, 
daß Aenderuugen in der Souderäneiät immer nu 
durch Verträge bewerkslelligt werden. Die Erober. 
ung sei erst zu Ende geführt, wenn sie mit einem 
Vertrage abschlösse; ersi dann könne dieselbe einen 
Dritten gegenüder geltend gemacht werden. Jialien 
habe sich j doch auf keinen Vertrag berufen. Di— 
Kapitulationen seien also nicht abgeschafft gewesen 
Erst die Noten des italienischen Cabinets vom 27 
Juli hätten von der Souveränetät Akt genommen. 
Die Italiener seien folglich nicht im Recht gewesen, 
die gereizte Haltung gegen den franzöfischen Consul 
in Massauah einzunehmen, welcher das Exrequatur 
von der Pforte hätte und welchen die französische 
Regierung zurückberief, um eine gereizie Polemil 
zu vermeiden. Die Note bemerkt schließlich, daß 
Italien sich mit Frankreich hätte verständigen müssen, 
anstatt eine Debatte vor Europa zu erheben. Da 
aber Jialien eine solche nor den Mächten aufge· 
worfen habe, so werden dieselben anerkennen, daß 
Frankreich Maßnahmen treffen mußte, wie sie eine 
Regierung ergreifen muß, die sich das Wobl ihres 
Volles angelegen sein läͤßt und auf die Wahrung 
ihrer Rechte und Würde bedacht ist. 
London, 30. Aug. Die Zuckerconvention 
wurde heute unterzeichnet; nur der franzöfische 
Botschafter Waddington behielt fich vor, die Unter 
zeichnung innerhalb der nächsten sechs Mongte zu 
bewirken. 
London, 31. Aug. Einer eingegangenen 
Berichtigung zufolge erfolgte die Unterzeichnunc 
der Zucker⸗Convention nicht vorbehaltlos, auch nich 
von sämtlichen Delegierten. Oesterreich machte 
einen Vorbehalt bezüglich der Ausführung, falls 
andere wichtige, Zucker producirende und con— 
sumierende Länder nicht beitreten. Brafilien 
Frankreich und Schweden erklärten, obschon mit 
dem Princ'p des Vertrages einverstanden, müßten 
sie sich doch die Unterzeichnung vorbehalten, bis 
alle interessierten Staaten beigetreten seien. Daäne⸗ 
mark erklarte seine Zustimmung zu allen Artikeln. 
ausgenommen den fiebenten, welcher von den Pro⸗ 
hibitionsmaßregeln gegen Länder mit Prämien · System 
handelt. Am 1. September 1891 soll die Cou—⸗ 
vention in Kraft treten. 
stom, 80. Aug. Der König wohnte mit 
dem Kronprinzen und dem Herzog von Aosta gestern 
und heute den großen Mandvern bei, überall en⸗ 
thufiastisch empfangen, besonders in Rimini. 
Bukarest, 80. Aug3. Das Konigsbpaar ist 
heute zurückgekehrt und wurde von der Bevölterung 
enthusiastisch empfangen. Dasselbe begab sich nach 
Sinaia. 
Washington, 31. Aug. Die Commission 
des Repräsentanten ⸗ Hauses für das Auswärtige 
machte dem Hause eine Vorlage, welche den Vor⸗ 
schlagen des Präsidenten Clebeland entsprechende 
Repressalien gegen Canada beantraat. 
Lokale und pfälzische Nachrichte u. 
*St. Ingbert, 1. Sept. Aus der gestrigen 
Dauptverammlung des Turnvereins ist zu berichten, 
daß aus der Neuwahl des Turnrathes hervorgingen 
die Herren: Ph. Fitß als J. Sprecher, Joh. Kuhn 
II. Sprecher, Joh. Rickel J. Turnwart, Jakob 
Maher Kassenwart, Wilhelm Schim elzer Schrift⸗ 
wart. Julius Grewenig als Anmann. die 
Stelle eines II. Turnwarts konnte nicht definitiv 
besetzt werden, da Herr H. Schw arz nicht 
anwesend war, und es daher nicht sicher war, 
ob er die Wahl annehme oder nicht. Die Stelle 
des Zeugwarts wurde probisorisch dem 1. Turn. 
wart übertragen. Der Ausflug nach Niederwald 
findet Sonntag den 16. Sepiember statt, und 
können sich an demselben auch Nichtmitglieder 
gegen vorherige Anmeldung beim i. Sprecher be⸗ 
theiligen. Es enthält dieser Beschluß sehr viel 
Entgegenkommen und ist mit Dank zu begrüßen, 
da die Fahrpreisermähigung, welche dem Gerein⸗ 
sicher gewährt wird, auch manch' Anderen die Be⸗ 
theiligung erlaubt. Ferner wurde beschlossen von 
Zeit zu Zeit gemüthliche Versammlungen abzuhal- 
ten, um über turnerische Angelegenheiten zu sprechen; 
und findet die erste Versammlung morgen, Sonn⸗ 
tag den 2. September im Vereinslokal statt, wo 
zu die vassiven und actiben Turner eingeladen werden. 
— 
St. Ingbert, 1. Sept. Anlaßlich ihrer 
Rücklehr von der Hochzeitsreise wurde Herrn uͤnd 
Frau Dr. Mendel gestern Abend von einigen 
Herren, welche einen schönen Männerchor bildeten 
unter Mitwirkung der Bergkapelle ein Ständchen 
dargebracht. Hieran anschließend vereinten sich die 
Theilnehmer im Cafe Oberhauser zu gemütlichem 
Beisammenfein, welches durch abwechselnde mufi— 
lalische und gesangliche Vorträge verschönt wurde. 
*Frei von giftigen Schlangen ist 
unsere Gegend. Das theilt uns ein Werk mit, be— 
titelt: Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in 
Deutschland, aus den Abhandlungen der Sencken 
zergischen naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt 
a. M. Wahrend es Gegenden in Deutschland gibt. 
wo dieses höchst giftige Reptil so massenhaft vor 
kommt. daß an eirzelnen Stellen jährlich in die 
Hunderte gefangen werden, sind außer dem ganzen 
Broßherzogthum Hessen frei davon noch der Regie. 
rungsbezirk Wiesbaden mit dem Taunus, die Rhein⸗ 
»rodinz mit Ausnahme einiger Orte, die Pf al z, 
Ober. und Unter Elsaß, der noͤrdliche Theil voß 
Baden und Württemberg. Es ist dieses eine um 
o merkwürdigere Erscheinung, als klimatische Ver 
zältnisse nichts damit zu thun haben ;: denn südlich 
von diesen Gegenden findet sich die Kreuzotter wie 
der und ebenso noͤrdlich. 
— Altenkirchen, 80. Aug. Von einem 
jöchst bedauerlichen Unglücksfall wurde heute Mor 
zen die hochgeachtete Familie des Bergarbeiters F 
Sch. dahier betroffen. Während die erwachsenen 
Blieder des Hauses bis auf die Großmutter sich 
auf dem Felde am Fruchtschneiden befanden und 
diese auf einige Augenblicke das Zimmer verließ 
im nach dem Vieh zu sehen, stürzie das allein zu · 
rückgebliebene einzige Kind, ein praͤchtiges blühendes 
stnäblein von beinahe 7 Monaten, in bis jetz! 
noch nicht aufgeklärter Weise aus seinem Bettchen. 
Fine Schnur, die sich unglücklicherweise um den 
Hals des Kindes schlaug, fuͤhrte den Erstickungstod 
derbei. Der Jammer der armen nichtsahnenden 
Eltern war grenzenlos, das Bedauern isi allgemein. 
Möchte dieser Vorfall mit allem Leid, das er ge⸗ 
hracht hat, doch auch zu Mahnung für alle Eltern 
wverden, ihre Kleinen mit jeder nur möglichen 
Sorgfalt zu behüten und fie niemals fich selbst zu 
überlassen. (Zw. 3.) 
— Pirmasens, 81. Aug. Wie der A. 
hört, ist ein hiesiger Bürger eines Vergehens der 
Maj stätsbeleidigung bezichtigt worden und zwar sol 
die Anzeige gegen den Beschuldigten aus RKachsuch 
etfolgt sein. 
— Landau, 31. Aug. Waährend hier noch 
mmer der geheimaißvolle Einbruchsdiebstahl bei 
deern Metzger Losch, über dessen Thäter noch ein 
iefes Dunkel schwebt, besprochen wird, ist in der 
ꝛerfloffenen Nacht schon wieder ein frechet 
Diebstahl vorgekommen. Dem Lehrling des 
derrn Bäckermeisters Flierl sind in dieser Nacht 
nus seiner Schlafkammer ein neuer Anzug, eine 
neue Taschenuhr, Stiefel, Hemd und Sogñen ge⸗ 
ttohlen worden. (C. T.) 
— Dürkheim. Schon seit einer Reihe von 
Jahren bestehen überall in DeutschlandBerbaände 
alter Corpsstudenten, deren Mitgliede⸗ 
sich ein oder mehrmals im Jahre versammeln, um 
die Brust mit dem alten lieben Corpsbande ge⸗ 
chmückt, in trauter Freunde Kreise sich wieder zu 
»erjüngen, alte Beziehungen' wieder aufzufrischer 
und neue anzuknüpfen. Nur in der Pfalz konnt 
ich biz jetzt diese schöne Sitte keine Bahn brechen 
bwohl es in ihr an 400 alte Corpsstudenten giebt. 
ẽ3 ist daher mit Freuden zu begrüßen, daß der 
1. H. S. C. von Dürkheim e8 unternommen 
zdat, die alten Herren der Pfalz zu einem schönen 
Feste zu vereinigen, das am 9. Septmber 
zier ahgehalten werden wird. Nach einem solennen 
Frühschoppen und darauffolgendem Diner wicd ein 
Ausflug nach der Limburg gemacht werden. Abende 
findet Unterhaltung in der Colonnade statt, event 
)erbunden mit italienischer Nacht und Feuerwerk. 
Den lieben Corpsschwesiern und Actiden wird es 
angenehm sein, zu erfahren, daß sowohl Mittageẽ 
vie auch Abends getanzt werden wird. Durch 
dieses Fest soll der Anstoß gegeben werden zu all⸗ 
ährlich abwechselnd! in anderen Städten stattfin⸗ 
denden A. H.⸗Vereinigungen und damit ber— 
zunden zu einem A. H.-Verband der Pfalz. Hoffentlich 
chlagen alle alten Burschenherzen noch ebenso warm 
vie früher für die geliebte Corpssache und wird 
)er 9. September recht viel bemooste Häupter im 
hönen Dürkheim veriammelt seben! 
—- Ludwigsbafen, 321. Au 
Philipp Sturz, der nun gerade 5 Genu 
hiesigen Brigade in Diensten stand Ie bein 
allgemeinen Beliebtheit erfreut, wurde alg sich ein⸗ 
dant der Station Mutterstatt ab 1 uni 
»rnannt. Sephptemb⸗ 
— Orbis, 31. Aug. Bei dern 
Worms gezogenen —õæ! unnn 
Zrämer Martin Schwab von hier ,ewain 
Messer und Gabeln, ein Dutzend dito ilci Deh⸗ 
Dutzend Eßloffel, ein Dutzend Theeloff 
zirbesteck mit Gemüselöffeli und einen —58 
welcher inwendig übergolde ist. Al- hier pnis 
Begenstände sind aus reinem Silber und Dpe 
und massiv gearbeitet. Das Ganze lagert r sch 
drachtvollen ledernen Etui mit blauem Sam F 
volstekt. Der Preis ist 800 Mehn Senmn 
pf. 8.3) 
— Aus der Pfalz, 30. August. In * 
weiler hat eine Zigeunerbande sich so fre 
führt, daß die Gemeindebehörde ihr befahl 
von dannen zu ziehen. Die Zigeuner beellen — 
aber keineswegs, dem Befehl Folge zu leistenun 
die Polizei war nicht start genug. nachdrucuich w 
nuschreiten. Da biies der —suhhen zum gi 
sreiben und rückte gegen die Bandemi —XR 
artigen Bullen und der Kuhherde ins Feld. da 
half, die Zigeuner nahmen sOleunigst Reißaus 
Bermistes 
* Aachen, 38. Aug. Eine Gesellschaf 
welche in einer hiefigen Gastwirthschaft ein J 
veranftaltet hatte. war nicht wenig erstaunt, ah 
mitten im schönsten Verlauf der Veranstaltung cin 
Gerichtsvollzieher erschien und kraft seines Ambe 
auf den Weinvorrath des Wirts Beschlag legh 
Die so aufs Trockne gesetzten Gäste wollten sih 
das Vergnügen jedoch nicht stören lassen, kurz ein 
chlossen thaten fich deßhalb einige zusammen und 
erlegten die erforderlich Summe, worauf nach den 
cragikomischen Zwischenfall die Pfropfen bald vin, 
lustig zu knallen anfingen. 
F Rottenburg (Württemberg), 30. Auq 
Dieser Tage starb hier im Spital ein arme 
Reisender.“ Bei seiner Unterbringung ins Spital ha 
der ,Arme“ den darmherzigen Schwestern den immer 
hin nicht zu verachtenden Betrag von 2700 Mar 
Baargeld eingehändigt, die dasselbe der Spitaldet⸗ 
waltung zur Aufbewahrung übergaben. Der Ver⸗ 
storbene hieß Theobald Kuhn, stammte aus Siegel⸗ 
bach, Bez.Amt Kaiserslautern, und war seie 
Zeichens Schirmmacher. 
F Stuttgart, 28. Bald nach dem din— 
cheiden des Kaisers Wilhelm wurde der Gedanl 
angeregt, dem unvergeßlichen Begründer des Reichet 
auf dem alten Kaiserberge Hohenstaufen ein weit 
hin sichtbares Denkmal zu errichten. In Göppingen, 
Bmund, Lorch, wie in dem Dorfe Hohenstaufen 
elbst bildeten sich Komitees zur Entgegennahm 
von Beiträgen. Der vaterländische Gedanke fand 
weithin sympatische Aufnahme, denn wie in eine 
üngst stattgehabten Sitzung des Centralkomitees berich 
tet werden konnte, sind bis jetzt 80,000 Mk. einge 
zangen. Es wird nunmehr demnächst das Au— 
schreiben zur Einreichung der Pläne an die deutsch 
Zünstlerschaft erlassen werden. 
F. Die Generalversammlung des unter dem 
Protektorat drs Prinzen Ludwig stehenden Vereint 
für ArbeiterKolonieninBahernfinde 
im 20. September 1888 auf dem Simonshof be 
Mellrichstadt statt und wird damit die Eröffnungs— 
'eier der Arbeiterkolonie verbunden. 
FVor lurzem war gemeldet worden, daß der 
Vorsteher einer Postansialt in Schlesien die für 
einen dortigen Handwerker bestimmten Briefe 
nicht ausgeliefert habe, weil der Adressat auf der 
Umschlägen als „Meister“ bezeichnet wurde, 
er nach Ansicht des betreffenden Postbeamten vich 
ist, weil er keiner Innung angehört. Mehrere 
Blätter haben diese Angelegenheit ziemlich erregr 
besprochen, indem sie von der Vermuthung ausge 
gangen waren, daß es sich um eine Anoronun 
der vorgesetzten Postbehörde handele. Die goun 
setung ift aber ganz unzutreffend. Die Postbehon 
hat das befremdlich? Vorgehen eines ihrer 
beamten berichtigt, nachdem der geschädigte Handwet 
meister sich telegraphisch beschwert hatte. Es ist n 
petb itwerstͤndiicd. dag dert v. Suphan wictm 
geringste Neigung haben kann, in den Streit dee 
die Berechtigung oder Nichtherechtigung ainen gn 
werkers zur Führung des Meisierlitels pra 
einzugreifen. Die Post hat keine Censurteugn 
dieser Art und sie hat noch weniger die Befuguib. 
Politik zu kreihen