CxtruBeiluge des „st. Ingherler Anzeiger.“
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St. Ingbert, den 21. September 1888. 23. Jahrgang
(Infolge eines unliebsamen Vorkommnisses, das wir sehr bedauern, woran uns aber keine Schuld
nift, verspätete sich die Ausgabe unserer Berichte über die Pfalzreise ESr. Kgl. Hoheit des Prin z—
fegenten. Die folgenden Berichte werden mir im Haunthlatte veräffentlichen. D. R).
— * J ⸗ *
FJe pfalzreise Sr. Kal. Hoheit
des Prinzregenten Luitpold.
der Eintritt in die Pfalz.
um 8 Uhr 50 Minuten verkündeten
gollerschüsse vom Rheinufer und von den
zdiffen, daß S. kigl. Hoh. der Prinzregent
e Rbeinbrücke in Ludwigshafen passire. Als
r Zug aus derselben herausfuhr, durch—
rausten stürmische, sich immer wiederholende
pochrufe des massenhaften Publikums die Luft
d die Musik spielte „Heil unserm Fürsten,
heil!; am Rangirbahnhof brachten die Krie—
ervereine ihrem Landesherrn ein dreimaliges
hurrah. Zwischen dem Mundenheimer Via—
zukt und dem Rangirbahnhof hatte auf einem
suien, reich mit Flaggenbäumen geschmückten
wiesenplan lüngs des Bahndammes die zahl⸗
riche Schuljugend unter Führung ihrer Lehrer
iud des kgl. Lokal-Schulinspektors Dr. Geist-
d Aufstellung genommen. Lustig flatterten
ie zahllosen weißblauen Fähnchen der Kna—
m im Wind und aus tausend und abertau—⸗
aid Kehlen scholl dem Landesfürsten der
zerzlichsfe und treueste Willkommgruß ent⸗
tgen. Se. kgl. Hoheit war von dem ersten
imnpfang auf pfälzischen Boden ersichtlich an⸗
zenehm berührt und dankte fortgesetzt für die
uldigung durch Verbeugen aus dem Fenster
eg Vaggons. Der Zug fuhr ohne anzu—
zalten über den Rangirbahnhof direkt nach
Spener.
Ankuuft in Edenkoben.
Die Schatten der Nacht hatten sich be—
ceits auf die Erde gesenkt, als der Extrazug
Sr. kgl. Hoheit die Kreishauptstadt Speyer
verließ, um über Neustadt dem Ziele seiner
Bestimmung, der Villa Ludwigshöhe bei
xẽ᷑denkoben, zuzueilen. Unvergeßlich wird dem
Beschauer der Anblick sein, welchen die Be—
euchtung der Berge von Neustadt bis Eden—
roben bot. Als der Extrazug langsam in
die Curve bei Neustadt einfuhr, da flamm⸗
ten die Villen und höher gelegenen Gebäude
an den sanften Rebenhügeln in allen Farben
des Regenbogens auf, Raketen züngelten zum
vom Monde magisch beleuchteten Nachthimmel
mpor, sämtliche Glocken der Städte und
Dörfer verkündeten mit eherner Stimme die
Ankunft des mit Begeisterung aufgenommenen
Zerrschers Bayerns in der schönen Pfalz. Das
Nahen des Extrazuges wurde der harrenden
Menge durch Salutschüsse und Geläute der
Blocken angekündigt. Als der Train in den
reich geschmückten mit zahllosen Illuminations—
ämpchen und bengalischen Flammen beleuch⸗
eten Bahnhof Edenkoben einfuhr, erklang
zie Königshymne von der aufgestellten Kapelle,
ausendfache Hochs erschallten. Aller Augen
richteten sich auf den Salonwagen, es trat
ein Augenblick ehrfurchtsvoller Stille ein, und
als in Rahmen der Thür die Gestalt des
geliebten Herrschers erschien, da löste sich der
Zann, und begeisterte Jubelrufe erschallten.
Zum Empfang waren anwesend der Herr
Zezirksamtmaun und Bezirksamts-Assessor von
dandau, Herr Bürgermeister und die beiden
Adjunkten sowie der Stadtrath von Eden⸗
oben, Beamte und Notabeln. Nachdem Se
gl. Hoheit in den Königssnlon geleitet war,
egrüßte ihn Bürgermeister Völcke namens der
„tadt Edenkoben den hohen Besuch. In überaus
eutseliger und freundlicher Weise nahmen Se
igl. Hoheit die Vorstellung der zur Begrüß⸗
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zffnete sich das Portal an der Außenseite
des Bahnhofes, wo die sämtlichen Vereine der
„tadt und umliegenden Orte mit Fackeln
ufstellung genommen hatten. Brausende
dochs und Hurrahl Der Einzug in die
Ztadt geschah in 14 kgl. Wagen. Am Ein—
jang der Stadt war eine wunderhübsch
rẽhrenpforte in gothischen Styl. Die Aus—
chmückung und Beleuchtung der Straßen Eden—
obens dürften einer Großstadt Ehre gemacht
jaben, kein Haus, auch das bescheidenste Heim
ines Edenkobener Winzers entbehrte des
Flaggen⸗, Kränze⸗ und Lichterschmuckes. Vor
dem Hotel „Schaaf“ schleuderte eine Fontaine
hre Strahlen in die Höhe, dahinter stand
die 2. Eyhrenpforte im Renaissancestyl, den
Ausgang aus der Stadt bildend. Nur zu
casch verschwanden die Galawagen in der
Richtung nach der Villa Ludwigshöhe, die
dyllisch im Schatten der Kastanien am Ab—
sange des Rietberges gelegen ist.
Die Tour nach Kaiserslautern am Mitt⸗
woch glich einem förmlichen Triumphzug. An
den Bahnhöfen von Neustadt, Weidenthal, Franken⸗
tein, Hochspeyer war die ganze Bevoölkerung ver⸗
ammelt, um den geliebten Regenten zu begrüßen.
Das herrliche Neustadter Thal erdröhute von den
in allen Siationen bei der Durchfahrt Sr. kgl.
Zoheit abgefeuerten Böllerschüssen. Am Bahn—
ofe Lambrecht, woselbst der Hofzug hielt, fand
bdie Begrüßuug des hohen Herrn durch Hru.
Bezirksamtmann Regierungsrath Siebert von
Reustadt sowie Hrn. Bürgermeisier Bofinger statt.
Weiß gekleidete junge Damen überreichten pracht⸗
volle Bouquets. Der Inhaber der Tuchfabrik
J. J. Marx daselbst überreichte dem Prinzregenten
ein Album mit Webmustern von Uniformtuchen.
Mit großem Interesse nahm der hohe Herr von
den Erzeugnissen der aufstrebenden Tuchmanu⸗
factur Lambrechts Einsicht und dankte Herrn Marx
für die Aufmerksamkeit. Unter dem Jubelrufen
der Bevölkerung Lambrechts dampfte der Extra—
zug der alten Barbarossastadt Kaiserslautern zu,
die wohl unübertroffen bezüglich des Arrangements
zum Empfang dasteht. Die Eisenbahnstraße ist
n eine förmliche Allee verwandelt. Den ersten
Triumphbogen krönte ein lebendes Bild, in der
Mitte die Bavaria einen Lorbeerkranz in
Händen, zu beiden Seiten Figuren, Handel und
Industrie darstellend, von Turnern gebildet. In
der Hauptnische des 2. Bogens waren junge
Mädchen emsig an der Nähmaschine beschäftigt,
in den Seitennischen veranschaulichten 2 Veloci⸗
pedisten die heimische Industrie. Längs der Via
riumphalis waren Erzeugnisse der Kaiserslauterer
Industrie, Dampfheizungsanlagen, Dampfhämmer,
HNaschinentheile, Bildhauerarbeiten kunstsinnig
ufgebaut. Den Glanzpunkt bildete natürlich die
Ddekoration des Gewerbemuseums. Vor demselben
ind zwischen den Spaliren, die durch Thürme
interbrochen werden, lebende Gruppen aller Ge⸗
werke aufgestellt, vor dem Portal ist die Pallas
Athene aufgestellt. Unterübertrefflich war der
Fruͤchthaussaal geschmückt, wo der große Empfang
lattfand. Nach Beendigung der Cour fuhr Se.
egl. Hoheit zum Gewerbemuseum, welches Höchst⸗
derselde mit großem Interesse besichtigte, von da
zum Bezirksamt, wo Frau Regierungsrath Schmitt
hen hohen Herrn begrüßte. Auch die im Ban
zegriffene kath. Kirche wurde besucht. Ueberall,
wvo sich der liebgewordene Regent zeigte, erschollen
hrausende Jubelrufe, welche der hohe dir durch
heständiges Winken beantwortete. So nahte
endlich die Zeit des Abschieds. Die Kaisers—
auterer hatten es sich nicht nehmen lassen, den
Wagen Sr. Kgl. Hoheit zu bekränzen. Herr
Bürgermeister Hohle an der Spitze des Stadt⸗
cathes, welcher auch bei der Ankunft den fürst⸗
lichen Gast am Bahnhof begrüßte, geleitete ihn
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der Menge.
Ankun“t in Neustadt a. d. H. 20. Sept.
Ein herrlicher frischer Herbstmorgen ist es,
an welchem Se. kgl. Hoheit mit großem Ge—
rolge von der kgl. Villa Ludwigshöhe seine
Fahrt per Wagen nach dem nicht ganz 2
Stunden entfernt gelegenen, rebenumrankten
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daardtgebirges erglänzt in goldenem früh—
norgendlichem Sonnenscheine, der die weißen
Nebelstreifen aus den Thälern dem tiefen
Blau des Firmamentes entgegenführte und
in luftiger Höhe auflöste. So lag die rei⸗
zende Landschaft der vorderpfälzischen Centrale
zum Feste angethan entzückend da. — Gegen
Der Einzug in S8peyer.
Die Stadt prangt in großartigem Fest⸗
hmucke. Um 3 Uhr nahmen programmge—⸗
nͤß die Vereine, Corporationen und Schul—
linder Aufstellung. Alsbald hernach mar—⸗
sirte die Ehrenkompagnie des 2. Pionier⸗
vataillons zum reichgeschmückten Bahnhof,
no sich weiter sämtliche aktive Offiziere der
diefigen Garnison, die Offiziere des Pensions—
andes und diejenigen der Reserve und Land—
nehr einfanden. Im Wartesaal erschienen
die beiden Regierungsdirectoren Wand und
herhard, Bezirksamtmann Regierungsrath v.
Noers, Bischof Dr. v. Ehrler, Consistorial⸗
direktor * und der Stadtrath in corpore
unter Leitunng des Bürgermeisters Süß. Prä⸗
tiß 4 Uhr/ 20 Min. fuhr der Extrazug in
den e Tausendstimmige Hochrufe er⸗
tünten, Kalsonen- und Böllersalven erschallten
ind von 8* Thürmen läuteten die
Klocen. Nachdem Se. kal. Hoheit der Prinz⸗
segent den Wagen verlassen hatte, nahm
derselbe von dem die Ehren⸗Compagnie be—
eehligenden Herren Premier⸗Lieutenant Mühl .
holzer von Mühz lholtz den Frontrapport ent—
leten und schritt“ die Front der Ehren-Com-
vagnie ab. Hierau folgte die Begrüßung
dunh Herrn Bürgermeisiter Süß und der
fierliche Einzug in vdie Stadt. Am Alt—
ittel brachten die Fungfrauen der Stadf
den hohen Herrn ihre Huldigung dar.