Full text: St. Ingberter Anzeiger

noch zum Mörder geworden. Nachdem der Dieb 
seine Durchsuchung beendet hatte, entfernte er sich 
aus dem Zimmer, schloß dasselbe der Vorsicht 
halber ab uno ließ sich mittels aneinander gebundener 
Leinwand aus dem zweiten Stock zum Fenster hin⸗ 
unter. Doch während des' Absteigens gingen die 
Leintücher auseinonder, der Dieb fiel auf einen vor 
dem Hause befindlichen Hafertrog und verletzte sich 
hierbei ganz erheblich in der Seite, so daß er nur 
einige Schritte weit gekommen war, als der Be⸗ 
raubte Lärm schlug. Man fand den Spitzbuben 
auf der Straße liegend; er wurde sofort durch die 
Gendarmerie in Gewahrsam gebracht. Dem Ver— 
nehmen nach soll er ein Luxemburger sein. 
— Pirmasens, 1. Oct. Gestern Abend 
entstand vor der Koch'schen Wirthschaft am Zwei— 
bruckerthor zwischen mehreren Burschen ein Streit, 
in dessen Verlauf der in Hessen beheimatete Schuster 
Ph. Jäger von dem Schlosser Joh. Heinz von 
Hermersberg einen Messerstich in die linke Brust⸗ 
seite erhielt, in Folge dessen er lebensgefährlich 
verletzt darniederliegt. Heinz ist verhaftet. — Ge— 
stern Nachmittag ertrank auf der Imsbachermühle 
das 29 jahrige Töchterchen des Mühlenbesitzers Herrn 
Ludwig Heinz. Der Vater wähnte das Kind im 
Garten auf der Obstsuche, als die Leiche der 
Kleinen aus der Rodalb gefischt wurde. Heute 
begibt fich eine Gerichtskommission an die Un— 
glucksstaͤtte. (P. A.) 
— Aus Biebermühle wird der Sp. Zig.“ 
Folgendes geschrieben: Bei Gelegenheit des Be⸗ 
fuches der Stadt Pirmasens mußte der Kgl— 
Hofzug auf hiesiger Station behufs Lokomotivwechsels 
einen kurzen Halt machen. Unter anderen hattt 
fich auch der Adjunkt von Donsieders mit seiner 
Gemeinde auf dem Perron aufgestellt. Se. Kgl 
Hoheit lehnte weit aus dem Waggonfenster und 
winkte den Adjunkten zu sich heran. Der Adjunkt, 
der keine Ahnung hatte, daß dies Winken ihm 
gelte, wurde von dem inzwischen ausgestiegenen 
Herrn v. Lavale darauf aufmerksam gemacht. So⸗ 
fort eilte nun der Adjunkt auf Se. Kgl. Hoheit zu 
und bdot Höchstdemselben seine weitausgestreckte Hand 
zum Gruße. Se. Kgl. Hoheit nahm lächelnd die 
dargebotene Hand, schüttelte dieselbe und fragte: 
„Wo find Sie her?“ Der Adjunkt antwortete 
„Aus Donsiedlers.“ — „Sind Sie der Bürger- 
meister?“ — „Nein, ich bin der Adjunkt, „Ihr 
hannen ja nach Pirmasens gebotte.“ — „Wie ifl 
die Ernie bei Ihnen ausgefallen?“ — „So — 
es hätte besser sein können, das Korn ist meisten⸗ 
theils verfault.“ — „Und die Kartoffeln?“ — 
Schlecht, Majestät, zwei Drittel faule.“ Unter⸗ 
dessen setzte sich der Zug in Bewegung, und Se. 
Kal. Hoheit verabschiedete sich von dem Adjunkten 
mit freundlichem Nicken und Handbewegung. Der 
Adjunkt, der vor Freude fast außer sich war, sagte 
beim Zurücktreten zu seinen Landsleuten: „Schad, 
daß er so schnell fortg'fahr ifs, ich hätt gern noch 
g'saht, daß mer ke Laab und ke Streesel kriege.“ 
— Kaiserslautern, 29. Sept. Für die 
Beförderung von Expreßgütern zwischen 
Stationen der Pfälzischen Eisenbahnen einer⸗ 
eits und Stationen derk. bayerischen Staats- 
bahnen andererseits gelangt mit Wirkung vom 
I. Oktober c. ein Tarif nebst Reglement zur 
Einführung. 
— Die Landwirtschaftliche Kreis— 
winterschule zu Kaiserslautern ist 
nach der Reorganisation vom vorigen Jahre eine 
Landwirtschaftliche Fachschule ge— 
worden, an welcher jungen Landwirthen Gelegen⸗ 
heit gegeben ist, fich eine tüchtige Berufsbildung 
anzueignen. Die Anstalt besteht aus zwei Winter⸗ 
kursen von fünfmonatlicher Dauer, von Anfang 
November bis Ende März. Der Unterricht, welcher 
eine gute Volksschulbildung voraussetzt, erstreckt sich 
im unteren Kurs vorzugsweise auf die wirtschaft⸗ 
lichen und naturwissenschaftlichen Grundlagen 
der Landwirtschaft, im oberen Kurs auf den Aus⸗ 
bau der landwirtschaftlichen Fachgegenstände, sowohl 
nach der technischen als nach der wirtschaftlichen 
Seite des Betriebs. Lehrprogramm und Unterricht 
sind den landwirtschaftlichen Verhältnissen der Pfalz 
angebpaßt und suchen den dringenden Beduürfnissen 
der Zeit in Bezug auf die vermehrten Anforder⸗ 
ungen der Konkurrenz an den Landwirth gerecht 
zu werden. Vorausgegangene Thätigkeit in der 
landw. Praxis oder Bekanntschaft mit derselben 
von Jugend auf, wie sie bei den Söhnen von 
Landwirthen ja vorhanden ist und praktische Thätig 
keit in dem zwischen die beiden Winterkurse fallen- 
den Sommerhalbjahr, sowie ein Alter der Schüler von 
mindestens 15 Jahren sind für den Erfolg des 
Unterrichts von größter Wichtigkeit. Zur Lösung 
der der Schule gesteckten Aufgabe wirken an der⸗ 
selben zwei Landwirtschaftslehrer für die landw 
Fächer, der Kreiskultur-Ingenieur Merl für Be— 
und Entwösserungslehre und Planzeichnen, der 
Bezirkstierarzt Engel für Gesundheitspflege und 
xxierieur der Haustiere, für Kör⸗-Gewährschafts ⸗ 
und Seuchengesetzgebung, ferner Lehrer der Real⸗ 
acher, Rechnen, Geometrie und Zeichnen. Die 
Anstalt ist in den großen, zweckentsprechend einge⸗ 
ichteten Räumen des ehemaligen Industrieschulge— 
zäuüdes untergebracht und im Besitze einer reichen 
Lehrmittelsammlung für alle Lehrzweige. In ihren 
neuen Organisation als Fachsschule und im 
Berein mit der in jeder Hinsicht entsprechenden 
Ausstattung bietet daher die pfalzische landwirth⸗ 
chaftliche Kreisanstalt jungen Landwirthen zur An— 
ignung einer tüchtigen Berufsbildung auf Grund⸗ 
age vorher erworbener praktischer Einsicht und guter 
Schulkenntnisse eine sehr günstige Gelegenheit. Zur 
Frreichung dieses Zieles ist jedoch neben dauerndem 
Interesse des Zöglings der Besuch beider Kurse 
otwendiges Erfordernis. Dabei sind die Kosten 
ür den Aufenthalt in Kaisecslautern sehr mäßig 
ind bleibt der Vorteil, daß die Arbeitskraft der 
Schüler der elterlichen Wirthschaft während des 
Sommerhalbjahres nicht entzogen wird. 
— Hoch dorf, 30. Sept. Die zwei ver— 
nißten Knaben Ziegler und Bloch von Kaisers⸗ 
autern, wurden am Freitag EAbend don Johannes 
Bappert aufgefunden und bei Michael Selinger 
einquartirt. Im Samstag Morgen ist Polizeidiener 
Heßer mit den zwei jungen Burschen direch nach 
daiserslautern gefahren und hat dieselben am Abend 
an Ort und Stelle abgelieferi. 
— Nußdorf, 28. Sept. Wenn Ben Alkiba 
jagt, es gibt nichts Neues unter der Sonne, so 
ist der Ausspruch dieses weisen Alten durch einen 
Akt, der sich in der vorigen Woche hier vollzo?, 
zründlich widerlegt. Der Küfermeister Streithß 
innerhalb 8 Tagen einen 2. Stock auf sein Har? 
gestellt. Am ersten Tage wurde sein Haus adbge⸗ 
deckt, das Holzwerk herunter genommen und so 
ort gemauert; am zweiten wurde das Mauerwerl 
ix.und fertig aufgeführt. Am dritten Tage wurde 
nuf geschlagen, gelattet und gedeckt. Jedermann 
var erstaunt über die fieberbaste Thätigkeit dieser 
deute. 
— Dürkheim, 1. Okt. (MWurst⸗Markt.) 
der gestrige erste Marktiag hat leider im Großen 
ind Ganzen seinen Beruf verfehlt. Nachts vorher 
»ingetretene Regengüsse, wie auch solche von gestern 
Pormittag und Mittag verwandelten leider den 
zrößten Theil der Marktwiesen und Gänge so sehr 
ju Ungunsien der Markt⸗Besucher, Verkäufer, Wirthe 
ind Sehenswürdigkeiten, daß das Begehen det 
Marktes nur mit größten Schwierigkeiten wegen 
zes erweichten Erdreichs verbunden war. Ebenso 
sielten die Vormittags über dräuenden Wolken viele 
Festbesucher von der Hierherkunft ab. Unter solchen 
Amständen, wie den gestrigen, sind die Geschäftsleute 
im Allermeisten zu bedauern, weil ihrerseits an 
erster Stelle der durch solche Mißstände verursachte 
Schaden zu tragen ist. — Wie beliebt übrigens 
unser Wurstmarkt ist, dies zeigte sich trotz dieser 
Uebelstände; denn Tausende waren per Extrazüg 
ꝛc. erschienen, ließen sich nicht in ihrer fröhlicher 
Ztimmung siören und boten die Marktwiesen, wit 
die Wirthschaftsbuden, die Rutschbahn, das Dampf 
Flottille⸗Caroussel etc. ein sehr belebtes anziehendes Bild. 
Sehr von Besuchern angefüllt waren diesmal vor— 
nehmlich auch die Gasthäuser und Wirtschaften in 
der Stadt selbst. 
— Dürkheim. Die hiesigen Bäcker geben 
bekannt, daß 4 Pfd. Schwarzjbrod 45 Pfg. und 
4* Pfd. Gemischtbrod 56 Pfg. kosten. 
— Ludwigshafen, 29. Sept. Gestern 
fand eine Sitzung des Central⸗-Komites 
für das vom 1. bis 8. Juli dahier stattgehabte 
Verbandsschießen ßatt, in welcher die Rech— 
nungen der verschiedenen Komites vorgelegt wurden. 
Das Sprüchwort: „Was lange währt, wird end⸗ 
lich gut“, kann hier nicht angewendet werden, denn 
es wurde ein Defizit von etwa 6000 Mk. fest— 
zestellt, welches nun durch die Zeichner des Ga— 
rantiefonds gedeckt werden muß. (G. A.) 
— Frankenthal, 30. Sept. Ein groß—⸗ 
irtiger Fackelzug war es, den die Arbeiter der 
dühnle'schen Maschinenfabrik ihrem verehrten Direk⸗ 
or, Herrn Mündler, anläßlich seiner Ernennung zum 
tommerzienrat darbrachten. ver 3 
früheren Göhring'schen gesselschoehes —X 
zog, voran die Speyerer Pionierkapa ausgehen 
des Herrn Kommerzienrates Mündlen zum — 
Aufstellung nahm. Während Vortrag Vndpe 
stückes betrat eine Beglüdwunschungede Nußl 
hestehend aus 2 Beamten des innnn 
des technischen Bureaus, 2 Meisien 3 
3 Altesten Arbeitern der Fabril die Wohnn du 
Befeierten, wo ihm inmitte seiner Fannn 
vr Glacwunss der in, der dabrit detnn 
ausgesprochen wurde. Nach Zurückkunft der — 
putation brachte Monteur und Werkmeister *. 
Lois Müller ein dreifaches Hoch auf Herrn —8 
aus, in das die Anwesenden freudigst und *8 
einstimmten. Auf den Balkon seines Hauses r 
dankte Herr Mündler mit den Worien: —* 
Versammlung, werte Freunde! Wenn ich diese F 
artige Huldigung betrachte, die Si 
heute durch Ständchen und Fackelzugem 
nmgen. so sühle ig mich fasn beschintd pu 
mich, wodurch ich diese große Ehrenbezeugung w 
dient habe, de ich das, was ich bisher gnn 
zeleistet habe, nur in Erfüllung meinet d 
zethan und darin stets meine Befriedigung a 
zabe. — Sie erweisen mir durch diese —** 
ine große Ehre, welche Ehrenbezeugung ꝛ 
Jroßer Freude und aufrichtigem Dant annehn⸗ 
und zwar in dreifacher Beziehung: Einmel ent 
nehme ich daraus, daß Sie mir mil Liebe zugetho 
ind und daß ich durch Gerechtigkeit und i 
Iflichterfüllung Ihre Achtung mir erworben had⸗ 
Zweitens erkenne ich darin den? Dank, den c 
damit unserm verehrten Prinz ·Regenten darbtinge 
vollen, indem er durch die hohe Auszeichnung 
r meiner Person angedeihen ließ, die Jndust 
Frankenthals ehren und ihr sein Wohlwollen au 
zrücken wollte; drittens nehme ich dieselbe als eine 
beweis dafür an, daß das Verhältnis, welchen 
wischen Arbeitern und Vorgesetzten in der Kühnce 
chen Maschinenfabrik besteht, ein richtiges an, 
chönes und gutes ist und ist es mein und wohl 
ruch Ihr aller Wunsch und Bestreben, daß diest 
chöne Verhältnis auch fernerhin und immer de⸗ 
tehen bleiben und gute Früchte tragen werde. 
— Frankenthal, 1. Oktober. Wesyn 
Mäünzverbrechen wurde der Arbeiter Adam Juge 
heimer, in der neuen Anlage wohnend, verhafte 
und in Untersuchungshaft genommen. Derselh 
juchte in zwei nachgewiesenen Fällen durch eint 
Znaben jenl falsches Zweimarkstück auszugeben 
Wie wir hören, wurden einzelne Werkzeuge, pu 
Herstellung der Falsifikate dienend, bei dem Vn 
jafteten vorgefunden. 
— Nach einer kürzlich ergangenen Kon“ 
storial⸗Entschließung hat die Neuwah 
der Presbyterien in der Pfalz für die Jahn 
—EVD 
zemeinden am 25. November, stattzufinden. D 
Wählerlisten sind 30 Tage vor der Wabl zur 6n 
iicht aufzulegen. 
Vern chtes. 
7 Mit dem 1. Oktober trat in Sun 
bach eine gewerbliche Fortbildung 
schulle in Kraft. Zum Besuche derselben sin 
alle gewerblichen Arbeiter, als Gesellen, Gehilfen 
dehruͤnge und Fabrikarbeiter verpflichtet, welche de 
18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eb 
denn, daß sie eine ähnliche Anstalt, nämlich di 
dergmännische Werkschule dort besuchen. Außerde 
ind auch diejenigen Arbeiter disbpensirt, welche de 
Nachweis liefern, daß sie die Kenninisse und de 
ligkeilen besigen, welche das Lehrziel der Anst 
buͤden. Die Arbeitgeber haben die Sdhll 
auf dem Bürgermeeistera mt anzumelden 
Fur die Zukunft haben die Gruben⸗Unter 
nehmer die von ihnen beschäftigten Arbeitet u 
ter 18 Jabren spätestens am 6. Tage, nachdemn 
dieselben angenommen haben, bei der Ortsbehö 
anzumelden ·und am 8. Tage uach der Entlahun 
bzumeiden. Die Gewerbetreibendenr 
ferner derpflichtet, fuͤr jeden von ihnen beschäftigh 
Schuler bierieljährüch I M. 80' Pfg. Schulge 
voraus zu bezahlen. Jeder Arbeiter, welcher zu 
Schulbesuch verpflichtet ist und nicht an dem p 
serrichte theilnimmt oder die Schulutensilien rꝑ 
Hadigt, wird mit einer Geldstrafe biz zu99 
oder mit Haft bestraft. Auch Arbeiter uten 
Jahre können dem Unterrichte beiwohnen, wenn 
das vorhin genannte Schulgeld bezahlen. 
pIn Su. Johann-Saarbrücen, 
Jurch das Entgegenlommen des Installations⸗