Full text: St. Ingberter Anzeiger

schönen Empfang und bat, seinen Dank der gesamm⸗ 
ten Bevölkerung Münchens mitzuteilen, wobei er 
dem Oberbürgermeister die Hand reichte. 
Berlin, 1. Okt. Die „Nordd. Allg 
Ztg.“ schreibt: „Die „Kieler Ztg.“ hat ein⸗ 
Schilderung der Schlacht bei Königgrätz gebracht, 
die edenfalls einem angeblichen Tagebuch 
Kaiser Friedrichs entnommen sein soll. 
Wir haben davon Abstand genommen, die in der 
„Rundschau“ veröffentlichten Auszüge aus dem 
angeblichen Tagebuch von 1870 wiederzugeben, weil 
berechtigte Zweifel über die selbst bei Voraus 
setzung der Echtheit der Publikation erforderliche 
Legitimation betreffs der Befugnis 
zu derselben obwalten mußten. Aus demselben 
Grunde gaben wir den Artikel der „Kielex Ztg.“ 
nicht wieder. Die ‚Freisinnige Zeitung“ des Herrn 
E. Richter stellt übrigens die Veröffentlichung eines 
ganzen Kriegstagebuches von 1866, das von dem 
damaligen Kronprinzen herrühren soll, in nahe 
Aussicht.“ 
Berlin, 1. Oct. Professor Geffcken 
hatte am Sonntag vor dem Oberstaatsanwalt in 
Hamburg ein dreistündiges Verhör zu bestehen, dem 
heute eine Vernehmung vor dem Untersuchungs⸗ 
richter folgen sollte. 
Generalconsul v. Brauer ist zur vorüber⸗ 
gehenden Beschäftigung in das Auswärtige Am— 
berufen. 
Die „Kreuzztg.“ sucht den Rücktritt des Frei⸗ 
herrn v. Minnigerode vom parlamentarischen Leben 
mit den Verhandlungen über das Volksschullasten⸗ 
Gesetz zu erklären. 
Ausland. 
Wien, 1. Oct. Auf Wunsch des Kaisers 
werden morgen mit Ausnahme von zweien sämtliche 
Mitglieder des Kaiserhauses hier versammelt sein. 
Die Truppen der Garnison werden vor dem West⸗ 
bahnhof in Massen formiert Auffstellung nehmen. 
Kaisser Wilhelm wird dieselben Räumlichkeiten 
bewohnen wie vor mehreren Jahren Kaiser Friedrich 
als Kronprinz. 
Wien, 1. Oct. Zur Ankunft des Deun⸗ 
schen Kaisers rücken die Truppen der Garnison 
unter dem Commando des Feldmarschalllieutenante 
von Bauer und des Generals Thyr aus. 
Die Ehrenkompagnie stellt das Infanterie⸗Regiment 
Kaiser Wilhelm J. Auf Befehl des Kaisers haben 
während der Anwesenheit des Deutschen Kaisers 
die Offiziere, Militärbeamten ꝛc. in und außer 
Dienst mit Parade⸗Kopfbedeckung und die Mann⸗ 
schaften in Parade⸗-Uniform zu erscheinen. 
Agram, 1. Oct. In Anwesenheit der Ver⸗ 
treter der Militär-⸗ und Civilbehörden hat heute die 
feierliche Eröffnung der deutschen protestan— 
tischen Volk sschule sftattgefunden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 3. Okt. Eine sehr große 
Trauerversammlung hatte sich heute Vormittag 10 
Uhr am kathol. Pfarrhause eingefunden, um dem 
so rasch verschiedenen Hrn. Pfarrer Dengel die 
letzte Ehre zu erweisen. 
Nach der Einsegnung der Leiche sangen Lehrer 
des Distrikts einen ergreifenden Chor von Lind— 
paintner. der die Worte enthält: Nur wenig Tage 
sind verflossen, als er in unserm Kreis noch stand. 
Darnaqh begab fich die Trauerversammlung zur 
Kirche, wo der Sarg im Chore aufgestellt wurde 
und die kirchlichen Ceremonien ihren Anfang nahmen. 
Herr Pfarrer Hut- aus Zweibrücken hielt die Ge⸗ 
dächtnißrede, in welcher er die Tugenden des Ver—⸗ 
storbenen pries. Nach dem Gottesdienste setzte sich 
der lange Leichenzug nach dem Friedhofe in Be⸗ 
wegung. Voran schritten die Schulkinder, der 
Jünglingsverein, Gesellenverein und preußische 
Bergmannsverein, dessen Ehrenmitglied Hr. Pfarrer 
Dengel gewesen war. Hieran schloß sich eine große 
Anzahl Geistlicher im Ornat mit brennenden Kerzen 
in Händen, worunter alle jene, welche unter dem 
Verblichenen Kaplanstellen innegehabt hatten. Auf 
diese folgten dicht vor dem Sarge drei junge Lehrer 
mit einent von den Lehrern des Distrikts gewid⸗ 
meten wunderschöͤnen Kranz. Den Sarg umgaben 
schwarzgekleidete junge Mädchen, welche einen großen 
Kranz trugen. Hinter dem Sarge kamen die 
Lehrer des Distrikts, und den Schluß machten die 
übrigen Theilnehmenden, unter denen auch die 
Herren Bezirkdamtmann Dr. Schlagintweit von 
Zweibrücken und Bezirksamtmann Spöhrer von 
domburqa bemerkt wurden. Nach der Ankunft auf 
)em Friedhofe erfolgte wiederholte Einsegnung des 
Sarges, wonach der kath. Cäcilienverein noch den 
ateinischen Grabgesang: “Beati Mortui“ vortrug. 
Langsam löste sich die Trauerversammlung sodann 
auf. — 
St. Ingbert, 3. Olt. Nächsten Mon⸗ 
tag beginnt im Stadthaussaale zu Speyer die An⸗ 
tellungsprüfung für die Schludiensterspektanten- 
und Exspektantinnen der Pfalz. Wahrscheinlich wird 
die ses Jahr die Zahl der Prüflinge ihren Höhe⸗ 
punkt erreichen. Wie man hört, sollen es dieses 
Jahr 160 sein, gegen 126 im Vorjahre. Die 
große Anzahl wurde bedingt durch die vielen Ex— 
pektanten, welche in den letzten Jahren aus den 
enseitigen Kreisen in die Pfalz versetzt wurden. 
2 Zweibrüden, 2. Olt. Schwurge— 
richt deimet. Landgericht Zweibrücken. 
II. Ouartal. Bormittags 812 Uhr. II. Fall: 
Mathes Heinr., 38 J. a., Winzer von Freins⸗ 
heim, wegen Körperverletzung mit nachgefolgtem 
Tode. Gerichtshof: die HH. k. Oberlandesgerichts⸗ 
xath Erbelding als Vors., k. Landgerichtsräthe Platz 
und Bruch. Staatsbehörde: Wagner, LU. St.A. 
Vertheidiger: Rechtspratu. Gyßling. 
Geschworne: Karcher, Schleppi, Rieth, Gies 
Würz, Oliger, Gauer, Woll, Schmidt, Schäfer, 
Maßet, Breith. 
Der Sachverhalt stellt sich nach dem Ergebnisse 
der heutigen Hauptverhandlung folgendermaßen dar. 
In der Nacht vom 8. auf 9. Juli ds. Is. fand 
in der Brettinger'schen Wirthschaft zu Freinsheim 
eine Tanzmusik statt, der auch ein gewisser Franz 
Schäfer, 20 J. a., mit mehreren jungen Burschen 
von Freinsheim, und der heutige Angeklagte bei— 
vohnten. Hier kam es zwischen dem letzteren und 
Schäfer, wahrscheinlich in Folge von Mißverständ 
nissen zu Thätlichkeiten und Drohungen von seiten 
des Angeklagten dem Schäfer gegenüber. Gegen 
3 Uhr des Morgens ließ sich der Angeklagte, der 
überhaupt an jenem Abend etwas rauflustig auf⸗ 
zelegt war, beigehen, einem gewissen Höhn die 
Soldatenmütze vom Kopf zu schlagen und auf die 
übrigen jungen Leute zu sticheln. Dabei zog er 
auch sein Messer, das er jedoch wieder zu sich steckte. 
Um 4 Uhr verließen die Gäste den Tanzboden und 
als auf der Straße zwischen Wirthschaft und dem 
Freinsheimer Thore der Angeklagte an dem Schäfer 
und dessen Gesellschaft vorüberkam, machte letzterer 
rine Bemerkung gegen Mathes, welche dieser mit 
inem Faustschlag in dessen Gesicht beautwortete. 
Der Angeklagte ging nun seiner Wohnung in der 
dintergasse zu, während Schäfer sich von seinen 
Bekannten nicht zurückhalten ließ und dem ersteren 
auf dem Fuße folgte mit den Worken, „Wart: 
„Höpps“, das hast du mir nicht umsonst gethan“, 
vährend seine Freunde in größerer Enifernung 
rachkamen. Dieser Spitzname und die Wahrnehm 
aung, daß Schäfer die Hand nach ihm ausstrecke, 
rachten den Angeklagten so auf, daß er das früher 
chon geöffnete Dolchmesser aus seiner Tasche nahm 
ind damit einen Stoß nach dem ihm Folgenden 
zusführte und dann raschen Schritis davon lief. 
Schäfer sank nach einigen Minuten bewußtlos zu⸗ 
ammen. Der Stich war am linken Ohre einge⸗ 
rungen und hatte die innere Halsschlagader durch⸗ 
chnitten. Infolge dieser Verwundung trat der 
Tod des Verletzten nach 8 Stunden durch Verblui— 
ing ein. 
Der Angeklagte gesteht die That zu, will aber 
nur, um sich selbst vor einem Angriffe des Schäfer 
zu schützen, den Stich geführt haben. 
Den Geschwornen liegt die Haupischuldfrage 
aus 8 226 R.St.⸗G.⸗B. und eine Frage nach 
nildernden Umständen vor. 
Die k. Staatsbehörde behandelt nach dem Ge⸗ 
dändniß des Angeklagten die Schuldfrage nicht 
weiter und beantragt Bejahung der ersten und Vern 
neinung der zweiten Frage. Denn ohne weitere 
Veranlassung sei hier ein Mensch in den besten 
Jahren ums Leben gebracht worden, lediglich aus 
Kauflust. Der Angeklagte habe sogar lange vorher 
jein Messer parat gehalten und gedroht. Ueberhaupt 
gehmen die Vergehen wider das Leben in unserer 
Provinz derart überhand, daß nur von ernsten 
Strafen eine Besserung zu erhoffen sei. In An— 
betracht der Rohheit der That könne dem Ange— 
tlagten nicht einmal seine bisherige straflose Ver⸗ 
gjangenheit mildernd zu statten kommen. 
Die Vertheidigung führte in längerm Vortrage 
aus, daß der Angeklagte den tödtlichen Stich im 
Zustande der Nothwehr geführt habe und deshalb 
traflos sei Schäfer habe ihn verfolat und mif 
beiden Handen zu greifen versucht. D 
Verein mit der Nennung des besagten ien in 
ihn, den älteren Mann, dem jungen Burschen n 
über dermaßen gereizt, daß er auf diese n 
befürchteten Angriff habe abweisen wollen Nde 
nach müßten die Geschwornen die Schuͤtfracn 
neinen. Auf alle Fälle aber seien — *8 
stände durch die Provolation des Schäser un. 
Gesetchastd und die ladelose Bae enn 
Maͤthes zur Genüge gegeben. de 
Um 12 Uhr Vorm. wurde alsdann die V 
handlung unterbrochen. Fortsetzung 8 uge gr 
mittags. —— 
Nachdem Staatsbehörde und Vertheidigung no 
mals über die Frage der Nothwehr in 
deren Worten plaidirt und die Geschwornen r 
kurzer Berathung die Schuldfrage und die Frag 
aach mildernden Umständen beiaht hatten, un 
heilte der Gerichtshof den Angeklagten ju * 
Befängnißstrafe von 4 Jahren. 
— Der katholischenKirchengemeind. 
Bergzabern wurde zur Aufbringung der Mitte 
zum Neubau eines Pfarrhauses eine dol 
lekte in sämtlichen katholischen Kirchen der Pfol 
m; 
bewilligt. Zu deren Vornahme wurde im Einn 
andnis mit dem bischöflichen Ordinariat Spu 
das Allerheiligenfest, I. November l. J., bestimmd 
— Landau. Am 30. September rülckten 
dei der hiesigen 2. Feldabteilung vom 4.. 8. 17 
und 18. königl. bayerischen Infanterie-Regimeni j 
sechs Sergeanten, Unteroffiziere oder Gefsreite un 
sechs Gemeine ein, um in einem einmonatlichen in— 
als Wagenmeister ausgebildet zu werden. 
ã 
— Edenkoben. Das Personal der dor 
Prinzregenten benützten Eisenbahnzüge erhielt ein— 
Gratifikation von 1500 Mk. 
— Germersheim, 1. Oct. Zur Feie 
der Einweihung des hier errichteten Kriseger 
denkmals hatten sich die auswärtigen Krieger 
vereine in größerer Zahl eingefunden; als unwill 
kommener Gast hatte fich aber auch ein heftiger 
Regen eingestellt, welcher die programmgemäße öt— 
edigung der Feier beeinträgtigte. Um 2 Uhr 
Nachmittags bewegte sich der Festzug durch dir 
Straßen, nach dessen Beendigung sich die Vereine, 
die Festjungfrauen und Gäste, darunter der Hen 
Gouverneur und der Herr Commandeur des 11 
Regiments vor dem Denkmal aufstellten. Die Fes 
rede hielt der Vorstand des hiefigen Kriegervereins 
herr Wiedemann. Sodann sprach Frl. Lemmer 
ein Gedicht, worauf die Hülle von dem Denkma 
iel. Das Kunstwerk ist von Gebrüder Minges in 
daiserslautern hergestellt und verdient alles Lob 
Uuf einem Treppenaufgang erhebt sich auf einem 
Sockel aus Sandstein ein Aufbau, auf dem vor 
Säulen getragen der bayerische Loöwe sich erhebl 
Unterhalb des Löwen stehen die Namen Woͤrh 
Paris, Sedan, Orleans. Auf den vier Seiten 
des Aufbaues sind in einer Marmortafel folgend 
Inschriften mit Goldbuchstaben eingetragen: 
Bedenlet der im Feldzuge 1870 71 gegen Franb 
reich gefallenen Kameraden, vom Krieger⸗ und 
Veteranendverein Germersheim im Jahre 1888 
d. J. Sartorius, Lieutenant im 8. Jager⸗Bat. 
J. Bockmayer, Untleroffizier im 2. Art.Regimen! 
M. Schubart, Soldat im 2. Infanterie ⸗Regimen! 
J. Walz, Soldat im 11. Infanterie⸗ Regimen 
Chr. Becker, Soldat im 10. Infanterie⸗Regimen 
Ph. Wettengel, Soldat im 6. Infanterie⸗Regimen 
F. Hartmann,, 1L. F 
Lieb Vaterland, magst ruhig sein, 
Fest steht und treu die Wacht am Rhein 
Theure Bruder, edle Helden! 
Eures Ruhmes Verkündigung, 
Zeigt der Stein ein schwach Vergelten. 
Der Nachwelt zur Erinnerung. 
Nach einer weiteren Ansprache des Vorstandsmi 
Aiedes der pfälzischen Kampfgenossenschaft Hern 
Kayser aus Kaiserslautern mußte die weitere Feit 
in den Saal von Morvilius verlegt werden, wo 
selbst noch die Herren Bezirksamtmann v. Moer 
und Bürgermeister von Rußheim Ansprachen hielu 
Das Fest verüef abgesehen von dem stdrende 
Regen in der würdigsten Weise. 
— Spehyer, S.Olt. Es besteht die Absich 
im Monat November l. J. eine zweite P , 
füc Hufschmiede abzuhalien, sofern sich 
Jenüügende AÄnzahl von Bewerbern melden so 
dehlete werden bienmit üfgesarden ibte berzüalich