Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 3. 
Dienstag, 3. Januar 1888. 
B. Jahrg 
Deutsches Reich. 
Metz, 1. Jan. In den Kirchen des Bis- 
chums Metz wurde heute ein Rundschreiben des 
Bischofs an den Klerus verlesen, in welchem die 
Glaͤubigen aufgefordert werden, für die Herstellung 
der Gesundheit des deutschen Kronprinzen zu 
beten. 
Koöln, 31. Dez. Gestern, Freitag den 30. 
Dezember, ist von hier aus folgende Neujahrs⸗ 
adresse an den deutschen Kronprinzen nach San 
Remo abgesandt worden: 
Durchlauchtigster Prinz! Gnädigster Kronprinz 
und Herr! Die bange Sorge, in welcher Köln 
mit Älldeutschland seit Monaten um Euer Kaiser- 
licher und Königlicher Hoheit baldige Wiederher⸗ 
tellung gelebt hat, die Liebe, deren Stärke und 
Innigkeit diese Zeit der Prüfung zum vollen Be—⸗ 
vußtsein gebracht hat, die hohe Freude über die 
forischreitende Genesung Euer Kaiserlichen und Kö 
niglichen Hoheit machen es uns bei dem diesma— 
igen Jahreswechsel zu einem besonderen Herzens⸗ 
hedürfniß, Euer Kaiserlichen Hoheit Namens der 
Jesammten Bürgerschaft der Stadt Köln die auf⸗ 
richtigsten Glück· und Segenswünsche auszusprechen. 
Möge das neue Jahr recht bald Eure Kaiserliche 
ind Königliche Hoheit in voller Gesundheit und 
raft zu uns in die deutsche Heimath zurückführen, 
möge es reich an Glück und Segen sein für Euer 
Kaiserliche Hoheit wie für dero ganzes durchlauch— 
tigstes Haus! — Das ist unser heißester Wunsch, 
unser innigstes Gebet. 
Köln, den 28. Dezember 1887. 
Euer Kaiserliche und Königliche Hoheit unter⸗ 
hänigste, treugehorsamste Oberbürgermeister, Bei⸗ 
geordnete, Stadtverordnete. 
Berlin, l. Jan. Der Kaiser und die Kai ⸗ 
erin wohnten heute Vormittag dem Gottesdienste 
in der Kapelle des Palais mit kleinem Gafolge 
»ei. Um halb 12 Uhr empfingen die Majestäten 
die Gratulationen der Mitglieder des königlichen 
dauses und sodann diejenigen der Hoschargen. Um 
12 Uhr nahm der Kaiser die Glückwuͤnsche der Gene- 
rale und der Obersten der Leibregimenter, dann 
)er Minister und endlich diejenigen der Bolschafter 
entgegen. Um 5 Uhr fand Familiendiner statit. — 
Unsprachen politischer Natur an die Generalität 
oder die fremden Botschafter huben, soweit bekannt, 
nicht stattgefunden. Der Kaiser hat das neue Jahr 
m besten Wohlsein angetreten, auch die Pflichten 
des Neujahrsempfanges ohne Ermüdung erfüllt. 
Die Ansammlung des Straßenpublikums vor dem 
Palais war heute beim Aufziehen der Wache ganz 
desonderz groß. Es erschollen ftürmische, immet 
wiederholte Hochrufe, darauf ein allgemeiner Ge⸗ 
ang von „Heil Dir im Siegerkranz' und „Deutsch⸗ 
and, Deutschland über Alles!“ Der Kaiser erschien 
ʒiermal am Fenster, huldreich dankend. Auch die 
daiserin, im Stuhle sitzend, zeigte sich am Fenster. 
Berlin, 1. Jan. Die Kaiserin hat gesiern 
beim Empfang des chinesischen Gesandien diesem 
nuf seine Frage mitgeiheilt, daß sich das Bifinden 
des Kronprinzen immer mehr bessere. Aus San 
Remo wird hierzu dem „Berl. Tagebl.“ gemeldet: 
Der Leipziger Professor der pathologischen Ana⸗ 
omie, Karl Thiersch, Verfasser des Werkes: „Der 
ẽpithelialkrebs“ schrieb hierher, aach dem Ver⸗ 
chwinden der Drüsenanschwellungen uͤnd nach der 
bernarbung von Geschwüren im Kehlkopfe des 
Zronprinzen könne er nicht glauben, daß das Leiden 
erehsartig sei.“ 
Berlin. 2. Januar. Bei den gestrigen 
Empfängen des Kaisers unterblieb jedes politische 
Wort. Der Kaiser, welcher sich sehr wohl befand, 
verkehrte mit jedem Einzelnen, huldvolle Worte an 
denselben richtend. 
Ausland. 
Paris, 1. Jan. Der Prasident der Repu⸗ 
hlik Tarnot empfing heute das diplomatische Corps 
und erwiderte auf die Namens desselben von dem 
häpstlichen Nuntius ausgesprochenen Wünsche: Er 
chähe fich glücklich, auf die Mitwirkung des diplo⸗ 
matischen Corps rechnen zu können, nicht blos um 
die Bande die Freundschaft zwischen Frankreich und 
den auswärtigen Regierungen aufrecht zu erhalten 
sondern um dieselben fester zu knüpfen. Er vereinige 
eine Wünsche mit denjenigen der Vertreter der 
fremden Mächte, daß jede Besorgniß schwinden 
nöge und die Völker in voller Sicherheit fich der 
Fniwickelung ihrer moralischen und materiellen 
Woblfahrt widmen können. 
Rom, 1. Jan. Schon in der frühesten Morgen⸗ 
stunde, als es noch finster war, eilten Menschen 
ur Peterskirche. Das Gedränge vor dem Porticus 
Taroius Magnus war ungeheuer. Soldaten um— 
standen den Obelisken und reihten sich bis gegen 
die berninischen Collonaden und das Thor des 
Vatikan. Dicht vor den Seiteneingängen der Kirche 
standen königliche Carabinieri. In der Kirche selbft 
waren päpstliche Carabinieri in Gala. Es dämmerte 
noch, ais das Publikum eingelassen wurde. Der 
Ultar der Konfession war von brennenden Kerzen 
amgeben, sonst nicht beleuchtet. Das Publikum er⸗ 
wartete läuger als eine Stunde die Ankunft des 
Papstes, der auf einem Tragsessel hinter den Kar⸗ 
inälen und dem Hofstaat erschien. Der Einzug 
erfolgte ganz sowie bei den Feierlichkeiten in der 
Sixiinischen Kapelle. Der Popst hatte die Mitra 
auf dem Haupte. Vivatrufe ertönten und Taschen · 
rücher wurden geschwenkt. Eine andächtigere Stim⸗ 
mung trat erst im Laufe der vom Papste zelebrirten 
Messe ein, als er den Kelch erhob. Der Papst 
erschien frisch und ehrwürdig. Bei dem Verlassen 
der Kirche gab er einen pontifikalen Segen mit 
einer klangvollen Stimme. Der Papst hatte in⸗ 
dessen die Mitra mit der Tira vertauscht, wobei 
das kleine Antlitz fast unter der Dreikrone verschwand. 
Erst beim Schlusse der Ceremonie wurden die 
irchenthüren geöffnet. Die Stadt Rom bietet 
heute den alltäglichen Anblick, nur wenige Häuser 
nahe dem Vatikan sind dekorirt. 
Remo, 1. Jan. Der Kronprinz erdielt viele 
hundert Glückwunsch Telegraume. Mittags er⸗ 
schienen in der Villa Zirio die Spitzen der Be⸗— 
hoͤrden, die Konsuln und Vicekonsuln zur Gratu- 
iation. Am Shlvesterabend führten die Kinder 
des Kronprinzen im Salon der Villa Zirio ein 
kleines Lustspiel auf. Hierzu waren eingeladen 
ämmtliche Personen des Gefolges und das Dienst⸗ 
personal. Der Kronprinz war bis Mitternacht in 
heiterster Stimmung im Familienkreise. Sein Be—⸗ 
finden ist vorzüglich. (Fr. Zig.) 
San Remo, 2. Jan. Unter den zahllosen, 
aus Deutschland gestern eingelaufenen Glückwünschen 
ind Huldigungstelegrammen von Gemeinden und 
dorporationen gelangie gestern zuerst dasjenige 
Telegramm in die Hande des Kronprinzen, welches 
jon der Gemeinde Verstett im Unterelsaß abgeschickt 
vorden war, um anzukundigen, daß eine Adresse 
nit der Unterschrift saͤmmtlicher Ortsbürger unter⸗ 
vegs sei. Der Kronprinz war sichtlich erfreut 
Verst im neuen Jahre gerade von der Anbänalich 
keit der Elsässer Kunde zu erhalten und meinte, 
dieses Zusammentreffen sei ein gutes Omen. 
Pest, 1. Jan. Bei der heutigen Neujahrs⸗ 
gratulation betonte Banffy als Sprecher die fried⸗ 
uͤche Gesinnung Ungarns, billigte die Erhöhung der 
Wehrkraft gegen einen möglichen Angriff und hoffte, 
es werde Tisza gelingen, Einklang zwischen den 
Kräften und den Bestrebungen der Nation herbei⸗ 
zuführen. Tisza betonte, daß sein Streben auf 
Frhaltung des Friedens gehe, jedoch ohne daß er 
dabei die Interessen im Orient preisgeben wolle. 
Petersburg, 2. Jan. Die „Neue Zeit“ 
sieht in der Veröfsentlichung der gefälschten Akten⸗ 
stücke durch den deutschen „Reichsanzeiger“ und der 
eitens des „Reichsanzeigers“ dazu gemachten Be— 
merkungen die Wiederherstellung der guten und 
hrlichen nachbarlichen Beziehungen und ein erfreu⸗ 
iches Resultat der Audienz des Fürsten Bismarck 
hei dem Kaiser von Rußland. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
S St. Ingbert, 2. Jan. Am Nexuijahrs 
abend fand im Vereinslokale des hiesigen kathol. 
Gesellenvereins unter sehr zahlreicher Betheiligung 
die Weihnachtsverloosung statt, und wurden fol- 
zende (Loos-)Nummern gezogen: 
14 21 25 86 37 46 632 66 
67 94 102 105 118 132 144 154 
158 164 165 167 174 185 188 184 
199 222 226 227 228 240 241 246 
248 256 257 258 278 280 282 284 
294 318 321 325 829 333 338 3558 
376 390 8391 404 410 420 428 486 
4837 440 442 451 456 478 483 4091 
498 5301 502 505 511 530 546 548 
554 564 569 570 5382 585 588 589 
590 392 601. 618 616 618 622 630 
6531 635 642 656 657 665 676 699 
706 712 720 750 758 764 765 769 
775 786 789 792 795 796 815 826 
829 833 885 842 847 906 909 911 
918 923 924 929 934 937 939 941 
946 959 964 965 972 9783 975 982 
987 995 1006 1008 1019 1021 1026 1028 
049 1061 1079 1081 1082 1092 1094 1095 
098 1110 1111 1118 1116 1121 1124 1148 
1154 1155 1168 1169 11983 11985 1199 1201 
2302 1203 1207 1212 1227 1230 1246 1247 
250 1253 1257 1262 1267 12783 12883 1291 
1292 1302 1312 1316 1326 1331 1352 1353 
1354 1357 1370 1371 1388 1408 1418 1425 
429 1444 1449 1453 1456 1457 1466 1470 
1473 1478 1480. 
— Der nächste Kurs der Hufbeschlagschule 
Würzburg beginnt am 1. Februar. Gesuche um 
Zulafsung vermitteln die einzelnen Bezirksämter dis 
ngstens 7. Januar nächsthin. Gesuche um Ber— 
eihung eines Stipendiums für den Unterrichtskurs 
sind ebenfalls beim betreffenden Bezirksamt einzu— 
reichen. 
— Obermoschel, 30. Dez. Ein böchst 
bedauerlicher Unfall ereignete fich heute Nachmittag 
hier. Die 10jährige Tochter der Wittwe Liepold 
lam dem glühenden Ofen zu nahe, in Folge dessen 
die Schürze des Kindes Feuer fing. Letzteres lief 
in seiner Angst nach der Straße, während dessen 
waren sämmtliche Kleider in Brand gerathen. Herr 
Nolar Weil, dies von seinem Zimmer aus sehend, 
sprang durch das Fenster, aus einer Höhe von 
wa 8 Fuß, dem Kinde zu Hilfe. Der opfer⸗ 
willige Reftter warf Schnee auf das brennende