Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kirche, der auch im Sommer vorigen Jahres in 
Angriff genommen wurde. 
Als 1. Vorsitzender des Vereins fungirte bis 
zu seiner Uebersiedelung nach Landshut Anfangs 
Dezember 1884 der kgzl. Landgerichtsrath Müller, 
nach ihm bis Jum Mai laufenden Jahres der An⸗— 
geklagte. Die Haupiquelle der Einnahmen des 
Vereins bildete die im Januar 1882 bewilligte 
Prämienkollekte mit drei Serienziehungen je mit 
Verausgabung von 200,000 Loosen 422 Mark, 
die am 28. Dezember 1882, 8. Mai 1884 und 
15. Juli 1885 zu München stattfanden. 
Der Generalagent Albert Roesl zu München 
war mit der Durchführung des ganzen Lotteriege— 
schäftes gegen Gewinnantheil betraut, hatte den 
Vertrieb der Loose, die Auszahlung der Gewinne 
zu besorgen und die Rein-Erträgnisse der Ziehungen 
nach Verrechnung mit dem ersten Vorsitzenden oder 
vielmehr Rechner des Vereins dem Verein zu über—⸗ 
weisen. Diese meistens im Giroverkehr durch Ban— 
ken dem Vereine überwiesenen Lotteriegeldern wur— 
den nach Bestimmung des Vereinsausschusses bei 
den hiesigen Banken J. Kehr, in Liquidation, 
Böcking, Karcher u. Co.,, sowie Filiale der Pfäl— 
zischen Bank in Baar und Werthpapieren verzins⸗ 
lich angelegt zur Verwendung für die Zwecke des 
Vereins nach Bedarf. Bei den drei Serienzieh— 
ungen hatte der Kirchenbdauverein von Röslwieder— 
um eine größere Anzahl Loose mit rechnerischer 
Belastung hierfür zum kommissionsweisen Vertriebe 
hier und in näherer Umgebung übernommen. 
Den Verschleiß dieser bei den zwei ersten Zieh— 
ungen während der Fungirung Müllers vom Verein 
übernommenen Loose mit Rechnungsstellung be— 
sorgten die Lehrer Hoffmann und Schlabeck, die 
Decharge erhielten und das Verkaufsergebniß nach 
Weisung des ersten Vorsitzenden bei den hiesigen 
Banken deponirten. Abweichend von diesem be— 
währten Verfahren behielt bei der dritten Ziehung 
der Angeklagte den Vertrieb solcher Loose bis auj 
eine kleinere an Schlabeck abgegebene und von die— 
sem mit Erlag des Ergebnisses verrechneten Anzahl 
selbst in der Hand. Weitere Mittel flossen dem 
Vereine zu aus Sammelgeldern, Beiträgen der 
Mitglieder, Geschenken, worüber Rechner Hoffmann 
Rechnung führte. Diese Erträgnisse wurden ord⸗ 
nungsmäßig bei der Verzinsungskasse hier angelegt 
und bezifferten am 17. Mai 1. J. 25411 Mark 
88 Pfg. — Die Geschäftsordnung des Ausschusses 
des Kirchenbauvereins, welchem die am 3. August 
1878 vereinbarten Statuten die innere Leitung und 
Verwaltung der Vereinsangelegenheiten, sowie die 
selbstständige Feststellung der Geschäftsordnung in 
eigener Zuständigkeit überlassen, hat folgende hier 
interefsirende Bestimmungen über Geldangelegenheilen: 
„Art. 3. Dem ersten und in dessen Verhin— 
derung dem zweiten Vorsitzenden liegt noch insbe— 
sondere ob, Gelder in Empfang zu nehmen, Ein—⸗ 
nahme⸗ und Ausgabebelege auszustellen, Kasse und 
Rechnungswesen des Vereins zu überwachen. Art. 
4. Der 2. Vorsitzende hat für die Anlegung der 
Gelder, für Verwahrung der Effekten zu forgen. 
Art. 5. Ueber Geldanlagen von 1000 Mark 
an beschließt der Ausschuß; kleinere Beträge sind 
vorübergehend bei einem Bankgeschäfte, welches der 
Ausschuß bezeichnet oder bei der Verzinsungskasse 
hier zu deponiren. Art. 6. Der Rechner besorgt 
alle Einnahmen und Ausgaben, zahlt die durch den 
Vorstand ausgestellten Anweisungen gegen Quittung 
an die Bezugsberechtigten und führl Kassetagebuch ꝛtc. 
Das Rechnungsjahr geht mit dem Kalenderjahr 
und hat der Rechner spätestens bis 1. April Rech⸗ 
nung fuür das abgelaufene Geschäftsjahr zu stellen 
ꝛc.“ Diese Geschäftsordnung kam nicht strikte von 
vornherein zur Durchführung. Der erste Vorfitze nde 
Müller absorbirte bei seinem großen uneigennühigen 
Interesse an der Sache mit großer Sachkenntniß 
und Geschäftsgewandtheit einen großen Theil der 
Funktionen der anderen Vereinschargen, namentlich 
des Rechners, und behielt namentlich das Lotterie— 
geschaft in der Hand. Nach Abrechnung mit Rös! 
stellte er bezüglich der ersten Ziehung korrekte Rech· 
nung, wofür ihm der Ausschuß Decharge ertheilte. 
Auch bezüglich der zweiten Ziehung hatte er bis 
zu seinem Weggange die Rechnungsstellung nahezu 
pollstandig praͤparirt und dem Ängeklag“en alle 
Aktenstücke und Belege mit mündlicher weiterer In— 
formirung extrahirt. 
Der Angeklagte führte nach Müller die Vec— 
einsgeschäfte weiter und zwar noch weit selbststän⸗ 
diger aber mit weniger Verständniß, öhne die füt 
'bn absolut gebotene zweckmäßige Buchung der 
owplizirten Rechnungsverhälinisse in der denkbar 
größten leichtfertigsten Unordnung. Oqne alle Kon—⸗ 
role disponirte er über die Gelder des Vereins, 
die er neben Ertheilung von Anweisungen an die 
Banken oft persöglich in großen Summen erhob. 
Mit Ende Mai 1885, nach Abrechnung mit Rosl, 
konnte und sollte der Angeklagte seinerseits Rech— 
nung über das Erträgniß der 2. Serienziehung 
hezw. Vereinnahmung und Verwendung disselben 
stellen und mit Juli 1886 bezüglich der 3. Zieh⸗ 
uing, nachdem er auch das Loosegeschäft und die 
Verwaltung der Gelder übernommen hatte. Unter 
allerlei Vorwänden und Ausflüchten kam er nicht 
zu dieser Rechnungsstellung trotz immer ernster wer⸗ 
denden Drängens des Vereinsausschusses. 
Auf seinen Wunsch wurde ihm schließlich im 
Mai 1827 in der Person des Geschäftsmannes 
Wolfram hier gegen Honorirung durch den Verein 
eine Hilfskraft bestellt, der aber nur mit der Ab— 
rechnung bezüglich des Lokallooseverschleißes befaßt 
wurde, die er nach Ueberwindung der durch die 
desagte Unordnung bedingten Schwierigkeiten bis 
November vor. Jahres so gut als möglich erstellte. 
Diese auffällige Verzögerung um nicht zu sagen 
LBerweigerung der Rechnungsstellung über das Lot⸗ 
eriegeschäft und Gesammtvermögensstand des Ver⸗ 
»ins mußte auch das Mißtrauen des Ausschusses 
tege machen, der ihm bis dahin unbeschränktes 
Vertrauen entgegenbrachte. Endlich am 14. Dez. 
887 bequemte er sich zu einer ganz oberflachlichen 
Iufstellung, die als ungenügend erachtel wurde, 
vie eine weitere am 21. desselben Monats, die nur 
his zum Ende des Jahres 1886 reichte. Ende des 
Jahres 1887 bestellte der Ausschuß zur Erzielung 
der endlichen Klarstellung der Vermögenslage des 
Vereins eine Revisionskommission unter dem Vor⸗ 
itze des Lehrers Hoffmann. Aber auch jetzt trotz allen 
veiteren Drängens derselben wurde die Abrechnung, 
vozu dem Angeklagten ein Schema gegeben ward, 
aicht erstellt und auch die Revisionskommission, 
welcher der Angeklagte die Belege, Protokollbücher 
u. dgl., als nothwendiges Material, vorenthielt, 
ah fich hierzu lauge außer Stande. Endlich am 
.7. Juni abhin nach den größten Schwierigkeiten 
jei der heillosen Unordnung, nach verschiedenen Ver— 
Jjandlungen mit dem Angeklagten, nach allerlei 
kinwendungen und Ausflüchten desselben konnte die 
tevisionskommission die Gesammtrechnung erstellen, 
vozu noch in Folge weiterer Beanstandungen des 
Angeklagten Sachverhandlungen nothwendig waren. 
stachdem schon im Vorjahre Verdacht verlautbarte, 
der Angeklagte möchte Gelder des Kirchenbauvereins 
zur Anzahlung auf ein erkauftes Haus und zur 
Fristung des hier erschienenen „Pfälzischen Volksbi.“ 
zerwendet haben, gestand derselbe, nachdem er schon 
rüher andeutungsweise von großen persönlichen 
Ipfern für diese Zeitung gesprochen hatte, auf Zu— 
wedestellung dem kath. Pfarrer Lorenz anfangs Mai 
ds. Irs. ein, er habe für dieses Blatt 10,000 
Mk aus Geldern des Kirchenbauvereins verwendet 
ind übergab sodann zur Deckung dieser Geldent⸗ 
nahme einen vom ersten Mai datierten, von ihm 
uind seiner Ehefrau unterschriebenen Schuldschein, 
autend auf 12,000 Mtk. mit der Fassung, daß 
eide diese Summe an den Kirchenbauverein schul- 
ig geworden seien, verzinslich zu dreieinhalb Pro- 
ent vom Tage der Ausslellung. Mit diesem 
Schuldscheine übergab der Angeklagte dem Vereine 
fandweise zwei Lebensversicherungspolicen — All⸗ 
zemeine Versorgungsanstalt im Großherzogthum 
ʒaden ad 10000 Mtk. und 2000 Mk., worauf 
wa 500 Mk. eingezahlt find. Der Schuldschein 
yersprach auch Stellung von Bürgen, die sich aber trotz 
aller Anstrengungen nach Sachlage nicht fanden. 
Schon die erste nicht ganz korrekte Rechnungs⸗ 
tellung der Revisionskommission auf Grund des 
dom Angeklagten zur Hand gegebenen Belege—⸗ 
Materials ergab ein die Summe 12,000 Mit. 
weit überschreitendes Defizit für den Kirchenbau— 
»erein. Der Angeklagte aber bestand dem gegen⸗ 
über ganz entschieden darauf, daß er nur eiwa 
diesen Betrag fuͤr das Volksblatt verwendet, sonst 
aber keinerlei Vereinsgelder verantreut habe, auch 
habe er keine Eigenihumsrechte an dem Blatte, 
dielmehr die Gelder den Verlegern und Heraus. 
gzebern Blenk und Zimmermann vorschuß bezw. 
darlehensweise gegeben. Später mußte er zugeben, 
daß, wenn das Blatt einen Eigenthümer habe, sei 
er es; zuletzt beliebte er wieder die Version, er 
visse nicht, sei er oder Pfarrer Lorenz dessen Eigen- 
hümer. In Wirklichkett hat es mit dem „Pfälz- 
chen Volksblatte“ folgendes Bewandniß: Mit 
der Gründung des Centrumsvereins Kaiserz 
mn Felihijahre 1884 trat auf dessen —5— 
Irgan desselben das „Pfälzische — * en w 
Druck, Verlag und Eigentum des —E 
Ferdinand Worthoff ins Leben. sten gu 
Das Blatt brachte bedeutenden Valust 
Worthoff mußte im Februar 1888 seinu un 
erklären. Vorher bdereits hatte ein —E— 
10 Personen, darunter der Angesanen do 
Pfarrer Lorenz zur Erhaltung dee vng un 
Worthoff bei dem hiesigen Vorschußden so 
Bürgschaft in Höhe von 3000 Mi. geleite 
Drangen des VorschußVereins guhl in g 
1885 Pfarrer Lorenz diese Schuld mt Zinse ir 
Betrage von 3100 Mk. aus Geldern des an 
»auvereins auf Grund einer vom Angeschu 
nuf das Bankhaus Böcking. Karcher und cu 
heilten Anweisung an den Vorschußberein hinu 
ind restituirte diese Summe mit Zinsen wiederh 
esagter Bank Ende Dezember 1887 Ams 
Februar 1885 schloß der Angeschuldigte als Vo 
tand des Centcumsvereins mit dem Druthered 
itzer Blenk einen Vertrag bezüglich de Weitr 
ührung des „Pfälz. Volksblattes“ mi folgende 
vesentlichen Bestimmungen: „Blenk besotgt da 
Druck des vom Centrumsbereine herausgegeben 
von Wickt redigirten Blattes, stellt Papier n 
fionss und Exp.ditionslokal, dagegen beschafft d 
Tentrumsvereins das erforderliche Material, vergi 
zie Leistungen Blenks mit 28 Mt. für jede Rumn 
ind trägt die Preßverantwortlichkeit. 
Ein weiterer Vertrag wurde geschlossen emt 
August 1886 zwischen dem Verleger des Voltz 
»lattes Blenk und Geiler (ohne Beziehung an 
den Centrumsverein) mit nachbezeichneten Haupihe 
timmungen: Blenk führt den Verlag wetnh— 
eit 20. März 1886: ohne Zustimmung Geilen 
arf das Blatt keine Aenderung erfahren: Bleut 
ichert dem Geiler das Eigenthumsrechi mit Voch— 
jalt des Rückkaufrechtes; der Eigenthümer Geile 
jat das Blatt einer Behörde oder dem Gerich 
gjegenüber zu vertreten. Unterm 6. Oktober 189 
endlich schloß der Angeschuldigte in seinem Namm 
uind dem des Pfarrers Lorenz mit dem Bud 
zruckereibesitzer Zimmermann einen weiteren Vi 
rag zur Erstellung des Volksblattes. Hiernut 
übernimmt Zimmermann den Druck und Veclag gege 
Vergütung von 28 Mk. für die Nummer. 
Für alle übrigen dem Zimmermann als Ve 
leger und Drucker erwachsenden Auslagen haf 
Geiler: wöchentlich giht Zimmermann diesen 
Rechnungsauszug. Nach einem Zusatze bestinm 
Beiler den Ridakteur. In der That hatte nieman 
außer dem Angeschuldigten, auch nicht der Cn— 
trumsverein oder Pfarrer Lorenz, mit der her 
tellung des Volksblattes, abgesehen von Unte 
tützungen durch Abonnement, Inserate und du 
twas zu thun. Der Angeklagte allein ließ da 
—DDDD—— 
cheinen und erstellen, sorgte für die Redaktion un 
Inhalt, hatte das ganze Rüftzeug hierzu im Beht 
leistete aufgrund wöchentlicher Abrechnungen mi 
den Druckern, die sich ergebenden Zuschüsse, beschaf 
iberhaupt alle Mittel, die das Blait beansprugt 
Vermischtes. 
F Elversberg, 11. Okt. Gegen 4 Ib 
heute Morgen ertönte hier auf einmal Feuerlarn 
Das Heu, welches auf dem Speicher des den 
Bergmann Valentin Wagner IV. gehörigen Hause 
m „Loch“ (Herrenstraße) lagerte, hatie fich enb 
ündet, und im Augenblick stand auch schon du 
Dach in hellen Flammen. Die rasch — 
Feuerwehr war bald Herr des Feuers, doch J 
das ganze Haus, wie die „S.n. 38 
meldet, derart Schaden gelitten, daß es von du 
nus neu gebaut werden muß. Haus und Me 
varen versichert und ist daher der durch die Ver 
nichtung entsiandene Schaden leichter zu verschuenn 
t Ottweiler, 10. Ott. Heute Morpn 
zegen 8 Uhr ereignete sich bei der hiesigen 
notte- und Thonwaren⸗Fabrik (vormals L. — 
ein seht beklagenswerther Unglüdsfall. 3 
Mann waren beordert worden, 3 leere — 
auf deren erstem sich der 16jährige Arbeiter — 
uus Alsweiler befand, aus der Fabrik nat 
Bahnhofek zu drütken, und jeder der Waggons sen 
zunächst auf der Waggonwaage. bei wechen, 
Aufseher Jung seinen Posten versah, —— 
verden. Da es zu diesem Zwecke notwendig * 
einen jenseits der Waage stehenden Waggon 9 
inen kleinen Stoß von letzterer etwas zu entern 
o rief Jung den Leuten zu: „Achtung, daß