Full text: St. Ingberter Anzeiger

seit der Eröffnung der Nerd-Pacificbahn die Städte 
St. Paul und Minneapolis besucht hat und dort 
der gefeierte Gast beider Städte ist, welche ihn 
auch zum Ehrenmitglied der Handelskammern er— 
nannt haben. 
— Dürkheim, 18. Okt. Ein Handwerks⸗ 
zursche stahl einst im Hochsommer in einem Bauern- 
hause ein Paar Schuhe. Von der strafenden Ge— 
cechtigkeit in Gestalt eines Polizeibeamten ereilt, 
mußte er sich vor Gericht verantworten. Der 
Richter fragte ihn, warum er gerade im Sommer, 
wo man der Fußbegleitung nicht so sehr bedürfe, 
zum Diebstahl greife? Keck erwiederte der geriebene 
Bursche: „Im Winter kann man den Bauern 
ceine Schuhe stehlen, da haben sie dieselben an.“ 
(N. 3.) 
— Ludwigshafen, 15. Okt. Unser Lands⸗ 
mann, Herr Fritz Renner, ist unter äußerst 
zlänzenden Bedingungen auf sieben Jahre als 
Bassist für die Leipziger Oper engagirt worden. 
(G. A) 
— Ludwigshafen. Die Badische 
Anilin-und Sodafaberik hat dieser Tage circa 
9 Morgen Land Friesenheimer Bannes von der 
Familie Göbels um 135,000 M. angekauft. 
Was mochte dieses Feld vor dreißig Jahren werth 
jein? 
— Frankenthal, 15. Okt. Vorgestern 
Abend, als am Vorabend seines 16jährigen Hier⸗ 
seins wurde seitens des katholischen Kirchenchors 
Herru kath. Stadtpfarrer Ohmer ein Ständchen 
Jebracht. Gestern Abend nun versammelten' sich 
die Mitglieder des Kirchenchors, des Orgelbauvereins 
und des lath. Gesellenvereins im Liederkranzsaal, 
um bei Gesang und gemütlicher Unterhaltung die 
glückliche Rückkunfst des Herrn Pfarrers aus dem 
delobten Lande, wie auch sein 25jähriges Priester⸗ 
jubiläum, welches er im Orient beging und sein 
16jähriges hiesiges Wirken gemeinsam zu feiern. 
staum fonnte der Saal alle Erschienenen fassen. 
Zur Erinnerung an diesen Tag wurde dem Ge— 
feierten ein silbernes Kruzifix sowie ein Ebenholz⸗ 
kreuz verehrt. 
— Grünstadt, 12. Okt. (Gr. Zig.) Ein 
Aufsehen erregender Einbruchsdiebstahl wurde 
in letzter Nacht in hiefiger Stadt und zwar in dem 
Hause der Frau Wittwe Bäcker Krauß verübt. Als 
der Nachtwächter etwa um 1 Uhr an das erwähnte 
Haus kam, um, wie gewöhnlich, zur Arbeit zu 
wecken, fand er zu seinem Befremden die Haus⸗ 
thüte offen stehen, weßhalb er Frau Krauß weckte, 
welche jedoch. ohne Besorgniß oder Verdacht zu 
schöpfen, die Thüre einfach schloß und sich wieder 
zur Ruhe begab. Erst heute Morgen, als Frau 
Krauß ihren Pult öffnete, gewahrte sie zu ihrem 
Schrecken, daß hier ein gewaltsamer nächtlicher An⸗ 
griff mit Beraubung verübt worden war. Mittelst 
eines übrigens in das Haus gehörigen Messers, 
das sich in ganz derbogenem Zustande im Innern 
des Pultes vorfand, hatte der Dieb, nachdem er 
die Thüre desselben mit einem Schlüssel geöffnet 
hatte, zwei verschloffene kleinere Schubladen gewalt⸗ 
sam erbrochen und daraus ca. 300 Mk. in Gold 
und Papiergeld sowie aus einem⸗Kastchen mit 
Schmucksachen eine schwere goldene Kette im Werthe 
bon über 100 Mk. entwendet, während er die üb⸗ 
rigen Schmuckgegenstände sowie 12 dabeiliegende 
silberne Löffel und ein 10 Mark⸗Stück liegen ließ. 
Ebenso schien ihm auch der Inhalt einet Rolle mit 
L0Pf.⸗Stücken, welche er aufgerissen hatte, des 
Mitnehmens nicht werth, wogegen er aber eine 
silberne Cylindtruhr, von welcher er die daran-be⸗ 
findliche Haatkettes ablöste/ sich aneignete. Der 
Thäter“ hatte“ sich ofsenbar im Laufe des Abends 
in das Haus eingeschlichen und daselbsteversteckt ge⸗ 
halten, dis alle Bewohner schliefen / worauf er sein 
Werk.yollführte und alsdann seinen Ausgang durch 
die Hausthüre nahm. — 
— Am Samstag Morgen ˖wurde der leblose 
Körper des Küfers Karb⸗Best vom Mertes—⸗ 
heim bei dem Biadukt (sogen. Brücke) in der 
Mandelhohle, zwischen Assenheim und Mertesheim 
aufgefunden, wobern der Eniseelte noch ein Rebmesser 
jest in der Hand hielt. Nach der „Gr.“Ztg.“ 
wurde Best am Abend zuvor inm Grünstadt in an⸗ 
getrunkenem Zustande beobachtet.“ Es⸗wird ange⸗ 
nommen, daß Best vom Viddult⸗ herabgefallen. 
Eigenthümlich ist, daß ein Schuh des Verunglückten 
in einiger Entfernung davon im Grase sowienoch 
weiterhin die Mütze desselben auf dem Geleise auf⸗ 
gefunden wurde. Der Verlebte war 52 Jahre alt 
und hinterläßt eine Wittwe mit 3 kleinen stindern. 
— Odernheim, 12. Okt. Die neue Brücke 
bei Oberhausen wird, wie nunmehr entqgülttig 
iestgestellt ist, oberhalb der Bollenbach und Stein'schen 
Mühle errichtet werden. Heute traf nämlich eine 
Baucomm'ssion, bestehend aus den Herren Oder—⸗ 
baurat Feil aus Speyer, Bezirkgamtmann Esper 
und Bezirksbauschaffser Emrich aus Kirchheimbo— 
janden hier ein, welche sich nach Duchroth begab, 
uim mit den bereits dort versammelten Distriktsräthen 
ie definitive Stelle der Brücke über die Nahe zu 
ecathen und festzustellen. Das Resultat der Be— 
rathungen war nach der Ndp. B. Z. die entgül— 
äige Festsetzung der obengenannten Stelle. 
— »Aus— derPfalz. Der Hagel 
schaden war laut Jahresbericht der bayherischen 
ꝛandes Hogelversicherungsanstalt der größte feit dem 
fünfjährigen Bestehen der Anstalt und beziffert fich 
zuf M. 656,981. Die Jahresbeiträge der Ver— 
ichertent betrugen M, 540,8448, der Staatszuschuß 
Mark 40,000, so daß von der Gesammifumme mit 
M. 580,848 der Schaden mit 85 Prozent vergütet 
verden kann. Es dürfte daraus erhellen, wie 
egensreich eine solche Anstalt für die Landwirthe ist. 
Prozeß Geiler. 
(Forisetzung.) 
Der weitere Zeuge, Pfarrer Heiter, gibt 
unächst an, daß ihm Pfarrer Lorenz vor 
seiner Romreise mitgetheilt habe, es seien 3000 
Mark'für das „Pfälz. Volksbl.“ aus der Kasse 
des Kirchenbauvereins entnonmen worden, worauf 
äch Zeuge, im höchsten Grad verwundert, dafür 
nusgesprochen habe, dies könne böse Folge haben 
ind würde er sich, wenn er hiervon Kenntniß ge⸗ 
Jabt hätte, als Ausschußmitglied energisch gegen 
eine solche Eigenmächtigkeit ausgesprochen haben. 
Verdacht über Unregelmäßigkeiten habe er stets ge⸗ 
— 
Drängens eine Rechnungsablegung seitens des An— 
zeklagten nicht zu ermöglichen gewesen sei. Am 6. 
Nai habe er dann in einer Sitzung von der Un⸗ 
erschlagung von 10,000 Mtk. gehört und da sei 
hm die Geduld ausgegangen und habe er, ohne 
stücksichtnahme auf die ihm von anderer Seite ge— 
nachten Mittheiluugen über eine etwaige Deckung 
ofort seinen Austritt aus dem Ausschuß erklärt. 
Zeuge gibt weiter an, daß das „Pfälz. Volksbl.“ 
vohl dem Sinn nach dem Centrums-Verein ange— 
jört, der Angeklagte aber stets sich als Eigenthümer 
enommen habe. Zeuge habe niemals an ein Pros- 
zerität des Blaites geglaubt, er habe aber keine 
denntniß davon gehabt, daß solch enorme hohe Zu⸗ 
chüsse seitens des Angeklagten geleistet worden seien; 
doch habe er sich aus verschiedenen Gründen auch 
anicht mehr um das Blatt gekümmert, da er ange⸗ 
rommen, der Angeklagte sei definitiver Figenthümer 
des Blattes geworden. Auch dieser Zeuge spricht sich 
aufs Schärfstes gegen das Gebahren Geilers aus 
wie dieser die Geschäftsführung beirieben und jed, 
Rechnungsablegung hintangehalten habe. Auch habee 
»er Angeklagte die Absicht gehabt, im Dezember 
). Jahres ohne Rechnungsbezug auszutreten, wo⸗ 
zegen/ sich Zeuge indeß entschieden verwahrt, habe, 
vorauf denn Geiler erklärte, „er werde noch einen 
Nnalleffekt herbeiführen.“ — 
Hiernach erfolgt, die Vernehmung des Pfarrers 
dorenz, welcher darlegtenndaß ihm der Angeklagte 
twa 14. Tage vorseiner Verhaftung zuerst mitge- 
heilt, er habe 10,000.-Mk. von dem Gelde der 
dirchenbaukasse für fich derweundet. Was die 3000 
Mark anbelange, die für das „Pf. Volksbol.“ ge- 
jeben seien, so habeser allerdings Kenntniß von, der 
derkunft⸗des Geldes gehabt, deßhalb sei er auch 
ür die Deckung besorgt gewesen, später habe er 
ich nicht mehr um das Blatt. gekümmert, ja es 
chließlich wegen der darin enthaltenen Dummheiten 
ind Gehässigkeiten gar, nicht mehr gelesen. Eine 
Anterstützung seitens des Kirchendauvereins sei nie⸗ 
nals beabsichtigte worden, da auch die Mitglieder 
zes Centrums⸗ Vereins sich mit der, Haltung des 
Blattes nicht einvexrstanden erllären konnten. Früher 
habe Zeuge sich fürdas Blatt interessirt und Hhabe 
auch Artikel in dasselbe geschrieben, wie er auch 
im Interesse der Centrumspartei und des Ange⸗ 
klagten sich später noch Mühe gegeben habe, das 
Blatt zu heben und zu empfehlen, da aber alle 
seine Kathschläge beachtet worden seien, habe er 
dann 'schließlich sich vollstandig davon zurückgezogen. 
Zum' Schluß gidt Zeuge noch an, daß er, keine 
denntniß davon gehaht habe, daß Geiler mitent ⸗ 
vendeten Geldern das „Volksblatt“ unterstütze 
venn er habe den Angeklagtey für durchaus ehrlich 
zehalten. Lehrer Schlabeck gibt dan 
schlüsse über den Looseverschleiß und hne 
die Vernehmung des Geschäftsagent iernech 
welcher angibt, daß er beauftragt * Win 
Rechnungslegung über den Loosbd rkauf en sei, 
doch habe er sich dieses Auftrages idmeb 
onnen, da ihm keine Belege zu Gegt wu— 
zätten, und er auch trotz wiederholtet Auf lesto. 
hiche dom Angetlagten m uffordenn 
b geklagten nicht habe erhalten 
derr Buchdrucker Blenk, bei dem — 
Volksblatt“ gedruckt wurde, gidt innee 
rosten desselben für den Druck wonach n 
120 - 200 Mk. wöchentlich —X n 
Vertrag über die. Drucklegung sei mit de n 
lagten abgeschlossen worden; obgleich de 
'ormell namens des Centrums-Vereins bi 
o habe Zeuge doch den Angeklagten 
hümer betrachtet und geben hier auch die; 
Deiter und Lorenz an, nichts dabon 
Heiler eine Berechtigung zu einem —— 
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gehabt habe. Ueber die finanziellen Vahu 
»es Blattes spricht sich der Zeuge dahin aun 
dasselbe pro Jahr etwa 4-5000 Mark Ju 
bedurft habe, da bei etwa 600 zählende 
nenten und unbedeutenden Inserationsauftan 
ttosten nicht gedeckt werden konnten. Die ein⸗ 
den Gelder habe der Angeklagte erhalten, 
ruch die Auslagen bestritten habe. — Zeuge 
Landgerichtsrath Baumann gibt an, daß rh 
Zweifel an der Gewissenhaftigkeit Geilers 
jabe, am allerwenigsten habe er jemals daranh 
fönnen, daß Geiler die Gelder der Kirchenta 
ju anderen Zwecken verwenden würde, als puu 
ie bestinmt gewesen seien. Die Hinausschin 
der Rechnungslegung habe er sich durch die Mr 
iberhäufung des Angeklagten erklärt und iroß 
Berdächtigungen gegen denselben habe ihm di 
on Geilers, dessen Integrität, stets dafür geh— 
daß er nicht unehrlich sein könne. Selbst di 
der Verhaftung Geilers habe er dessen Vers 
ungen, daß er keine unehrlichen Handlungen 
jangen, festgeglaubt; erst als er sich vor dem 6* 
der Thatsache nicht mehr verschließen konnte, — 
ju der Ueberzeugung der Unredlichkeit Geiler 
iangt. Daß die Unterschlagungen seitens deh 
zeklagten möglich gewesen seien, habe seinenGi 
)arin. daß damals, als Geiler erster Vorstand 
dirchenbau⸗Vereins war, dieser ohne Zujzer 
eines andern Mitgliedes über Summen in 
döhe habe verfügen können. Als Zeuge 
VBorstand geworden sei, habe er sofort diesen 
stand abgestellt, indem er sein diesbezügliches 
fügungsrecht habe beschränken lassen und er 
nur noch die freie Verfügung üher die Aus 
his zum Betrag von 100 Mk. behalten 
Zeuge fügt noch bei, er sei von der Wahrhen 
Angaben Geilers so durchdrungen gewesen, 
jelbst in der nach der Verhaftung desselben 
gehabten Generalversammlung des Kirchenbab⸗ 
eins, sich noch auf diese Angaben gestützt, u 
diese, allen gegentheiligen Ansichten gegenübet 
den geringsten Zweifel gesetzt habe. Als de 
milie Weiß die Absicht kund gegeben, sie 
Deckung für das Defizit schaffen, habe Hert 
der Schwiegervater Geiler's, ganz bestimmt en 
daß die Anzahlung auf das Haus aus einemn 
lehen der. Beamten ⸗Kreditbank geleistet und 
jabe den Zeugen in der Ansicht bestärken m 
Zeiler habe ihm die Wahrheit gesagt, bezügli 
Pfälz. Volksbl.“ wisse er nur, daß dasselbe 
dings das Organ des Centrums gewesen se 
aber dasselbe, als Eigenthum des Centrums -Ve 
gegolten hade, musse er derneinen. Auf I 
Heiler's bestatigt der Zeuge noch, daß der 
flagte bei dem Fall Kehr ganz außerordenlli 
nüht gewesen sei, dort engagirte Gelder für 
dirchenbau⸗Verein zu retten und sei ihm dieh 
bezüglich einer groͤßeren Summe gelungen. 
Zeuge Landgerichtsrath Pachmeyer, wen 
der vorliegenden Sache als,Untersuchunge 
jungirte, gibt Auzkunft, über das erste Gestn 
des Angekiagten, welches derselbe in Ire 
des Landgerichtsrathes Baumann im a 
abgelegt und wobei ex zugestanden hat, 7 
aus dem Kirchenbaufond zur Abzahlung 
Haus verwenden zun haben. Die Zuschitse 
„Volksblatt“ habe er im Gange der 
nicht genau festzustellen, vermocht. —5 
iu der Wohnung Geiler'd vorgenommenen 
suchung sei ihm noch eine Aeußerung —— 
Beiler, welcher später, das Zeugniß p 
aufgefallen, dahin gehend, daß, wenn ib